Mentoring – Ein Angebot für die Exzellenzförderung

Besonders begabte Kinder und Jugendliche mit sehr spezifischen Interessensgebieten sprengen in der Regel die Möglichkeiten der Begabungsförderung in der Regelklasse. Oft kann man ihren intellektuellen Bedürfnissen auch in Pullouts und Gruppenbegabtenförderung nicht gerecht werden. Wie können diese Kinder auf ihrem Weg zur Exzellenz begleitet und adäquat gefördert werden? Kathrin Berwerger Konzelmann über Mentoringprogramme, die mit der 1:1-Einzelbegabtenförderung Antworten liefern.

Die Höchstbegabung (IQ > 135) von Justin zeigte sich bereits früh. Noch vor dem Kindergarten brachte er sich selbst Lesen und Schreiben bei. Seine Lieblingsbeschäftigung als 7-Jähriger war das Studieren von Anleitungen für Steuererklärungen. Daneben liebte er es wie seine gleichaltrigen Freunde, im Sand und im Garten zu spielen.

Schon seit längerer Zeit fielen seine sehr intensiven Wutausbrüche auf, die für ihn untypisch waren. Dies führte zu einer Abklärung, welche höchste Ergebnisse zeigte. In Absprache mit der Schule war es möglich, dass er als Erstklässler in der 4. und später in der 5. Klasse am Mathematikunterricht teilnehmen konnte. Mit 11 Jahren kam Justin mit einer Mathematikbefreiung auf das Gymnasium.

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Geordnetes Schulsystem und Lernspass – darum braucht es beides

Im dritten Beitrag über das erste Jahr als Schulpräsidentin in Uitikon, stellt sich Caroline Čada Fragen zur Rolle der Schule als Lern- und Lebensort.

Vor ein paar Tagen stand ich auf dem Pausenplatz unseres Schulhauses. Lässige Musik ertönte aus dem Radio,  die Schüler:innen tanzten, unterhielten sich und spielten. Es war gleichzeitig Besuchsmorgen, viele Eltern waren anwesend. Erwachsene und Kinder genossen entspannt die Frühlingssonne. In diesem Moment dachte ich an die Rolle der Schule als Lern- und Lebensort.

Die Schüler:innen, die Lehrpersonen und die Schulleitung verbringen meistens mehr Zeit in der Schule als zu Hause. Man kennt sich. In der Schule als Lebensort werden Werte und Haltungen vermittelt, gewisse Verhaltensweisen gefordert und andere abgelehnt, Kinder unterschiedlicher Herkunft zusammengebracht und Toleranz gelehrt. Die Schule bringt Stabilität und Struktur. Im Auftrag unserer Gesellschaft verfolgt sie höhere Ziele: die Vermittlung von Bildung im umfassenden Sinne, die Förderung der Kreativität und des kritischen Geistes, das Schaffen von künftigen mündigen Bürgern, die für sich selbst und ihre Umwelt Verantwortung übernehmen.

Auf dem Pausenplatz stehend, erinnerte ich mich an dieses Gedicht von Khalil Gibran:

«Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.»

Gemäss Gibran sollten wir die Köpfe unserer Kinder nicht mit starren Vorstellungen füllen, «…denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern…».

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5 Fragen an Florence Bernhard – Inhaberin der Gesamtschule Winterthur

In unserer Rubrik «5 Fragen an…» interviewt Schulleiter Daniel Jeseneg die Gesamtleiterin Florence Bernhard zu ihrer Tätigkeit. Den Stafetten-Stab reichen wir an sie weiter.

Florence, du hast die Gesamtschule Winterthur vor etwa 10 Jahren ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?

Durch meine Anstellung im April 2008 als Dozentin am Institut Unterstrass in Zürich habe ich die Gesamtschule Unterstrass AG von Prof. Dieter Rüttimann kennengelernt und gedacht: Eine solche Schule braucht es in Winterthur! Ein Jahr später habe ich den Entschluss gefasst, mit einem ähnlichen Konzept eine eigene Schule in Winterthur zu gründen. Die Eröffnung der Gesamtschule Winterthur (GSW) mit dem Profil des naturwissenschaftlichen Forschens und Entdeckens fand im August 2013 statt.

Ich finde es unglaublich lehrreich und spannend, pädagogische Konzepte zu gestalten und weiterzuentwickeln. In der Volksschule war diese Flexibilität durch vorgegebene Strukturen nicht überall gegeben. Nun kann ich voller Freude meine pädagogischen Ideen und Überzeugungen mit meinem grossartigen Team schnell und wirkungsvoll umsetzen.

Die Gesamtschule Winterthur ist dafür bekannt, das Lernen aus einer forschenden Perspektive zu betrachten. Wie lebt ihr das forschende Lernen?

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Übergänge im 1. Zyklus gemeinsam gestalten

In Zusammenarbeit mit dem Volksschulamt Zürich, dem Institut Unterstrass und engagierten Schulgemeinden sind Leitfäden und Filme zur gemeinsamen und zeitgemässen Übergangsgestaltung im 1. Zyklus entstanden. Der Fokus liegt auf konkreten, praktisch umsetzbaren Empfehlungen und dem Einbezug aller Beteiligten (Gemeinde, Schule und Betreuung, Kinder und ihre Eltern). Natalie Geiger zeigt auf, wie der Übertritt gemeinsam gestaltet werden kann.

Die ersten vier Schuljahre bilden die Basis für die weitere Schullaufbahn eines Kindes. Zwei Übergänge sind für die meisten Kinder und ihre Eltern beim Start in die obligatorische Schulzeit immer noch prägend: der Eintritt in den Kindergarten und der Übertritt in die 1. Klasse. Mit dem Lehrplan 21 wird ein Paradigmenwechsel angestrebt:  Lernförderung soll stärker aus der Perspektive der Kinder geschehen.

Indem die Übergänge stärker in den Fokus gerückt werden, wird zeitgleich das Lernen der Kinder im 1. Zyklus zum Thema. Wie lernen Kinder eigentlich – zu Hause, in der Spielgruppe, in der Kindertagesstätte (Kita), im Kindergarten und in der Primarschule?

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Die doppelte pädagogische Verantwortung

Die Zukunft kann niemand voraussehen. Die Corona-Krise hat dies verdeutlicht. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir Erwachsenen jetzt Verantwortung übernehmen und den jungen Menschen etwas zeigen. Auf dem Weg in eine neue konstruktive Zone gilt deshalb, die ergänzende Hälfte der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu etablieren. Thomas Marti mit dem 2. Beitrag.

Teil 2: Mit der Karte unterwegs

Rückblickend auf den ersten Teil meines Beitrages und der Beschreibung der drei Hauptpunkte der «Krise der Erziehung» von Hannah Arendt, sind wir bei der aktuellen Diskussion über die Schule und deren Zukunft angelangt: bei den Bildern von spielenden Kindern in der Schule und einer gewissen Verzerrung des Diskurses über Bildung. Verantwortung zu übernehmen heisst nach Arendt, das Kind vor der Welt zu schützen und gleichzeitig die Welt vor dem Kind zu schützen.

Diese doppelte pädagogische Verantwortung beschreibt Arendt folgendermassen: «Das Kind bedarf einer besonderen Hütung und Pflege, damit ihm nichts von der Welt her geschieht, was es zerstören könnte. Aber auch die Welt bedarf eines Schutzes, damit sie von dem Ansturm des Neuen, das auf sie mit jeder neuen Generation einstürmt, nicht überrannt und zerstört werde.»

Jungen Menschen etwas zeigen

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«So habe ich mir den Job nicht vorgestellt!»

Die Erfahrungen, die man mit dem Einstieg als Schulleiter:in macht, vergisst man wohl nie. Martina Arpagaus, hat den Schritt zur Schulleiterin gewagt und leitet seit dem Sommer 2021 eine Zürcher Primarschule. Im zweiten Beitrag teilt sie mit uns Erfahrungen, mit denen sie als Schulleiterin nicht gerechnet hätte, aber alles daransetzte, die herausfordernden Fälle zu managen.

Mein Schulleitungsbüro ist auch Labor, Zirkusdirektion, Notfallstation und Detektivbüro in einem. So aufregend habe ich mir meinen Job definitiv nicht vorgestellt. Auf folgende Spezialfälle und Situationen war ich nicht vorbereitet.

Herzrasen im «Detektivbüro»

Das Telefon im Schulleitungsbüro klingelt. «Ein Erstklässler fehlt!», meldet eine Lehrperson. Wir rufen im Hort an und stellen fest: Auch da fehlt von ihm jede Spur. Das Herz rast, im Büro herrscht hektisches Treiben, die Drähte laufen heiss. Wir versuchen detektivisch innert Kürze herauszufinden, wo das Kind zuletzt gesichtet wurde.

Ein Kind ist verschwunden. Das Schlimmste, was uns passieren konnte.

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Spielen als «Game Changer» in der Schulentwicklung

Das Spiel ist die zentrale Lernform bei 4- bis 8-Jährigen*. Wenn Kinder spielen, lernen sie gleichzeitig – durch das Erleben mit allen Sinnen, ganz beiläufig. Das bewusste Lernen setzt erst nach und nach ein. Diese Erkenntnis aus der Forschung spiegelt sich im Lehrplan 21 wider und bewirkt einen pädagogisch-didaktischen Paradigmenwechsel. Die Folge sind Veränderungsprozesse im Kindergarten, in der Schule und der schulergänzenden Betreuung – und entsprechend auch in der Schulentwicklung.

*Kinder im Alter von 4 bis 8 Jahren entsprechen der Altersgruppe im 1. Zyklus (Schweizer Bildungssystem: Kindergarten bis 2. Klasse). Der 1. Zyklus wird im Folgenden auch Elementarbildung genannt.

Damit das Spiel als Lernform bei 4- bis 8-jährigen Kindern institutionell verankert werden kann, benötigt es neben einem inhaltlichen auch einen strukturellen Prozess im Kontext einer Schulentwicklung (Lieger, Ganz, 2021, S. 145). Dieser kann aus einem internen Bedürfnis heraus entstehen oder extern initiiert sein. Im ersten Fall zum Beispiel durch Heterogenität in den Klassen, Verbesserung der Übergänge, Anpassung der Spiel- und Lernumgebung. Im zweiten Fall zum Beispiel durch Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen, Lehrplan, Förderung der fachlichen und überfachlichen Kompetenzen in Spielprozessen.

Schulentwicklungsprozesse zielen auf die Verbesserung der Qualität in einer Bildungsinstitution und der Passung ab. Es kommt zu einem Wandel in den Bereichen der Organisations-, Personal- und Unterrichtsentwicklung («Drei-Wege-Modell der Schulentwicklung» von Hans-Günter Rolff (2012)).

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«Unsere Volksschule ermöglicht jedem Kind eine Grundbildung»

Seit dem 1. Juni 2020 ist Myriam Ziegler neue Amtschefin des Volksschulamts im Kanton Zürich (VSA). Vorher war sie in der gleichen Position im Kanton Zug tätig. In diesem Interview erfahren Sie von Ziegler, was sie als Amtschefin motiviert sowie ihre Vorstellungen und Wünsche an und von den Zürcher Schulleiterinnen und Schulleitern.

Myriam Ziegler, was motiviert sie, die Führung des Volksschulamtes im Kanton Zürich zu übernehmen?

Unsere Volksschule ermöglicht jedem Kind eine Grundbildung und stellt damit für mich einer der wichtigsten Werte dar, die wir unseren Kindern und Jugendlichen mit auf den Weg geben können. Bildung eröffnet ganz generell dem einzelnen Kind seine Zukunftsperspektiven und ist gleichzeitig für unsere Gesellschaft eine wichtige Ressource.

Die Chance zu haben, zusammen mit meinen Mitarbeitenden des VSA die Volksschule im Kanton Zürich zu unterstützen und weiterzuentwickeln, das empfinde ich als grosses Privileg. Zudem finde ich die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Politik und Praxis sehr spannend. Zugegeben, diese Arbeit kann zwischendurch auch herausfordernd sein, aber das trübt keineswegs meine Freude an einer äusserst sinnvollen Tätigkeit in der kantonalen Verwaltung.

Welche Entwicklungen werden nach Ihren Einschätzungen in den nächsten 10 Jahren auf die Volksschule zukommen?

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Canaries in the Mine – Was auffällige Kinder mit Kanarienvögeln gemein haben

„Canary Children“ sind Kinder, die durch ihre Unruhe und in unserem Unterricht auffallen. Wir alle kennen sie. In jedem Klassenzimmer gibt es mindestens ein Kind, das unruhig und laut ist, sich nicht gut konzentrieren kann und die Ziele nicht erreicht. Wir sind gewohnt, das Problem im Kind zu sehen. Bestimmt leidet es an ADHS, einer Form von Autismus oder einer anderen Störung.

Carla Shalaby nennt diese Kinder „Canary Children“ in Anlehnung an die Kanarienvögel, die von Bergleuten als Warnsystem genutzt wurden. Canaries in the Mine – Was auffällige Kinder mit Kanarienvögeln gemein haben weiterlesen

Stark in den Chindsgi

Die Regionalleitung Schulsozialarbeit (SSA) und Gemeinwesenarbeit (GWA vom Amt für Jugend und Berufsberatung) des Bezirks Affoltern haben das Konzept «Stark in den Chindsgi» erarbeitet. Es enthält drei konkrete Umsetzungsmassnahmen, welche auf den Bausteinen Elternarbeit, Vernetzung und Frühe Förderung aufbauen.

Viele Schulleitungen berichten, dass aufgrund des herabgesetzten Eintrittsalters der Kindergartenkinder der Ablösungsprozess sowohl für die Kinder und die Eltern als auch für die Kindergartenlehrpersonen eine zunehmende Herausforderung ist. Zudem trägt die steigende Diversität der Familien dazu bei, dass der jeweilige Entwicklungsstand der Kinder immer unterschiedlicher wird. Der Schuleintritt ist der erste grosse Übergang in der Bildungsbiographie eines Kindes. Eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen dem Vorschulbereich, der Schule und den Eltern hilft, diese Stresssituation gemeinsam zu meistern, und unterstützt einen guten Start in den Chindsgi.

Von verschiedenen fachlichen aber auch politischen Seiten wird immer mehr erkannt, dass der Bereich der Frühen Förderung oder der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) gestärkt werden muss, um bildungsferne Familien zu erreichen und möglichst allen Kindern einen guten Start zu ermöglichen. Ein Bildungsverständnis, welches auch die informellen und nonformalen Bildungsorte miteinbezieht, ermöglicht Integration auf ganz verschiedenen Ebenen.

Programme wie PrimokizBildungslandschaften oder auch das Nationale Programm gegen Armut zeigen Wege auf, wie die Schule und der Vorschulbereich zusammenarbeiten können, um gemeinsam Kinder und Eltern auf ihrem Weg zu stärken.

Dabei gilt es besonders zwei Herausforderungen zu meistern. Einerseits Wege zu finden alle Eltern und Kinder zu erreichen und andererseits Schritt für Schritt ein kooperatives Bildungsverständnis zwischen den Fachleuten zu etablieren.

Im Bezirk Affoltern ist in Zusammenarbeit der Regionalleitung der Schulsozialarbeit (SSA) und der Gemeinwesenarbeit (GWA vom Amt für Jugend und Berufsberatung) ein Angebot für die Schulen des Bezirks entstanden. Das Konzept enthält drei konkrete Umsetzungs-massnahmen, welche auf den Bausteinen Elternarbeit, Vernetzung und Frühe Förderung aufbauen. Ziel ist es bildungsferne Eltern besser zu erreichen, den Schuleintritt gezielter zu begleiten sowie Akteurinnen und Akteure des Vorschulbereiches und der Schule zu vernetzen.

Gerne stellen wir unser Handout zum Konzept „Stark in den Chindsgi“ auf dem Blog Schulführung zur Verfügung:

Konzept «Stark in den Chindgsi»

 

Weiterführende Links:

Primokiz – Ein Programm zur Entwicklung einer umfassenden Strategie der Frühen Förderung in der Gemeinde –https://jacobsfoundation.org/activity/primokiz2/

Bildungslandschaften CH – http://bildungslandschaften.ch/

Bildungslandschaften Deutschland – http://www.lokale-bildungslandschaften.de/

 

Judith Odermatt, Gemeinwesenarbeit AJB und Claudia Bernasconi, Leiterin Regionalstelle Schulsozialarbeit AJB Bezirke Affoltern, Dietikon und Horgen