Führen mit Präsenz und Empathie

Weshalb ist resonante Führung gewinnbringend? Wie kann eine Schulkultur weiterentwickelt werden? Antworten auf diese und weitere Fragen finden sich im Buch «Führen mit Präsenz und Empathie» von Wilfried Schley und Michael Schratz. Die Autoren beschreiben, wie der Identitätswandel der Schulen gestaltet werden kann. Das gemeinsame Gestalten von Schule durch die Schulleitung und allen Beteiligten steht dabei im Zentrum. Stefanie Michel fasst das Buch zusammen und führt ihre Gedanken dazu aus.

Unsere Gesellschaft ist im Umbruch. Dementsprechend wandelt sich die Schule ebenfalls. Wilfried Schley und Michael Schratz sprechen gar von einem Identitätswandel, der sich vollzieht, da sich die Schule von einem Ort der Vermittlung zu einem der Entdeckung und Entfaltung der Persönlichkeiten wandelt. In ihrem Buch stellen die Autoren die Beziehungsgestaltung und das Miteinander ins Zentrum, um auf den tiefgreifenden Wandel zu reagieren. Der erste Teil des Buchs zeigt auf, weshalb resonante Führung im Mittelpunkt von Führung stehen sollte und wie die Schulkultur verändert werden kann. Mit Beispielen aus der Praxis werden die theoretischen Konzepte und Modelle veranschaulicht. Im zweiten Teil des Buchs werden den Leserinnen und Lesern Werkzeuge vorgestellt, die bei der Gestaltung des Wandels an der eigenen Schule eingesetzt werden können.

Mit resonanter Führung den Kulturwandel gestalten

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Die Schule ist nicht bloss ein Lernort

Vielmehr ist die Schule der Lebensort, an dem in allen Bereichen der Gesellschaft aktiv gelernt werden muss.

8.20 Uhr am Mittwoch, 12. September 2018: Die rund 275 Primarstufenkinder des Schulhauses Walenbach versammeln sich in der Turnhalle; der stundenplanmässige Alltag findet heute nicht statt. Vielmehr steht der heutige Tag im Zeichen von fröhlichen Begegnungen, wertschätzendem Miteinander und einem friedvollen Zusammenhalt sowie gemeinsamen Spielen und dekorativem Basteln. Gemeinsam gesungen ertönt das selbst getextete Walenbachlied in voller Pracht und stimmt bereits durch den Inhalt auf den Tag ein.

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Die Schäli-Elf – Teil 3/4

In unserer vierteiligen Serie zur Fussball-WM gibt Beat Schäli, Rektor der Schule Walchwil Einblick in seine Führungsphilosophie. In den ersten beiden Teilen wurde die Fehlerkultur im Tor und die Verteidigungspositionen «Vorbild – Ziele – Expertenrat – Regeln» vorgestellt. Hier folgen Akteure im Mittelfeld:

Sie haben einen Teil verpasst? Lesen Sie gleich hier nach und erfahren Sie mehr über die Parallelen von Fussballtrainern und Schulleitern. Die Schäli-Elf – Teil 1/4 und 2/4

Mittelfeld: Enthusiasmus – Mensch – Teamgeist – Timing

„Ich esse Fussball, ich schlafe Fussball, ich atme Fussball. Ich bin nicht verrückt, nur leidenschaftlich.“

Thierry Henry

Man kann sowohl Einfluss in die Offensive, wie auch in die Defensive ausüben. Enthusiasmus, Mensch, Teamgeist und Timing bilden in der Schäli-Elf diese Schaltzentrale.

 Enthusiasmus: Es sind doch genau die Dinge, welche ich mit Begeisterung ausübe, welche schlussendlich zu Fortschritten führen. Schon von Kindesbeinen an begegnet man dieser untrüglichen Regel. Sei es beim Erlernen einer Sportart oder der ersten Fremdsprache in der Schule.

Und deswegen ist es eminent wichtig, dass die Führungsperson mit diesem Feuer in sich voranschreitet und andere mitziehen und motivieren kann. Klopp und Guardiola leben von diesen Emotionen, wo sie bei Löw und vor allem Hitzfeld eher versteckt zur Geltung kommen. Wenn man Jürgen Klopp während eines Spiels an der Aussenlinie beobachtet, sein Haareraufen bei einer missglückten Aktion, die gelösten Luftsprünge bei einem Tor, merkt man, dass das System von Klopp Hand in Hand mit Enthusiasmus geht.

Ich muss vom Sinn meiner Arbeit überzeugt sein, sonst kann ich nicht motivieren. Wenn ich das nicht mehr kann, muss ich einen Ort, eine Beschäftigung finden, wo ich das wieder kann. Oder in den Worten von Guardiola: „Wenn ich sehe, dass die Augen meiner Spieler nicht mehr glänzen, ist es Zeit für mich, zu gehen.“

 Mensch: Er steht im Mittelpunkt. Immer und überall. Führungskräfte benötigen Menschen. Denn erfolgreiche Chefs verbindet sicher eines: Es gab Menschen, die ihnen folgten. Es gab Menschen, die hinter ihnen standen und somit „Ja“ zu ihnen sagten und sich eine Verbesserung ihrer Leistungen und somit ihrer Lebensqualität versprachen. Deshalb anerkannte man sie als Führungskräfte.

Was mir an der Pädagogik gefällt, ist, dass man es immer mit Menschen zu tun hat. Sei es mit den Kindern, den Lehrpersonen, den Eltern oder auch mit beratenden und bestimmenden Gremien. Was alle vier Trainer erwähnen ist die Zeit. Die Zeit für Herzlichkeit und echtes Interesse. Kontakt, Herzlichkeit und Wärme sind im Umgang mit Menschen unverzichtbar.

Die Aufgabe der Führung ist es Menschen zu befähigen, gemeinsam Leistungen zu erbringen, ihre Stärken wirkungsvoll und ihre Schwächen unwesentlich zu machen. Jeder Mensch hat seine einzigartigen Eigenschaften, die ihn von anderen unterscheiden. Als Schulleiter kann ich, wenn ich mir den jeweiligen Stärken der einzelnen Lehrpersonen bewusst bin, ungeahnte Leistungen freisetzen.

Gerade in der Führung ist es wichtig, dass man sich der menschlichen Wechselwirkung bewusst ist. Guardiola betont, dass wir in unserem Job, und das gilt sowohl für die Trainergilde, als auch für Schulleitungen, einerseits über den Spielern bzw. Lehrpersonen stehen, andererseits auch unter ihnen, weil wir von ihnen abhängig sind.

 Teamgeist: Im Zentrum jedes Trainers bzw. Schulleiters Tätigkeit steht das Team. Die Zusammensetzung der Mannschaft bzw. des Lehrer/innenteams, ihre Leistungsbereitschaft und die Stimmung sind die entscheidenden Faktoren, welche über Niederlage oder hoffentlich eben Sieg bzw. Schulqualität entscheiden.  Wer als Trainer oder Schulleiter sein Team nicht hinter sich hat, ist verloren.

Guardiola, Hitzfeld, Klopp und Löw verbindet, dass es ihnen immer wieder gelungen ist, das Team hinter sich zu bringen. Ihnen ist bewusst, dass man Grosses nur gemeinsam erreichen kann. Dieses Gefühl des gemeinsamen Erfolges ist unbezahlbar. Deswegen dürfen oder sogar besser gesagt sollen solche Momente auch gefeiert werden. In der Schule gibt es immer wieder Anlässe, welche sich dazu eignen.

Timing: Es gilt einen wohlüberlegten Start und dann auch den richtigen Abgang zu finden. Hier gibt es keine Zeitvorgaben.

Pep Guardiola war immer der Ansicht, dass alles damit beginnt, dass man nach dem Ausschau hält, was man wirklich mag. So etwas zu finden ist das Wesentliche, das allem anderen zugrunde liegt. So wurde er von Spaniens Torhüterlegende Zubizaretta  nach seiner ersten, erfolgreichen Trainersaison bei Barcelona bei einem Abendessen daran erinnert, dass sein Job mit einem Verfallsdatum versehen war.

Der Bestseller-Autor Bernhard Moestl zitiert in einem Buch einen unbekannten Verfasser: „Es ist besser, als stur kritisiert zu werden und seine Vorstellungen verwirklicht zu haben, als von anderen für Rücksicht und Einsicht gelobt zu werden, aber auf halbem Wege einen bequemen Kompromiss eingegangen zu sein.“

Beat Schäli, Rektor Schule Walchwil ZG

Im nächsten und letzten Teil werden die beiden Sturmspitzen vorgestellt. Verpassen Sie nichts und folgen Sie dem Blog Schulführung!

Und hier gehts zur kompletten Forschungsarbeit: Die Schäli-Elf

Die Schäli-Elf – Teil 2/4

In unserer vierteiligen Serie zur Fussball-WM gibt Beat Schäli, Rektor der Schule Walchwil Einblick in seine Führungsphilosophie. Nach der Fehlerkultur im Tor stellt er hier seine Verteidigung vor:

Sie haben den ersten Teil verpasst? Lesen Sie gleich hier nach und erfahren Sie die Parallelen von Fussballtrainern und Schulleitern. Die Schäli-Elf – Teil 1/4

Verteidigung: Vorbild – Ziele – Expertenrat – Regeln

„Das ist grossartig. Sag ihm, er sei Pelé, und schick ihn zurück aufs Feld.“

John Lambie als Trainer vom schottischen Klub Partick Thistle, nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass einer seiner Spieler nach einem Zusammenprall nicht mehr wisse, wer er sei.

Die Abwehr ist das Fundament jeder Mannschaft. Sie ist für den langfristigen Erfolg entscheidend. In der Schäli-Elf  werden diese vier wichtigen Positionen durch „Vorbild sein“, „Ziele setzen“, „Expertenrat einholen“ und Regeln vorgeben“ besetzt.

 Vorbild: Das persönliche Interesse an der eigenen Schule gilt es vorzuleben. Durch den Besuch von Theateraufführungen verschiedener Klassen oder auch nur mal das Betrachten der aufgehängten Zeichnungen im Gang entsteht das Gefühl von Wertschätzung.

Auch erachte ich es als hilfreich, wenn ich als Schulleiter ab und zu selber unterrichte. Die Lehrpersonen wissen dann, dass die Schulleitung nicht nur spricht, sondern auch Haltungen vorlebt. Guardiolas Vorbild Johan Cruyff bringt es auf den Punkt: „Trainer sollen durch ihr eigenes Vorbild führen. Sie sollten Fussball spielen können, somit auch während des Trainings auf dem Fussballplatz sein und unterrichten, weil es nichts Besseres gibt, als das Spiel anzuhalten, zu korrigieren, Anweisungen zu geben und zu erklären, warum jemand einen bestimmten Pass zu einem bestimmten Mitspieler hätte spielen, eine bestimmte Position einnehmen oder ein technisches Element hätte ändern sollen.“

 Ziele: Guardiola dazu: „Nicht die Titelgewinne seien das Ziel, sondern die Entwicklung einer bestimmten Spielweise. Wenn sie an ihren Grundsätzen festhielten, seien Titel die vollkommen logische Konsequenz. Und einer der Schlüssel zum Erfolg sei, niemals das Ziel aus den Augen zu verlieren.“ Wenn man sich mit den Zielen von Guardiola befasst, stösst man immer wieder auf seine drei Grundkonzepte: Die Abwehrkette, die fünfzehn vorausgehenden Pässe, der Umgang mit den lauernden Spitzen.

Ich finde es immens wichtig, dass die Mitarbeiter in das Setzen und Ausformulieren von Zielen frühzeitig miteingebunden werden. Dies kann die Identifikation mit den Zielen stärken und die erfolgreiche Umsetzung unterstützen.

 Expertenrat: Der Beruf als Trainer, wie auch als Schulleiter, kann sehr einsam sein. Es gilt einerseits ein Netzwerk aufzubauen, welches einen mit Hilfestellungen, Ideen oder auch einfach mal mit einem offenen Ohr unterstützen kann und andererseits von erfahrenen Persönlichkeiten zu profitieren.

Es lohnt sich auch mal über die eigene Berufsgattung hinauszuschauen, denn gerade im Bereich der Führung sind es, was auch der Vergleich mit der Wirtschaft, dem Fussball und der Schule zeigt, oftmals dieselben Herausforderungen, welche von Führungspersonen bewältigt werden müssen.

So fand Hitzfeld in dem Journalisten Miklos Szvircsev einen absolut vertrauenswürdiger Austauschpartner. Pep Guardiola schätzt die unbekümmerten Abendessen mit dem ehemaligen Schachweltmeister Gary Kasparow und auf die Stärken von Joachim Löw angesprochen, gibt der Chefscout des Deutschen Fussballbundes Urs Siegenthaler zur Antwort: „Eine von Joachims grössten Stärken ist, dass er sich mit Vertrauten umgibt und dann auch noch fähig ist, ihnen zuzuhören.“

Je mehr du deine Schwächen kennst, umso gezielter kannst du dir Rat bzw. die Leute zu dir in die Kommandozentrale holen, um weitsichtig handeln und führen zu können.

Wenn immer möglich versuche ich in- und ausländische Schulen zu besuchen. Denn jede Schule ist einzigartig und macht irgendetwas richtig gut. Oder eben ganz nach Guardiola: „Ideen gehören allen. Ich habe so viele wie möglich geklaut.“

 Regeln: Bei Durchforschen der verschiedenen Fachbücher und Biografien wurden die Wörter „Disziplin“ und „Regeln“ oftmals in einem Atemzug genannt. Kann und soll ich alle Personen in meinem Arbeitsumfeld gleich behandeln? Lassen die Gegebenheiten das auch immer zu? Gerade Klopp und Guardiola neigen klar dazu, dass nicht immer für alle dieselben Richtlinien gelten, wo bei Hitzfeld der Begriff „gerecht sein“ doch eine hohe Priorität hat.

Mir persönlich kommt die Haltung von Jürgen Klopp am nächsten. Er gibt der Mannschaft eine klare Linie vor, von Disziplin geprägt, aber am Menschen orientiert.

Nicht alle Menschen ticken gleich und jedes Individuum durchlebt eigene Lebensphasen. Es gilt den Mitarbeitenden zuzuhören und mit dem Wissen dieser unterschiedlichen Voraussetzungen, einen Lösungsweg zu finden, welchen man gegenüber anderen Menschen vertreten kann.

Beat Schäli, Rektor Schule Walchwil ZG

Im nächsten Teil wird das Mittelfeld vorgestellt. Wenn Sie dem Blog Schulführung folgen, verpassen Sie nichts.

Und hier gehts zur kompletten Forschungsarbeit: Die Schäli-Elf

Auf die Schulleitung kommt es an

Bereits steht der letzte Kongresstag vor der Tür. Die Tage in Düsseldorf vergehen wie im Flug. Es ist ein Anlass im Jahr, an dem ich als Schulleitung auftanken, neue Ideen und Impulse mitnehmen kann und etwas Distanz zum Schulalltag gewinne.

Bei der Auswahl der Vorträge für den Samstag habe ich lange hin und her überlegt. Hattie interessierte mich, doch hatte ich auch schon viel darüber gelesen und glaube gut informiert zu sein. Es ist aber immer wieder spannend zu hören, wie sich verschiedene Pädagogen mit Hattie auseinandersetzen und die Resultate interpretieren. Also doch, Hattie zum Frühstück!

Das Eingangszitat des Referats von Michael Felten, Gymnasiallehrer und Lehrbeauftragter in der Lehrerausbildung «Ihr müsst den Kindern zeigen, dass die Schule etwas ganz Besonderes ist» hat mich nachdenklich gestimmt. Noch immer ist es für viele Kinder auf dieser Welt nicht selbstverständlich, dass sie zur Schule gehen können oder sie nehmen teils lange und gefährliche Schulwege in Kauf. Einige unserer Schülerinnen und Schüler hingegen sehen die Schule oftmals als unangenehme Pflicht. Doch was macht es aus, dass Schule in der westlichen Welt für viele Schülerinnen und Schüler als ein Müssen oder eine Unterbrechung der Freizeit angesehen wird?

Auf diese Frage gibt es sicherlich unterschiedliche, teils diametral auseinanderliegende Antworten die, abendfüllend diskutiert werden könnten. Als Schulleiterin stellt sich mir die Frage: Was kann ich dazu beitragen, dass Schule attraktiv ist und die Schülerinnen und Schüler den Besuch der Schule wieder als Privileg betrachten?

Michael Felten, Autor von «Auf die Lehrer kommt es an!» zeigt in diesem Referat, dass es auch auf die Schulleitung ankommt. Für ihn ist der Kern der Schulentwicklung Unterrichtsentwicklung. Aber:

– wer stösst Unterrichtsentwicklung an?

– Wohin soll sie gehen?

Aufgrund der Ergebnisse von Hattie hat die Schulleitung einen hohen Effekt (d=0.84) wenn sie sich an der Unterrichtsentwicklung beteiligt und ihre Expertise einbringt. Doch wie soll sie das tun? Eher als Motivator, Vorbild und Mentor oder durch Führung mit Vorgaben, einem System klarer Regeln und Entwicklungsarbeit an der Lernkultur? Hattie belegt mit seiner Metastudie, dass die klare, instruktionale Führung den höheren Wirkungsgrad hat.

Laut Felten – und das zeigt sich auch in meinem persönlichen Umfeld – neigen Schulleitungen eher dazu «gut Freund» mit dem Kollegium sein zu wollen, gerade dann, wenn Schulleitungen aus dem Kollegium herauskommen, also eher die transformationale Führung bevorzugen.

Für mich persönlich bedeutet der Befund von Hattie aber nicht, dass Schulleiterinnen und Schulleiter nicht auch als Vorbild, Mentor und Coach führen sollen. Denn wie schon Joachim Bauer (2005) gesagt hat: «Der Mensch ist für den anderen Menschen die Motivationsdroge Nummer eins.»

Und zum Schluss nochmals Hattie mit seinen drei Kernbefunden:

– Auf die Lehrer kommt es an

– Viele Wege führen nach Rom – nicht alle!

– Die Beziehung macht’s

Diese drei Aussagen lassen sich auch auf meine Tätigkeit als Schulleiterin übertragen und werden mich in meinen Schulleitungsalltag begleiten.

Simone Augustin, Schulleiterin Schule Aeugst am Albis ZH und Co-Leiterin Bezirksschulleiterkonferenz Affoltern

Es lohnt sich, sich zu engagieren!

Am Deutschen Schulleiterkongress lernt Johannes Breitschaft, Dozent an der PH Zürich, interessante Abenteurer kennen, die von ihren Pioniertaten erzählen. Das sind der Lifestyle-Unternehmer Jochen Schweizer, der Polarforscher Arved Fuchs und der Dschungelbezwinger Rüdiger Nehberg.

Die Faszination ist beim Publikum nicht zu verbergen. Mit Leidenschaft und Humor erzählen sie von ihrem erfüllten und abenteuerlichen Leben. Keine 08/15-Biografien. Leider sind alles Männer, etwas mehr «starke Frauen» würden dem Kongress gutstehen. Dennoch: das Publikum hängt diesen Persönlichkeiten an den Lippen. Was man daraus ziehen kann? Das Erlebnis, bei den Wagnissen wenigsten ein bisschen dabei gewesen zu sein. Was ich daraus nehme: «Es lohnt sich, sich zu engagieren».

Bei Prof. Rolf Arnold geht es wieder etwas wissenschaftlicher zu und her. Er zeigt nachvollziehbare Verbindungen von Neurobiologie, Lernen und Erwachsenenbildung. Lernen ist für ihn ein selbstgesteuerter Aneignungsprozess. Didaktik sollte keine Lehr-, sondern eine Lernwissenschaft sein. Auch in meiner Ausbildung in Hochschuldidaktik ging es um den «shift from teaching to learning». Das Motto lautet: vom Lernenden her denken, was mich an die Bedingungen zu Kompetenzorientierung erinnert. Lehrpersonen müssen Bedingungen schaffen, damit etwas (Neues) entstehen kann! Die Lehrperson bietet den Kompetenzrahmen, den Kompetenznachweis muss der Lernende selber geben. Die Beziehung und die Resonanz ist der Boden. Schon Rolff hat den Satz geprägt: «wer den Unterricht verändern will, muss mehr als den Unterricht verändern». Veränderungen geschehen meist sehr langsam. Die Problematik ist dabei, dass das Überlieferte und die Erfahrung zunächst immer für richtig erachtet werden. Eine weiterführende Anregung zum Weiterdenken können einige gesammelte Zitate zum Lernen sein, die ich von Rolf Arnold gefunden habe.

Prof. Dr. Harald Görlich zeigt mir, dass wir im Modul «Selbst-, Zeit-, Gesundheitsmanagement» im Rahmen des Lehrgangs «Führen einer Bildungsorganisation» die richtigen Schwerpunkte setzen. Sein Thema ist «Stark durch Resilienz!». Was mir besonders in Erinnerung bleibt, ist die konsequente Haltung des Vertrauensvorschusses gegenüber Mitarbeitenden und die bedingungslose Einstellung, dass man als Führungsperson in jedem Menschen einen wertvollen Kern erkennen muss. Schon Anselm Grün meint «wenn ich den Menschen mag, ist er nicht so schnell zu viel für mich» oder Thomas von Aquin «ich freue mich, dass du da bist, und nicht weil du so bist».

Schulleitungen müssen neben vielem Anderen auch Meisterinnen und Meister der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen sein! Was ich wieder mitnehme: Die Befriedigung von vier Grundbedürfnissen, welche die Basis psychischer Gesundheit, unabhängig von der Quantität der Arbeit sind, nämlich:

1. Orientierung und Wirkungsmöglichkeit (Sinnerfahrung). «Wer ein Warum zu leben weiss, erträgt fast jedes Wie» (Nietzsche)

2. Anerkennung und Wertschätzung (Selbstwertbezug)

3. Soziale Bindung / Zugehörigkeit

4. Lust erleben / Unlust vermeiden.

Zwei Fragen werden mich noch weiter begleiten: Was heisst für mich gelingendes Leben? Wann mache ich einen Termin mit mir selbst, um den wirklich wichtigen Fragen nachzugehen?

Johannes Breitschaft, Dozent PH Zürich

Forschungstagebuch 1/3

Im Rahmen des Forschungsprojektes ‘Von den Besten lernen – Schulleitungshandeln an den Siegerschulen des Deutschen Schulpreises’ reist Niels Anderegg für drei Tage an eine Siegerschule des Deutschen Schulpreises nach Ostdeutschland. Jeden Tag berichtet er im Blog Schulführung.

Normalerweise reise ich jeweils am Vortag an, so dass ich am ersten Tag ausgeruht an die Schule gehen kann. Leider ist es dieses Mal nicht möglich. So nehme ich um 20 Uhr im Hauptbahnhof Zürich den Nachtzug in Richtung Berlin.

 

 

 

 

 

Das schöne am Nachtzug ist, dass man gleich mit einem Fläschchen Vino Spumante begrüsst wird. Und auch sonst ist es in meinem Zimmerlein gemütlich, so dass ich noch einen Fachartikel für das Forschungstreffen vom Montag lesen und dann bald tief und fest einschlafen kann.

Da ich umsteigen muss, werde ich schon um 5 Uhr geweckt. Immerhin mit einem Frühstück. Dann heisst es umsteigen und mit der S-Bahn in eine kleine Provinzstadt fahren, das Hotel suchen, den Koffer einstellen und ab an die Schule. Ich bin schon sehr gespannt was mich erwartet. Auch wenn ich bereits viel über die Schule gelesen habe, so ist die erste Begegnung an der Schule doch immer wieder überraschend. Michael Schratz spricht immer wieder davon, dass man sich in eine Schule ‘hineinspüren’ muss. Und genau so ist es auch heute wieder.

 

 

 

 

 

 

Als ich in der Schule ankomme überkommt mich wieder einmal das eigenartige Gefühl, dass man ‘Schule spürt’. Das mag nun, gerade in einem Bericht eines Forschers eigenartig klingen, aber ich mache immer wieder die Erfahrung, dass ich in ein Schulhaus hineinkomme und sogleich die Qualität dieser Schule fühlen kann. Und da geht schon das Forschen los. Was spricht mich an? Was macht diesen Ort besonders?

Mir fällt sogleich auf, dass Schülerinnen und Schüler überall am Arbeiten sind: Auf dem Gang, in kleinen Nischen und in den Schulzimmern, welche alle offene Türen haben. Hier wird mit einer Ernsthaftigkeit gearbeitet und gelernt, die spürbar ist. Dieser erste Eindruck wird sich im Verlauf des Tages weiter bestätigen und ich finde sowohl bei den Beobachtungen als auch in den Gesprächen mit dem Schulleiter und verschiedenen Personen immer wieder hinweise, warum dies an dieser Schule so ist. Und genau darum geht es mir in diesen drei Tagen: Ich möchte verstehen wie diese Schule ‘tickt’ und was die Schulleitung dafür macht.

 

 

 

 

 

Im Schulsekretariat treffe ich den Schulleiter zusammen mit den beiden Sekretärinnen und dem Hausmeister bei einem Kaffeeklatsch. Das Wort Beziehung wird während dem ganzen Tag immer wieder fallen. «Die wichtigste Aufgabe als Schulleiter ist es die Beziehungen zu den Menschen zu pflegen und zu gestalten». Auf dem Rundgang durch das Schulhaus spricht der Schulleiter immer wieder Schülerinnen oder Schüler an, murmelt dem einem zu, dass der Vortrag hervorragend war und sagt zum anderen, dass er dies toll gemacht habe. Auf meine Frage, ob er denn alle 450 Schülerinnen und Schüler kenne, schaut er mich nur erstaunt an. Später, im Verlaufe des Tages wird er zu Schulleitenden, welche auf Hospitation sind, sagen, dass er über den Unterricht und die Schülerinnen und Schüler wenig wisse, da seien die Lehrpersonen die Profis und die wissen ganz viel. 10 Minuten später, als eine der hospitierenden Schulleiterin von ihrer Beobachtung einer schwierigen Situation in einer Klasse berichtet, meint der Schulleiter: «Ach ja, Sie waren wohl in der 9b». Und berichtet dann, dass es dort momentan nicht so rund läuft und erzählt von den Gründen weshalb das momentan so ist und was sie dagegen unternehmen. Als ich ihn später darauf anspreche und meine, dass ich es ihm nicht abnehme, dass er nicht so viel über den Unterricht und die Schülerinnen und Schüler weiss, muss er schmunzeln. «Mir ist es wichtig, dass die Schulleitenden den Lehrpersonen vertrauen und ihnen die Möglichkeit geben auszuprobieren und ihr Ding zu machen». Hier kommt wieder die Beziehungsgestaltung ins Spiel. «Lehrpersonen und auch Schülerinnen und Schüler müssen die Möglichkeit haben ihre Ideen umzusetzen und auszuprobieren. Dazu brauchen sie mein Vertrauen und meine Wertschätzung. Die gebe ich ihnen durch mein Interesse und meine Präsenz». Der Schulleiter kontrolliert nicht, sondern ermutigt. Und er ist neugierig. Immer wieder fragt er Schülerinnen und Schüler, welche irgendwo am Arbeiten sind, was sie gerade tun. Er lässt es sich erklären und ist begeistert. Am Ende des Tages meint er bedauernd, dass er so gerne an allen Präsentationen der Projektarbeiten der Schülerinnen und Schüler dabei sein möchte. Aber das sei unmöglich. Ein Projekt hat es ihm dann jedoch so angetan, dass er versucht seine Termine so zu schieben, dass er an dieser Präsentation dabei sein kann. Dieses Team (der Projektunterricht an dieser Schule findet immer in Teams statt) geht der Frage nach, in wie weit die momentane Regierungsbildung in Deutschland mit der Situation der Weimarer Republik verglichen werden kann. «Auf diese Fragestellung muss man doch zuerst einmal kommen. Und das von Schülerinnen und Schüler die mitten in der Pubertät stecken und alle sagen, dass sie keinen Bock auf Lernen haben». Wie war das mit dem ersten Eindruck: Die Ernsthaftigkeit mit welcher hier gearbeitet wird.

Am Ende des Tages habe ich über 10 Seiten Beobachtungen in mein Forschungstagbuch getippt und das erste Interview mit dem Schulleiter geführt. Mit vielen Eindrücken und neuen Fragen und Hinweisen verlasse ich die Schule und gehe ins Hotel. Dort gehe ich nochmals meine Notizen durch und schreibe mir Stichworte, Eindrücke und Fragen auf. Ich bin schon gespannt auf den nächsten Tag. Ich werde um 7 Uhr einen Lehrer treffen und ihn und seine Klasse dann durch den Morgen begleiten. Ich freue mich darauf.

Nach der Nacht im Schlafwagen freue mich nun auf mein Hotelbett. Zuerst muss nun jedoch noch die Mailflut aus dem Büro bearbeitet werden. Auch als Forscher ist man immer noch ein Stück mit dem Büroalltag verbunden.

Niels Anderegg, Zentrumsleiter Management und Leadership PH Zürich