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«Nichts ist schlimmer, als wenn du keinen Abschluss hast» 

Seit sechs Jahren arbeitet Sandra Brühlmann bei Surprise als Stadtführerin und bietet soziale Stadtrundgänge an. Ihre Lebensgeschichte, geprägt von schwierigen Voraussetzungen und Umgang mit grossen Herausforderungen, hat Stefanie Michel bei einer ihrer Touren zutiefst beeindruckt, dass sie Sandra für das Organisationskomitee (O.K.) des Symposiums Personalmanagement gewinnen wollte. Was Sandra dazu motiviert hat, beim Symposium Personalmanagement mitzuwirken, wie sie ihre Vergangenheit verarbeitet hat und was sie sich für die Schule der Zukunft wünscht, erzählt sie im Interview. 

Stefanie Michel: Sandra, warum engagierst du dich für das Symposium Personalmanagement? 

Sandra Brühlmann: Ich hatte selbst Probleme in der Schule und weiss aus eigener Erfahrung, wie schlimm es ist, wenn du keinen Berufsabschluss hast. Ohne Abschluss hast du kaum Chancen, ins Berufsleben einzusteigen. Deshalb ist es mir so wichtig, dass auch Menschen mit schlechten Voraussetzungen eine Ausbildung abschliessen können. Beim Symposium Personalmanagement kommen viele Menschen aus der Bildung zusammen. Dies bietet die grosse Chance, auf das Thema Bildungsgerechtigkeit aufmerksam zu machen und Verbesserungen anzustossen. 

Stefanie Michel: Du führst verschiedene Interviews mit Personen, die Ungerechtigkeiten im Bildungssystem erlebt haben. Diese Geschichten werden am Symposium erzählt. Wie gehst du dabei vor und was erhoffst du dir von den Interviews? 

Sandra Brühlmann: Ich habe bei meinem früheren Zuhause im Heim für obdachlose Menschen, in meinem Arbeitsumfeld, in meinem privaten Umfeld und in meiner Nachbarschaft Menschen gefragt, ob sie ihre Geschichten erzählen würden. Für manche ist es jedoch schwer, über ihre Erfahrungen zu sprechen, weil sie sich nicht trauen. Manchmal passiert es, dass Menschen kurzfristig absagen. Es braucht Zeit, Vertrauen aufzubauen. Trotzdem habe ich einige Personen gefunden, die ihre Erlebnisse teilen wollen. Ich hoffe, dass daraus eine Sammlung persönlicher und abwechslungsreicher Geschichten entsteht, die verschiedene Aspekte beleuchten. 

Stefanie Michel: Du wirst am Symposium auch deine eigene Geschichte erzählen. Wie hast du es geschafft, die schwierigen Erlebnisse aus deiner Kind- und Jugendzeit zu verarbeiten? 

Sandra Brühlmann: Die sozialen Stadtrundgänge haben mir bei der Verarbeitung sehr geholfen. Auf den Touren treffe ich immer wieder tolle Menschen. Ihre lieben Worte, kleinen Geschenke und einfach ihre Anwesenheit geben mir Kraft. Ich habe es auch diesen Menschen zu verdanken, dass ich auf gutem Weg bin.  

Stefanie Michel: Was wünschst du dir für die Schule der Zukunft? 

Sandra Brühlmann: Ich wünsche mir, dass Kinder und Jugendliche nicht denselben Kampf führen müssen wie ich. Es wäre schön, wenn Potenziale erkannt werden. Hinter jedem Problem steckt eine Geschichte, die oft ungehört bleibt. Wenn Menschen mit schlechten Voraussetzungen auch eine Arbeitsstelle antreten können, dann wird sich etwas ändern. Ich glaube, dass so neue Projekte entstehen und sich Türen für Menschen öffnen, die oft keine Chance bekommen. 

INFOBOX

Bildungsgerechtigkeit ist das zentrale Thema am nächsten Symposium Personalmanagement vom 23. Mai 2025. Es werden Faktoren, welche zur Bildungsbenachteiligung führen sowie konkrete Massnahmen, welche Schulen ergreifen können, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Neben Referaten und Foren geben persönliche Geschichten Betroffener wertvolle Einblicke und Impulse. Die Anmeldung erfolgt über die Webseite der PHZH und kann bis am 15. April zum Frühbucherpreis gebucht werden.

Zur Autorin

Stefanie Michel-Loher

Stefanie Michel-Loher arbeitet seit 2022 im Zentrum Management und Leadership an der PH Zürich. Sie ist Gesamtstudiengangsleiterin des DAS Schulleitung und arbeitet im O.K. des Symposiums Personalmanagement mit.

Redaktion: Jasmin Kolb
Titelbild: Sandra Brühlmann

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