Jedes Jahr treten über 8000 Kinder und Jugendliche des Kantons Zürich zur zentralen Aufnahmeprüfung (ZAP) an Kurz- oder Langgymnasien oder aber an andere Maturitätsschulen, namentlich Handels-, Fach-, Informatikmittelschulen oder Berufsmaturitätsschulen, an. Die Gefühlslage der Kinder und deren Eltern schwankt im Vorfeld der Aufnahmeprüfung nicht selten zwischen Hoffnung und Versagensangst. Thomas Bucher zeigt entlang eines Urteils des Verwaltungsgerichts Zürich auf, welche Prüfungsanforderungen etwa im Prüfungsfach Deutsch zu bewältigen sind.
Für die Aufnahmeprüfung an die Langgymnasien im Anschluss an die 6. Klasse der Primarschule (ZAP1) gelten die seit dem 1. August 2022 angepassten Bestimmungen des «Reglements für die Aufnahme in die Gymnasien mit Anschluss an die 6. Klasse der Primarschule (AufnR, LS 413.250.1)».
Die neue «Verordnung über die Aufnahme in die Maturitätsschule im Anschluss an die Sekundarstufe und nach Abschluss der beruflichen Grundbildung (VAM, LS 413.250.2)» trat am 1. August 2022 in Kraft und regelt die Zulassung an die Maturitätsschulen im Anschluss an das zweite Jahr der Sekundarschule (ZAP2) und im Anschluss an das 3. Jahr der Sekundarschule (ZAP3).
Bei der Frage über die Berücksichtigung der Vorleistungs- beziehungsweise Erfahrungsnoten und die Berechnung derselben im Rahmen der ZAP1, ZAP2 oder ZAP3 verweise ich auf das «Merkblatt zu den neuen Regeln für die Aufnahme in eine Maturitätsschule» der Bildungsdirektion des Kantons Zürich, Mittelschul- und Berufsbildungsamt (zuletzt besucht am 1. Februar 2025). Es ist unabdingbar, zahlreiche weitere Informationen (unter anderem mit Erklärvideo) zu ersehen.
Im Folgenden soll – mit Verweis auf ein exemplarisches Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich – der Frage nachgegangen werden, inwiefern Prüfungsleistungen beziehungsweise Teile davon im Falle des Nichtbestehens der Aufnahmeprüfung an Kurz- und Langgymnasien einer möglichen Anfechtung unterliegen. Der Kasuistik ist zu entnehmen, dass der Prüfungsteil beziehungsweise dessen Bewertung «Verfassen eines Textes» mitunter Anfechtungsgegenstand bildet.
Vorab ist ferner festzustellen, dass Französisch und Englisch nicht geprüft werden und es keine mündlichen Prüfungen mehr gibt. Prüfungsfächer (schriftlich) sind Mathematik und Deutsch. Die Prüfungen werden durch Fachkommissionen erstellt, die bei der ZAP1 auch die Bewertungsrichtlinien festlegen. Bei der ZAP2 und ZAP3 werden die Bewertungsskalen durch die Leitungen der Prüfungs- und Fachkommissionen festgelegt.
- Eine Schülerin absolvierte am 8. März 2021 die «Zentrale Aufnahmeprüfung für Langgymnasien (ZAP1)». Die Schülerin erzielte beim «Verfassen eines Textes» (Aufsatz) die Note 2,5, in der Sprachprüfung die Note 3,5 und in Mathematik die Note 3,5. Unter Einbezug der Erfahrungsnoten (5,5 in Deutsch und 5,5 in Mathematik) resultierte ein Gesamtdurchschnitt von 4,38. Damit verfehlte sie den nach damals geltendem Aufnahmereglement (aufgehoben am 1. August 2022) für eine Aufnahme in die Probezeit am Langgymnasium erforderlichen Notendurchschnitt nur knapp. Erforderlich gewesen wäre damals ein Notendurchschnitt von 4,5. Gemäss aktuell geltendem Aufnahmereglement (in Kraft seit 1. August 2022) wäre ein Notendurchschnitt (im Falle der Anrechnung der Erfahrungsnoten) von 4,75 erforderlich.
Die Eltern der Schülerin ersuchten das Gymnasium erfolglos um Wiedererwägung der Aufsatzbenotung, rekurrierten nach Abweisung bei der Bildungsdirektion Zürich gegen die ihrer Ansicht nach zu schlechte Aufsatzbewertung (2,5) und ersuchten, der Aufsatz sei mit der Note 4,0 zu bewerten und ihre Tochter sei in die Probezeit des Langgymnasiums aufzunehmen. Der Rekurs wurde seitens der Bildungsdirektion mit (anfechtbarer) Verfügung abgewiesen. Die Eltern gelangten schliesslich mittels Beschwerde an das Verwaltungsgericht Zürich und beantragten, den Aufsatz mit der Note 4,0 zu bewerten und ihre Tochter als vorsorgliche Massnahme in die erste Klasse des Langgymnasiums aufzunehmen.
Die Schülerin wählte folgende Aufgabenstellung:
«2. …Gemäss einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2019 fiel einem Polizisten in Zürich ein Mann auf, der vollkommen ölverschmiert und mit prall gefüllten Hosentaschen den Hinterhof eines Restaurants verlassen wollte. Der Mann wurde vom Polizisten angehalten, befragt und schliesslich festgenommen.
Schreibe in einem ausführlichen Bericht für eine Zeitung, warum der Mann ölverschmiert war, weshalb seine Hosentaschen prall gefüllt waren und wieso er verhaftet wurde.
Berichte im Präteritum und nicht in der Ich-Form. Gib die Nummer des Themas an und setze einen passenden Titel.»
Das Verwaltungsgericht weist die Beschwerde der Eltern ab und anerkennt die gesetzte Note 2,5. Gemäss Korrekturvorgaben war eine durchschnittliche Leistung zwischen 3,5 und 4,0 zu bewerten, wodurch ein unterdurchschnittlicher Aufsatz unter 3,5 zu bewerten war.
Gemäss geltenden «Prüfungsanforderungen ZAP1» müssen die Kandidatinnen und Kandidaten einen längeren, logisch zusammenhängenden und sprachlich korrekten Text schreiben. Die Textsorte soll einer Erzählung, einem Bericht, einer Beschreibung oder einem Brief entsprechen und die dafür spezifischen Textmuster sollen beachtet werden (Ziff. 1.1)
Die Prüfungskandidatinnen und Kandidaten haben sodann darauf zu achten, dass sie ihren Text strukturieren und logisch zusammenhängend aufbauen, sachlich Richtiges, Relevantes und Plausibles inhaltlich logisch, nachvollziehbar und verständlich schreiben, Formulierungen nutzen, die zur gewählten Textsorte passen und sich begrifflich präzise, anschaulich und abwechslungsreich ausdrücken (Ziff. 1.4).
Schliesslich sollen sie ihren Text so überarbeiten, dass die Rechtschreibregeln mehrheitlich korrekt angewandt werden, die Schlussfassung grammatikalisch korrekt ist und keine Wiederholungen oder Widersprüche mehr enthält sowie die Satzzeichen richtig gesetzt sind (Ziff. 1.5).
Ins Gewicht für die klar ungenügende Benotung fielen insbesondere folgende Aspekte:
- Die Auflage zur Textsorte, vorliegend in der Wahl eines (neutralen) Berichts sei nicht erfüllt, weil die erzählerischen Passagen insgesamt deutlich überwögen.
- Die dargestellte Chronologie passe nicht zur Berichtsform, und der Schluss in Form und Inhalt entspreche nicht der Textsortenspezifik.
- Der Titel passe hinsichtlich seines Informationsgehalts nur bedingt zur vorgegebenen Textsorte.
- Der Bericht enthalte Dialoge in der direkten Rede, die nicht zur vorgegebenen Textsorte passe.
- Bezüglich der Prüfungsanforderungen «Logik» und «sprachliche Korrektheit» weise der Text deutliche Mängel auf beziehungsweise enthalte viele Fehler in den Bereichen Ausdruck, Wortwahl, Orthografie und Zeichensetzung.
Aus diesen Gründen erweise sich – insbesondere unter Berücksichtigung der bei Aufnahmeprüfungen an Gymnasien ohnehin strengen Bewertung – die Bewertung des Aufsatzes mit einer Note unter 3,5 – und damit als unterdurchschnittliche Leistung – als statthaft.
Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten sind gut beraten, die Aufgabenstellung im Detail zu lesen, zu verstehen und in der Umsetzung auch Details zu beachten. Keinesfalls darf «am Thema vorbeigeschrieben werden», vgl. VGer, VB.2016.0036 vom 27. Februar 2016. Lehrpersonen wiederum sind angehalten, dem Lehrplan 21 zu folgen und die obligatorischen Lehrmittel zu verwenden. Schliesslich empfiehlt es sich, im Prüfungsarchiv Musterprüfungen mit Lösungen im Vorfeld ZAP zu konsultieren.
Zum Autor
Thomas Bucher arbeitet als Dozent für Schulrecht an der PH Zürich. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Schulrecht, allgemeines Verwaltungsrecht, Personalrecht und Schweizerisches Arbeitsrecht.
Redaktion: Melina Maerten
Beitragsbild: adobe stock
Nachweise
Zum Ganzen: VGer, VB.2021.00522 vom 28. Oktober 2021
Weitere Urteile des Verwaltungsgerichts Zürich mit Hinweisen zum Bestehen der ZAP1, ZAP2 oder ZAP3:
VGer, VB.2024.00434 vom 26.9.2024; VGer, VB.2021.00579 vom 28.10.2021; VGer, VB.2017.00446 vom 21.11.2017; VGer, VB.2016.00361 vom 27.7.2016