Elterngespraech Vater und Tochter - getrenntlebende Eltern - Informationsrecht Eltern

Welche Informationsrechte Eltern gegenüber Schulen haben

Eine Lehrperson lud die getrenntlebenden Eltern einer Schülerin zu einem gemeinsamen Elterngespräch ein. Rund eine Woche später teilte der Schulleiter dem Vater mit, dass mit jedem Elternteil ein separates Gespräch geführt werde. Gleichentags schrieb der Vater dem Schulleiter per E-Mail zurück, er wolle wissen, ob auf Wunsch der Schule oder der Mutter getrennte Gespräche vorgesehen seien, weshalb er um Einsicht in die entsprechenden E-Mails der Mutter ersuche. Reto Allenspach zeigt anhand dieses Fallbeispiels auf, was die Schulverantwortlichen bei der Zusammenarbeit mit getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht zu beachten haben.

Mit dem oben beschriebenen Fall hatte sich das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich in seinem Entscheid VB.2019.00153 vom 12. September 2019 zu befassen. An das Verwaltungsgericht gelangte der Vater, nachdem die Kreisschulpräsidentin sein Einsichtsgesuch abgewiesen hatte und danach der Bezirksrat seinen Rekurs teilweise gutgeheissen und ihm zudem zwei Drittel der Rekurskosten auferlegt hatte. Auch wenn dies im Verwaltungsgerichtsurteil nicht ausdrücklich erwähnt wird, lässt sich schliessen, dass die Eltern die gemeinsame elterliche Sorge innehatten.

Gesetzliche Grundlagen

Gemäss § 54 VSG (Volksschulgesetz, LS 412.100) arbeiten Schulbehörden, Lehrpersonen und Eltern im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten zusammen (Abs. 1). Die Eltern werden regelmässig über das Verhalten und die Leistungen ihrer Kinder informiert. Sie informieren ihrerseits die Lehrpersonen oder die Schulleitung über das Verhalten ihrer Kinder und über Ereignisse in deren Umfeld, soweit dies für die Schule von Bedeutung ist (Abs. 2).

Entscheid des Verwaltungsgerichts

Das Verwaltungsgericht hielt im erwähnten Entscheid unter anderem fest, dass das kantonale Schulrecht den Eltern lediglich hinsichtlich des Verhaltens und der Leistungen ihres Kindes ausdrücklich einen Informationsanspruch einräume. Die Eltern, die gegenüber den Schulbehörden zur Information und zur Zusammenarbeit verpflichtet seien, müssten sich darauf verlassen können, dass ihre Angaben vertraulich behandelt und nur im Interesse des Kindes verwendet würden. Zur Wahrung des Kindeswohls habe sich die Schule nicht in zwischen den Eltern bestehende Konflikte verwickeln zu lassen und sich entsprechend in Fällen wie dem vorliegenden bei der Weitergabe von Informationen besondere Zurückhaltung aufzuerlegen.

Aus dem Schulrecht ergebe sich im konkreten Fall kein Informationsanspruch des Vaters betreffend ein mögliches Ersuchen der Mutter um getrennt geführte Elterngespräche.

(Zudem hielt das Verwaltungsgericht fest, dass das IDG (Gesetz über die Information und den Datenschutz, LS 170.4) im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei beziehungsweise auch bei Bejahung der Anwendbarkeit des IDG das Einsichtsbegehren abzuweisen wäre.)

Schlussfolgerungen

Aus diesem Entscheid, den gesetzlichen Bestimmungen und den Erfahrungen aus der Praxis ergeben sich für die Schulverantwortlichen bezüglich der Zusammenarbeit mit getrenntlebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht unter anderem folgende Leitlinien:

  • An Elterngesprächen nehmen die Eltern grundsätzlich gemeinsam teil. Nur im Ausnahmefall finden getrennte Elterngespräche statt.
  • Die Eltern haben grundsätzlich nur hinsichtlich des Verhaltens und der Leistungen ihres Kindes einen Informationsanspruch.
  • Die Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Angaben von den Schulverantwortlichen vertraulich behandelt und nur im Interesse des Kindes verwendet werden.
  • Die Schule darf sich nicht in Konflikte der Eltern verwickeln lassen.
  • Bei allen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit den Eltern haben die Schulverantwortlichen stets das Kindeswohl als oberste Richtschnur zu beachten (vgl. § 50 Abs. 1 VSG).
INFOBOX

Reto Allenspach schreibt regelmässig Fallbeispiele für den Schulführungsblog. In seinem letzten Beitrag ging es um Kündigungen von Lehrpersonen, die verspätet eingereicht werden. Lesen Sie hier, wie die Rechtslage im Kanton Zürich aussieht.

Zum Autor

Reto Allenspach ist Dozent für Schulrecht an der PH Zürich. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Staats- und Verwaltungsrecht, Bildungsrecht, Personalrecht, Vertragsrecht und Familienrecht.

Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: adobe stock

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