Lehrpersonen, die im vergangenen August eine Stelle angetreten haben, befinden sich derzeit noch in der Probezeit. Wie ist die Rechtslage, wenn die Lehrperson während der Probezeit längere Zeit krank ist? Kann die Schulpflege trotz Krankheit eine Probezeitkündigung aussprechen? Anhand eines Verwaltungsgerichtsentscheides vom letzten Mai beantwortet Reto Allenspach diese Fragen.
Sachverhalt
Dem Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich (VGer, 16. Mai 2024, VB.2023.00570) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Lehrperson trat am 1. August 2022 eine Stelle als Primarlehrerin in einer Gemeinde im Kanton Zürich an. Ab dem 21. November 2022 war sie vollständig arbeitsunfähig. Mit Beschluss vom 20. Januar 2023 löste die Schulpflege das Anstellungsverhältnis mit der Lehrperson mittels Probezeitkündigung per 3. Februar 2023 (Freitag vor den Sportferien) auf.
Die Lehrperson brachte vor Verwaltungsgericht vor, sie habe aufgrund der anspruchsvollen Situation im Unterricht, insbesondere mit einem Schüler, ihre Belastungsgrenze erreicht. Sie habe «nicht mehr gekonnt» und sei deshalb durch ihren Arzt ab dem 21. November 2022 dauerhaft krankgeschrieben worden. Bei der durch die Schulpflege ausgesprochenen Kündigung handle es sich materiell um eine Kündigung wegen langandauernder Krankheit im Sinne von § 16 Abs. 1 lit. c VVO (Vollzugsverordnung zum Personalgesetz, LS 177.111). Deshalb hätte für eine Kündigung die Lohnfortzahlung gemäss § 99 Abs. 2 und 3 VVO abgewartet werden müssen.
Die Schulpflege hingegen führte aus, die Kündigung sei ausgesprochen worden, weil es der Lehrperson trotz Unterstützungsmassnahmen nicht gelungen sei, anspruchsvolle Lernende zu unterrichten und herausfordernde Situationen im Schulalltag zu meistern. Sie habe folglich die Eignung als Lehrperson vermissen lassen. Da die Kündigung nicht aufgrund langandauernder Krankheit erfolgt sei, entfalle eine Lohnfortzahlung nach § 99 Abs. 2 VVO.
Entscheid des Verwaltungsgerichts
In dem vom Verwaltungsgericht zu beurteilenden Fall war unbestritten, dass die von der Schulpflege ausgesprochene Kündigung am 20. Januar 2023 noch während der verlängerten Probezeit erfolgte. Das Verwaltungsgericht hielt unter anderem fest, während der Probezeit sollten die Parteien das Arbeitsverhältnis kurzfristig und mit herabgesetzten Anforderungen an den Kündigungsgrund auflösen können, wenn sich ergebe, dass die gegenseitigen Erwartungen nicht erfüllt werden könnten oder die begründete Annahme bestehe, dass die angestellte Person für die Stelle nicht geeignet sei.
Hierbei könnten auch gesundheitliche Einschränkungen der arbeitnehmenden Person berücksichtigt werden, insbesondere, wenn diese wie vorliegend in Zusammenhang mit der Eignung zur Berufsausübung stünden. Der Entschluss der Schulpflege, das Arbeitsverhältnis mit der Lehrperson noch in der Probezeit aufzulösen, sei deshalb legitim und entspreche gerade dem Zweck der Probezeit.
Weiter führte das Verwaltungsgericht aus, eine Kündigung während der Probezeit könne vom Anwendungsbereich von § 16 Abs. 1 lit. c VVO grundsätzlich nicht erfasst werden. Nach dieser Bestimmung darf die Lohnfortzahlung gemäss § 99 Abs. 2 und 3 (sowie § 108 Abs. 1) VVO durch eine Kündigung grundsätzlich nicht verkürzt werden, wenn die oder der Angestellte aus gesundheitlichen Gründen während längerer Zeit wiederholt oder dauernd an der Erfüllung der Aufgaben verhindert ist. Gemäss Verwaltungsgericht könne bei einer Kündigung während der Probezeit im Kündigungszeitpunkt aufgrund der erst kurzen Anstellungsdauer zum Vornherein keine langdauernde Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit vorliegen. Vor diesem Hintergrund erweise sich die Probezeitkündigung als rechtmässig.
Fazit
Dieser Entscheid des Verwaltungsgerichts hat nun Klarheit in Bezug auf die Anwendung von § 16 Abs. 1 lit. c VVO während der Probezeit geschaffen. Für die Schulen sind bei einer Probezeitkündigung bei Krankheit oder Unfall der angestellten Person folgende Eckpunkte zu beachten:
- Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfall verlängert sich die – normalerweise fünf Monate dauernde – Probezeit entsprechend (§ 7 a LPG [Lehrpersonalgesetz], § 14 Abs. 3 PG [Personalgesetz]).
- Während der (verlängerten) Probezeit gelten keine Sperrfristen wegen Krankheit oder Unfall (§ 20 Abs. 1 PG in Verbindung mit Art. 336c Abs. 1 OR).
- Für eine Kündigung während der Probezeit gelangen § 16 Abs. 1 lit. c VVO und damit die ordentliche Lohnfortzahlung gemäss § 99 Abs. 2 und 3 VVO grundsätzlich nicht zur Anwendung.
- Die Schulpflege kann also auch bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfall eine Probezeitkündigung nach § 7 a LPG aussprechen, wenn die gegenseitigen Erwartungen nicht erfüllt werden oder die angestellte Person für die Stelle nicht geeignet ist. Dabei kann sie auch gesundheitliche Einschränkungen berücksichtigen.
Zum Autor
Reto Allenspach ist Dozent für Schulrecht an der PH Zürich. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Staats- und Verwaltungsrecht, Bildungsrecht, Personalrecht, Vertragsrecht und Familienrecht.
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: PHZH Archiv