Die Begabungs- und Begabtenförderung ist ein Grundauftrag der Regelschule. Das Schulteam gestaltet einen Unterricht, welcher die individuellen Begabungen und Stärken aller Lernenden weckt und fördert. Ein weiterer Aspekt ist die Begabtenförderung für Schüler:innen mit exzellenten Leistungen, damit diese ihr Potenzial entfalten können.
Als Schulteam ist es zentral Konzepte und Ideen zur Umsetzung der Begabungs- und Begabtenförderung (weiter)zu entwickeln – als wichtiger Impuls für die Unterrichts- und Schulentwicklung.
BBF als Auftrag der Schulen
Die Volksschule hat den Auftrag, die individuellen Begabungen und Neigungen aller Kinder und Jugendlicher zu berücksichtigen und zu fördern (siehe § 2, Abs. 4, VSG).
Die Begabungsförderung betrifft alle Lernenden und erfolgt meist im Regelunterricht. Begabungen können in verschiedenen Bereichen (fachliche und personale sowie soziale Begabungen) vorhanden sein.
Die Begabtenförderung fokussiert auf die Unterstützung (hoch)begabter Lernender und kann meist nicht allein durch den Regelunterricht abgedeckt werden.
Die Übergänge zwischen den beiden Bereichen sind oft fliessend.
Möglichkeiten der Förderung
Viele Schüler:innen fühlen sich in der Regelklasse wohl, wenn ein Unterricht gewährleistet ist, der ihre individuellen Bedürfnisse, Interessen und Neigungen abdeckt. Bei hochbegabten Schüler:innen können jedoch auch besondere pädagogische Bedürfnisse (beispielweise aufgrund permanenter Unterforderung oder Probleme im sozialen wie emotionalen Bereich) entstehen, die nicht durch den Regelunterricht abgedeckt werden können. Dann können zusätzliche Angebote auf unterschiedlichen Ebenen genutzt werden:
Innerhalb des Regelunterrichts | Ausserhalb des Regelunterrichts | ||
Integrative Angebote | Pull-out-Programme (POP) | Mentoringprogramme | |
Klassenebene | Integrative Förderung (IF): individuelle Unterstützung von Förderlehrpersonen in Kooperation mit der KlassenlehrpersonKlassenwechsel in eine höhere Klasse | ||
Schulebene | Lernatelier, Forschungslab, … in Begleitung in Kooperation von Klassenlehrperson und BBF-verantwortlicher Lehrperson | Lektionenweiser (z. B. fachspezifisch) Klassenwechsel in eine höhere KlasseGruppenförderstunden | |
Gemeindeebene | Forschungszentren/-atelier, Ressourcenraum, … in Begleitung von BBF-verantwortlicher Lehrperson | Begleitung durch Fachexpert:in in eigenen Projekten in der Schul- und Freizeit | |
Kantonale Ebene | Kunst- oder Sportschulen sowie Talentklassen |
Die Angebote zielen zumeist auf die Anreicherung (Enrichment) und die Beschleunigung (Akzeleration). Anreicherungsangebote sind beispielweise selbstständige Arbeiten an eigenen Projekten während des Regelunterrichts, Arbeiten im Ressourcenzimmer (Räume mit Material, das zum selbstständigen Experimentieren und Forschen anregt), Gruppenförderstunden. Zu den Beschleunigungsangeboten zählt z. B. das Überspringen einer Klasse, aber auch der Besuch einzelner Lektionen in höheren Klassen oder das Compacting (Komprimieren des Pflichtstoffes).
BBF als Impuls für Unterrichts- und Schulentwicklung
Gemäss der Studie „Begabten- und Begabungsförderung in den Volksschulen des Kantons Zürich“ von Meier-Wyder & Hofmann (2020) beschäftigen sich die Schulen im Kanton Zürich im Vergleich zu früheren Evaluationen zunehmend mit der Begabungs- und Begabtenförderung, wobei sich grosse Unterschiede zwischen den Schulen und den Schulstufen (z. B. weniger etabliert auf der Sekundarstufe) zeigen.
Die Begabungs- und Begabtenförderung kann in den Schulen noch intensiver und systematischer gestaltet werden. Dies betrifft Entwicklungen auf der Ebene des Unterrichtspersonals (z. B. Professionalisierung der Identifikationsinstrumente- und -prozesse von begabten Schüler:innen), des Unterrichts (z. B. Gestaltung eines individualisierenden Unterrichts) und der Schule (z. B. Gestaltung von Lernateliers durch ausgebildete BBF-verantwortliche Personen).
Die Schule Auenrain in Neftenbach hat sich innovativ auf den Weg gemacht: das Forscheratelier Neftorama – in Anlehnung an den Grundgedanken des Technorama, Swiss Science Center – wurde in Schritten entwickelt und ist heute ein zentrales Element der Begabungs- und Begabtenförderung für die Schüler:innen der Primarstufe.
Das Neftorama wurde im Wettbewerb «Zukunft gestalten 2020» der Stiftung Educreators als ein Praxisbeispiel für eine inspirierende Lernumgebung ausgezeichnet.
INFOBOX
Im Forschungsatelier Neftorama lernen Schüler:innen wie im Technorama, in dem sie selbstständig zu ausgewählten Themen experimentieren und ihre individuellen Begabungen und Stärken fördern. Erste Einblicke können Sie im Vorstellungsvideo des Forschungslabs entnehmen. Für interessierte Personen organisiert die Initiative „Visit my School“ am 31. Oktober 2024 ebenfalls einen kostenlosen Schulbesuch der Schule Neftenbach, in welchem Sie die Möglichkeit haben, das Neftorama zu entdecken. Anmeldungen erfolgen über den Blogbeitrag des Schulführungsblogs der PHZH bis vor den Herbstferien.
Weitere Angebote und Veranstaltungen finden Sie auf der Webseite Begabungs- und Begabtenförderung. Besonders hervorzuheben ist das vielseitige BBF-Angebot „Exploratio“ der Schule Winterthur, welches am 17. September 2024 von 17.30-19.00 an der PHZH vorgestellt und diskutiert wird. Lehrpersonen, Fachlehrpersonen, Schulleitungen, Behörden, weitere Interessierte können sich über folgenden Link dafür anmelden.
Zur Autorin
Susanna Larcher ist Dozentin im Zentrum Schule und Entwicklung an der PH Zürich. Sie beschäftigt sich mit Themen rund um Schulentwicklung. Sie ist Co-Studiengangsleiterin im DAS Schulleitung und Mitglied der Arbeitsgruppen Schulentwicklung und Tagesschule.
Redaktion: Jasmin Kolb
Titelbild: PHZH Datenbank
Literaturnachweise:
- Meier-Wyder, A., & Hofmann, C. (2020). Begabten- und Begabungsförderung in den Volksschulen des Kantons Zürich. Auftragsforschung für die Bildungsdirektion des Kt. Zürich. Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik.