Vom Chefsessel brüllen kann jeder

Simone Augustin, Schulleiterin der Schule Aeugst am Albis berichtet über spannende Impulse und Innovationen in ihrem Tagebuch über den Deutschen Schulleiterkongress in Düsseldorf.

Frisch gestärkt von einem reichhaltigen Frühstück rufen wir ein Taxi und bitten zum Messegelände gefahren zu werden.  Der Taxifahrer dreht sich zu uns um und meint: «Ah, sie gehen zur Beautymesse?» Ja, jetzt kann man sich hintersinnen, ob man dies als erste morgendliche Stärkung des Egos betrachten soll oder doch eher als Beleidigung? Wir entscheiden uns für Ersteres!

Der erste Hauptvortrag des Tages «Vom Chefsessel brüllen kann jeder! Bringen Sie Ihre Mannschaft durch faire Führung zum Sieg» gehalten von Urs Meier, dem Schweizer Weltfussballschiedsrichter, hat die anwesenden Schulleiterinnen und Schulleiter in ihren Bann gezogen. In rasantem Tempo, begleitet von spontanem Applaus und herzlichen Lachern aus dem Publikum, erläuterte Urs Meier den Zuhörern, was eine faire Führungspersönlichkeit in seinem Sport, dem des Schiedsrichters, ausmacht.

  • Es braucht eine überzeugende Persönlichkeit
  • mit einer überdurchschnittlichen Kompetenz im sozialen Bereich
  • sie muss belastbar sein und einstecken können
  • braucht eine mentale Kraft, um zu motivieren
  • braucht Durchsetzungsvermögen und soll klar im Ausdruck sein
  • muss Beziehungsfähig sein und Menschen mögen
  • und als letztes aber nicht minder wichtig: soll dialogfähig und entwicklungsbereit sein.

Wenn ich die obige Beschreibung lese, könnte die aber genauso gut aus einem Inserat für eine Schulleitungsstelle stammen. Brauchen also alle Führungspersönlichkeiten ähnliche Fähigkeiten?

Und was hat «Fairplay» mit Führung in der Schule zu tun? Fairplay heisst: Vom anderen her denken und wer vom anderen her denkt, ist längerfristig erfolgreich. Auch diese Aussage passt wunderbar zu unserem Job. Doch Entscheidungen treffen – und das müssen Schulleitungen täglich – ist immer ein Risiko. Es birgt das Risiko, Fehler zu machen.

Hier hat Urs Meier eine klare Haltung. Menschen machen Fehler! Führungspersönlichkeiten sind Menschen. Im Sport besteht immer die Gefahr, dass ein Schiedsrichter nach einem Fehlentscheid zu einem späteren Zeitpunkt einen sogenannten Kompensationsentscheid fällt, in der Meinung, den begangenen Fehler wieder gut zu machen. Doch ist das korrekt? Urs Meier verneint das explizit.

1 Fehler + 1 Fehler = 2 Fehler und ist nicht null.

Diese Aussage hat mich zum Nachdenken gebracht. Fällen wir in der Schule als Schulleitungen auch Kompensationsentscheide? Machen das unsere Lehrpersonen?

Diese Frage nehme ich nach Hause mit und werde sie sicher mit meinem Team diskutieren. Denn ja, 1 + 1 = 2. Das lernen bereits unsere jüngsten Schülerinnen und Schüler.

Simone Augustin, Schulleiterin der Schule Aeugst am Albis ZH und Co-Leiterin Bezirksschulleiterkonferenz Affoltern