Die Bedeutung der Schulleitung ist inzwischen international anerkannt. Eine repräsentative Studie aus Deutschland hat kürzlich untersucht, was das Amt der Schulleitung (un-)attraktiv macht und welche Karrieremotive und Arbeitsplatzwechselabsichten Schulleitungen haben. Die Ergebnisse geben Hinweise, worauf es in der Deutschschweiz zu achten gilt, damit der Beruf der Schulleitung weiterhin attraktiv bleibt. Vier Professorinnen und Professoren mit der Zusammenfassung.
Schulleitungen in Deutschland sind überwiegend weiblich (54 Prozent, Deutschschweiz: 46 Prozent*). Das Alter der Schulleiterinnen und Schulleiter liegt im Durchschnitt bei 54 Jahren (Deutschschweiz: Mehrheit zwischen 41 und 59 Jahren*). Einen Migrationshintergrund haben nur die wenigsten Schulleiterinnen und Schulleiter in Deutschland (4 Prozent).

Die zentralen Karrieremotive von Schulleitungen sind in der Retrospektive vor allem der Wunsch, neue Ideen entwickeln und erproben zu wollen (93 Prozent), eine abwechslungsreiche und kreative Tätigkeit ausüben (86 Prozent), für das Wohl anderer Menschen sorgen (85 Prozent) sowie eigene Entscheidungen treffen zu wollen (85 Prozent). Auch möchten 81 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter anderen Menschen beistehen und helfen. Demgegenüber artikulieren nur 22 Prozent der Schulleitungen, dass es ein (sehr) wichtiges Motiv für ihre Berufswahl gewesen sei, ihr berufliches Ansehen verbessern zu wollen.

Eine grosse Mehrheit der befragten Schulleitungen ist mit ihrer beruflichen Karriere zufrieden (96 Prozent) und hat Freude an der Arbeit (95 Prozent). Fast ebenso viele Schulleitungen erleben ihre Arbeit als inspirierend (88 Prozent). Gründe für die Wahl einer Schulleitungskarriere sind im Rückblick insbesondere intrinsische Motive (zum Beispiel neue Ideen entwickeln wollen) und autonomiebezogene Motive (zum Beispiel eigene Entscheidungen treffen zu wollen).
Die Zufriedenheit und Karrieremotive stehen im Kontrast dazu, dass ein Fünftel der Schulleitungen angibt, darüber nachzudenken, die aktuelle Schule verlassen und den Arbeitsplatz wechseln zu wollen. Gründe sind für mehr als die Hälfte der Schulleitungen in Deutschland der Wunsch nach beruflicher Entwicklung (52 Prozent), aber häufig auch eine als unangemessen erachtete Bezahlung (44 Prozent) oder ein erlebter Mangel an Unterstützung (31 Prozent). Eine geringe Rolle spielen hingegen das Arbeitsklima an der Schule (5 Prozent) sowie als ungünstig erlebte Arbeitszeiten (7 Prozent). Auch gesundheitliche (15 Prozent) oder altersbedingte (15 Prozent) Gründe werden nur selten als Motive für einen beabsichtigten Arbeitsplatzwechsel genannt.

Diese Gründe mögen als Erklärungen dafür dienen, warum in Deutschland inzwischen ein ausgeprägter Mangel an Schulleitungen herrscht. In der Deutschschweiz scheint die Personalsituation rund um Schulleitungen hingegen entspannt, wie eine aktuelle Mitglieder-Befragung des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) zeigt.
Ein Kurzbericht zur kompletten Studie können Sie hier abrufen.
* gemäss VSLCH Mitglieder-Befragung 2020
Zu den Autorinnen und Autoren
Prof. Dr. Pierre Tulowitzki, Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz, pierre.tulowitzki@fhnw.ch
Prof. Dr. Colin Cramer, Eberhard Karls Universität Tübingen, colin.cramer@uni-tuebingen.de
Dr. Jana Groß Ophoff, Eberhard Karls Universität Tübingen, jana.grossophoff@uni-tuebingen.de
PD Dr. Marcus Pietsch, Leuphana Universität Lüneburg & Universität Zürich, pietsch@leuphana.de
Redaktion: Melina Maerten
Grafiken: zVg
Titelbild: pexels.com von Lisa Fotios
Das ist ein interessanter Vergleich zwischen Schweiz und Deutschland.
Ich weiss von Kollegen, dass in Deutschland (bedingt durch den Status des Beamten) die Ministerien eigentlich die Schulen leiten und kontrollieren. Eine so wichtige Professionalisierung wie in der Schweiz gibt es nicht, oder nur selten. Damit ist die Gestaltungsfreiheit sehr eingeschränkt und die Aufgaben (Organisation, Struktur, Personal, Verwaltung) meist nur auf 2 Schultern verteilt. Das müssen viele als Belastung empfinden.
In der Schweiz teilen wir mehr und mehr auf und professionalisieren langsam aber sich durchgängig. Das macht zufrieden, auch wenn man viel arbeitet.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz gibt es Möglichkeiten, Verantwortung, Führungs- und Management-Aufgaben auf viele Schultern zu verteilen, z.B. die erweiterte Schulleitung in Deutschland oder Steuergruppen in beiden Ländern. Ich würde Ihnen zustimmen: Mein Eindruck ist, dass in der Schweiz die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden. Es wäre spannend, genauer zu schauen, womit das zusammenhängt und wie man dies fördern (und honorieren) könnte. Denn eine verteilt geführte Schule ist aus meiner Sicht in vielerlei Hinsicht im Vorteil gegenüber Schulen, die „nur“ von 1-2 Personen geführt werden.
Susanne
In vielen Bereichen sollte man Professionalisierung treffen. Arbeitslast, Ergonomie am Arbeitsplatz usw.