Anna-Valentina Cenariu arbeitet seit August als Co-Schulleiterin an der Gesamtschule Hellwies in Volketswil und hat gerade ihre Probezeit absolviert. In einem Pensum von 50 Prozent ist sie für den Zyklus 2 zuständig und führt 16 Lehrpersonen. Ivo Kamm hat sie zu ihrem Alltag als quereinsteigende Schulleiterin interviewt.
Anna-Valentina Cenariu, wie haben Sie die Akzeptanz als quereinsteigende Schulleiterin bei den Lehrpersonen, Eltern und anderen Schulleitenden erlebt, und welche Strategien haben Ihnen geholfen, Vertrauen und Respekt in Ihrer neuen Rolle aufzubauen?
Ich bin in Volketswil sehr herzlich und wohlwollend empfangen worden. Mein Eindruck ist, dass meine Führungserfahrung in der Wirtschaft und die damit verbunden Kompetenzen und Sichtweisen für den Schulbetrieb als sehr förderlich angesehen werden.
Unterstützend war zudem, dass ich mich an den Elternabenden, bei den anderen Schulleitenden in der Gemeinde, in der Schulverwaltung und vor allem bei jeder Lehrperson aus meinem Zyklus persönlich vorgestellt habe. Wichtig war mir, meinen Werdegang als Quereinsteigerin aufzuzeigen, warum ich heute als Schulleiterin in Volketswil arbeite, was meine Motivation ist, eine Schule zu führen und was ich dafür mitbringe. All diese Gespräche empfand ich als sehr wertschätzend.
Welche spezifischen Herausforderungen haben Sie als Quereinsteigerin in der Schulleitung erlebt, die Sie vorher nicht erwartet hätten, und wie haben Sie diese gemeistert?
Unerwartet war, dass meine beiden Co-Schulleiterinnen in den letzten Wochen ihre jeweilige Stelle an der Schule gekündigt haben. Von der höheren Fluktuation von Schulleitungen im Kanton Zürich hatte ich zwar gehört, aber nicht gedacht, dies gleich selbst zu erfahren. So hatte ich gefühlt nicht viel Zeit in meiner neuen Position anzukommen.
Aber in jedem Wechsel liegt auch eine Chance. Ich fokussiere mich daher auf meine Zusammenarbeit mit dem Team, um ihnen eine Stabilität in der Übergangszeit zu geben, gewisse Ängste vor dem Ungewissen zu nehmen und darüber hinaus sie in der Weiterarbeit an den so wichtigen Schulentwicklungsthemen zu unterstützen.
Den Bewerbungsprozess für die Neubesetzungen zusammen mit dem Leiter Bildung und der Schulpflege von Volketswil erlebe ich als sehr positiv und ich freue mich auf mein neues Schulleitungsteam.
Wie gehen Sie mit Situationen um, in denen Ihnen spezifisches pädagogisches Fachwissen fehlt, und welche Ressourcen oder Strategien nutzen Sie, um sich in solchen Momenten sicher zu fühlen?
Dies hängt stark von der jeweiligen Situation ab. In den IDTs (Interdisziplinäres Team) zum Beispiel sehe ich mich in der Rolle, die Diskussion zu führen, um gemeinsame Entscheide herbeizuführen. Die Expertise liegt bei den Lehrpersonen, Schulsozialarbeiter:innen und beim Schulpsychologischen Dienst. Bei meinen ersten Unterrichtsbeobachtungen von Lehrpersonen in deren Probezeit war ich zunächst etwas aufgeregt. Ich bemerkte, dass ich mir im CAS Quereinstieg Schulleitung schon einiges Wissen aneignete und ich kompetentes Feedback geben konnte.
In anderen Momenten, wenn ich nicht sofort eine Lösung habe, gebe ich dies offen zu. Gleichzeit erkläre ich, welche nächsten Schritte ich für die Entscheidungsfindung gehen werde und wann die betroffene Person meine Rückmeldung erwarten kann. Zudem beziehe ich zwei sehr erfahrene Teamleiterinnen ein, die mich selbstverständlich unterstützen und mir mit ihrem Wissen als Co-Schulleiterinnen zur Seite stehen.
Wie hat Ihre bisherige Berufserfahrung ausserhalb des Schulkontexts Ihre Herangehensweise an die Schulleitung geprägt, insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Lehrpersonen und Eltern?
Meiner Erfahrung nach steht am Anfang jeder neuen (Führungs-)Position die Beziehungsarbeit – dies ist ganz unabhängig, in welcher Branche ich arbeite. Dabei stelle ich in erster Linie Fragen und höre zu. So kann ich mir nach und nach ein Bild meiner neuen Arbeitsumgebung machen und die ersten Grundsteine für eine auf Vertrauen und Wertschätzung basierende Zusammenarbeit legen. Zudem habe ich in der Vergangenheit immer die Erfahrung gemacht, dass nur ein partizipativer Führungsstil langfristig erfolgreich ist. Daher lebe ich gerade in einer Schule Partizipation und Einbindung vor. Im Bereich Stakeholdermanagement ist eine transparente, zeitnahe und regelmässige Kommunikation wichtig und dies möchte ich auch an einer Schule im Umgang mit den Eltern beibehalten. Eltern sind doch die wichtigste Interessengruppe.
In den ersten Wochen musste ich bereits zwei Stellen neu besetzen und ein Mitarbeiterbeurteilungsgespräch aufgrund Schwangerschaft durchführen. Auch hier konnte ich auf mein Wissen und meine Erfahrung in der Vergangenheit zugreifen.
Dann kann ich hinzufügen, dass für mich als Quereinsteigerin im Prinzip erst einmal alles neu war. Jede Information, E-Mail, jeden Teams- Eintrag musste ich auf die «Relevanz» prüfen und für mich priorisieren – scheint doch zu Beginn alles wichtig zu sein. Meine Managementkompetenzen haben mir sehr geholfen, mich durch die Informationsflut zu navigieren und so ist der Alltag schon jetzt weniger intensiv.
Welche Tipps würden Sie anderen Quereinsteigern geben, die überlegen, eine Position in der Schulleitung anzustreben, insbesondere in den ersten Monaten?
Wichtig war, dass ich mich vor Schulbeginn komplett technisch einrichten konnte und mich nicht mehr um fehlende Logins und nicht installierte Drucker. kümmern musste. Sich Zeit für die Menschen zu nehmen, halte ich für einen gelungenen Einstieg unabdingbar.
Ohne den CAS Quereinstieg Schulleitung wäre ich deutlich mehr mehr ins Straucheln gekommen. Diesen bereits absolviert zu haben, hat mir nicht nur geholfen, sämtliche Abkürzungen, Sitzungsgefässe und Abläufe zu verstehen, sondern auch zu wissen, nach welchen Informationen und Prozessbeschrieben ich fragen muss. Auch wenn ich hilfsbereite Co-Schulleiterinnen habe, ist es meine Aufgabe, mich im Alltag zu behaupten. Jeden Tag freue ich mich darüber, diesen neuen Weg eingeschlagen zu haben. Nun bin ich tatsächlich Schulleiterin!
Zur Person
Anna- Valentina Cenariu ist diplomierte Volkswirtin und Expertin für nachhaltige Unternehmensführung. In den letzten 15 Jahren hat sie als Führungsperson in internationalen Unternehmensberatungen und in der Finanzindustrie gearbeitet, zuletzt bei der Alternativen Bank Schweiz als Leiterin Fachstelle Nachhaltigkeit und Mitglied des Verwaltungsrates. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit war sie Mitgründerin und langjährige Präsidentin von Superar Suisse, einer Organisation, die sozial benachteiligten Kindern Zugang zu professionellem Musikunterricht ermöglicht.
Zum Autor
Ivo Kamm war Unternehmer in der IT-Branche und später Schulleiter in Jonschwil. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Studiengangsleiter des DAS Schulleitung, Coach, Supervisor und Organisationsberater am Zentrum für Management und Leadership der Pädagogischen Hochschule Zürich. Unter anderem leitet er auch den Lehrgang CAS Quereinstieg Schulleitung. Seine Schwerpunkte sind Demokratiepädagogik und Leadership.
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: zVg, Schulleitungsbüro Schule Hellwies