Lernräume: vernetzt – offen – agil

An der diesjährigen Tagung Unterrichten mit neuen Medien (UNM) unter dem Titel «Lernräume: vernetzt – offen – agil» stehen Fragen rund um die Gestaltung von Schule als Lern- und Begegnungsraum im Zentrum. Die Tagungsleitenden Eliane Burri und Tobias Schifferle beleuchten in diesem Blogbeitrag, inwiefern Offenheit, Vernetzung und Agilität Merkmale zukunftsgerichteter Lern- und Arbeitswelten sind.

Wir leben in einer digital geprägten Welt, die sich ständig verändert. Dies hat auch Einfluss darauf, wie und wo wir Lernen. Innerhalb und ausserhalb der Schule verschwimmen die Grenzen zwischen Lernräumen und -orten zunehmend. Traditionelle Lehrangebote verschmelzen mit informellen Lerngelegenheiten. Schüler:innen informieren sich in sozialen Netzwerken und tauschen sich über digitale Plattformen aus. Dies führt nicht nur zur Erweiterung der Lernräume, sondern auch zu einer zeitlichen Flexibilisierung, die neue Lern- und Arbeitsstrukturen ermöglicht.

Ein ganzheitliches, zukunftsorientiertes (Schulraum-) Konzept berücksichtigt sowohl die räumliche Gestaltung, analoge und digitale Infrastrukturen als auch didaktisch methodische Überlegungen gleichermassen. Um anschlussfähig zu bleiben, müssen also bestehende Modelle hinterfragt und über traditionelle Begrenzungen hinaus neu gedacht werden.

Blick über das Schulzimmer hinaus

Lernräume sind heute mehr als physische Räume. Sie sind als soziale Umgebungen zu verstehen, die Schüler:innen dazu ermutigen, ihre Interessen zu erkunden, Fragen zu stellen und gemeinsam sowie auch eigenverantwortlich zu lernen. Lernen findet an realen und relevanten Problemstellungen statt, die sich weder auf das Schulzimmer noch das Schulhaus begrenzen: Es geschieht auf dem Schulweg, am Mittagstisch oder in der Bäckerei um die Ecke und kann mittels digitaler Technologien auch in virtuelle Lernwelten erweitert werden.

Durch den Einbezug ausserschulischer Lernorte ergeben sich neue, vielfältige Zugänge. Perspektivenübergreifende Themen verschieben neben Fächergrenzen auch Zeitstrukturen. Beim projektorientierten Lernen wird oft ausserhalb von starren Stundenplänen in grösseren Zeit- und Themengefässen gearbeitet. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung sind dabei auch Steuerungs- und Selbstmanagementkompetenzen gefordert.
Offene Lernräume repräsentieren somit ein Verständnis von Lernen, welches anstatt starrer Strukturen viel Freiraum für Flexibilität und Kreativität schafft und zur gemeinschaftlichen Lösungsentwicklung anregt.

Gemeinsam lernen

Wir leben in einer vernetzten Welt. Schüler:innen bewegen sich zunehmend fliessend in analogen und digitalen Welten. Sie haben mittels Laptops, Tablets oder Smartphones jederzeit Zugang zu Wissen. Sie teilen Erfahrungen in Chatgruppen und kommunizieren über geografische Grenzen hinweg. Kollaborative Lernumgebungen unterstützen nicht nur den Wissensaustausch, sie bieten auch Diskussionsforen und Zugriff auf gemeinsame Ressourcen und regen zur Ko-Konstruktion an.

Digital vernetztes Lernen hat das Potenzial, traditionelle Lernmodelle zu erweitern und Erfahrungen anzureichern. Dabei ist die fachkundige Begleitung durch die Lehrperson bedeutsam. Sie unterstützt die Schüler:innen dabei, einen ausgewogenen und kompetenten Umgang mit digitalen Technologien zu finden, um deren Vorteile für das Lernen zu nutzen. Kompetenzen im Bereich Anwendung, Medien- und Informatik sowie die 4K (kritisches Denken, Kreativität, Kollaboration, Kommunikation) sind dafür zentral.

Soziale und emotionale Werte spielen beim Lernen ebenfalls eine wichtige Rolle. Schule soll ein Begegnungsort sein, der positive Gefühle auslöst, an dem sich Menschen mit ihren Fähigkeiten einbringen können und selbstwirksam erleben. Über das Vermitteln von Wissen hinaus geht es um persönliche und soziale Erfahrungen. Eine anregende, förderorientierte Lernumgebung lädt zum Erproben und Tüfteln ein und versteht Fehler als Bestandteil des Lernprozesses.

Veränderung gestalten und begleiten

Die Welt, in der wir leben, befindet sich im Umbruch. Schule als Teil der Gesellschaft ist herausgefordert, sich zu verändern. Agile Arbeitsmethoden und Infrastrukturen unterstützen nicht nur Schüler:innen, sondern auch Schulleitungen und ihre Teams dabei, ihren Arbeitskontext zu reflektieren und Schulentwicklungsprozesse zu gestalten. Lehrpersonen und Schulleitungen lernen voneinander, teilen Bewährtes und arbeiten an innovativen Ansätzen. Eine unterstützende, vertrauensfördernde Zusammenarbeitskultur und digitale Infrastrukturen schaffen die Voraussetzung für eine agile Arbeitsweise.

Agiles Lernen und Arbeiten erfordert auch konstante Rückmeldung. Lehrpersonen begleiten das Lernen ihrer Schüler:innen, indem sie regelmässige Feedbackschlaufen einbauen, um Lernprozesse besser zu verstehen und adäquat zu gestalten. Moderne Technologien bieten dabei vielfältige Möglichkeiten, Lernfortschritte zu dokumentieren. Mittels Audio- und Videofeedbacks können Lehrpersonen beispielsweise Rückmeldungen anreichern und so die Nachvollziehbarkeit erhöhen.

Innovative Lernumgebungen verlangen nach situativ anpassbaren Räumen. Flexibel einsetzbares Mobiliar bereichert die Lehr- und Lernerfahrungen sowohl von Schüler:innen als auch von Lehrpersonen. Anstatt starrer Pultreihen können bewegliche Möbelstücke je nach Unterrichtsbedarf umgestellt werden, sei es für Einzelarbeit, Gruppenprojekte oder Präsentationen. Zugang zu adäquaten technologischen Hilfsmitteln und ein zuverlässiges Internet tragen ausserdem zu einer anregenden Lernumgebung bei.  

Schule ist mehr als ein Ort

Es ist ein Ort, wo Menschen zusammenkommen und sich gemeinschaftlich mit bedeutsamen Themen auseinandersetzen. Die Schule soll auch positive Emotionen auslösen und dadurch gerne besucht werden. Dies muss sich nicht länger auf das Klassenzimmer und das Schulareal beschränken. Ausserschulische, analoge und digitale Umgebungen eröffnen erweiterte Räume, um miteinander zu lernen, miteinander zu kommunizieren und zu reflektieren.

Offene, vernetzte und agil gestaltete Lern- und Arbeitsumgebungen tragen dazu bei, dass Schüler:innen die Kompetenzen erwerben, die sie brauchen, um an einer digitalen Welt teilzuhaben und sie mitzugestalten.

Obwohl in der digital geprägten Welt bisher als schultypische erachtete Reglementierungen wie Curricula, Stundenpläne und Räumlichkeiten vermehrt aufgebrochen werden, ist dennoch anzunehmen, dass die Schule weiterhin ein zentraler Ort des Lernens und der Gemeinschaft bleiben wird.

INFOBOX

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Im MIA Aufbaumodul geht es um das Leben in medialen und virtuellen Räumen.

Zu den Autor:innen

Eliane Burri

Eliane Burri leitet das Zentrum Medienbildung und Informatik an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Digital Leadership in Education und die Begleitung von Schulen im digitalen Wandel. Als ehemalige Schulleiterin verantwortete sie die digitale Schulentwicklung an einer Berufsfachschule. Ab Herbst leitet sie mit Tobias Röhl den neuen CAS Schule entwickeln – Profil Digitalität.  

Tobias Schifferle

Tobias M. Schifferle ist Erziehungswissenschaftler und Primarlehrer mit Hang zur Informatik. Als Dozent am ZMI arbeitet er in verschiedenen Funktionen an Angeboten und Kooperationen der Aus- und Weiterbildung. Als Didaktischer Leiter unterstützt er das MINT-Förderungsprojekt mint & pepper der ETH. 

Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: adobe stock von Halfpoint

Literaturverzeichnis

Ebner-Zarl, A. 2021. Die Entgrenzung von Kindheit in der Mediengesellschaft. Springer VS, Wiesbaden.

Hauck-Thum, U. 2021. «Grundschule und die Kultur der Digitalität.» In: Was ist Digitalität?. Hrsg. v. Hauck-Thum, U., Noller, J.,73 – 82. Berlin, Heidelberg: Metzler

swissuniversities. 2021. «Grundsätze und Leitvorstellungen für die Mitgestaltung von Schule und Lernen in einer Kultur der Digitalität.»