Kollegiale Beratung

Wie kollegiale Beratung die Zusammenarbeit und Professionalisierung an Schulen stärkt

Kollegiale Beratung wird an vielen Schulen eingesetzt. Am Beispiel einer Schule in Dürnten wird gezeigt, wie kollegiale Beratung Mitarbeitende stärkt und die Zusammenarbeit fördert. Beraterin Andrea Hugelshofer und Schulleiterin Annett Kother stellen Chancen von kollegialer Beratung dar und zeigen auf, welche Rahmenbedingungen nötig sind.

Annett Kother, Schulleiterin einer Primarschule in Dürnten, stellte fest, dass verhältnismässig viele Kinder ihrer Schule integrativ gefördert werden. Sie erkennt unter anderem ein Entwicklungspotenzial in der Zusammenarbeit der schulischen Heilpädagog:innen (SHP) und initiiert kollegiale Fallbesprechungen in dieser Fachgruppe. Die SHP lassen sich darauf ein, und innerhalb einiger Monate entwickelt sich die kollegiale Beratung zu einem wirkungsvollen Instrument.

Gemeinsam erarbeiten die SHP Optionen für anspruchsvolle Schüler:innensituationen. Zunehmend werden weitere Fach- und Lehrpersonen in diese Fallbesprechungen und somit in die Lösungssuche einbezogen. Als Personalverantwortliche und Vorgesetzte geht Annett Kother sorgfältig mit möglichen Rollenkonflikten um.

Was ist kollegiale Beratung im schulischen Kontext?

Kollegiale Beratung schafft einen geschützten Raum, um herausfordernde Situationen – etwa schwierige Unterrichtssituationen oder Konflikte mit Eltern – gemeinsam zu beleuchten. «Kollegiale Beratung ist ein freiwilliger, strukturierter Austausch unter gleichgestellten Fachpersonen mit dem Ziel, die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit […] anspruchsvollen Situationen zu überdenken, zu hinterfragen, zu besprechen und zu erweitern» (Böckelmann & Mäder 2018).

Anders als beim Coaching erfolgt der Prozess ohne externe Moderation. Der Fokus bei der Intervision, wie kollegiale Beratung auch bezeichnet wird, liegt auf gemeinsamem Lernen und professioneller Weiterentwicklung. Durch eine strukturierte Gesprächsführung entsteht eine Feedbackkultur, die auf Entwicklung statt Bewertung setzt. Dies stärkt das Vertrauen im Kollegium, fördert kollektives und somit organisationales Lernen und unterstützt die einzelnen Beteiligten in ihrer professionellen Kompetenz.

Boeckelmann & Mäder (2018) sehen kollegiale Beratung als zentrales Element einer lernenden Organisation, das zur Unterrichtsentwicklung und Teamkohäsion beiträgt. Studien von Rosenholtz (1989) und Bonsen (2009) zeigen zudem, dass Schulen mit starkem kollegialem Austausch bessere Schülerleistungen und mehr Zufriedenheit unter Lehrpersonen aufweisen.

Ablauf und Methoden

Typischerweise bringt eine Person einen Fall ein und mit gezielten Fragen wird die Ausgangslage geklärt und der Kontext erfasst. Anschliessend folgt eine strukturierte Reflexion, in der unterschiedliche Perspektiven geteilt und Ideen gesammelt werden – ohne dass die Fallgeberin aktiv mitdiskutiert. Stattdessen hört sie zu und entscheidet am Ende, welche Impulse sie aufgreift. Dieses Vorgehen erfordert viel Klarheit im Ablauf und einen wertschätzenden Umgang.

So berichtete eine Lehrperson, wie wohltuend sie kollegiale Beratung in einer Weiterbildung erlebte – im Gegensatz zu früheren Erfahrungen in ihrer Schule, in denen sie kollegiale Beratung als negative Bewertung ihres Handelns erlebte.

Gelingensbedingungen und Herausforderungen

Neben einer respektvollen Grundhaltung und einem definierten Ablauf braucht es klare, organisatorische Rahmenbedingungen wie regelmässige Termine und eine Gruppengrösse von 6 bis 8 Personen. Für die Einführung der Intervision ist eine externe Begleitung hilfreich, um die Methode nachhaltig zu verankern und Vereinbarungen zu treffen.

Ohne solche externe Begleitung kann es anspruchsvoll sein, dass die Beteiligten sich auf Augenhöhe begegnen oder der gezielte Austausch nicht zu einem «Plaudern» verkommt. Kollegiale Beratung erfordert methodisches Bewusstsein und einen sorgsamen Umgang mit heiklen Themen. Deshalb ist es wichtig, das Vorgehen einzuüben und gelegentlich aufzufrischen.

Effekte in Dürnten

Annett Kother etablierte die kollegiale Beratung als Bestandteil der Schulentwicklung an ihrer Schule. Durch sorgfältige Planung, definierte Ressourcen und partizipative Einbindung der SHP entstand ein wirkungsvolles Setting: Erste Hinweise deuten darauf hin, dass die Zahl der Anmeldungen für schulpsychologische Abklärungen nicht weiter ansteigt, aber auch eine intensivierte, gezielte Zusammenarbeit der SHP gelingt.

INFOBOX

Sie sehen Potenzial an Ihrer Schule, die Mitarbeitenden im Umgang mit anspruchsvollen Situationen mittels kollegialen Coachings zu stärken? Wir begleiten Sie gerne bei der Einführung! Nehmen Sie mit uns Kontakt auf über unser Beratungstelefon (Montag bis Freitag, 15 bis 18 Uhr) +41 43 305 50 50 oder über beratungstelefon@phzh.ch

Konkrete Methoden zur Gestaltung von kollegialer Beratung werden an der PHZH in verschiedenen Weiterbildungen wie Fachbegleitung oder Schulleitungsausbildung eingesetzt und finden sich im Buch Intervision von Lippmann (2013).

Zu den Autorinnen

Andrea Hugelshofer


Andrea Hugelshofer
 ist Dozentin und Beraterin im Zentrum Management und Leadership an der PH Zürich. Sie interessiert sich insbesondere für das gelingende Zusammenspiel verschiedener Steuerungs- und Führungsebenen an Schulen.

Schulleiterin Annett Kother

Annett Kother ist in ihrem dritten Jahr als Schulleiterin in Dürnten tätig. Vorher hatte sie 22 Jahre lang in einer Behinderteninstitution verschiedene Leitungsfunktionen inne. Was ihre Lehrpersonen/ Mitarbeitende über sie sagen? Strukturiert, organisiert, immer erreichbar mit einem offenen Ohr. Veränderungen packt sie an und ist immer gut gelaunt.

Redaktion: Melina Maerten
Beitragsbild: Archiv PHZH, von Clara Neugebauer

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