Poetry an der PH Zürich

Am 25. September 2025 fand das 9. Poetry-Slam-Finale an der PH Zürich statt, wieder in Kooperation mit der PH Graubünden.

Es wurden Texte auf Deutsch, Italienisch und Rhätoromanisch vorgelesen, auch etwas Französisch und Schweizerdeutsch war mitunter dabei. Das Thema war „Was uns bleibt“ | „Che cosa ci rimane“ | „Quai ch’ans resta“.

Andrea Schweizer, die Rektorin der Pädagogischen Hochschule Zürich würdigte die Beiträge und überreichte die Preise. Lukas Becker moderierte den Abend. Das Publikum wurde vom Barteam mit Getränken versorgt.

Vergnügungen

(Cosima Collenberg)


Sonnenstrahlen, die nicht brennen,
sondern sanft die Haut berühren,
wie eine stille Umarmung aus Licht,
ohne Eile, ohne Ziel.
Gutes Essen.
Gute Leute.
Beste Freunde.
Meeresgeräusche tragen das Jetzt,
jeder Klang ein stilles Versprechen:
Hier zählt nur der Moment,
hier bist du frei.
Freiheit.
Kein Stress.
Keine Pflicht.

Das Gedicht entstand als Remake zu Bertolt Brechts „Vergnügungen“ im Rahmen des Moduls Medienbildung und Informatik MI P150 (HS 2024).

„Das Leben ist…“ Schreiben über das Leben

Der Songtext «Das Leben ist» von HE/RO wird als Ausgangspunkt für eine poetische Reflexion über eigene Erfahrungen und Assoziationen genommen:

HE/RO Das Leben ist https://matchlyric.com/he-ro-das-leben-ist

Das Leben ist, drei Jahre lang betrogen werden
Und wenn du’s rausgefunden hast, trotzdem belogen werden
Das Leben ist, wenn alte Freunde fast an Drogen sterben
Das Leben ist, wenn Manager mit deiner Kohle werfen
Das Leben ist die Kündigung am zweiten Tag
Es ist, so viel auf dеm Herz zu haben, aber kеiner fragt
Das Leben ist, wenn Sechste-Klasse-Trauma kickt
Das Leben ist, wenn Mobbing in der Schule dein Vertrauen fickt
Das Leben ist Angst haben vorm Angst haben
Schweißgebadet aufwachen, fünf Uhr früh an Samstagen
Und immer, wenn ich denk‘: „Ich halt‘ es kaum mehr aus“
Sagt ein leiser Teil: „Mach die Augen auf“

Refrain:
Das Leben ist schön
Du kannst es nur nicht seh’n
Ich fühl‘ alle deine Trän’n und
Wie einsam man sein kann

Remake:

Das Leben ist

Das Leben ist, …………………………………………

Das Leben ist, …………………………………………

Das Leben ist, …………………………………………

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Das Leben ist, …………………………………………

Das Leben ist, …………………………………………

Das Leben ist, …………………………………………

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Das Leben ist, …………………………………………

Das Leben ist, …………………………………………

Das Leben ist, …………………………………………

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Ein Remake von „nicolerendschmidt“, geposted auf TikTok:

„Das Leben ist eine psychische Störung zu haben,

und dir das erstmal einzugestehen und dann damit zu leben.

Das Leben ist, geliebte Menschen zu verlieren,

ohne sich zu verabschieden zu können.

Das Leben ist, sich selbst als nie genug zu empfinden.

Das Leben ist, immer der Zeit hinterher zurennen

und doch sie nie einfangen zu können.

ABER…..

Das Leben ist auch, deine Kinder aufwachsen zu sehen,

dir deine Träume zu erfüllen,

zu erkennen das deine Ängste besiegbar sind,

das du viel mehr schaffst als jemals erwartet.

Ja Leben ist schön.

Mit den guten und schlechten Seiten,

mit schönen und traurigen Tagen.

Denn das ist das Leben“

Vergnügung

Es ist ein regnerischer Tag

Draussen ist es kühl

Es zieht ein leichter Wind

Ein entspannter Tag

Ich zücke ein Buch

Gelassenheit

Freude

Einsamkeit

Wärme

Die Sonne scheint leicht

Die Blätter fallen

Ein kleiner Spaziergang

Der Herbst beginnt

Das Gedicht entstand als Remake zu Bertolt Brechts „Vergnügungen“ im Rahmen des Moduls Medienbildung und Informatik MI P150 (HS 2024).

Körper – Macht – Kapitalismus: „Das ewige Ungenügend“ von Saralisa Volm

Peter Holzwarth

In ihrem Buch «Das ewige Ungenügend. Eine Bestandsaufnahme des weiblichen Körpers.» (Ullstein 2023) beschreibt Saralisa Volm – Schauspielerin, Filmproduzentin und Kuratorin – das Dilemma vieler Frauen: der Druck, Schönheitsnormen entsprechen zu wollen und zu müssen einerseits und das Bedürdnis nach Selbstbestimmung andererseits. Sie analysiert die Rolle der Medien differenziert:

«Sind die Medien also Schuld an unserem Schönheitsdilemma? Nein. Aber eine Gesellschaft, die solche Medien entwickelt, verbreitet und liest, die trägt durchaus Verantwortung. Medien prägen, bilden, fordern. Jeder will ein bisschen mitmachen. Jeder will ein Stück vom Beautykuchen. L’Oréal brüllt uns an und wir brüllen mit: „Weil ich es mir wert bin“. Unser Wert wirds so einer Summe degradiert, die wir bereit sind in unser Aussehen zu investieren Eine weitere Lüge, auf die wir reinfallen sollen: Selbstwert ist käuflich nein, ist er nicht.» (S. 50/51)

Volm verbindet Einblicke in sehr persönliche biographische Erfahrungen (Essstörungen, sexuelle Übergriffe) mit Gesellschafts- und Kulturkritik.  

Es wird auf zwei Ebenen von Frauen profitiert, die sich Schönheitsidealen unterwerfen: Frauen, die mit der Erfüllung von Schönheitsnormen beschäftigt sind, stellen keine Gefahr für die bestehenden Machtstrukturen dar und die Beautyindustrie verdient weltweit sehr viel Geld mit Produkten (S. 37; S. 46). Hier werden Parallelen zu Laurie Penny deutlich, die ihre Gesellschafts- und Kapitalismuskritik im folgenden Zitat zum Ausdruck brachte: “If all women on earth woke up tomorrow feeling truly positive and powerful in their own bodies, the economies of the globe would collapse overnight.” (Laurie Penny, Meat Market. Female Flesh under Capitalism, 2011). Bestimmte Wirtschaftsbereiche profitieren von der weiblichen Körperunsicherheit bzw. Empowerment und Selbstermächtigung würden dem Umsatz von Schönheitsprodukten und -dienstleistungen schaden.

Die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Lechner kritisiert in einem SRF-Audiobeitrag zum Thema „Aus für Miss-Wahlen: Was passiert jetzt mit dem Schönheitsideal?“ nicht nur den Selbstoptimierungsdruck, der auf Frauen ausgeübt wird, sondern auch dieTatsache, dass immer mehr Körperbereiche zu Problemzonen erklärt werden und dass die Zielgruppen in bezug auf das Alter ausgeweitet werden:

«Es wird ein wahnsinnig grosser Druck gerade auf Frauen und queere Menschen ausgeübt, einem bestimmten ideal zu genügen ohne das man quasi das Haus nicht verlassen darf, ohne den man nicht als gepflegt gilt ohne den man nicht an der Gesellschaft partizipieren kann – also eigentlich wird Kontrolle ausgeübt. Und die kapitalistische Schönheitsindustrie hat ein großes Wort mitzureden, die eben immer neue Körperzonen beschämt und zur Problemzone erklärt, um immer weitere Produkte zu verkaufen. Und gerade im Kontext vom Gesicht sehen wir das in letzter Zeit wahnsinnig. Also in den USA ist der grösste wachsende Markt im Bereich der Skincare, der der 8-13-jährigen. Also so ganz junge Influencer werben schon damit was ihre Skincare-Routine  ist.» (11.48)

Im folgenden Zitat bringt Volm die Kritik an einer individualisierenden, strukturelle Lebensbedingungen und kollektive Erfahrung und Bewusstmachung negierende Selbstoptimierungskultur pointiert zum Ausdruck:

«Uns Konsument*innen wird nach wie vor suggeriert, dass die Verantwortung für unseren Körper, unser Glück und unsere Zukunft ausschließlich bei uns liegt. Haben wir kein Glück, dann haben wir uns einfach nicht genug angestrengt, nicht hart genug dafür gearbeitet. Relevant sind plötzlich nicht mehr die Umstände, sondern wie wir ihnen begegnen und mit ihnen umgehen.168 Die Verbindung zwischen Individualisierung, Neoliberalismus und dem modernen Glücksstreben führt dazu, dass wir uns selbst vorwerfen, wenn wir an der Ungerechtigkeit der Welt scheitern. Aber können wir innerhalb eines kranken Systems überhaupt gesunde Menschen sein? Nein, können wir nicht. Ungerechtigkeit, Unterdrückung, finanzielle Einschränkungen und Bevormundung lassen sich nicht wegmeditieren.» (S. 232/233)

An folgenden drei Stellen werden von Volm auch Defizite im Bereich schulische Bildung kritisiert:

«Wir lernen in der Schule, dass Menschen Hunger haben, Schlaf benötigen und weinen, um Stress abzubauen. Aber von dem Bedürfnis nach Lust und nach Erregung erfuhr ich nichts. (…) Niemand sagte uns, dass wir alles phantasieren dürfen und damit nicht allein sind.» (S. 178)

«Wir brauchen eine sexuelle Bildung für alle, die so umfangreich und vielfältig ist wie die Ernährungswissenschaft. Die Bedürfnisse des weiblichen Körpers müssen als so natürlich, erlaubt und gewollt angesehen werden wie der Sexualtrieb der Männer. Unsere Lust ist genauso wach und gierig, suchend und erlebbar.» (S. 187)

«Ein Kuss muss nicht zum Sex führen. (…) Ich muss nicht um Hilfe schreien oder jemandem ein Ohr abbeißen, um Grenzen an und in meinem Körper zu ziehen. Sex und sexuelle Handlungen dürfen nicht eingefordert werden.

Nie. Viele wissen das nicht, weil ihnen weder ihr Körper noch ihre Rechte erklärt werden. Im Gegenteil: Während wir die Verkehrsregeln von der Grundschule bis zum Führerschein unentwegt vermittelt bekommen, damit niemand verletzt wird, erfahren wir nur sehr wenig über die Stoppsignale unseres eigenen Körpers und der Körper, denen er sich hingibt, annimmt und nähert. Die Auffahrunfälle passieren im Stillen.» (S.  205)

Möglicherweise wäre die Schule neben Familie und anderen informellen Kontexten ein geeigneter Ort für die Vermittlung eines positiven oder neutralen Umgangs mit dem eignen Körper – nicht nur für Mädchen und Frauen. 

Gilt der Satz von Laurie Penny womöglich für alle Menschen – ohne den offensichtlich notwendigen Geltungsanspruch für weiblich gelesene Personen in Frage zu stellen?

«Wenn alle Menschen der Erde morgen aufwachen würden und sich richtig positiv und stark in ihren Körpern fühlen würden, würde die Weltwirtschaft über Nacht zusammenbrechen.»

Links:

Aus für Miss-Wahlen: Was passiert jetzt mit dem Schönheitsideal? (17.12.2024)

https://www.srf.ch/audio/news-plus/aus-fuer-miss-wahlen-was-passiert-jetzt-mit-dem-schoenheitsideal?id=AUDI20241217_NR_0029

Bodyshaming – Nie schön genug: Warum so viele Frauen ihren Körper verachten (9.12.2023)

https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/bodyshaming-nie-schoen-genug-warum-so-viele-frauen-ihren-koerper-verachten

Das ewige Ungenügend – wie Frauen auf ihren Körper blicken (8.12.2023)

https://www.srf.ch/audio/kontext/das-ewige-ungenuegend-wie-frauen-auf-ihren-koerper-blicken?id=24544e88-f04f-4721-8ff1-307599894ffe

#134 Saralisa Volm – Bewertung weiblicher Körper

Kreatives Schreiben auf Schweizerdeutsch?

Peter Holzwarth

Welche Rolle spielt Schweizerdeutsch als Sprache des kreativen und ästhetischen Ausdrucks? Pedro Lenz beispielsweise ist mit Kurzgeschichten und Romanen auf Berndeutsch bekannt geworden, z. B. «Der Goalie bin ig» oder «Di schöni Fanny». Auch viele Rapperinnen und Rapper produzieren und singen ihre Texte auf Schweizerdeutsch (z.B. Kutti MC, Knackeboul, Lo & Leduc, Steff la Cheffe, Nemo).

Auch Lieder von Mani Matter erfreuen sich Jahrzente nach seinem Tod grosser Beliebtheit bei allen Altersgruppen.

Dokumentarfilm „Mani Matter – Warum syt dir so truurig“

https://www.srf.ch/play/tv/film/video/mani-matter—warum-syt-dir-so-truurig?urn=urn:srf:video:56b93181-69b3-4f5e-93b9-f606ebfa0a0c

Sollte auch Schülerinnen und Schülern ermöglicht werden, ihre im Alltag benutze Sprache als ästhetische Ausdrucksprache erfahren zu können? Oder muss die wertvolle, immer zu knappe Lernzeit voll auf Hochdeutsch konzentriert werden? Steht möglicherweise eine fehlende Grammatik des Schweizerdeutschen der Notwendigkeit des Bewertens und der Einteilung in «richtig» und «falsch» entgegen? Andereseits könnten schweizerdeutsche Texte von der Bewertung mit Schulnoten ausgeschlossen werden, andere Formen von Feedback könnten etabliert werden.

Zu bedenken wäre auch der potenzielle Ausschluss von Schlülerinnen und Schülern, die nicht Schweizerdeutsch sprechen und verstehen.

Im Rahmen der international Summerschool PH Zürich 2025 «Gamification in Education» (Franziska Spring und Peter Holzwarth) entstanden im Zusammenhang mit Playfulness und kreativem Schreiben Gedichte auf Englisch und in verschiedenen anderen Sprachen (u.a. Schwedisch, Mandarin und Gälisch). Auch ein Gedicht auf Schweizerdeutsch war dabei. Hier der Beitrag von Robin Müller – ein Remake zum Gedicht Vergnügungen von Bertold Brecht:


Enjoyments*

S erschti Liächt

es Chraze vo Pfote uf em Holz

Sanfti Berührige

Sunnegrüess

de Rhythmus vom Kafi mache

es Gähne

Velofahre

Aacho 

Begägnige

ToDos

Erfolg und Prokrastination

en zweite Kafi

Schnufe und Singe

en Sprung is Wasser

Energie

Diskussione, Spaziere

Schlafe

Weitere Beispiele und Diskurse

Pedro Lenz: Akzente und Fehler

Pedro Lenz: Akzente und Fehler | Giacobbo / Müller | Comedy | SRF

Stefanie Grob: Sommerfreuden

https://www.srf.ch/news/schweiz/satire-und-comedy/die-etwas-anderen-news-von-oslo-bis-ottawa-overtourism

*Enjoyments

Das erste Licht

Ein Kratzen von Pfoten auf dem Holz

Sanfte Berührungen

Sonnengruss

Der Rhythmus des Kaffeemachens

Ein Gähnen

Fahrradfahren

Ankommen

Begegnungen

To-dos

Erfolg und Prokrastination

Ein zweiter Kaffee

Atmen und Singen

Ein Sprung ins Wasser

Energie

Diskussionen, Spaziergänge

Schlafen

Umwege

Die Hitze war fast schon erdrückend. Dreiunddreissig Grad auf dem Planetenweg. Die Luft zitterte sichtbar, als fürchtete sie sich vor der eigenen Glut. Katjas Wasser war fast aufgebraucht. Seit einer halben Stunde hoffte sie auf einen Brunnen. Auf einem oft begangenen Wanderweg wie diesem sollten doch welche stehen. Oder war die Abzweigung vor einer Viertelstunde doch falsch gewesen? Vielleicht war sie gar nicht mehr auf dem offiziellen Weg. Das würde erklären, warum keine Menschenseele zu sehen war.

Eine weitere halbe Stunde verging. Jedes Rascheln klang für Katja inzwischen wie Wasserrauschen. Sie hätte umkehren können. Aber es war zu spät. Sie war zu weit gegangen. Noch immer redete sie sich ein, bald käme ein Brunnen. Schritt für Schritt schwand diese Hoffnung, doch weiter geradeaus zu gehen, erschien ihr als einzige sinnvolle Option. Dann entdeckte sie einen schmalen Trampelpfad. Von dort erklang leise etwas: ein Rascheln oder Rauschen. Bei der Hitze konnte sie es nicht einordnen. Kurzerhand bog sie ab. Der Pfad führte in den Wald, weg vom brennenden Himmel. Endlich Schatten.

Der Weg war schmal, aber nicht wild. Er wirkte wie nur von wenigen Menschen betreten. Dort musste ein Brunnen sein. Es klang danach. Nach einigen hundert Metern öffnete sich eine Lichtung. In ihrer Mitte stand eine Holzhütte. Umgeben von dichtem Wald. Nur dieser Pfad führte dorthin. Unglaublich. Vielleicht konnte sie dort nach Wasser fragen. Normalerweise bat sie keine Fremden um Hilfe, aber heute blieb ihr nichts anderes übrig. Sie klopfte. Keine Antwort. Auch beim zweiten und dritten Mal blieb es still. Zögerlich drückte sie die Klinke. Die Tür liess sich öffnen.

Ihr Blick fiel auf eine winzige Küche. Ein tropfender Wasserhahn über einer Schale mit Birchermüesli-Resten. Wer wohnte hier? Doch für Fragen war keine Zeit. Katja drehte den Hahn auf. Kaltes, klares Wasser strömte heraus. Ihre Rettung. Sie trank, atmete auf, wusch sich das Gesicht. Für einen Moment war alles ruhig. Der Raum wirkte bewohnt und doch verlassen. Neben der Tür lehnte ein Wanderstock. Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagener Notizblock. Nur ein Satz war zu lesen: „Manche Umwege führen heimlicher zum Ziel.“

Nachdem sie ihre Flasche gefüllt hatte, verliess sie die Hütte. Nicht, dass noch jemand zurückkam und sie dort erwischte. Der Pfad lag ruhig vor ihr. Die Luft war still, die Hitze vom Wald gedämpft. Katja ging auf dem Trampelpfad zurück. Und tatsächlich, wie es der Satz im Notizbuch angedeutet hatte, erreichte sie nach etwa zehn Minuten bei der vorherigen Abzweigungsweg eine Gabelung. Dort stand ein Wegweiser: „Planetenweg“. Katja blieb stehen. Stimmen von anderen Wandernden waren zu hören. Schritte. Lachen. Sie war zurück. Instinktiv drehte sie sich noch einmal um. Die Hütte war im Wald zwischen den Bäumen kaum zu erkennen. Nur der Schatten eines Daches schimmerte leicht durch das Blattwerk. Oder bildete sie sich das nur ein?

Katja fasste den Rucksack fester und ging weiter. Sie war unendlich froh, wieder auf den Planetenweg zurückgefunden zu haben.

J.S. studiert an der PH Zürich.

Hat George Orwell in 1984 mit dem „Versificator“ ChatGPT vorweggenommen?

In seinem bekannten dystopischen Roman 1984 (erschienen 1949) beschreibt Geroge Orwell einen totalitären Staat, in dem Technologien benutzt werden, um Menschen zu kontrollieren. Bekannt sind die so genannten „Televisoren“, Monitore im privaten und öffentlichen Raum, die senden und empfangen können und so mehr oder weniger flächendeckende Überwachung ermöglichen. Viele verbinden 1984 auch mit der staatlich gelenkten Kontstruktion von Geschichte durch manipulierte Fotos, Filme und Texte:

„‚Wer die Vergangenheit beherrscht‘, lautete die Parteiparole, ‚beherrscht die Zukunft; wer die Gegenwart beherrscht, beherrscht die Vergangenheit.'“ (George Orwell: „1984“, S. 34 (Übersetzung: Michael Walter, Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein 1990))

Weniger bekannt ist der „Versificator“ mit dem man ohne menschlichen Einfluss Schlagertexte produzieren kann:

„So oft ihr Mund nicht durch Wäscheklammern verschlossen war, sang sie mit mächtiger, tiefer Altstimme:

‚Es war nur ein tiefer Traum,

Ging wie ein Apriltag vorbei-ei,

Aber sein Blick war leerer Schaum,

Brach mir das Herz entzwei-ei!‘

Das Lied wurde während der letzten Wochen von ganz London geträllert. Es war einer von zahlreichen ähnlichen Schlagern, die für die Proles von einer Unterabteilung der Fachgruppe Musik herausgegeben wurden. Der Wortlaut dieser Lieder wurde ohne jedes menschliche Zutun von einem sogenannten ‚Versificator‘ zusammengestellt.“

(George Orwell: „1984“, S. 128 (Übersetzung: Michael Walter, Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein 1990))

Möglicherweise haben sich „Televisoren“ in der Gestalt von personalisierten Smartphones auf perfide Art verwirklicht und der „Versificator“ in Form von generativen Programmen wie ChatGPT.

Standbild aus „1984“: Verfilmung des Romans von Michael Radford (UK, 1984)

Weitere Hinweise:

„ARD / Arte: 1984 oder Schöne neue Welt im Jahr 2021, George Orwell, Aldous Huxley?“:

„George Orwell, Aldous Huxley – 1984, oder schöne neue Welt? ARTE Doku (Re-upload)“:

Finale der Worte: Wer gewinnt den PH goes Poetry Slam 2025?

Worte, die unter die Haut gehen, Stimmen, die den Raum füllen, Texte, die bewegen: am 25. September 2025 wird das Kafi Schnauz zur Bühne für das 9. Poetry-Slam-Finale an der PH Zürich, zum dritten Mal zusammen mit der PH Graubünden. Wer reisst euch mit, wer bringt die Zeilen zum Klingen, wer holt sich den Titel?

Dieses Jahr treffen neue Stimmen auf alte Bekannte. Wieder sind viele Talente mit dabei, die ihr auf keinen Fall verpassen solltet: die Newcomerinnen Christa Schläppi, Geraldine Truyol, Ana-Isabelle Leicht und Larina Fravi, erneut im Finale sind Nadia Gsell, Lara Horal und Pascal Massafra, und auch die mehrmalige Finalistin Monique Honegger tritt wieder mit einem neuen Text an. Besonders spannend wird es mitzuverfolgen, wie Flurina Kunz die Challenge der Titelverteidigung meistert.

Wer hat das Zeug, die Menge zu überzeugen und «Was uns bleibt» | «Quai ch’ans resta» | «Che cosa ci rimane» zu gewinnen? Mit eurer Stimme bestimmt ihr, wer am Ende des Abends mit Applaus, Preisgeld und dem legendären Sieger:innen-Whisky nach Hause geht. Kommt vorbei, wenn sich das Kafi Schnauz in eine Arena der Poesie verwandelt und die Bühnenpoet:innen von der PH Zürich und der PH Graubünden um Ruhm und Ehre kämpfen.

Das Kafi Schnauz (in der PHZH-Mensa) öffnet seine Bar bereits um 17 Uhr, um euch auf das literarische Kräftemessen einzustimmen, bevor um 18.30 Uhr das grosse Finale beginnt. PH goes Poetry!

Kim Moser für das PH goes Poetry Team