Humanoide Roboter als Lebenspartnerinnen und Lebenspartner?

Der Spielfilm „Ich bin dein Mensch“ (Maria Schrader, Deutschland, 2021) stellt die Frage nach einem möglichen Leben mit humanoiden Robotern als Lebenspartner in der nahen Zukunft.

Der komplette Film zum Anschauen auf YouTube

Alma, eine alleinstehende Wissenschaftlerin in Berlin bekommt den Auftrag, drei Wochen mit einem auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Prototypen zusammenzuleben und ein Gutachten zu schreiben, das bei der Entscheidung über die Markteinführung aus ethischer Perspektive mithelfen soll.

Der Film lädt dazu ein über das Menschsein allgemein nachzudenken und über die Frage, ob wir es begrüssen würden, in einer Welt zu leben, in der Beziehungen zu Maschinen Normalität geworden sind.

Am Ende kommt Alma in ihrem Bericht zu folgender Einschätzung:

„Die Geschichte der Menschheit ist voll von vermeintlichen Verbesserungen, deren schwerwiegende Folgen sich erst Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte später ins Bewusstsein drängen. Nach den Erfahrungen, die ich mit einem humanoiden Roboter namens Tom gemacht habe, kann ich mit aller Klarheit sagen, dass es sich hier beim Roboter der den Ehemann oder die Ehefrau ersetzen soll, um eine solche vermeintliche Verbesserung handelt.  Ohne Zweifel kann einer auf die eigenen Vorlieben angepasster humanoider Roboter einen Partner nicht nur ersetzen, er scheint sogar der bessere Partner zu sein. Er erfüllt unsere Sehnsüchte, er befriedigt unser Verlangen und eliminiert das Gefühl alleine zu sein. Er macht uns glücklich. Und was kann schon schlecht daran sein, glücklich zu sein. (…)

Doch ist der Mensch wirklich gemacht für eine Befriedigung seiner Bedürfnisse, die per Bestellung zu haben ist? Sind nicht gerade die unerfüllte Sehnsucht, die Fantasie und das ewige Streben nach Glück die Quelle dessen, was uns zu Menschen macht? Wenn wir die Humanoiden als Ehepartner zulassen, schaffen wir eine Gesellschaft von Abhängigen, satt und müde von der permanenten Erfüllung ihrer Bedürfnisse und der abrufbaren Bestätigung ihrer eigenen Person. Was wäre dann noch der Antrieb sich mit herkömmlichen Individuen zu konfrontieren, sich selbst hinterfragen zu müssen, Konflikte auszuhalten sich zu verändern?  Es stehe zu befürchten, dass jeder, der länger mit einem Humanoiden gelebt hat, unfähig sein wird zum normalen menschlichen Kontakt. Von der Zulassung Humanoider als Lebenspartner rate ich mit großer Entschiedenheit ab.“

Weitere Themen im Film:

  • Umgang mit verpassten Chancen im Leben (z. B. Mutterschaft)
  • Umgang mit dem Alleinsein im Alter aufgrund von Kinderlosigkeit
  • Umgang mit Einsamkeit aufgrund von Unattraktivität
  • Betreuung von Eltern, die an Demenz erkrankt sind
  • Umgang mit Misserfolg in wissenschaftlichen Kontexten
  • kulturelle Bedeutung von „Fail-Videos“ im Leben von Menschen
  • Bedeutung von Lyrik und Kunst in der Geschichte der Menschheit
  • Ambivalenz im Spannungsfeld von kontrollierbarer Wunscherfüllung und Lust an unkontrollierbarer Wunscherfüllung
  • Ist die partielle Unerreichbarkeit und Unverfügbarkeit von Wunscherfüllung und Glück programmierbar?
  • Kann man selbst Publikum für seine eigene Performance sein? Zählt ein Roboter als Publikum?
  • Müssten humaniode Roboter früher oder später menschenähnliche Rechte und Pflichten bekommen?
  • Wie würde sich die Menschheit reproduzieren, wenn Menschen nur noch mit humanoiden Robotern Sex haben?
  • Kann man sich in einen humanoiden Roboter verlieben?

Diskurse zum Film:

„Liebe in Zeiten von Robotern und KI | Talk zu „Ich bin dein Mensch“ | Science meets Fiction“: https://youtu.be/ZZ_JTqVUVkM?si=Ul4rN45tKdcRdOYd

„Maria Schrader ICH BIN DEIN MENSCH Q&A deutsch / Berlinale 2021“: https://youtu.be/fxtlUt7IY8M?si=O-JblJWxHNB1biOS

„“Ich bin dein Mensch“ – ein raffinierter Werbefilm für den Transhumanismus“: https://youtu.be/97GYOK1dXJA?si=iPMZKHXBFUzLRalI

Peter Stamm an der PHZH: „Schreiben für Kinder und Erwachsene – zwei Welten, eine Sprache“

Am 16.12.2024 war der bekannte Schweizer Schriftsteller Peter Stamm zu Gast an der Pädagogischen Hochschule Zürich, eingeladen von der Fachgruppe Didaktiken Sprachen.

Seine Gesprächspartner waren Dorothee Hesse-Hoerstrup, Dozentin für Deutsch und Kinderbuchautorin, sowie Stefan Schröter, ebenfalls Dozent für Deutsch und von 2020 bis 2023 Jurymitglied des Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreises. Moderiert wurde der Anlass von Saskia Waibel, Dozentin für Deutsch und Bereichsleiterin Deutsch/Deutsch als Zweitsprache.

Peter Stamm las unter anderem aus seinem Kinderbuch „Otto von Irgendwas“ und fesselte das Publikum sogleich.

Im Gespräch mit dem Autor ging es unter anderem um intertextuelle Bezüge zwischen seinen Werken und um die Frage, ob in seinen Kinderbüchern bestimmte Werte vermittelt werden sollen. Auch das Thema Text-Bildverhältnis wurde berührt.

Netflix-Dokumentarfilm „Buy Now! The Shopping Conspiracy“

Der Dokumentarfilm Buy Now! The Shopping Conspiracy thematisiert mediale Beeinflussungsstategien für Produktkäufe, das Prinzip der Profitmaximierung, den Überfluss von Waren, geplante Obsoleszenz (Geräte werden so gebaut, dass sie nach einer bestimmten Zeit neu gekauft werden müssen) , absichtliche Verhinderung von Reparaturen, den Umgang mit Müll, der die Umwelt verschmutzt, Kleidermüll und Medienschrottprobleme in Ländern wie Ghana und eine mögliche Verantwortung der Firmen für den ganzen Zyklus bis zur Entsorgung.

Es kommen Personen zu Wort, die bei Firmen wie Adidas und Amazon für Gewinnmaximierung zuständig waren, ebenso weitere Aktivistinnen und Aktivisten. KI-generierte Filmsequenzen von müllverstopften Städten wie Paris oder Sydney wechseln sich mit dokumentarischen Sequenzen ab, in denen vermüllte Strände in Ghana zu sehen sind oder Arbeiterinnen und Arbeiter, die unter prekären Gesundheitsverhältnissen unseren Elektroschrott auschlachten.

Zu Anlässen wie „Black Friday“ oder „Weihnachten“ lohnt es sich, über den Sinn des eigenen Kaufens nachzudenken und sich über die Auswirkungen zu informieren.

Trailer zum Film:

SRF Kids News: Wie der Schnäppchenwahn unserer Umwelt schadet:

«Bucketlists» oder «Löffellisten» als Impuls für reflexive Schreibprozesse?

Peter Holzwarth

„Die andern fragen sich in der Lebensmitte eher, was aus ihren einstigen Plänen, die sie in jungen Jahren geschmiedet haben, geworden ist, und hadern mit der Vergänglichkeit, weil sich mit ihr die Möglichkeitsfenster langsam, aber sicher zu schliessen beginnen.“ (Bleisch 2024, S.  45)

„Mit der Stimme der Kraniche hallte in mir die traurige Botschaft wider, daß dieses Leben für jeden Menschen nur einmalig ist, es kein weiteres gibt, und daß man alles, was man genießen kann, nur auf Erden genießt. Es vergeht schnell, und es bietet sich uns bis in alle Ewigkeit keine andere Gelegenheit.“ (Nikos Kazantzakis: Alexis Sorbas)

«To kick the bucket» oder «Den Löffel abgeben» – beide Redewendungen beziehen sich auf den Tod. Bucketlists oder Löffellisten enthalten Dinge, die ein Mensch vor dem Tod noch erleben oder lernen will.  Solche Listen können nach Lebensbereichen strukturiert werden, zum Beispiel Reisen, Beziehungen & Familie, Sport & Fitness, Finanzen, Beruf & Karriere, Erlebnisse & Abendteuer, Soziales Engagement, Fähigkeiten & Skills (vgl. Mara Pairan: https://www.marapairan.de/ideen-fuer-deine-bucketlist/)

Welche Chancen und Risiken sind mit dem Erstellen solcher Listen potenziell verbunden?

Eine Bucketlist könnte im negativen Sinn wie eine To-do-Liste aus der Arbeitswelt gehandhabt werden. Wichtige Lebensziele sollten jedoch nicht in einer Haltung des Abarbeiten-Müssens angegangen werden. Eine Liste mit Lebenszielen sollte nicht Stress erzeugen und ein Gefühl von Torschlusspanik. Der Philosoph Wilhelm Schmid spricht in ähnlichen Zusammenhängen von «Glücksstress» (2012, S. 64).

Ein weiteres mögliches Missverständnis könnte darin bestehen, dass möglichst viele spektakuläre und prestigeträchtige Erlebnisse aneinandergereiht werden sollten, zum Beispiel der Hubschrauberflug, das Wochenende in Dubai, die Übernachtung in einem Luxushotel, die Wüstendurchquerung oder der Fallschirmsprung.

Eine Löffelliste kann singuläre Erlebnisse enthalten, die abgehakt werden können, aber auch prozessorientierte Aspekte wie eine Sprache lernen, Zeichnen lernen, sich selbst besser kennen lernen, eine Entspannungsmethode lernen und regelmässig im Alltag anwenden.

Im positiven Sinn kann eine Löffelliste einem Menschen helfen wichtige Lebensziele im Blick zu behalten, auch kann sie Antworten liefern auf Fragen wie «Was ist mir wichtig im Leben?»,  «Was möchte ich (noch) erleben und mit wem?» oder «Was soll nach meinem Tod bleiben?».

Eine Lebenszielliste könnte im besten Fall helfen zu vermeiden, dass man wichtige Aspekte immer nach hinten verschiebt («Wenn ich mal nicht mehr arbeite und Zeit habe.», «Wenn die Kinder aus dem Haus sind.», «Wenn mal die Schulden abgezahlt sind.») und am Ende keine Zeit mehr bleibt oder gesundheitliche Einschränkungen einen Strich durch die Rechnung machen. Die Psychologin Alexandra Freund (2020) nennt dieses Phänomen den «bucket list effect».

Ist die Liste einmal erstellt können folgende Reflexionsfragen hilfreich sein:

  • Möchte ich es in erster Linie für mich oder geht es vor allem um die Anerkennung und Bewunderung anderer?
  • Wie ist die Balance von Einzelaktivitäten und prozessbezogenen Aspekten?
  • In welchem Verhältnis stehen Ziele, die auf die Einzelperson bezogen sind zu Dingen, die andere Menschen involvieren?
  • Wie wichtig sind mir Lebensziele, die damit zu tun haben, etwas über den Tod hinaus zu hinterlassen (z. B. ein Buch schreiben, eine Stiftung gründen, einem anderen Menschen Kompetenzen auf den Weg mitgeben, ein Kind haben, eine NGO im Testament bedenken?)
  • Welche Ziele kann ich eigenständig und mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umsetzen, welche sind ausserhalb meines Einflussbereichs oder nur bedingt beeinflussbar?

Eine gut reflektierte Lebenszielliste kann unter Umständen helfen, ein erfülltes Leben zu führen, so dass am Ende des Lebens am Totenbett weniger Lebensentscheidungen bereut werden müssen (vgl. «5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen», Ware 2013; Bleisch 2024).

Literatur:

Bleisch, Barbara. 2024. Mitte des Lebens. Eine Philosophie der besten Jahre. München: Hanser.

Freund, Alexandra. 2020. “The bucket list effect. Why leisure goals are often deferred until retirement.” In: American Psychologist 75 (4), 499-510.

Schmid, Wilhelm. 2012. Unglücklich sein. Eine Ermutigung. Berlin: Insel.

Ware, Bronnie. 2013. 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen. Einsichten, die Ihr Leben verändern werden. München: Goldmann Verlag (Arkana).

Thesen zu «Digitalisierung» und «Schule»

Peter Holzwarth

In den letzten Jahren hat das schwedische Schulsystem eine intensive Phase der Digitalisierung erlebt. Doch in jüngster Zeit zeichnet sich eine Gegenbewegung ab, die verstärkt auf analoge Lehrmethoden setzt (s. Links unten). Die folgenden Thesen beziehen sich auf diese Debatte, die in ähnlicher weise in verschiedenen Ländern geführt wird.

  1. Mit den Begriffen «Digitalisierung» und «Schule» wird sehr viel Unterschiedliches assoziiert (z. B. digitale Geräte im Unterricht nutzen, Schülerinnen und Schüler für das digitale geprägte Leben kompetent machen, individualisierte Lernprozesse ermöglichen, Lerndaten sammeln und verarbeiten, mit Programmen wie Zoom oder Teams online unterrichten,  Arbeitsblätter digital abgeben statt als Kopie, Texte auf Monitoren vs. Texte auf Papier lesen, digitale Schuladministration, Tech-Firmen, die in die Schule wollen, um später von Käuferinnen und Käufer zu profitieren, totale digitale Überwachung von Schülerinnen und Schülern (vgl. China), Digitalisierung als weitere Belastung für Lehrpersonen, Digitalisierung als Entlastung für Lehrpersonen, Ablenkung durch schulfachfremde Funktionen auf digitalen Geräten, KI in der Schule, Verlust von kritisch-reflexiven Kompetenzen durch KI/ChatGPT, Untergrabung der elterlichen Medienerziehung durch schulischen Zwang zum mobilen Gerät, …). Je nach Assoziation können die Argumente sehr unterschiedlich ausfallen. Bei unterschiedlichen Bezügen können leicht Missverstöndnisse entstehen. Es ist daher sinnvoll bei einer Debatte die Bezüge transparent zu machen.
  2. Hinter politischen Entscheidungen in Bezug auf «Digitalisierung» und «Schule» können neben dem Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern immer auch noch andere Motive stehen (z. B. bestimmte Berufsbranchen fördern, Bildungsinstitutionen öffnen für die Interessen der IT-Wirtschaft (vgl. Niesyto 2021), Kosten einsparen, Personalmangel ausgleichen, Regierungen, die in ihrer Amtszeit das Schulsystem sichtbar prägen wollen).
  3. Medien wurden schon oft zum Sündenbock gemacht, wenn gesellschaftliche Probleme auftreten. Der Fokus auf Geräte an sich ist leichter als konkrete schulische Lernsetting in den Blick zu nehmen.
  4. Bildschirmzeit: Bei der Diskussion um Bildschirmzeiten sollte immer auch die Reflexion von Bildschirminhalten und Nutzungskontexten mitgedacht werden. „Welcher Mensch schaut mit wem in welchem Kontext wie lange welche Inhalte und welche Bedeutungen werden dabei konstruiert?” (vgl. Holzwarth & Lieger 2024, S. 74).
  5. Medienkompetenzvermittlung/Medienkompetenzerwerb muss nicht nur bedeuten digitale Geräte zu benutzen (vgl. im Kontext Informatik: «Informatik ohne Strom»: https://ilearnit.ch/de/stromlos.html).
  6. In der Schule über Medienerfahrungen und menschliche Werte im Kontext von Medien, Digitalisierung und KI zu reden ist eine Aktivität, die sich ohne digitale Geräte und ohne Internet vollziehen kann.
  7. Es kommt auf die Balance von digitalen und analogen Lernszenarien an.
  8. Die Nutzung von digitalen Geräten allein ist noch kein Garant für modernen innovativen Unterricht. Auch mit digitalen Tools kann sehr traditionell unterrichtet werden.
  9. Naturerfahrung und die Nutzung von medialen Geräten sollten nicht in einer Entweder-Oder-Logik diskutiert werden. Ein Spaziergang im Wald kann beispielsweise mit digitalen Fotokameras dokumentiert werden, z. B. eine Kollage mit Fotos von verschiedenen Baumrinden, eine Fotoserie mit unterschiedlichen Blattformen oder Makro-Aufnahmen von Moosen und Flechten).
  10. Es kommt auf die konkrete didaktische Einbettung und Kontextualisierung von digitalen Hilfsmitteln an, nicht nur auf das Gerät an sich.
  11. Der direkte erfahrungsbasierte Vergleich von digitalen und analogen Techniken kann für Schülerinnen und Schülerhilfreich sein (z. B. Bild mit Farben auf Papier malen vs. Bild auf dem Tablet malen).
  12. Gegen digitale Geräte in der Schule sein muss nicht heissen, dass man auch gegen Medienkompetenzvermittlung/Medienkompetenzerwerb ist.
  13. Es wird aktuell viel darüber diskutiert, wie Handys und Tablets im Schulischen Kontext genutzt werden können, es wird aber zu wenig oder gar nicht diskutiert, wie Schülerinnen und Schüler mit medialer Ablenkung umgehen lernen können (Selbstregulation, Exekutive Funktionen: Fokus auf eine Aufgabe, ohne sich ablenken zu lassen).
  14. Es muss klar unterschieden werden: die Mediennutzung der Schülerinnen und Schüler im Schulkontext und der Umgang mit privaten Handys im Umfeld der Schule.
  15. Es macht einen Unterschied, ob jemand gegen digitale Geräte an sich ist oder gegen digitale Geräte in einer bestimmten Altersgruppe.
  16. Eine intensive Nutzung von digitalen Geräten in der Freizeit ist kein Argument gegen Thematisierung von digitalen Phänomenen oder Nutzung digitaler Geräte im Kontext von Lernen und Bildung. Gerade bei einer intensiven Freizeitnutzung ist die Thematisierung in der Schule wichtig. Nicht alle Familien können dies leisten.
  17. Ein sinnvoller Umgang mit KI/ChatGPT kann auch über Experimentieren mit ChatGPT gelernt werden (z. B. selbst ein Gedicht schreiben vs. Chat GPT ein Gedicht schreiben lassen und dann Produkte und Lernprozesse vergleichen).
  18. Ein problematischer Umgang mit KI/ChatGPT kann dazu führen, dass Nutzende sich auf das Erstellen von Prompts beschränken und gar nicht mehr selbst schreiben.  Damit könnten wichtige Lernprozesse verloren gehen, beispielsweise die Fähigkeit, KI-generierte Ergebnisse aufgrund eigener Schreiberfahrungen kritisch zu bewerten, das kritische Denken und der Erkenntnisgewinn, der durch das eigene Schreiben entsteht.
  19. Empirische Studien zum Lernerfolg mit und ohne digitale Geräte sind nicht immer eindeutig (vgl. Middendorf 2024). Es spielen sehr viele Einflussfaktoren eine Rolle und diese lassen sich in Forschungskontexten nicht immer sauber kontrollieren.
  20. Schulisches Lernen muss auf die Gegenwart und die Zukunft ausgerichtet sein. Es stellt sich nicht die Frage ob, sondern wie junge Menschen auf eine zunehmend medial und digital geprägte Gesellschaft vorbereitet werden sollen.

Literatur und Links:

Holzwarth, Peter & Lieger, Catherine. 2024.  „Medienkompetenz und Spielkompetenz für die «Generation lebensunfähig»“. merz | medien + erziehung 2024/5. München: kopaed, S. 69-75.

Niesyto, Horst. 2021. „‚Digitale Bildung‘ wird zu einer Einflugschneise für die IT-Wirtschaft“. In: medien + erziehung, HeX 1/2021, S. 23-28. https://horst-niesyto.de/wp-content/uploads/2021/02/2021_Niesyto_digitale_Bildung_IT-Wirtschaft_Langfassung.pdf

Middendorf, William. 2024. PISA 2022 und die Integration digitaler Medien in den Unterricht. Erkenntnisse und der Umgang mit Herausforderungen. 2024, 12 S. – URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-283814 – DOI: 10.25656/01:28381 https://www.pedocs.de/volltexte/2024/28381/pdf/Middendorf_2024_PISA_2022_und_die_Integration.pdf

https://die-pädagogische-wende.de/wp-content/uploads/2023/07/Karolinska-Stellungnahme_2023_dt.pdf

https://www.regeringen.se/contentassets/d818e658071b49cbb1a75a6b11fa725d/karolinskainstitutet.pdf

https://beat.doebe.li/bibliothek/a01535.html

KI-Wiki der PH-Zürich

tiny.phzh.ch/ki-wiki

„Das KI-Wiki ist eine Ressource für alle Bildungseinrichtungen, die das Potenzial von KI im Unterricht nutzen möchten. Es bietet sowohl theoretische Grundlagen als auch praktische Anwendungsmöglichkeiten und unterstützt so Lehrende dabei, Lernpozesse effektiv zu gestalten.“

Mitarbeitende sind eigeladen, sich am KI-Wiki zu beteiligen.

Vergnügungen/Enjoyments international

Im Kontext der International Summer School 2024 kamen Studierende aus China, Taiwan, Griechenland, Frankreich, Italien, Zypern, Schweden, Schottland, England, Wales und der Schweiz an der Pädagogischen Hochschule Zürich zusammen. Im Rahmen der Veranstaltung «Gamification in Education» (Franziska Spring) beschäftigten sich die Studierenden auch mit dem Thema «Life Skills, mindfulness and games». Der spielerische und achtsame Umgang mit Sprache war ebenfalls ein Thema. Das einfach aufgebaute Gedicht «Vergnügungen» von Bertolt Brecht wurde im Sinne eines Remakes adaptiert.

Vergnügungen

Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen
Das wiedergefundene alte Buch
Begeisterte Gesichter
Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten
Die Zeitung
Der Hund
Die Dialektik
Duschen, Schwimmen
Alte Musik
Bequeme Schuhe
Begreifen
Neue Musik
Schreiben, Pflanzen
Reisen
Singen
Freundlich sein.

(Bertolt Brecht)

Die Teilnehmenden konnten die Sprache frei wählen. Es wurden Gedichte in Griechisch, Mandarin, Italienisch und Englisch vorgetragen. Auch Übersetzungen wurden mitgeliefert. Ein mehrspachiges Gedicht begann auf Französisch und ging dann über in Spanisch und Englisch. Spürbar waren der Stolz auf das eigene Gedicht und eine grosse Wertschätzung der Spachvielfalt. Ein spielerischer Umgang mit Sprache und Wahrnehmung und Wertschätzung der kleinen „Schätze“ im Alltag waren Ziel der Aktivität. Die Studierenden zeichneten sich durch ein extrem hohes Mass an Motivation aus.

Dank geht an Franiska Spring und Eveline Jehle.

In the context of the International Summer School 2024, students from China, Taiwan, Greece, France, Italy, Cyprus, Sweden, Scotland, England, Wales and Switzerland came together at the Zurich University of Teacher Education. As part of the event „Gamification in Education“ (Franziska Spring), the students also dealt with the topic of „Life Skills, mindfulness and games“. The playful and mindful use of language was also a topic. The simply constructed poem „Pleasures“ by Bertolt Brecht was adapted as a remake.

Enjoyments

The first glimpse out of the window in the morning

The rediscovered old book

Enthusiastic faces

Snow, the change of seasons

The newspaper

The dog

Dialectics

Showering, swimming

Old music

Comfortable shoes

Comprehension

New music

Writing, planting

Traveling

Singing

Being friendly

(Bertolt Brecht)

The participants were free to choose the language. Poems were recited in Greek, Mandarin, Italian and English. Translations were also provided. A multilingual poem began in French and then moved on to Spanish and English. The pride in one’s own poem and a great appreciation of language diversity were obvious. A playful use of language and the perception and appreciation of the little „treasures“ in everyday life were the aim of the activity. The students were characterized by an extremely high level of motivation.

Thanks to Franziska Spring and Eveline Jehle.

Linksammlung zu KI und digitalen Phänomenen

Scobel: Diverse Sendungen zu KI

https://www.3sat.de/suche?q=Scobel+ki&synth=true&attrs

Deutschlandfunk: KI Reihe

https://www.deutschlandfunk.de/ki-verstehen-102.html

Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023. Einstellungen, Handeln und Kompetenzentwicklung im Kontext von KI

https://www.jff.de/veroeffentlichungen/detail/kompass-kuenstliche-intelligenz-und-kompetenz-2023-einstellungen-handeln-und-kompetenzentwicklung

Erziehungstrends: Was sind die Folgen von Überbehütung?

https://www.srf.ch/play/tv/einstein/video/erziehungstrends-was-sind-die-folgen-von-ueberbehuetung?urn=urn:srf:video:03fd6959-cec4-4215-9419-279d0d27f058

Hype um TikTok – Lieben oder löschen?

https://www.srf.ch/play/tv/dok/video/hype-um-tiktok—lieben-oder-loeschen?urn=urn:srf:video:6b2838d3-7f05-4dc3-897d-dfc68b7430c7

Linksammlung von Mirjam Egloff

https://www.schabi.ch/seite/PHZH-MI

Medienkonsum oder Mediennutzung?

Peter Holzwarth

Immer wieder liest und hört man den Begriff „Medienkonsum“, auch im Zusammenhang mit der Rezeption von Nachrichten („Newskonsum“).

Für viele Menschen hat der Begriff „Konsum“ eine negative bzw. kulturkritische Konnotation. Nutzende werden als passiv konzipiert. Der Gegenstand des Konsums gilt als eher minderwertig, z. B. „Zuckerkonsum“, „Heroinkonsum“ oder „Drogenkonsum“, bezogen auf Medien „Pornokonsum“ oder „Internetkonsum“.

Medieninhalte, die als kulturell hochwertig gelten, werden selten mit dem Begriff „Konsum“ in Verbindung gebracht, z. B. hört oder liest man kaum: ein Rilke-Gedicht konsumieren, ein Klavierkonzert von Mozart konsumieren, die NZZ konsumieren, ein Kinderbuch konsumieren, einen Hesse-Roman konsumieren oder ein Theaterstück konsumieren.

Viele Mediennutzungsformen können potenziell entwicklungsförderliche und problematische Aspekte beinhalten, je nach Person, Inhalt und Kontext. Es ist wichtig, bei jedem Medienphänomen eine differenzierte Sichtweise einzunehmen in Bezug auf Chancen und Risiken.

Ergebnisse der Mediennutzungsforschung zeigen immer wieder, dass bei rezeptiver Nutzung von Medien durchaus auch aktive Prozesse ablaufen, z. B. Selektion, selektive Aufmerksamkeitszuwendung, Bedeutungskonstruktion, Füllung von Leerstellen, Herstellung intertextueller Bezüge, Abgleich mit der eigenen biographischen Erfahrung, Reflexion über Plausibilität oder Anschlusskommunikation.

Um eine Vorverurteilung zu vermeiden, ist es sinnvoll, neutraler von „Mediennutzung“ zu sprechen und danach differenziert Chancen und Risiken zu analysieren und zu benennen.

Was dürfen Satire und Comedy?

„(…) ich ziele mit meinen Jokes nach oben, ich ziele zu denen Leuten, die mehr Macht haben (…).“ Comedian Michael Elsener, Tagessgespräch, SRF, 13.3.2023

«Ims Schwiiz nach de 22 Uhr dusch ims die Fresse halta, un au nümmes die Frau schlage, au wenn sie schims verdiene.» (Mike Müller in der Rolle des albanischstämmigen Migranten Mergim Muzzaffer, SRF-Comedy-Sendung Giaccobo/Müller, 2011)

Was dürfen Satire und Comedy? Wo gibt es ethische Grenzen in Bezug auf negative Darstellungen von Minderheiten?

Mergim Muzzafer über die Nachtruhe | Giacobbo / Müller | Comedy | SRF

Der Schauspieler und Comedian Mike Müller war am 15. Mai 2023 zu Gast an der Pädagogischen Hochschule Zürich (im Rahmen der Veranstaltung «Studienreise in bewegte und bewegende Regionen Europas (Kosovo)» um über diese Fragen und ein konkretes Video zu diskutieren, in dem er die Figur «Mergim Muzzafer» spielt. Dieser ist ein Einwanderer aus Kosova, der in der Schweiz lebt und seinen Landsleuten Integrationshinweise gibt, damit diese in der Schweiz bleiben können bzw. nicht ins Gefängnis müssen. Dabei werden folgende Klischees bedient: „Kriminalität“, „Tiere in der Wohnung halten“, „schlechtes Deutsch“ und „Frauen schlagen“. Im Rahmen der Diskussion hat sich Mike Müller (selbst-)kritisch mit dem Beitrag auseinandergesetzt und gleichzeitig ein Plädoyer für die Freiheit gehalten.

Es stellen sich folgende Fragen:

  1. Dürfen Comedy und Kunst alles („Kunstfreiheit“)?
  2. Darf Comedy alles, weil es ja „nur Spass“ ist?
  3. Macht es einen Unterschied um welche Ausdrucksform es sich handelt (Comedy, Spielfilm, Roman etc.)?
  4. Darf ein Comedian eine ethnische Gruppe klischeehaft darstellen, wenn es sich um die eigene handelt (z. B. Kaya Yanar Karikatur des Türstehers Hakan)? https://youtu.be/5vcGcFf5y3w?si=vnY1cvrPZylT-8qk
  5. Darf ein Comedian eine andere ethnische Gruppe klischeehaft darstellen, wenn die eigene (in anderen Kontexten) auch klischeehaft darstellt wird? https://www.youtube.com/shorts/Yl9RqMLLTpE („Banker Patenschaften dringend gesucht SRF | Comedy | Giaccobo / Müller | SRF“)
  6. Ist es nur dann legitim, wenn es auf Kosten der „Mächtigeren“ geht?
  7. Ist es immer legitim, wenn es auf die Kosten der „Mächtigen“ geht? Oder gibt es auch in diesem Kontext Grenzen?

Ähnliche Diskurse wurden in anderen Kontexten geführt:

Debatte um Erdogan-Gedicht von Jan Böhmermann https://youtu.be/NYY18sP2brM?si=0CRiJuVgi3WljAwW

Lied «Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt» von Danger Dan https://youtu.be/Y-B0lXnierw?si=14xij1GFJ0jrE8Dq

Diskurs um den Film „Nellys Abenteuer“ (Dominik Wessley, Deutschland 2016): Negative Stereotype über Roma vs. positive Darstellung von Einzelpersonen (Holzwarth 2018).

SRF Beitrag von Samuel Lutz vom 8.12.2023: „Worüber darf man noch lachen? Schweizer Comedy-Grössen erzählen“: https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/debatte-um-witz-und-wokeness-worueber-darf-man-noch-lachen-schweizer-comedy-groessen-erzaehlen

Literatur:

Holzwarth, Peter. 2018. „Medienpädagogik, Filmbildung und Migration.“ Migration und Soziale Arbeit (ISSN 1432-6000), Ausgabe 04, Jahr 2018, Weinheim: Beltz Juventa 2018, S. 301-308