Mittwochswort

Zielführend

«‹Das ist nicht zielführend›, sagt der Politiker in entschiedenem Ton, und ich wundere mich: Warum sagt er nicht ‹Das führt nicht zum Ziel›? Ist das klare, transparente Prinzip Subjekt – Prädikat  – Objekt jetzt oll und out und verschraubter Partizipialstil wieder modern? Oder geht es um Verkürzung? (…) ‹Zielführend› ist ähnlich argumentfrei, kategorisch und apodiktisch wie die autoritäre Regierungsvokabel ‹alternativlos›: So wird das jetzt gemacht und basta! Wozu noch überzeugen, wenn man ein Dekret verhängen kann: Das ist zielführend und jetzt fragen Sie bitte nicht mehr, ja!» (Droste 2013, 72).

Überlassen Sie die Dekrete dem Mann im Weissen Haus! Schreiben Sie argumentative Texte! Das Schreibzentrum hilft Ihnen gerne dabei.

Aus: Droste, Wiglaf. 2013. Sprichst du noch oder kommunizierst du schon? Neue Sprachglossen. München: Wilhelm Goldmann.

Freitagstipp

Stutzen beim Imperfekt

«Das Imperfekt ist das Tempus der Erzählung, es verweilt in der Vergangenheit. ‹Dann lernte ich Englisch› ist korrekt als Bestandteil eines Lebenslaufs – falls ich auf jede Aussage darüber verzichten will, ob ich heute Englisch kann. ‹Englisch habe ich in Cambridge gelernt› bedeutet: Und nun kann ich es. Jede vergangene Handlung, die in die Gegenwart fortwirkt, verbietet das Imperfekt.                                                        Diese klare Vorschrift der Grammatik kommt, anders als beim Passiv und beim Plusquamperfekt, erfreulicherweise dem Sprachgefühl entgegen: In mündlicher Rede ist das Imperfekt ‹Dann ging ich ins Kino› fast unbekannt, ausser bei den Hilfszeitwörtern: Ich war, ich hatte, ich musste, konnte, sollte» (Schneider 2013, 58).

Mehr Tipps gibt es im Schreibzentrum. Besuchen Sie eine Beratung: Montag bis Donnerstag, 12-14 Uhr, keine Anmeldung erforderlich.

Aus: Schneider, Wolf. 2013. Deutsch fürs Leben. Was die Schule zu lehren vergass. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

Mittwochswort

Vorfeld

«Das Militärische schwitzt der Sprache aus allen Poren. Sehr beliebt ist die Epaulettenträgerformulierung ‹im Vorfeld› – die traditionell das Gelände beschreibt, das der eigenen Gefechtsstellung vorgelagert ist. Wenn es aber heisst, ‹im Vorfeld eines EU-Gipfels› sei dieses oder jenes geschehen oder zu erwarten, ist damit ganz simpel ‹vor dem EU-Gipfel› gemeint. Das scheint für die Zwiesprache aus Politik und ihrem Verlautbarungsjournalismus aber zu klein und zu wenig bedeutungssuggestiv zu sein; ‹im Vorfeld› klingt gravitätisch, ‹im Vorfeld› bahnen sich grosse Dinge an, da dröhnt schier schon der Boden. (…)                                                                                                                                  Das ursprüngliche Vorfeld war ein geographisches; ‹im Vorfeld› einer Investition oder einer Wahl et cetera ist dagegen temporär aufzufassen. Die Formulierung ist also nicht nur aufgeplustert, sondern auch schlicht falsch. Das stört aber niemanden, der sich routiniert und gern im Vorfeld gewichtiger Ereignisse bewegt; für Luftpumpenrhetoriker kann es gar nicht genug Vorfelder geben. Und der deutsche Soldat bleibt sowieso für alle Zeiten unbesiegt, zumindest im Vorfelde» (Droste 2013, 69).

Entfernen Sie die Floskeln und Füllwörter aus Ihren Texten! Das Schreibzentrum hilft Ihnen gerne beim Aufräumen.

Aus: Droste, Wiglaf. 2013. Sprichst du noch oder kommunizierst du schon? Neue Sprachglossen. München: Wilhelm Goldmann.

Freitagstipp

Zwei von drei Adjektiven streichen

«Adjektive sind die am meisten überschätzte Wortgattung: oft falsch, oft hässlich, oft blosse Rauschgoldengel – und wenn all dies nicht, dann immer noch Weichmacher, eine Bedrohung für Klarheit und Kraft. Folglich sind sie die Lieblinge der Werbetexter (nicht sauber, sondern rein!) – und schon seit dem römischen Rhetor Quintilian für die meisten Stillehrer ein rotes Tuch» (Schneider 2013, 31).

Mehr Tipps gibt es im Schreibzentrum. Besuchen Sie eine Beratung: Montag bis Donnerstag, 12–14 Uhr, keine Anmeldung erforderlich.

Aus: Schneider, Wolf. 2013. Deutsch fürs Leben: Was die Schule zu lehren vergass. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

Mittwochswort

Angedacht

«Wer ‹angedacht› hat, ist ein Denkfaulpelz oder ein raffinierter Schlaumeierdummkopf, der andere für sich arbeiten lässt und anschliessend aber eine geistige Urheberschaft für sich reklamiert, für die ihm jegliche Voraussetzung fehlt. ‹Angedacht› kommt von Andenken, und die gibt es im Andenkenladen, auch Souvenir-Shop genannt. Genau da gehört das Vakuum ja auch hin, das sich als ‹angedacht› aufplustert und bläht» (Droste 2013, 9f.).

Entfernen Sie die Floskeln und Füllwörter aus Ihren Texten! Das Schreibzentrum hilft Ihnen gerne beim Aufräumen.

Aus: Droste, Wiglaf. 2013. Sprichst du noch oder kommunizierst du schon? Neue Sprachglossen. München: Wilhelm Goldmann.