Wir brauchen Literatur!

Harvard-Präsidentin Drew Faust (Davos, 22.1.2014)

«Ohne Fächer wie Literatur und Geschichte gibt es keinen Fortschritt», sagt Drew Faust im Interview mit der NZZ am Sonntag (7.2.2014, S. 27). Die Präsidentin der Harvard University bricht eine Lanze für die Geisteswissenschaften: «Sie lehren uns, die richtigen Fragen zu stellen. Sie helfen uns, die Welt zu verstehen.» In einer auf wirtschaftlichen Erfolg und technischen Fortschritt getrimmten Welt hören wir das gerne. «Literatur erlaubt uns, in die Köpfe anderer Menschen zu sehen und zu verstehen, wie sie die Welt sehen.»
Die Frage ist also nicht, ob Literatur einen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen bringt, sondern ob und wie sie unser Zusammenleben und Fortkommen in der Welt bereichert. «Die entscheidende Fähigkeit, die uns die Geisteswissenschaften lehren, ist, etwas zu interpretieren, etwas einen Sinn zu geben. Wir werden heute mit Informationen bombardiert. Aber wie trennen wir die wertvollen von den unnützen? Es geht in unserer Welt eben nicht nur um Fakten, sondern auch darum, was sie bedeuten.»

Reflexives Schreiben für Skikönige

1.18224641.1390146173Seit Patrick Küngs Lauberhornsieg wissen wir, dass Erfolg nicht nur mit  österreichischen Trainern zu haben ist, sondern auf reflexives Schreiben zurückzuführen ist. Im NZZ-Beitrag «Das Buch Küng» erfahren wir, dass Küng regelmässig ein Renntagebuch führt:

“Nach alter Väter Sitte schrieb er nieder, was es bei dieser und jener Piste zu berücksichtigen gilt, handschriftlich, nicht auf dem Computer, «das ist viel zu schwierig». Erstes Training, zweites Training, Rennen – stets machte er Notizen, «die ich ein Jahr später hervorholen konnte, damit ich wieder wusste, welche Passagen mir Mühe bereitet hatten». Zudem verewigte er, welchen Ski er gefahren war, welchen Schuh, mit welcher Abstimmung.” (NZZ 20. Januar 2014).

Vielleicht brauchen Spitzensportler/innen neben technisichem Support auch einen Schreibcoach zur Seite?

Shakespeare’sche Beschimpfungen

Shakespearean InsulterWann haben Sie sich letztes Mal über jemanden geärgert? Haben Sie ihm oder ihr die Meinung gesagt? So richtig… mit Herzblut und Kreativität? Nein? Für Ihren nächsten grossen Ärger, als Inspiration für Ihr nächstes literarisches Schreibprojekt oder einfach bloss, um die jüngste Schreibblockade zu überwinden: Fühlen Sie sich ins Elisabethanische Zeitalter versetzt und lassen Sie sich geschmackvoll beschimpfen vom Shakespearean Insulter.

Seite 99

Der Anfang verrät viel über einen Roman. Hier entscheidet sich oft, ob man überhaupt weiterliest. Auch die letzten Sätze werden gerne zur Beurteilung eines Werks herangezogen.
Der englischeSchriftsteller Ford Maddox Ford empfiehlt einen ganz anderen Test: «Open the book to page ninety-nine and read, and the quality of the whole will be revealed to you.»
Die «Campaign for the American Reader» hat hierfür einen Blog eingerichtet und bittet zeitgenössische Autoren, ihren eigenen Roman dem «Page 99 Test» zu unterziehen: http://page99test.blogspot.ch/
Machen Sie den Test mit einem Ihrer Lieblingstitel und berichten Sie uns im Kommentar, ob Seite 99 hält, was das Buch verspricht.

It was a dark and stormy night

«It was a dark and stormy night; the rain fell in torrents — except at occasional intervals, when it was checked by a violent gust of wind which swept up the streets (for it is in London that our scene lies), rattling along the housetops, and fiercely agitating the scanty flame of the lamps that struggled against the darkness.»

Unter dem Titel Bulwer-Lytton Fiction Contest wird jährlich ein Wettbewerb um den grässlichsten Romananfang ausgetragen. Geehrt wird damit der viktorianische Autor Edward George Bulwer-Lytton, dessen Roman Paul Clifford (1830) mit den Worten «Es war eine dunkle und stürmische Nacht» beginnt. – Snoopys Romane fangen übrigens auch immer so an: «It was a dark and stormy night.»

Nicht-Schreiben tut weh

«Das Schreiben, wenn es gelingt, ist das Großartigste, was dir zustossen kann. Es ist das reine Glück. Nur, geglücktes Schreiben ist nicht immer, so wie geglücktes Leben nicht jeden Tag ist. Die Dichter, die übers Schreiben klagen, meinen gar nicht das Schreiben. Sie sprechen vom Nicht-Schreiben. Nicht schreiben können, das tut weh […].»
Urs Widmer, Vom Leben, vom Tod und vom Übrigen auch dies und das

 

Einfach anfangen

«Es gibt keine menschliche Aktivität, für die sich so leicht Ausreden finden lassen, um sich vor dem Anfangen zu drücken, wie das Schreiben – der Schreibtisch ist zu gross, der Schreibtisch ist zu klein, es ist zu laut, es ist zu ruhig, es ist zu heiss oder zu kalt, zu früh oder zu spät. Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, sie alle zu ignorieren und einfach anzufangen.»
Richard Harris, Ghost (deutsch von Wolfgang Müller)

Richard Harrs’ Roman The Ghost wurde von Roman Polanski erfolgreich verfilmt: The Ghost Writer.