Gewöhnlich gibt’s bei Schreibratgebern nicht viel zu lachen. Bei Constantin Seibts Deadline ist das anders. Obwohl es auch ums Schreiben geht, um Kolumnen ganz genau, lacht es sich ständig. Vielleicht weil’s nicht ums wissenschaftliche Schreiben geht oder weil Seibt es einfach kann, das Schreiben. Jedenfalls ist sein Ratgeber ein seltener Genuss in der Schreibberatungslandschaft und das nicht nur sprachlich. Nur, ist Genuss auch für wissenschaftliches Schreiben statthaft oder verdirbt Populärwissenschaftliches den akademischen Charakter? Vielleicht beantwortet sich diese polemische Frage am besten mit Augustinus, dem Kirchenvater, der gesagt haben soll: «Mensch lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel nichts mit dir anzufangen.» Schreiben als Tanz, lassen wir das mal als Bild so stehen.
Bleibt die Gretchenfragen, was Seibt ausser sprachlichem Tanz noch liefert. Für die Schreibberatung nicht wirklich Neues, dafür aber Altes neu geschrieben. Das ist dann auch Seibts Credo: «Die guten Geschichten sind so gut wie nie völlig neue Geschichten: sie sind nur neu erzählt.» Die Welt muss nicht neu erfunden, nur nach neuen Pfaden im alten Dickicht gesucht werden. Das entlastet und stimmt versöhnlich. Trotzdem, wie soll das gehen? Ganz einfach: Fragen stellen. Fragen nach dem Warum und dem Wie-genau und zwar so, dass nicht die Antworten die Fragen gebären, sondern aus Neugier Fragen werden. Dieser Gedanke ist zwar auch nicht wirklich neu, dafür aber nicht weniger bestechend, wie auch der folgende aus der seibtischen Rhetorikkiste: «Die Schwierigkeit ist nur, auf abgegrastem Feld die richtigen Fragen zu finden.» Wer sich schon in der Kunst der Fragestellung wissenschaftlicher Arbeit versucht hat, weiss: Das hat was. Noch plakativer kommt Seibts Empfehlung daher, die eigene Inkompetenz nicht zu überspielen, «denn dadurch verpassen Sie die eigene Verblüffung, die besten Fragen und die gute Story.»
Zum Glück lässt Seibt Ratsuchende mit diesen hochtrabenden Empfehlungen – so viel Neugier und Ehrlichkeit – nicht im Regen stehen, sondern spannt mit pragmatischen Schreibtipps einen Schirm. So empfiehlt er, im Zweifelsfall halbgute Ideen zu verwenden. Es geht also auch ohne Originalität, das beruhigt. Oder noch einfacher: Schreibende holen sich originelle Gedanken bei andern, in Form von Zitaten. Zitate, die für Seibt Senf an der Bratwurst sind. Hier mache ich einen Punkt. Nur so viel sei verraten: Senf gibt’s noch einigen in seinem Buch und auch Pfeffer, wenn’s zum Beispiel um Ratteninseln und Schwanzbeisser geht.
Constantin Seibt
Deadline.
Zürich: Kein und Aber Pocket, 2014. 320 Seiten.