Führung zwischen Generationen

Text: Kathrin Rutz und Amanda Van Vegten

Dieser Beitrag erscheint im Lifelong Learning Blog sowie im Blog Schulführung.

Stellen Sie sich vor, Sie haben die Chance, ein Team zu führen, das sich aus mehreren Generationen zusammensetzt. Was prägt die jeweilige Generation, was bedeutet dies für die Führung? Und wie gelingt eine fruchtbare Zusammenarbeit?

Teamarbeit im Mehrgenerationenteam (Quelle: Adobe Stock)

Sie begegnen uns allgegenwärtig: Die Forderungen nach flexiblen und einsatzfreudigen Fachkräften, die Herausforderungen in der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Arbeitnehmer:innen der Generationen Y und Z, die in den letzten Berufsjahren stehenden Babyboomer und dazwischen die Generation X – mitten in der Familienphase. Da stellt sich die Frage: «Wie tickst du? Wie ticke ich?» (Engelhardt & Engelhardt 2019).

Wie Führung und Kollaboration in diversen und Mehrgenerationenteams gelingen kann, dem wenden wir uns in diesem Beitrag zu.
Wir können uns bei den Unterschiedlichkeiten aufhalten, das Gegensätzliche und Unüberwindbare zwischen den Beteiligten in den Blick nehmen und das Unüberbrückbare verstehen wollen. Wir können uns – und dazu laden wir Sie hier ein – jedoch auch dem Verbindenden und Ermöglichenden zuwenden. Also eher die Chancen eines Mehrgenerationenteams aufzeigen. Dazu folgen wir einigen Annahmen:

Einander zuhören

«The biggest communication problem is we do not listen to understand. We listen to reply.»

Stephen R. Covey

Führung und Kollaboration verstehen wir als dialogisches Geschehen. Doch wie führen wir diesen Dialog? In Dialog treten heisst primär zuhören und hinhören: Was genau erzählt mir mein Gegenüber über sich, über unser gemeinsames Projekt, die Art und Weise, wie sie/er ihren/seinen Beitrag zur Zielerreichung versteht. Es bedeutet jedoch auch, dass ich Position beziehe, deutlich mache, was mir wichtig ist. «Dialog ist die Kunst gemeinsam zu denken» (Isaacs 2011) und ermöglicht sowie fordert uns zu Perspektivenwechseln auf. Indem ich meinem Gegenüber mit Interesse für seine Motive und Beweggründe begegne und bereit bin, meine zu teilen, können wir das entdecken und entwickeln, was uns gemeinsam wichtig ist und im besten Fall so auch unsere Organisationen mutig voranbringen.

In Beziehung sein

Führung, ebenso wie Zusammenarbeit, findet in Beziehung statt und gestaltet sich also aus dem ICH + DU oder auch aus dem WIR + SIE. Wir begegnen einander je aus der eigenen Wertigkeit und den eigenen Überzeugungen. Während die Babyboomer-Generation Arbeit als Leistungserbringung versteht und eigene Bedürfnisse diesem Primat unterordnet, gewichten die Generationen Y und Z die Lebensbalancen hoch. Eine Führungsfunktion kann interessant sein, muss sich jedoch mit den Lebensbereichen neben der Arbeit vereinbaren lassen.

Das Verbindende in Bezug auf den gemeinsamen Auftrag – und dieser steht im Fokus von Arbeitsbeziehungen – zu finden erfordert Offenheit und Interesse, dem Gegenüber tatsächlich zu begegnen.  Die Fragen ‹Wie siehst du das?› und ‹Was ist dir dabei wichtig?› oder auch ‹Wie erklärst du dir das?› fordert das Gegenüber auf, eigene Werte, Erwartungen und mentale Modelle zu benennen. Gleichzeitig bin ich aufgefordert, meine Ambitionen und meine Position anzubieten, um das gegenseitige Verständnis für die jeweilig andere Sichtweise zu ermöglichen und damit eine Grundlage für das kooperative Handeln auf ein Ziel hin zu schaffen. Menschen treten in eine Organisation ein, weil sie die Dienstleistung, das Produkt oder das Unternehmen selbst interessiert. Das In-Beziehung-Sein schafft Commitment und Loyalität, was zentral ist, um Mitarbeitende im Unternehmen zu halten. Wenn Menschen die Organisation verlassen, verabschieden sie sich von Kolleg:innen und Vorgesetzten, von Projekten und Aufgaben – auch dies gilt es sorgfältig zu gestalten.

Verantwortung gemeinsam tragen

Während die Babyboomer-Generation mit der Hierarchie im Unternehmen vertraut ist und diese weitgehend akzeptiert, wünschen sich die jüngeren Generationen Mitsprache und Beteiligung. Für die Führung und Zusammenarbeit sind deshalb folgende Fragen wichtig:

  • Wie schaffen wir gestalterische Freiräume für eine stimmige und sinnvolle Zusammenarbeit für die Sache und im Sinne der Unternehmung?
  • Wie gelingt ein ‹kollegiales› Miteinander selbst dann, wenn hierarchische Strukturen vorgegeben sind?
  • Wie gelingt es Teams in Richtung geteilter Führung und Verantwortung weiterzuentwickeln?
  • Wie wäre es mit genug «Zeit» und Ergebnisoffenheit sowie aufrichtigem Interesse beziehungs- und personenorientierter zusammenzuarbeiten, ohne den Unternehmenszweck, die Aufgaben und Ziele aus den Augen zu verlieren?
  • Was verändert sich, wenn unsere Kennzahlen statt nur der schwarzen (ökonomischen) Zahlen auch die Zeit, in der sich ein:e Kolleg:in durch uns gesehen und unterstützt gefühlt hat, berücksichtigen?
  • Wie nutze ich meinen Handlungsspielraum und teile Entscheidungsbefugnisse und Verantwortung sinnvoll und personenbezogen? Wann ist dies nicht zielführend?

Was von all dem ist für Sie das Wichtigste?
Lassen Sie uns das gemeinsam am Kaminfeuergespräch (siehe Infobox unten) explorieren.

INFOBOX

Kaminfeuergespräch 2023
Führen im demografischen Wandel – Führung und Kollaboration zwischen Generationen

Am 31. Oktober 2023 findet auf Schloss Au von 15.15–20.30 (inkl. Abendessen) die Kurztagung «Kaminfeuergespräch» zum Thema Führen in Mehrgenerationenteams statt. Gäste aus Bildung und Gesundheit werden, unter Einbezug des Publikums, ins Gespräch kommen.

Zu den Autorinnen

Kathrin Rutz ist Supervisorin, Coach und Organisationsberaterin bso, lehrende Transaktionsanalytikerin TSTA-O sowie Verantwortliche Beratung und Dozentin am Zentrum Management und Leadership der PH Zürich. Zudem ist sie Co-Leiterin des Lehrgangs CAS Führen in Projekten und Studiengängen an Hochschulen.

Amanda Van Vegten ist Leiterin der Fachstelle Qualitätsmanagement & Patientensicherheit in Co-Leitung am USZ, Dozentin an der UZH und ETHZ sowie zertifizierte Focusing-Begleiterin und engagiert in verschiedenen Expertengremien zu Themen der Kultur, Human Factors, Resilienz und Safety Management.

Asynchrone und synchrone Lehre – ein unzertrennliches Duo in der digitalen Lehre?

Beitrag von Bianca Morath und Ulrike Hanke

Auch wenn aktuell Lockerungen für die Lehre an Hochschulen beschlossen wurden, geht die digitale Lehre weiter und was der Herbst bringt, wissen wir nicht sicher. Was aber sicher ist: Wie auch immer das Herbstsemester starten wird, es wird keines wie das Herbstsemester 2019 oder das Frühlingssemester 2020. Studierende wie Dozierende haben jetzt fast drei Semester andere Erfahrungen gemacht, die Vor- und Nachteile der Online-Lehre kennengelernt und dadurch auch die Vor- und Nachteile der klassischen Präsenzlehre reflektiert. Ein Zurück wird es also nicht geben. Aber wie könnte denn eine gute Lehrveranstaltung nach Corona aussehen?

Grundsätzlich stehen uns asynchrone und synchrone Lehrformate zur Verfügung. Bei den asynchronen Lehrphasen handelt es sich um Phasen des Selbststudiums, die meist über die Learningmanagement-Systeme (LMS) / Lernplattformen (z.B. ILIAS, Moodle, OLAT etc.) der Hochschulen umgesetzt werden. Die synchronen Lehrphasen sind die Phasen der Lehre, während derer sich Lehrende und Studierende gleichzeitig an einem virtuellen oder physischen Ort zusammenfinden.

Welche Lehrform ist die bessere oder wie kombinieren wir sie geschickt? Lassen wir dazu zunächst eine Studentin zu Wort kommen.

Der Blick einer Studentin auf die digitale Lehre

Bianca Morath studiert im Bachelor Bildungswissenschaft an der Universität Freiburg im Breisgau mittlerweile im sechsten Semester:

„Seit drei Semestern studiere ich nun im Home-Office. In diesen drei Semestern habe ich sehr viele spannende und lehrreiche, aber auch einige recht monotone Lehrveranstaltungen besucht. Viele Dozierende übertrugen ihr Lehrkonzept aus der Präsenzlehre 1:1 in die digitale Lehre. Lehrveranstaltungen mit diesem Konzept verliefen ausschliesslich über die synchrone Phase, also über ein Videokonferenztool. Die Lehrveranstaltung bestand aus eineinhalb Stunden Input von der Lehrperson. Die Folge war, dass wir Studierenden völlig überflutet wurden mit einer Welle an neuen Informationen. Nach diesen eineinhalb Stunden fühlte ich mich meist schlapp. Und so erging es nicht nur mir, sondern auch meinen Kommilitonen und Kommilitoninnen. Unsere Motivation schwand von Woche zu Woche, da wir wussten, dass uns die gleichen monotonen eineinhalb Stunden am Computer erwarten würden. Kaum Interaktion, lediglich Input: Das war das Konzept einiger Dozierender. Da wir wussten, dass wir kaum in die Lehrveranstaltung miteingebunden werden, wurde der virtuelle Raum meist zu einer dunklen Wand, d.h. wir haben unserer Kameras ausgeschaltet oder gar nicht erst eingeschaltet und uns parallel zur Veranstaltung sogar teilweise anderweitig beschäftigt. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, von dieser Art Lehrveranstaltung habe ich am wenigsten mitgenommen. Meist war ich einfach froh, wenn die eineinhalb Stunden Input vorbei waren.

Aber es gab nicht nur monotone Lehrveranstaltungen in den letzten drei Semestern. Einige Lehrkonzepte waren wirklich kreativ und spannend gestaltet. Das Konzept dieser Lehrveranstaltungen bestand meist aus einer Kombination aus asynchronen und synchronen Lehrphasen.

Die asynchronen Phasen waren verschieden aufbereitet. Meist haben die Dozierenden uns kurze Lehrvideos hochgeladen, aber auch Texte, Skripte, Podcasts und andere Aufgaben wurden uns auf dem hochschulinternen Learningmanagement-System (LMS) zur Verfügung gestellt. So hatten wir die Möglichkeit, die Aufgaben zeitlich flexibel zu bearbeiten.

Durch verbindliche Abgaben haben unsere Dozierenden sichergestellt, dass wir vorbereitet in die synchronen Lehrphasen kamen. Kleinere Aufgaben zu den präsentierten Inhalten ermöglichten uns eine tiefere Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten. Durch Quizfragen, kurze Essays oder andere Aufgabenarten wurde unser Lernen in der asynchronen Phase gefördert. Ein weiterer Vorteil war, dass wir beliebig oft die Lehrvideos anschauen konnten, da sie auf dem LMS frei verfügbar waren.

Da ein Teil des Lehrinhaltes in die asynchrone Phase verlagert wurde, konnten unsere Dozierenden in der synchronen Phase dann den vorbereiteten Inhalt und mögliche Fragen mit uns besprechen und vertiefenden Input geben. Dadurch wurden die synchronen Treffen automatisch interaktiver – aus meiner Sicht der Schlüssel, damit die Lernenden aufmerksam und motiviert bleiben.

Aus diesem Grund ist eine Kombination aus synchronen und asynchronen Lehrphasen die ideale Lehrform. Auch nach Corona erhoffe ich mir, dass wir nicht vollständig in die reine Präsenzlehre mit 90 min. Vortrag zurückkehren, sondern die Interaktivität auch in der Präsenzlehre mehr in den Vordergrund gestellt wird.

Warum die Kombination das Beste ist

Warum schätzt Bianca Morath die Kombination aus synchronen und asynchronen Phasen so positiv ein?

Ein kurzer Blick auf die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1993 u.a.) kann dies verdeutlichen: Die Theorie beschreibt, welche drei menschlichen Bedürfnisse befriedigt sein müssen, damit Menschen motiviert sind: das Bedürfnis nach Autonomie, nach Kompetenzerleben und nach sozialer Eingebundenheit (siehe Abb. 1). Diese drei Bedürfnisse werden in Lehrveranstaltungen vor allem dann gut befriedigt, wenn asynchrone und synchrone Lehrphasen kombiniert werden.

Asynchrone Lehrphasen gewähren den Studierenden Autonomie; sie können frei entscheiden, wann sie welche Aufgabe bearbeiten und welches Video oder welchen Text sie wie intensiv bearbeiten. So viel Autonomie ist weder in der virtuellen Präsenzlehre noch in der Präsenzlehre möglich. Durch das selbstständige Bearbeiten von Aufgaben in der asynchronen Phase können sich Studierende ausserdem als kompetent erleben. Werden die Aufgabenlösungen dann in der synchronen Phase besprochen, so dass die Studierenden ein Feedback erhalten, so wird dieses verstärkt.

Gleichzeitig erfüllen die synchronen Lehrphasen das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit, welches in asynchronen Lehrphasen schwerer zu befriedigen ist.

Selbstbestimmungstheorie nach Deci & Ryan, 1993

Fazit

Es zeigt sich also: Mit einer Kombination aus synchronen und asynchronen Lehrphasen holen wir als Dozierende das Beste aus beiden Welten. So lange wir rein online lehren müssen, nutzen wir Videokonferenztools für die synchronen Lehrphasen. Wenn wir wieder in Präsenz unterrichten dürfen, halten wir sie in Präsenz ab. Die asynchronen Phasen sollten wir aber definitiv in die Präsenzwelt übernehmen.

INFOBOX

Das Best-Practice aus dem Distanzmodus fliesst in den CAS Hochschuldidaktik ein, der zwei Mal jährlich startet.

Zu den Autorinnen

Ulrike Hanke ist Dozentin und Beraterin für Hochschuldidaktik und als Studiengangsleiterin im CAS Hochschuldidaktik Sommerstart für das ZHE tätig. Weitere Informationen zu Ulrike Hankes Tätigkeit finden Sie hier: www.hanke-teachertraining.de

 

Bianca Morath studiert Bildungswissenschaft an der Universität Freiburg im Breisgau und ist seit fast zwei Jahren studentische Mitarbeiterin im Bereich Hochschuldidaktik bei Ulrike Hanke – Hanke-Teachertraining.

Mündliche Prüfung? – Oh weh!

Beitrag von Ulrike Hanke

So reagieren nicht nur Studierende vor einer mündlichen Prüfung, sondern auch Lehrende, die Prüfungen abnehmen müssen. Warum ist das so?

Mündliche Prüfungen verlangen auch den Prüfenden sehr viel ab: Sie müssen Fragen und Aufgaben formulieren, das Prüfungsgespräch strukturieren, Antworten wahrnehmen und spontan darauf reagieren. Auch ist es für Prüfende wichtig, schwierige Situationen schnell zu erkennen und richtig damit umzugehen – gleichzeitig sollen sie die Antworten fair bewerten. Eine mündliche Prüfung abzunehmen, erfordert deshalb scheinbares Multi-Tasking in höchstem Masse.

Das A und O für faire mündliche Prüfungen ist es deshalb, dass Examinatoren die Prüfung gründlich vorbereiten. Dies mindert die Belastung während der Prüfung auf beiden Seiten.

Vorbereitung in vier Schritten

In einem ersten Schritt der Vorbereitung sollte man sich die formulierten Lernziele vergegenwärtigen, die geprüft werden sollen.

Der zweite Schritt ist das Formulieren der Prüfungsfragen und -impulse, die zeigen sollen, ob die Prüfungskandidatin oder der Prüfungskandidat die Lernziele erreicht hat.

Als dritten Schritt empfiehlt sich, das Prüfungsgespräch gut zu strukturieren. Dabei ist vor allem der Einstieg ins Gespräch besonders wichtig. Der Einstieg ist die Basis für eine gute und angstfreie Interaktion im Prüfungsgespräch. Mindmaps, Thesen, Begriffskärtchen oder Kurzreferate als Gesprächsanlass sind eine gute Möglichkeit, den Einstieg angenehm zu gestalten. Diese Produkte können die Prüfenden selber erstellen oder eine Vorbereitungsaufgabe der Studierenden sein.

Eine gute Struktur macht die Prüfung für alle Beteiligten angenehmer.

Der vierte Schritte der Vorbereitung ist die Bewertung: Für die Bewertung ist zu empfehlen, dass Prüfende ein System entwickeln, das hilft die Prüfungsleistung effektiv beurteilen zu können. Dieses Bewertungssystem sollte sich klar an den Lernzielen der Prüfung orientieren. Nur so lässt sich überhaupt bewerten, inwieweit die Kandidaten die Lernziele erreicht haben.

Jetzt kann die Prüfung losgehen

Während der Prüfung ist eine angenehme Atmosphäre zentral. Diese ermöglicht, die Aufmerksamkeit und Konzentration der Prüfungskandidatin auf die Prüfung zu lenken und ihren Stress möglichst klein zu halten. Denn bei Stress reagieren Menschen mit Angst und würden am liebsten fliehen. Eine Konzentration auf Prüfungsinhalte ist dann kaum möglich. Ein sinnvoll eingerichteter Raum und ein wohlüberlegter Einstieg helfen, dass sich der Kandidat wohlfühlt. Zu Beginn ist eine offene Frage sinnvoll. Das gibt der Kandidatin Zeit, ins Reden zu kommen. Spezifischere Fragen können später gestellt werden.

Eine mündliche Prüfung soll unter guter Atmosphäre stattfinden
Eine gute Atmosphäre reduziert den Stress bei den Kandidaten.

Und zum Schluss die Bewertung

Nach der Prüfung kommt die Bewertung der Leistung. Keine leichte Aufgabe. Hier hilft das vorbereitete Bewertungssystem. Mögliche Bewertungsfehler sollten berücksichtigt werden. Wichtig ist auch, dass zügig bewertet wird. Fest steht: Objektiv wird die Bewertung nicht. Die kontrollierte Subjektivität sollte das Ziel sein.

Müssen Sie mündliche Prüfungen abnehmen? Möchten Sie sich in diesem Bereich professionalisieren? Ulrike Hanke leitet unsere Weiterbildung zum Thema Mündlich prüfen im Dezember.  

In folgendem Buch finden Sie einen Leitfaden, um mündliche Prüfungen systematisch vorzubereiten, durchzuführen und zu bewerten: Macke, Gerd, Hanke, Ulrike, Viehmann-Schweizer, Pauline & Raether, Wulf (2016): Hochschuldidaktik. Lehren, Vortragen, Prüfen, Beraten. 

Zur Autorin

Ulrike HankeUlrike Hanke ist Dozentin und Beraterin für Hochschuldidaktik und als Kurs- und Modulleiterin für das ZHE tätig. Weitere Informationen zu Ulrike Hankes Tätigkeit finden Sie hier: www.hanke-teachertraining.de

 

Redaktion: Martina Meienberg

Lernendenorientierung – Wer ist Lernende(r)?

Beitrag von Heinz Bachmann

Studierende und Dozierende als Co-learner

Im angelsächsischen Raum gibt es seit einigen Jahren Anstrengungen, den Begriff Lernendenorientierung weiter zu fassen als nur die Lernenden isoliert im Fokus zu behalten. So begreift man Studierende und Dozierende zunehmend als Co-learner. Basierend auf Literaturrecherchen und eigenen Erfahrungen entwickelten etwa Healey, Flint und Harrington (2016) ein «student partnership model» (siehe Abbildung), um mögliche Initiativen einzuordnen.

Grafik Partnership Learning Communities
Grafik Partnership Learning Communities aus Healey, Flint & Harrington (2016, S. 2).

Wie im Modell ersichtlich, erstreckt sich die Zusammenarbeit, resp. die Partnerschaft von Studierenden und Dozierenden, auf verschiedene Bereiche.  In Forschungsprojekten können sie als gleichwertige Partner auftreten und in einer Lernpartnerschaft gemeinsam neue Ideen entdecken (subject-based research). Denkbar ist zudem, dass Studierende und Dozierende miteinander in kleinen Forschungsprojekten zum Unterricht die Qualität der Lehre optimieren (scholarship of teaching and learning). Und vermehrt könnte auch die Meinung der Studierenden beim Prozess der Curriculumsentwicklung berücksichtigt werden (curriculum design).

Als Co-Lernende in der Lehrveranstaltung

Spannend wird es auch, wenn Dozierende und Studierende gemeinsam eine Lehrveranstaltung besuchen, also gemeinsam Lernende sind. Wie das aussehen könnte, wurde in zwei Pilotversuchen am Zentrum für Hochschuldidaktik und -entwicklung ausprobiert. Im einen Fall ging es um eine anstehende Curriculumsreform an einer Fachhochschule. In deren Vorfeld besuchten Studierende und Dozierende gemeinsam einen Workshop zu didaktischer Reduktion. Anlass war die Erkenntnis, dass sowohl Studierende als auch Dozierende mit der Stofffülle im Studium herausgefordert sind: Sie brauchen Strategien, um damit umzugehen. Der Anlass erlaubte neben dem Lernen von neuen Inhalten vor allem auch einen Perspektivenwechsel. Wie erleben Studierende im Alltag den Stoffdruck? Wie gehen sie damit um? Was machen Dozierende als Experten mit der Informationsflut in ihrem Fachgebiet? Welche Kriterien wenden sie an, um Inhalte zu bestimmen? Der Workshop wurde von den Teilnehmenden als sehr lehrreich und spannend empfunden. Sie wünschten weitere ähnliche Formate.

Erfahrungen aus dem Workshop zu Design Thinking

In einem anderen Setting hatten Dozierende und Studierende im Rahmen eines CAS Hochschuldidaktik die Möglichkeit, gemeinsam einen eintägigen Workshop zu Design Thinking zu besuchen. Im Anschluss an die Veranstaltung wurden einige Teilnehmende gebeten, spontan einen Kommentar abzugeben. Die kleinen Statements sind in einem 10-minütigen Videoclip zusammengefasst worden (siehe unten, ab 1:45min). Sie zeigen sehr gut das Potential einer solchen Anlage.

Überrascht wurden wir von den durchweg positiven Rückmeldungen. Erstaunlich auch die Begeisterung für den Anlass. Geht man davon aus, dass Emotionen ein zentrales Element beim Lernen sind, können wir solche Initiativen nur empfehlen. Nehmen Sie sich Zeit, den Videoclip anzuschauen – es lohnt sich! Haben Sie selber vergleichbare Erfahrungen gemacht? Gerne würden wir davon erfahren – schreiben Sie uns unten in den Kommentaren.

Video Co-Lernende
Studierende und Dozierende als Co-Lernende an einem Workshop zu Design Thinking: Erfahrungen im Video

Blogbeiträge zu Design Thinking

Heinz Bachmann ist langjähirger Leiter des CAS Hochschuldidaktik «Sommerstart». Der Lehrgang startet Ende Juni und es hat noch freie Plätze - die Anmeldefrist wurde bis am 31. Mai 2018 verlängert: 
Anmeldung und Infos

Lesetipp:
Von Band 1 unserer Reihe Forum Hochschuldidaktik ist gerade die 3. überarbeitete Auflage erschienen:
Bachmann, Heinz (Hrsg., 2018): Kompetenzorientierte Hochschullehre: Die Notwendigkeit von Kohärenz zwischen Lernzielen, Prüfungsformen und Lehr-Lern-Methoden.

Zum Autor

Heinz BachmannHeinz Bachmann ist Dozent für Hochschuldidaktik und leitet den CAS Hochschuldidaktik «Sommerstart» am ZHE.

 

 

Redaktion: ZBU

Das Semester mit Schwung abschliessen

Beitrag von Ulrike Hanke

Wie profitieren Ihre Studierenden und Sie vom Semester-Abschluss?

Fast geschafft: Das Semester neigt sich dem Ende entgegen. Ihre Studierenden und Sie steuern bereits auf die Prüfungen und Klausuren zu. Als Dozentin stelle ich mir da verschiedene Fragen:

  • Wie gestalte ich den Abschluss der Lehrveranstaltung?
  • Wie profitieren die Studierenden am meisten vom Semesterende?
  • Wie unterstütze ich meine Studierenden bei der Vorbereitung der anstehenden Klausuren oder abzugebenden Leistungsnachweise?
  • Und wie erhalte ich nützliches Feedback, um mich und meine Lehre weiterzuentwickeln?

Mit dem «Marktspaziergang», auch «Markt der Möglichkeiten» genannt (siehe Infografik) stelle ich eine Methode vor, die sich sehr gut für den Abschluss von Lehrveranstaltungen eignet und die genannten Anliegen verbindet. Der Marktspaziergang bietet die Möglichkeit, das Semester mit all seinen Lehrinhalten Revue passieren zu lassen. Dabei wiederholen und elaborieren die Studierenden die Inhalte des gesamten Semesters, können Lücken aufdecken und Fragen stellen, damit sie bestmöglich für eine Prüfung oder andere Leistungsnachweise gerüstet sind. Und Sie als Dozierende erhalten mit dem Marktspaziergang Feedback und erfahren beispielsweise, welche Themen Ihren Studierenden schwer gefallen sind oder was Ihnen bei der Planung einer nächsten Lehrveranstaltung nützlich sein kann.

Infografik Marktspaziergang
Infografik Marktspaziergang

Wie funktioniert der Marktspaziergang?

  1. Teilen Sie Ihre Studierenden in so viele Gruppen auf, wie Sie grosse Themenblöcke in Ihrer Lehrveranstaltung behandelt haben.
  2. Jede Gruppe hat die Aufgabe, einen Marktstand (Poster, selbsterklärende Präsentation auf einem Laptop oder Tablet, Pinnwand o.ä.) zu gestalten, der die zentralen Aspekte dieses Themenblockes auf den Punkt bringt.
  3. Anschliessend werden die Marktstände so hergerichtet, dass der Marktspaziergang beginnen kann. Die grundlegende Idee des Spaziergangs ist, dass sich alle Studierenden nochmals mit allen Themen beschäftigen und allfällige Fragen geklärt werden können. Dabei kann man unterschiedlich vorgehen:

Varianten

Variante 1:
Sie gehen mit Ihren Studierenden als ganze Gruppe von Stand zu Stand, wobei die jeweils für den Stand verantwortliche Gruppe ihre Ergebnisse präsentiert. Klären Sie anschliessend Fragen, bevor Sie dann gemeinsam zum nächsten Stand gehen.
Wichtig: Nur bei kleiner Gruppe zu empfehlen. Bei einer grossen Gruppe können sich nicht alle alle gleichzeitig einen Stand ansehen.

Variante 2:
Die Studierenden gehen eigenständig und jede/r im eigenen Tempo über den Markt. In diesem Fall sollten Sie den Studierenden den Auftrag geben, auf «Beutezug» zu gehen, d.h. sich zentrale Erkenntnisse zu notieren, die sie zu den jeweiligen Themen für wichtig erachten. Gleichzeitig bitten Sie die Studierenden, allfällige Fragen zu notieren. Anschliessend klären Sie mit der gesamten Gruppe die aufgetretenen Fragen.
Wichtig: Fotografieren ist nicht erlaubt! Die Studierenden sammeln dann nur, sie verarbeiten die Information nicht, was keinerlei Lerneffekt hat.

Variante 3:
Kombinieren Sie beides: D.h. zuerst gehen alle alleine stöbern; dann gehen Sie gemeinsam von Stand zu Stand.

Variante 4 (mit Variante 2 kombinierbar):
Hier gehen alle Studierenden zunächst individuell oder in kleinen Gruppen auf Beutezug. Dabei steht pro Poster abwechselnd ein/e Studierende/r aus der betreffenden Gruppe für Fragen zur Verfügung. Diese Personen werden nach einer vorgegebenen Zeit ausgetauscht, damit alle Studierenden bei allen Stände vorbeigehen können. Anschliessend machen Sie den gemeinsamen Spaziergang oder treffen sich im Plenum, um Fragen zu klären.

Mögliche Aufgaben für den Spaziergang

Um den „Beutezug“, also den Spaziergang über den Markt auszubauen und den Lerneffekt zu verstärken, können Sie den Studierenden zusätzliche Aufgaben stellen: Sie lösen entweder Aufgaben zu den jeweiligen Ständen (z.B. potentielle Klausurfragen) oder formulieren gleich selbst zu jedem Marktstand eine mögliche Prüfungsfrage. Die Prüfungsfragen der Studierenden können Sie anschliessend auf Ihrer Lernplattform zur Verfügung stellen und kommentieren, ob es eine geeignete oder eher ungeeignete Prüfungsfrage ist. Die Studierenden haben somit auch gleich eine Probeklausur; und Sie könnten tatsächlich auch Fragen davon für die Klausur nutzen, wenn Sie möchten.

Poster präsentieren
Für die Besprechung der Marktstände gibt es verschiedene Varianten.

Ergänzung durch Evaluationsmethoden

Wenn Sie zusätzlich Feedback für Ihre eigene professionelle Weiterentwicklung möchten, dann ergänzen Sie vor dem Spaziergang jeden Stand mit einem Blatt/kleinen Poster mit einem lachenden und einem weinenden Smiley (Smiley-Methode). Sie bitten die Studierenden jeweils etwas Positives (lachender Smiley) und etwas Negatives (weinender Smiley) zu dem Teil der Lehrveranstaltung aufzuschreiben, in dem dieser Themenblock behandelt wurde.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass Sie insgesamt einen zusätzlichen Stand auf dem Markt integrieren und die Studierenden dort um Feedback bitten, z.B. mit der Smiley-Methode oder durch die Methode «Kofferpacken». Malen Sie hierfür auf zwei Flipchartpapiere jeweils einen Koffer und schreiben Sie in den einen Koffer «Was Sie (also die Studierenden) mitnehmen …» und in den zweiten «Was Sie dem/der Dozierenden mitgeben …». Bitten Sie die Studierenden Ihre Überlegungen in diese Koffer zu schreiben.

Fazit

Mit dem Marktspaziergang erfüllt Ihre Abschluss-Sitzung die Funktionen, den ganzen Lernstoff zu wiederholen, Lücken aufzudecken und Ansatzpunkte zur Verbesserung der Lehre zu sammeln.

Und ein persönlicher Kommentar von mir: Diese Methode einzusetzen macht grossen Spass. Während der ganzen Sitzung herrscht ein grosses Treiben, alle sind aktiv und es kommt immer wieder zu Aha-Erlebnissen bei den Studierenden, was die Stimmung kontinuierlich steigen lässt.

Viel Spass also damit und ein gutes und halbwegs entspanntes Semesterende!

Tipps für den Einstieg in Lehrveranstaltungen gibt Ulrike Hanke im Blogbeitrag «Der Anfang macht's: Methoden für den Einstieg»

Ulrike Hanke gibt am ZHE u.a. das Modul «Gestalten von Lehr-Lernarrangements». Dieses wird sowohl im Rahmen des Kursprogramms Hochschuldidaktik vertieft als auch im Rahmen des CAS Hochschuldidaktik angeboten.

Zur Autorin

Ulrike HankeUlrike Hanke ist Dozentin und Beraterin für Hochschuldidaktik und als Kurs- und Modulleiterin für das ZHE tätig.

 

Redaktion: ZBU

Ich berate. Dozieren Sie noch?

Monique HoneggerMonique Honegger ist Gründerin und Leiterin des Schreibzentrums der PH Zürich und arbeitet u.a. als Beraterin und Dozentin mit Dozierenden und Studierenden.


 

Lehrtätigkeiten haben mit Beraten zu tun. Dozieren bedeutet nicht, Wissen in Individuen abzufüllen – im Sinne des Nürnberger Trichters. Dozieren bedeutet, dass wir Studierende auf ihren Lernwegen begleiten und gegebenenfalls beraten. Nur so findet nachhaltiges Lernen statt, das über oberflächlichen Wissenserwerb hinausgeht. Darum lautet meine Antwort auf «Ich berate. Dozieren Sie noch?» folgendermassen: «Beraten und Dozieren spielen eng zusammen. Wir wirken als Dozierende zwischen Beraten und Dozieren

Dozierende beraten gern – Studierende dagegen…

Beraten und Dozieren gehören zusammen. Dozierende, die bewusst beraten, äussern sich weitgehend positiv. Sie schätzen es zu beraten: «Schön ist es, unmittelbar zu sehen, wie ein Lernender vorwärts kommt», so Dozent und Berater Peter Suter im Interview mit Dominique Eigenmann. Nervig sei es dagegen, wenn das Gegenüber regrediere und er als Dozent erlebe, dass er den Rucksack des zu beratenden Gegenübers tragen müsse. Eigenmann fragt weiter: «Erleben Dozierende beim Beraten auch, dass Lernende vorwärts eilen und man als Berater nicht mehr nachkommt?» Hierzu lachen und schweigen die befragten beratenden Dozierenden.

Interview Beraten Dozieren
Interview von Journalist Dominique Eigenmann mit Geri Thomann, Monique Honegger und Peter Suter, Herausgebende von «Zwischen Beraten und Dozieren».

Geri Thomann betont weiter im Interview, dass Freiwilligkeit beim Beraten zentral sei. Als Berater erlebt er Freiraum, wenn Klienten freiwillig kommen. Mitunter ist es jedoch – so Thomann – professioneller, wenn er neben der beratenden Funktion auch eine leitende einnimmt. Als Dozierende in klassischen obligatorischen, ECTS-geladenen Settings können wir nicht beraten, ohne zu leiten. Leiten bedeutet, Studierende anzuleiten und in Lernprozessen verbindliche Eckpunkte vorzugeben. Beraten wir hingegen ohne zu leiten, überlassen wir die Steuerungsfunktion denjenigen, die wir beraten.

Meistens wirken wir Dozierende – anders als freie Beratende – in Doppel- oder Dreifachfunktion: Wir beraten, (beg)leiten und beurteilen. Studierende ihrerseits nehmen die unterschiedlichen Funktionen der Dozierenden nicht immer wahr. Zwischen Ratschlag und Vorgabe zu unterscheiden fällt ihnen schwer: «Es ist nett, so toll beraten zu werden; was wirklich gilt, weiss ich nachher aber immer noch nicht.»

Einige Lernende wollen Beratung – andere die Lösung

Beraten ist eine Frage des Timings und Contractings. Manche Studierende wollen die Beratung und andere wollen die Lösung. Wir als Dozierende geben ihnen, was für ihren Lernprozess im Moment und in unser Lernkonzept passt. Es gehört zum Beraten, Lernenden an gewissen Lernstellen Vorgaben und Lösungen zu verweigern. Umgekehrt braucht es Fixpunkte: Etwa zum Start eines Arbeitsprozesses benötigen Studierende nicht nur offene Beratung, sie sind ebenso auf Leitplanken angewiesen. Es gilt fortlaufend innerhalb von Begleitprozessen zu klären, wann bewertungsrelevante Vorgaben gegeben werden und wann offen mitgedacht wird.

Ein Beispiel für den mitunter verwirrenden Stereoeffekt von Beraten-Begleiten sind «Leitfäden zur Erstellung» einer Bachelorarbeit. Neben formalen und inhaltlichen Vorgaben enthält ein solcher Leitfaden oft beratende Tipps, wie der komplexe Denk- und Schreibprozess angegangen wird. Studierende wie auch Dozierende sind jedoch teilweise überfordert mit seitenlangen gut gemeinten Handreichungen, die sowohl vorgeben als auch beraten. Damit diese Papiere mit Gewinn gelesen werden, lohnt es sich, schriftlich zwischen Beratung und leitendem Vorschreiben zu unterscheiden (zwei gute Büchlein in diesem Zusammenhang: Ammann & Hermann 2017 sowie Buff Keller & Jörissen 2015).

Wenn wir als Dozierende nur beraten, sind Fragen ein zentraler Ausgangspunkt: «Ich muss die Teilnehmenden in eine Situation bringen, in der Fragen auftauchen» (Peter Suter). Beraten meint, gegenüber, voneinander oder von sich selber lernen zu lassen; dabei als Dozierende mitzudenken und zu lernen. Oder umgekehrt formuliert: Antworten auf Fragen geben, die nicht gestellt werden, ist keine Beratung.

Grenzen und Zeiten von Beraten

Beraten wir als Dozierende nur und dozieren nicht, im Sinne von Zeigen einer Fachkompetenz, kann dies gerade im Tertiärbereich irritieren. Studierende schätzen manchmal nichtinstruierende und nichtreferierende Dozierende als weniger kompetent ein. Ähnlich wie beim unbegründeten und wenig lernorientierten Einsatz von Gruppenarbeiten, riskieren wir mit beratenden Einsätzen als Dozierende ratlos und zu prozessorientiert zu wirken. Um dies zu vermeiden, brauchen wir ein Beratungskonzept, Rollenklärung und die Geschichten der Lernenden.

 

https://www.youtube.com/watch?v=iU5YiDitutQ

Schlussspurt oder irgendwann ist mit der Beratung Schluss

Master- und Bachelorarbeiten zu beraten (beraten, begleiten, beurteilen) ist derjenige Prozess, den Dozierende häufig nennen, wenn sie sich selber als Beratende bezeichnen. Inhaltlich regen solche Begleitprozesse auch Dozierende an. Doch dies ändert häufig blitzartig, wenn sie vom Beraten zum Beurteilen wechseln müssen. Dies erleben Dozierende oft als unangenehm. Der Rollenwechsel muss geübt und den Studierenden angekündigt werden. Wir sollen uns nicht grämen, wenn wir letztendlich nach einem so anregenden Prozess eine produktorientierte Note setzen: «Es ist eben trotzdem professionell, nach einem Beratungsprozess bei Arbeiten in der beurteilenden Rolle zu erwachen» (Geri Thomann).

Gerade beim Finish vor Prüfungen oder von Arbeiten reagieren Studierende schockiert, dass plötzlich mit der Beratung Schluss ist. Wird der Wechsel angekündigt, erleben Studierende es positiver, lehrreich und fühlen sich zur Eigenständigkeit aufgefordert. Nach der Beurteilung gibt es nochmals Raum für Feedback, das abschliessend beratend auf neue Fragen der Studierenden eingeht und nach vorne blickt.

Zwischen Beraten und DozierenIn der zweiten überarbeiteten Auflage erscheint am 6. Oktober 2017 im hep Verlag «Zwischen Dozieren und Beraten». Neben Instrumenten zur Beratungsprofessionalisierung im Lern-Lehralltag bietet der Band Goodpractice-Beispiele aus diversen Hochschulen, einen Überblick zu Beratung/Begleitung von Gruppenprozessen und zu Schreiben im Zusammenhang von Begleiten/Beraten.

Monique Honegger ist am ZHE auch als Kursleiterin und Beraterin tätig: Arbeiten von Studierenden begleiten und beurteilen startet zum nächsten Mal anfangs 2018. 

Redaktion: ZBU, TZM

Schreibend führen als Dozierende

Bild Monique HoneggerBeitrag von Monique Honegger, Gründerin und Leiterin des Schreibzentrums der PH Zürich sowie Beraterin und Dozentin für Dozierende und Studierende

 


Alex Rickertund Alex Rickert, Dozent an der PH Zürich und Mitarbeiter im Schreibzentrum.

 


Ein klassischer Tag: Lehrveranstaltungen wechseln sich mit Sitzungen und Zweiergesprächen ab. Parallel pulsiert die Mailbox. Wir verfassen und beantworten Mails, treffen Entscheidungen, leiten Studierende durch Lernprozesse. Schriftlich führen geschieht immer – aber führt nicht immer zum Ziel. Mit ein paar Tricks gelingt das Führen auch schreibend: Sie helfen, führungsstarke Mails zu verfassen und sich bewusst zu werden, wann man befiehlt, empfiehlt oder beratet.

Auch beim Schreiben führungsstark sein: Sieben Empfehlungen

Wenn sie führen, legen viele Dozierende Wert auf das persönliche Gespräch. Dialoge sind eher ihr Stil, weil sie persönlicher und flexibler sind. Sie vermeiden so erstens Missverständnisse, zweitens sparen sie Zeit und drittens verhindern sie, dass – gerade bei kritischen Themen – Geschriebenes später gegen sie verwendet werden kann. Andere Dozierende dagegen erleben das Schreiben als effizienter: Direktheit, Präzision, Zeitersparnis und Verbindlichkeit sind für sie die Vorzüge des Schriftlichen.

Jenseits dieser Präferenzen sind freilich alle Dozierenden sowohl mündlich als auch schriftlich gefordert. Genauso wie das Führen mittels Gesprächen trainierbar ist, ist auch das schreibende Führen lern- und optimierbar. Etwa durch die sieben Empfehlungen für führungsstarke E-Mails:

  • Schreiben Sie zuerst drauflos, dann aufräumen, erheblich kürzen, Zentrales (z.B. Anweisungen oder Beschlüsse) an den Anfang und in den Betreff.
  • Beim Überarbeiten umräumen und gliedern. Entscheidung, Weisung, Empfehlung, Auswahlmöglichkeit am Anfang. Begründungen am Schluss anbringen und zusätzliches Gespräch anbieten.
  • Bei erhöhtem Puls und Ärgergefühlen lieber nicht viel und verärgert schreiben, sondern auf Klärungsbedarf hinweisen oder 12 Stunden warten.
  • Weisungstexte anderen Personen zum Gegenlesen geben.
  • Salopp oder überformell formulierte Mails nicht persönlich nehmen. Schlagen Sie in der Antwort einen «mittleren» Ton an. Das beruhigt.
  • Die Absicht muss klar sein. Was ist Befehl, was wird empfohlen, was kann ausgewählt werden?

PhD-Comic: Average Time Spent Composing One E-Mail
Wie schreibt man effizient E-Mails?

Empfehlen, beraten oder befehlen? 

Mails von Studierenden appellieren an uns und wir wissen nicht, wie antworten. Empfehlen, beraten oder befehlen? Ein Student schreibt:

Könnten Sie mir bitte noch einige Hinweise auf aktuelle Fachliteratur zum Thema XY geben? Ich wäre sehr dankbar. 😀

Bei fachlichen Anfragen erwähnen Studierende meist nicht, ob sie Beratung oder Instruktion wollen. Eine Frage veranlasst Dozierende oft dazu, eine präzise Antwort zu geben. Diese Antwort wiederum verstehen Studierende meistens als Befehl und nicht als Empfehlung. Angesichts der Hierarchie vergessen sie, dass eine Antwort beratend gemeint sein kann und sie in vielen Fällen selber entscheiden.
Wir Dozierenden unsererseits meinen häufig, Studierende zu beraten, dabei leiten wir sie entschieden zu einem ganz konkreten Ziel, das unseren Vorstellungen entspricht. Später beim Beurteilen nehmen wir es Studierenden übel, wenn sie unsere «beratenden Gedanken» nicht wirklich umgesetzt haben.

Konkret: Es lohnt sich, beim Antworten auf stoffliche Fragen schriftlich zu betonen, was eindeutige Auflagen oder obligatorische Grundlagen sind und was wir dem Gegenüber zur Entscheidung oder persönlichen Horizonterweiterung empfehlen.

Wenn Studierende pokern, spielen Sie mit!

Drei Minuten vor der Abgabe-Deadline eines Leistungsnachweises kommt eine Mail einer Studentin: «Anbei mein Leistungsnachweis. Ich hoffe, dass ist für Sie so in Ordnung». Angehängt ist eine Arbeit, bei der die Dozentin schon beim ersten Augenschein die Nase rümpft.
Es kommt vor, dass Studierende – aus Not oder aus mangelndem Elan –schludrige oder ungenügenden Arbeiten abgeben und hoffen, die Dozierenden mögen ein Auge zudrücken. Das verlangt von uns Dozierenden, dass wir einen formalen Entscheid treffen. Dieser ist jedoch nicht immer nötig. Häufig können wir Studierenden den Ball zurückspielen und uns von Ihnen einen Vorschlag erbeten.

Schreiben am Laptop
Manchmal sind schriftliche Dialoge auch eine Art Online-Poker

In Antworten auf solche Mails empfehlen sich anmoderierende Sätze in drei Tonlagen:

Freiwillig:
Ich empfehle…; Ich schlage Ihnen drei Möglichkeiten vor…

Obligatorisch:
Damit Sie den Leistungsnachweis bestehen, ist es unabdingbar…; Wenn Sie eine gute Leistung erbringen wollen, müssen Sie…; Es ist klar, dass ich Ihren Leistungsnachweis nicht…

Mischform:
Ihr Leistungsnachweis überzeugt nicht ganz. Ich biete Ihnen drei Möglichkeiten, damit umzugehen:
1. Sie akzeptieren eine ungenügende Beurteilung (keine weiteren Arbeiten nötig)
2. Sie optimieren die Arbeit an drei Stellen (Siehe Beurteilungsbogen)
3. Sie wählen ein neues Thema und geben ein Semester später ab, damit eröffnen sich Ihnen nochmals alle Möglichkeiten für einen neuen Lernprozess.
Bitte teilen Sie mir bis am 3.1. mit, wie Sie vorgehen wollen. Wenn ich nichts von Ihnen lese bis dann, gehe ich davon aus, dass Sie Variante a) gewählt haben.

Tippfehler versus kommunikative Relevanz

Es ist abhängig von Führungs- und Schriftlichkeitskultur, ob und wann wir uns als Führende Tippfehler leisten. Es lohnt sich mitunter, weniger Zeit zu verwenden, um Tippfehler herauszunehmen, und sich dafür darüber klar zu werden, ob die Mail nun als Empfehlung, Befehl, Ratschlag oder Rückfrage gemeint ist. Bei schnellen Mailwechseln hat das kommunikative Grundanliegen die zentrale Relevanz. Uns bekannte Personen sind dankbar für Klarheit, die sich in Prägnanz und inhaltlicher Strukturierung zeigt. Zwei Tippfehler sind dabei verzeihbar. Hauptsache die Führungsabsicht kommt an.

Wünschen Sie noch mehr Tipps zum Thema effizientes Schreiben im Führungsalltag? Monique Honegger und Alex Rickert leiten an der PH Zürich einen Kurs zu «Schreibend führen», der auch für Hochschulangehörige zugänglich ist.

Monique Honegger ist am ZHE auch als Kursleiterin tätig: Arbeiten von Studierenden begleiten und beurteilen startet zum nächsten Mal anfangs 2018.

Redaktion: ZBU, TZM

Online-Pinnwand «Padlet» – Caspars Toolbox

Caspar-Noetzli-sw

Beitrag von Caspar Noetzli, Dozent und Berater beim Digital Learning Center der PH Zürich.

 

Logo Caspar's Toolbox

 

In der Serie «Caspars Toolbox» stellt Caspar Noetzli zweimal jährlich eine bewährte App oder ein digitales Werkzeug vor, das sich im Unterrichtsalltag sinnvoll einsetzen lässt.

Mit Padlet online pinnen

Die Pinnwandmoderation ist eine bekannte Methode aus Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schreiben Gedanken, Vorschläge und Ideen auf kleine Zettel und heften diese an eine grosse Pinnwand. Anschliessend werden die Ergebnisse in der Gruppe geordnet und diskutiert.

Das Online-Tool «Padlet» greift diese Idee auf und ergänzt sie um Funktionen, die nur auf virtuellen Pinnwänden möglich sind. So kann ich nicht nur Texte und Bilder, sondern auch Videos, Audiodateien, Links, PDF-Dokumente usw. anheften.

Die Inhalte einer Online-Pinnwand können direkt auf der Pinnwand kommentiert und diskutiert werden, wobei diese Diskussion bei Bedarf auch anonym erfolgen kann. Zudem kann die Pinnwand mit einem Passwort geschützt werden, sodass nur berechtigte Personen darauf Zugriff haben. Weiter können Inhalte zur Archivierung in verschiedene Formate (PDF, Bild) exportiert werden.

Im untenstehenden Screencast zeige ich auf, wie Padlet funktioniert. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen und Erfahrungsberichte hier im Blog oder auch direkt auf dieser Online-Pinnwand.

Link: Padlet – Online-Pinnwand für Präsenzunterricht und Blended-Learning
Screencast: Padlet – Online-Pinnwand für Präsenzunterricht und Blended-Learning

Online Pinnwände im Unterricht einsetzen

Online Pinnwände lassen sich für verschiedene didaktische Szenarien im Präsenzunterricht nutzen, aber auch ortsunabhängig im begleiteten Selbststudium einsetzen (Blended Learning).

Beispiele für didaktische Szenarien:

    • Die Dozentin holt die Erwartungen von Studierenden vor der ersten Lehrveranstaltung ab.
    • Eine Klasse sammelt Meinungen und Ideen während des Präsenzunterrichts.
    • Der Kursleiter stellt Lernaufgaben inkl. Texte, Links, Videos etc. auf einer Online-Pinnwand zur Verfügung.
    • Auf einer Exkursion schiessen die Studierenden mit ihren Smartphones Fotos, die sie direkt auf die Pinnwand laden.
    • Die Kursleiterin sammelt Feedback und offene Fragen am Abend des ersten Kurstages auf einem Padlet.
    • Alle Studierenden nutzen ein persönliches Padlet über ein Semester als Reflexionswerkzeug (Miniblog).

Links

Website Padlet
Padlet im Apple Store
Padlet in Google Play

Caspar Noetzli leitet für das ZHE zusammen mit Peter Suter den Kurs E-Didaktik. Dieser richtet sich primär an Lehrende an Hochschulen sowie der Erwachsenenbildung, ist aber auch für Lehrpersonen der Sekundarstufe 2 interessant.

Redaktion: ZBU

Vorstellungsgruppe: Zuerst kennen lernen, dann Inhalte

Ulrike Hanke

Beitrag von Ulrike Hanke, Dozentin und Beraterin für Hochschuldidaktik; Kurs– und Modulleiterin am ZHE.


Abwarten und ins Handy starren

Christian ist gerade im Hörsaal 223 angekommen. Er hat jetzt ein Seminar zum Thema Personalentwicklung in seinem Nebenfach. Er sieht sich im Raum um: Es sind noch nicht viele Kommilitoninnen und Kommilitonen da. Die meisten sitzen vereinzelt an den Tischen, Smartphone in der Hand oder auf den Laptop starrend. Nur zwei Studentinnen scheinen sich zu kennen: Sie reden miteinander.
Christian zögert kurz. Es ist die erste Woche in seinem dritten Semester. Er kennt hier niemanden. Wo soll er sich hinsetzen? Er entscheidet sich für einen Platz hinten im Raum. Schnell holt auch er sein Smartphone aus der Tasche. Der Raum füllt sich langsam, aber weiterhin beschäftigen sich die meisten Studierenden mit ihren mobilen Endgeräten. Christian fragt sich: «Wie dieses Seminar wohl wird, wenn man so gar niemanden kennt?»

Die aus Studierenden-Perspektive geschilderte Situation  ist typisch für erste Sitzungen von Lehrveranstaltungen im Semester: Man kennt kaum jemanden, ist unsicher und fragt sich, was da auf einen zukommt. Man versucht zu vermeiden, dass man auffällt, denn was sollen denn sonst die anderen denken? Also schön unauffällig bleiben. Es wird eine abwartend-distanzierte Haltung eingenommen.

Der Einstieg ist zentral

Ersten Sitzungen im Rahmen von Lehrveranstaltungen kommt eine besondere Bedeutung zu. Kennen Sie die Studierenden nicht und kennen sich die Studierenden untereinander nicht, so ist die Anfangssituation von Unsicherheit geprägt. Diese ist nicht lernförderlich, da sie den Studierenden die Kapazität raubt, um sich mit dem Lernen und dem Lernstoff zu beschäftigen.

Wo soll ich mich bloss hin setzen?
Wo soll ich mich bloss hin setzen?

Wie können Sie als Dozierende damit umgehen? Wie können Sie zu Beginn eine Atmosphäre schaffen, die langfristig sichert, dass sich die Studierenden wohl und sozial eingebunden fühlen und somit ihre Aufmerksamkeit auf das Lernen richten können? Im Folgenden werden Hintergründe und mit der Vorstellungsgruppe eine geeignete Einstiegsmethode erläutert.

In Anfangssituationen von Lehrveranstaltungen steht also klar die soziale Situation im Fokus. Die Gedanken drehen sich nicht um die Inhalte der kommenden Lehrveranstaltung, sondern darum, wie das soziale Miteinander wohl wird, wie man wahrgenommen wird, was man tun und was man besser lassen sollte.
Woran liegt das? Etwas locker formuliert, könnte man sagen, dass wir Menschen „Herdentiere“ sind, also soziale Wesen. Wir haben das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit, wie die Selbstbestimmungstheorie der Motivationspsychologen Deci und Ryan besagt. Erst wenn dieses Bedürfnis gestillt ist, haben wir überhaupt Kapazitäten frei, um uns höheren kognitiven Tätigkeiten wie dem Lernen und der Auseinandersetzung mit Inhalten zuzuwenden.

Konsequenzen für den Unterricht

Deshalb ist es wichtig, die Lehrveranstaltung keinesfalls mit langen inhaltlichen Vorträgen oder organisatorischen Aspekten zu beginnen. Für beides sind die Studierenden zu diesem Zeitpunkt nicht offen. Organisatorische Aspekten wie Teilnahmebedingungen und Informationen über Leistungsnachweise erzeugen zudem Druck. Dies wiederum erhöht die Distanz zwischen Studierenden und Dozierenden.

Vielmehr sollten wir versuchen, eine angenehme soziale Atmosphäre zu schaffen, in der die Studierenden sich wohl und integriert fühlen. Dies erst ermöglicht es, im Laufe der ersten Lektion langsam den Fokus von der sozialen Ebene auf die Inhalte zu lenken.
Um diese positive Atmosphäre zu schaffen, beginnen wir Dozierenden am besten mit einer freundlichen Begrüssung und stellen uns vor. So können wir die Distanz zwischen uns und den Studierenden bereits etwas reduzieren.
Anschliessend sollten wir Möglichkeiten zur Interaktion schaffen. Dadurch beginnen die Studierenden miteinander zu sprechen und erfahren, dass die anderen Studierenden Menschen wie sie selbst sind. Dadurch wird die soziale Situation für die Studierenden angenehmer, sie fühlen sich gegenseitig akzeptiert. Somit können sie ihre Aufmerksamkeit nun den Inhalten zuwenden.

Vorstellungsgruppe: Zuerst die Beziehungs-, dann die Sachebene

Eine Methode, die erstens diese Interaktionsmöglichkeit schafft und dann langsam und behutsam zum Inhalt überleitet, ist die sogenannte „Vorstellungsgruppe mit inhaltlichem Zentrum“, siehe Abbildung.

Ablauf und Wirkung der einzelnen Schritte der Methode „Vorstellungsgruppe mit inhaltlichem Zentrum“
Ablauf und Wirkung der einzelnen Schritte der Methode «Vorstellungsgruppe mit inhaltlichem Zentrum» – Klicken zum Vergrössern (nach Hanke 2016)

Hier werden die Studierenden zunächst gebeten, sich in Gruppen mit Studierenden zusammenzufinden, die sie noch nicht kennen (am geeignetsten sind Gruppengrössen von 4–5 Personen). Die Studierenden sollen sich in diesen Gruppen zunächst vorstellen und sich anschliessend ein erstes Mal mit dem inhaltlichen Thema der Lehrveranstaltung auseinandersetzen. Danach kommt man erneut im Plenum zusammen, um die Ergebnisse zusammenzutragen.

Durch das Bilden von Gruppen und die Vorstellungsrunde in diesen kleineren Gruppen treten die Studierenden gleich zu Beginn einer Lehrveranstaltung miteinander in Interaktion. Dies bewirkt, dass die erste Scheu vor den anderen anhand eines unkritischen Themas (sich selbst vorstellen) abgebaut wird. Die Studierenden erfahren, dass sie von den Mitstudierenden akzeptiert werden – sie können sich sozial eingebunden erleben.
Dadurch werden die Kapazitäten für die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das Lernen und die Lerninhalte frei. Und genau darum geht es dann im zweiten Schritt, wo die Studierenden sich inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen. Hierfür ist eine geeignete Fragestellung/Aufgabe zu formulieren, die mit dem übergreifenden Thema der Veranstaltung zusammenhängt.

Ulrike Hanke stellt VGmiZ im Video vor
Ulrike Hanke stellt Vorstellungsgruppe mit inhaltlichem Zentrum in Video vor

Vorwissen aktivieren

Die Methode „Vorstellungsgruppe mit inhaltlichem Zentrum“ ist der erste Schritt in Richtung einer angenehmen lernförderlichen Atmosphäre. Diese schafft für die Studierenden Freiräume, sich nicht mehr nur auf die soziale Situation, sondern auch auf die Inhalte zu konzentrieren.
Wird eine geeignete inhaltliche Frage gestellt, hat diese Methode zusätzlich den Vorteil, dass wir die Studierendengruppe hinsichtlich Ihres Vorwissens besser kennen lernen können. Dadurch können wir die folgenden Lektionen passgenauer an diesem Vorwissen ausrichten und damit lernförderlicher gestalten.
Es gibt übrigens noch weitere Möglichkeiten, Einstiegssituationen interaktiv zu gestalten, siehe folgende Links:

Auch in grossen Gruppen wirkungsvoll

Die Vorstellungsgruppe ist keineswegs nur in kleineren Veranstaltungen einsetzbar. Ich kann aus Erfahrung berichten, dass sie auch in sehr grossen Gruppen wirkungsvoll umgesetzt werden kann. Man kann etwa die Studierenden bitten, dass jede zweite Sitzreihe sich nach hinten orientieren soll, um auf diese Weise kleine Gruppen zu bilden. Hier können die Studierenden sich dann gegenseitig vorstellen und ebenfalls über das inhaltliche Zentrum diskutieren.

Die Vorstellungsgruppe funktioniert bei jeder Gruppengrösse
Die Vorstellungsgruppe funktioniert bei jeder Gruppengrösse

Einzig die Ergebnissicherung muss hier in einer anderen Form als in Form von Präsentationen erfolgen. Sie könnten hier einfach einzelne Stimmen von Studierenden abholen oder mit elektronischer Unterstützung arbeiten. Dabei können z.B. Tools wie Clicker oder Umfragesoftware/-apps (z.B. Poll Everywhere, SurveyMonkey, PINGO etc.) eingesetzt werden.

Schon im Laufe der weiteren Lektion werden Sie spüren, dass die Studierenden viel lebhafter sind, und sich mehr einzubringen getrauen. Und zu Beginn der folgenden Lektion werden Sie merken, dass es schon viel lebhafter zugeht, wenn Sie in den Hörsaal kommen.
Nutzen Sie diese Chance, mit Vorstellungsgruppen einfach eine gute Lernatmosphäre aufzubauen. Ich wünsche Ihnen ganz viel Spass dabei.

Ulrike Hanke bietet am ZHE den Kurs «Grossgruppen-Veranstaltungen lernförderlich gestalten» an, in dem Sie hier vorgestellte und andere Methoden näher kennen lernen können.

Sie ist zudem Autorin  erfolgreicher hochschuldidaktischer Bücher. Ihr jüngstes Buch «Ideen für gelingende Lehrveranstaltungen – Lehren an Universitäten und Hochschulen» ist auf ihrer Website zum Download erhältlich. 

Weiterer Literaturtipp: Macke, G., Hanke, U., Viehmann, P. & Raehter, W. (2016). Kompetenzorientierte Hochschuldidaktik. Lehren, Vortragen, Prüfen, Beraten. 3., überarbeitete Auflage. Weinheim: Beltz. (erscheint am 18.9.2016)
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