In der Serie «Caspars Toolbox» stellt Caspar Noetzli zweimal jährlich eine bewährte App oder ein digitales Werkzeug vor, das sich im Unterrichtsalltag sinnvoll einsetzen lässt.
Mit Padlet online pinnen
Die Pinnwandmoderation ist eine bekannte Methode aus Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schreiben Gedanken, Vorschläge und Ideen auf kleine Zettel und heften diese an eine grosse Pinnwand. Anschliessend werden die Ergebnisse in der Gruppe geordnet und diskutiert.
Das Online-Tool «Padlet» greift diese Idee auf und ergänzt sie um Funktionen, die nur auf virtuellen Pinnwänden möglich sind. So kann ich nicht nur Texte und Bilder, sondern auch Videos, Audiodateien, Links, PDF-Dokumente usw. anheften.
Die Inhalte einer Online-Pinnwand können direkt auf der Pinnwand kommentiert und diskutiert werden, wobei diese Diskussion bei Bedarf auch anonym erfolgen kann. Zudem kann die Pinnwand mit einem Passwort geschützt werden, sodass nur berechtigte Personen darauf Zugriff haben. Weiter können Inhalte zur Archivierung in verschiedene Formate (PDF, Bild) exportiert werden.
Im untenstehenden Screencast zeige ich auf, wie Padlet funktioniert. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen und Erfahrungsberichte hier im Blog oder auch direkt auf dieser Online-Pinnwand.
Screencast: Padlet – Online-Pinnwand für Präsenzunterricht und Blended-Learning
Online Pinnwände im Unterricht einsetzen
Online Pinnwände lassen sich für verschiedene didaktische Szenarien im Präsenzunterricht nutzen, aber auch ortsunabhängig im begleiteten Selbststudium einsetzen (Blended Learning).
Beispiele für didaktische Szenarien:
Die Dozentin holt die Erwartungen von Studierenden vor der ersten Lehrveranstaltung ab.
Eine Klasse sammelt Meinungen und Ideen während des Präsenzunterrichts.
Der Kursleiter stellt Lernaufgaben inkl. Texte, Links, Videos etc. auf einer Online-Pinnwand zur Verfügung.
Auf einer Exkursion schiessen die Studierenden mit ihren Smartphones Fotos, die sie direkt auf die Pinnwand laden.
Die Kursleiterin sammelt Feedback und offene Fragen am Abend des ersten Kurstages auf einem Padlet.
Alle Studierenden nutzen ein persönliches Padlet über ein Semester als Reflexionswerkzeug (Miniblog).
Caspar Noetzli leitet für das ZHE zusammen mit Peter Suter den Kurs E-Didaktik. Dieser richtet sich primär an Lehrende an Hochschulen sowie der Erwachsenenbildung, ist aber auch für Lehrpersonen der Sekundarstufe 2 interessant.
Das persönliche Lernen und die persönliche Entwicklung gewinnen in Unternehmen wie in Schulen an Bedeutung – Schlagworte sind Personalentwicklung oder Kompetenzentwicklung. Das global vernetzte Wissen und Können steigert sich exponentiell – es entsteht immer schneller mehr davon (Erpenbeck 2010). Wir können also nicht davon ausgehen, dass einmal entwickelte Kompetenzen für die Gestaltung unseres Lebens «ausreichen». Gefordert ist ein lebenslanges Lernen sowie die Fähigkeit und Bereitschaft, sich stetig weiterzuentwickeln.
Als eine mögliche Lösung dieser Herausforderung erklärt Arnold «die sich selbst schärfenden Werkzeuge». Das sind Werkzeuge, welche durch ihren Einsatz immer wieder aufs Neue geschliffen werden. Ich möchte hier zeigen, dass das ePortfolio ein solches Werkzeug fürs Lernen sein kann. Es hilft, sich selbst zu motivieren und zu organisieren, Lern- und Entwicklungsprozesse können aktiv gestaltet und eben das eigene Kompetenzprofil kontinuierlich «geschliffen» werden. Wie das aussehen könnte und wozu es eingesetzt wird, mache ich an einem persönlichen Beispiel deutlich.
ePortfolio für ein Klavierstück
Ich sitze im Auto und höre aus dem Radio wunderbare Klaviermusik. Rasch finde ich heraus, dass es sich beim Stück um «River flows in you» von Yiruma handelt.
Ich spiele selber Klavier und möchte «The River flows in you» unbedingt lernen. Um meinen Lern- bzw. Kompetenzentwicklungsprozess aktiv zu unterstützen, nutze ich seit einigen Jahren mein persönliches ePortfolio – das tue ich auch in diesem Fall. Nachfolgend zeige ich, wie ich vorgegangen bin.
Ziel definieren
Ich überlege mir, wie ich mein Ziel beschreiben könnte und schreibe dann in eine Notiz im ePortfolio: Ich kann «River flows in you» vor einem kleinen Publikum auf dem Klavier auswendig spielen.
Dieser Eintrag befindet sich in meiner Struktur auf der Ebene der Kompetenzen – ein wichtiger Bestandteil meines ePortfolios. Eine Kompetenz formuliere ich immer mit «ich kann …» und beschreibe anschliessend möglichst genau, was ich können möchte. Häufig ist es hilfreich, die Situation, in der die Kompetenz «gezeigt» werden soll, in die Beschreibung zu integrieren (siehe Beispiel).
Ressourcen sammeln
In meinem Lernprozess trage ich unter Ressourcen Hilfsmittel ein, die mir helfen, die Kompetenz zu entwickeln. So finde ich zum Beispiel die Musiknoten von «River flows in you», die ich als eine erste Ressource ablege (siehe Abbildung). Weiter entdecke auf Youtube ein Video wie Yiruma seine Komposition performt – ein weiteres Hilfsmittel für meinen Lernprozess.
Die Noten zu «River flows in you» befinden sich nun als Ressource im ePortfolio
Zudem finde ich heraus, dass Yiruma das Stück in A-Dur spielt. Ich suche die A-Dur Tonleiter, lege sie in meinem ePortfolio ab und verknüpfe sie mit den Musiknoten. Auch der Kontakt zu meinem Klavierlehrer ist bei den Ressourcen eingetragen. Offene Fragen diskutiere ich jeweils direkt mit ihm. Ressourcen können sehr vielfältig sein und umfassen beispielsweise spannende theoretische Modelle und Erkenntnisse, praktische Erfahrungen von Kolleginnen und Kollegen, Artikel aus dem Web oder aus Zeitschriften, passende Abschnitte aus der Literatur oder Zusammenfassungen und Visualisierungen aus Vorträgen.
Lernprozesse dokumentieren
Meine Lern- und Entwicklungsprozesse dokumentiere und reflektiere ich kontinuierlich im Bereich Prozesse. Ich notiere zum Beispiel, wenn ich wieder einmal Probleme mit dem Fingersatz der A-Dur Tonleiter habe. Ein solches Lerntagebuch ermöglicht es mir, das eigene Lernen und die Veränderungen immer besser zu verstehen. Es hat sich als sehr wertvoll erwiesen. Meine Lernstrategien verändere ich so auch bewusst, indem ich zum Beispiel mit einem unbekannten Weg experimentiere und den eigenen Fortschritt beobachte. Durch die Dokumentation der Lernprozesse (siehe Beispiel) kann ich meine Lernstrategien dem aktuellen Kontext anpassen und flexibel reagieren.
Lernerfolg festhalten
Und irgendwann nach ein paar Wochen kann ich «The River flows in you» auswendig spielen und auch ein kleines Publikum bringt mich nicht aus der Fassung. Meinen Lernerfolg dokumentiere ich, indem ich das Audio in die Ressourcen integriere und mit der entsprechenden Kompetenz verknüpfe. Dieser Eintrag ist somit der Beleg oder der Indikator meines Fortschritts. Der Fortschritt wird sicht- und erkennbar – eine Selbstwirksamkeitserfahrung, die sich sehr positiv auf die eigene Motivation auswirkt.
Praktische Umsetzung und Verknüpfung des ePortfolios
Das ePortfolio, bestehend aus den Ebenen Kompetenzen, Ressourcen und Prozessen, kann unabhängig von Ort und Zeit mit verschiedensten Devices entwickelt und gepflegt werden. Dafür verwende ich den Web-Dienst Evernote. Er ermöglicht das Sammeln von Notizen, Dokumenten und anderen Dateien. Die gesammelten Kompetenzen, Ressourcen und Prozesse können so kontinuierlich verdichtet und überarbeitet werden; durch die Verknüpfung entsteht ein wertvolles Netzwerk.
Durch Dienste und Apps wie Evernote können Notizen gesammelt und verwaltet werden.
An «The River flows in you» wird offensichtlich, dass das ePortfolio nicht nur aus einem Dienst besteht. Meine Lern- und Entwicklungsprozesse im ePortfolio kopple ich mit weiteren geeigneten Diensten, zum Beispiel zur Visualisierung oder zur Präsentation. Ich verknüpfe in den Ressourcen das Video von Yiruma auf Youtube oder erfasse es direkt im ePortfolio. Den Kontakt zum Klavierlehrer verbinde ich via Social Media und die Quelle der Klaviernoten halte ich ebenfalls in den Ressourcen fest. Durch diese Verknüpfung von Diensten entsteht eine Personal Learning Environment (PLE).
ePortfolios kooperativ nutzen
Innerhalb meiner PLE teile ich verschiedenste Bereiche (Notizbücher) oder kopple Ressourcen (zum Beispiel Dokumente als GoogleDocs) mit interessierten Kolleginnen und Kollegen. Dort arbeiten, lernen und entwickeln wir kooperativ und kollaborativ. Wir tauschen uns aus und lassen uns gegenseitig an unseren Erkenntnissen und reflektierten Erfahrungen teilhaben. Aus mehreren PLE’s entsteht somit ein Personal Learning Network (PLN).
Das ePortfolio ist für verschiedenste Bereiche des persönlichen Lernens ein nützliches Werkzeug. Netzwerke mit anderen Kollegen oder auch Studierenden eröffnen Möglichkeiten persönliches und gemeinsames Lernen zu fördern.
Wie ePortfolios in der beruflichen Entwicklung, Schule und Hochschule eingesetzt und begleitet werden können, lesen Sie in der Fortsetzung zu diesem Blogbeitrag: Kompetenzentwicklung in Schule + Beruf.
Andreas Sägesser hat an der PH Zürich die Veranstaltungsreihe SOL Live ins Leben gerufen, wo es um den Austausch zum Selbstorganisierten Lernen geht, wobei das ePortfolio als hilfreiches Werkzeug eine Rolle spielt.
Videotipp: Kurzvideo mit Andreas Sägesser über ePortfolios
Hinweis der Redaktion:
Dieser Beitrag ist der erste in der Serie «Caspars Toolbox». Hier stellt Caspar Noetzli zweimal jährlich eine
bewährte App oder ein
digitales Werkzeug vor,
das sich im Unterrichts-
alltag sinnvoll einsetzen
lässt.
Dokumente scannen mit dem Smartphone
Mit der App «Scanbot» stelle ich ein Tool vor, das zum persönlichen und kollektiven Wissensmanagement eingesetzt werden kann:
Die Bildqualität der Kameras in den heutigen Smartphones ist so gut, dass sie sich auch als Scanner für Dokumente einsetzen lassen. Scanner-Apps bieten deshalb Möglichkeiten, Fotos von Texten auf nützliche Weise weiterzuverarbeiten. Funktionen sind zum Beispiel:
Im folgenden Screencast zeige ich exemplarisch die Funktionsweise der App «Scanbot» auf (läuft auf Android und iOS). Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen und Erfahrungsberichte hier im Blog.
Caspar Noetzli leitet für das ZHE zusammen mit Peter Suter den Kurs E-Didaktik. Dieser richtet sich primär an Lehrende an Hochschulen sowie der Erwachsenenbildung, ist aber auch für Lehrpersonen der Sekundarstufe 2 interessant.