Beitrag von Ulrike Hanke
Meine nächste Lehrveranstaltung steht an. Auf dem Seminarfahrplan steht die Feldtheorie von Kurt Lewin. Die Studierenden haben bereits einen Fall bekommen und sollten einen kurzen Text über die Feldtheorie als Vorbereitung lesen. Wie soll ich nun im Seminar vorgehen? Als Erstes Begrüssung und Wiederholung einiger Aspekte der letzten Sitzung – das ist klar. Das sind ungefähr 15 Minuten. Und dann? Ich könnte mit den Studierenden Fachbegriffe der Feldtheorie klären – mit einem Glückstopf? Oder der Strukturlegetechnik? Das braucht jedoch viel Zeit. Soll ich die Studierenden also lieber gleich in Gruppen den Fall bearbeiten lassen? Oder soll ich das Lösen des Falls demonstrieren? Oder noch eine Idee: Fallarbeit mit der Send-a-Problem-Methode, macht doch immer so viel Spass… Oh je! So viele Möglichkeiten!
Qual der Wahl
Geht es Ihnen auch so? Können Sie sich manchmal auch nicht entscheiden, wie Sie Ihre Lehrveranstaltung gestalten wollen? Gratulation! Das bedeutet, dass Sie bereits über ein breites hochschuldidaktisches Wissen verfügen. – Nur macht es das Planen nicht unbedingt leichter: Wer, wie im obigen Beispiel, zwischen der Send-a-Problem-Methode, der Strukturlegetechnik, dem Glückstopf und Modeling entscheiden kann, hat auch die Qual der Wahl.
Was also tun? In der Regel reicht es schon, wenn wir uns als Dozierende nochmal deutlich machen, welche Kompetenzen die Studierenden in der Lehrveranstaltung erwerben bzw. welche Lernziele sie erreichen sollen. Im ersten Moment erscheint das wie zusätzlicher Arbeitsaufwand. Aber alle Dozierenden, die diese Erfahrung einmal gemacht haben, wissen, dass sich dieser Aufwand später auszahlt. Denn erst, wenn man weiss, wo man mit seiner Lehrveranstaltung hin will, kann man den Weg dorthin planen.
Lehrveranstaltung in drei Schritten planen
Beim Planen einer Lehrveranstaltung lohnt es sich deshalb, in folgenden drei Schritten vorzugehen:
- Der erste Schritt ist für das effiziente Planen der bedeutsamste (siehe auch Grafik). Als Leitfrage dient hier: Was sollen meine Studierenden am Ende der Sitzung tun können? Es ist die Frage nach den zu erreichenden Lernzielen. Dabei ist es zu empfehlen, möglichst klare Sätze zu formulieren, die jeweils beobachtbares Verhalten beschreiben, z. B: Die Studierenden können die Begriffe Valenz und Aufforderungscharakter erklären. Oder: Die Studierenden begründen die Lösung eines Falls mit den Erkenntnissen der Feldtheorie. Beim Formulieren von Lernzielen sind die verschiedenen Taxonomien sehr nützlich (vgl. auch Bachmann 2018a und Bachmann 2018b) oder die Kompetenzfacetten-Tabelle(Macke et al. 2016). Diese Hilfsmittel geben Hinweise darauf, in welchen Bereichen und auf welchen Ebenen Ziele angestrebt werden können. Ausserdem gehören zu allen Taxonomien und zur Kompetenzfacetten-Tabelle Listen mit Verben, die das Formulieren von Zielen erleichtern können.
- Der zweite Schritt – Voraussetzungen klären – ist vor allem beim Planen der gesamten Veranstaltungsreihe wichtig. Hier geht es darum, sich zu vergegenwärtigen, wer die Studierenden sind (interne Voraussetzungen) und welche Rahmenbedingungen (externe Voraussetzungen) man für die Lehrveranstaltung vorfindet. Ein paar Ideen finden sich in der Grafik (Schritt 2).
- Erst beim dritten Schritt geht es um das konkrete methodische Planen. Dies wird Ihnen jetzt deutlich leichter fallen, denn Sie wissen, wo Sie starten (Voraussetzungen) und wo Sie hin wollen (Ziel). Als Hilfestellung für die Grobstruktur des Weges finden Sie in der Grafik (Schritt 3) einen Ablauf nach dem MOMBI-Prinzip (Hanke 2018 und Hanke & Winandy 2014).
Fazit
Eigentlich ist dieses Vorgehen – zunächst den Startpunkt, dann das Ziel zu bestimmen und sich erst danach Gedanken über den Weg zu machen – vollkommen logisch. Aber im Lehralltag ist es nicht das intuitive Vorgehen. Die meisten Dozierenden starten eher gleich mit dem Weg. Das scheint effizienter. Das Formulieren von Lernzielen ist schliesslich, wenn man es noch nicht so oft gemacht hat, auch keine leichte Aufgabe. Dennoch ist dieses vielleicht sperrig erscheinende Vorgehen auf längere Frist gesehen deutlich effizienter. Sie werden Zeit sparen!
Im folgenden Buch finden Sie einen Leitfaden, um Lehrveranstaltungen systematisch zu planen und durchzuführen:
Macke, G., Hanke, U., Viehmann-Schweizer, P. & Raether, W. (2016): Kompetenzorientierte Hochschuldidaktik. Lehren, Vortragen, Prüfen, Beraten. 3., überarbeitete Auflage. Weinheim: Beltz. https://www.beltz.de/fachmedien/paedagogik/buecher/produkt_produktdetails/33236-kompetenzorientierte_hochschuldidaktik.html
Der folgende Online-Kurs führt Sie Schritt für Schritt durch den Prozess des effizienten Planens von Lehrveranstaltungen: https://www.udemy.com/crashkurs-lehrveranstaltungsplanung-hochschuldidaktik/?couponCode=CRSH_PHZH_0319
Zur Autorin
Ulrike Hanke ist Dozentin und Beraterin für Hochschuldidaktik und als Kurs- und Modulleiterin für das ZHE tätig. Weitere Informationen zu Ulrike Hankes Tätigkeit finden Sie hier: www.hanke-teachertraining.de
Redaktion: Martina Meienberg