5 Fragen an Thomas Walker, Schulleiter Primarschule Attinghausen

In unserer Rubrik «5 Fragen an…» interviewt Schulentwicklerin Rahel Tschopp den Schulleiter Thomas Walker zu seinen Schulvisionen. Der Stafetten-Stab wird an ihn weitergereicht:

Thomas Walker, wo siehst du den grössten Entwicklungsbedarf in den Volksschulen?

Den grössten Entwicklungsbedarf in den Volksschulen sehe ich darin, dass die Intentionen und Vorgaben des Lehrplans 21 konsequenter umgesetzt werden. Ich meine damit die in den Grundlagen beschriebenen Bildungsziele, das Lern- und Unterrichtsverständnis und die überfachlichen Kompetenzen.

Nur so können die Lernenden Kompetenzen erwerben, um erfolgreich und glücklich am Leben in einer Gesellschaft der Zukunft teilzunehmen und diese mitzugestalten. Die Volksschule muss sich vom Stoffvermittlungswahn verabschieden.

Was ist deine Vision der Schule der Zukunft?

Die Schule der Zukunft sieht sich als Lernort für alle Beteiligten und nicht als stoffverabreichende Lehrfabrik.

Wie gehst du vor, um deine Vision umzusetzen?

Meinen Fokus richte ich ganz gezielt auf das Lernen aller Beteiligten. Bei Unterrichtsbesuchen achte ich besonders darauf, wie die Lernenden arbeiten und gebe den Lehrpersonen Rückmeldungen. Ich helfe den ihnen dabei, sich zu befähigen, die im Lehrplan beschriebenen Intentionen und Vorgaben umzusetzen. Sie werden unterstützt, damit sie wirkliche lernorientierte Schule betreiben können. Dies erreiche ich, indem ich Weiterbildungen anbiete, wo praktisches Handeln auf theoretischem und evidenzbasiertem Wissen geübt werden kann.

Ich gebe Rückhalt und versuche auf meiner Ebene, den vorgegebenen Rahmen bestmöglich auszuweiten, damit den Lernenden und Lehrpersonen viele Möglichkeiten offenstehen. Dazu unterstütze ich zukunftweisendes und nach vorne denkendes Handeln der Lehrpersonen. Ich betreibe Aufklärungsarbeit bei Behörden, Eltern und Aussenstehenden. Das erreiche ich, indem ich aktiv Kontakt suche und den regelmässigen Blick in unsere Schule ermögliche.

Welche Rolle spielt dein Co-Working-Raum?

In meinem Büro, das gleichzeitig als Arbeitsraum für die Lernenden genutzt wird, komme ich vermehrt in Kontakt mit unseren Schulkindern. Ich erfahre, wie es ihnen geht und wie sie vorankommen. Ausserdem übernehme ich eine Vorbildfunktion gegenüber den Lehrpersonen, indem ich mich kreativ und flexibel beim Ausarbeiten von Lösungen und Möglichkeiten zeige.

Wenn dir eine Fee drei Wünsche erfüllen würde:

Welche wären es? Im Zusammenhang mit Schule hätte ich gerne diese drei Wünsche erfüllt: Schulen funktionieren so, dass sich die Lernenden wohlfühlen und ihre Freude nicht auf der Strecke bleibt. Für die Betreuung und Begleitung der Lernenden stehen ausreichend qualifizierte personelle Ressourcen zur Verfügung. Viel Mut und langanhaltender Atem für alle Personen, welche tatsächliche Schulentwicklung und nicht reine Kosmetik betreiben.

Zur Autorin

Rahel Tschopp Zentrumsleiterin Medienbildung und Informatik

Rahel Tschopp ist Primarlehrerin, schulische Heilpädagogin sowie Schulleiterin. In Hamburg studierte sie Change-Management (M. A.). Sie arbeitete während vielen Jahren an der Pädagogischen Hochschule Zürich in der Weiterbildung von Lehrpersonen, zuletzt als Leiterin des Zentrums Medienbildung und Informatik. 2021 hat sie sich mit ihrer Denkreise GmbH selbstständig gemacht.

Redaktion: Melina Maerten

Titelbild: zVg

Vom Unterrichts- zum Schulbesuch

Mit der aktuellen Revision des Volksschulgesetzes im Kanton Zürich verlagert sich die Zuständigkeit bezüglich Mitarbeitendenbeurteilung (MAB) von Lehrpersonen ganz zu den Schulleitenden. Damit verbunden ändern auch die Vorgaben bezüglich Schulbesuchen. Schulbehörden werden mit dem Ziel einer Stärkung ihrer strategischen Führung weiterhin Schulbesuche durchführen aber ohne Vorgaben darüber, wieviele Besuche es geben soll und wie diese gestaltet werden sollen.

Bisher: Fokus UNTERRICHTSbesuch

Als Mitglied einer (Kreis-)Schulbehörde mache ich viele Unterrichtsbesuche. Spannend ist es zu sehen, wie unterschiedlich Lehrpersonen die Beziehungen zu den einzelnen Schülerinnen und Schülern gestalten, wie sie die Klasse führen und den Unterricht gestalten. Auch Zusammenarbeit kann im und rund um den Unterricht erlebt werden – selten ist eine Lehrperson längere Zeit allein im Schulzimmer mit den Schülerinnen und Schülern. Nicht nur während des Unterrichts mache ich Beobachtungen – sondern immer auch auf dem Weg: Komme ich in der grossen Pause, fällt mir auf, wie der Aussenraum gestaltet und genützt ist, was die Kinder auf dem Pausenplatz tun, wie sie und die Pausenaufsicht mit Konflikten und schwierigen Situationen umgehen. Aber ich erlebe auch die Atmosphäre im Lehrerzimmer, habe selbst das ein oder andere Gespräch bei der Kaffeemaschine und sehe, wie Absprachen getroffen werden. Nach dem Unterrichtsbesuch nehme ich mir live vor Ort oder telefonisch Zeit für ein Gespräch mit der Lehrperson.

Diese Unterrichtsbesuche sind wertvoll für mich und mein Verständnis dessen, was unsere Schulen beschäftigt. Gleichzeitig habe ich mich als Behördenmitglied immer etwas daran gestossen, dass wir eben «Unterrichtsbesuche» machen und damit unsere Aufgabe sehr nahe an der Rolle der Schulleitenden ist.

Neu: Fokus SCHULbesuch

Ich freue mich deshalb darüber, dass laut Volksschulgesetz weiterhin Behördenbesuche vorgesehen sind, dass sich jetzt aber der Fokus verschiebt hin zur Schule als Ganzes. Vielleicht werden also die Wege ins Schulhaus mit meinen Beobachtungen der Raumnutzung, der Pausenzeit, des Umgangs miteinander an dieser Schule genauso wichtig sein wie der Unterrichtsbesuch.

Ich möchte weiterhin Schwerpunkte einzelner Fächer kennenlernen und etwas darüber erfahren, wie die Lehrpersonen die Arbeit in diesem konkreten Schulhaus erleben. Ich freue mich darauf, über meine Eindrücke und Erfahrungen mit der Schulleiterin oder mit Mitarbeitenden ins Gespräch zu kommen und die beobachteten Themen auch im Schulprogramm wiederzufinden – z.B. als Stärken dieser Schule!

Wie könnten diese Besuche auch zukünftig nützlich gestaltet werden? Wie können Schulbehördenmitglieder «am Puls» der Schule und im Austausch mit den Lehrpersonen und der Schulleitung bleiben? Wie können solche Besuche auch für den Umgang mit strategischen Themen genützt werden und letztendlich einen Beitrag zu einer «guten Schule» leisten?

Gesucht: Schulen, die schon SCHULbesuche durchführen

Als Dozentin an der PH Zürich interessiert es mich – und andere Lesende bestimmt auch – welche Schulgemeinden schon jetzt die Besuche der Behördenmitglieder «anders» durchführen. Wie gestalten Sie diese Besuche? In welcher Form tauschen Sie sich über Eindrücke mit den Mitarbeitenden der Schule aus? Was bewirken diese Besuche?

Gerne möchte ich Sie einladen, in der Kommentarfunktion Ihre Erfahrungen mit uns zu teilen! Wir sind gespannt!

Zur Autorin

Andrea Hugelshofer ist Dozentin im Zentrum Management und Leadership an der PH Zürich und Mitglied einer Kreisschulpflege in Winterthur. Sie beschäftigt sich als Beraterin und Dozentin mit Themen rund um Personalentwicklung, den Erhalt von Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie dem Umgang mit Konflikten. Insbesondere verantwortet sie spezifische Weiterbildungsangebote für Mitglieder von Schulbehörden.

Redaktion: Jörg Berger

Titelbild: Pixabay