«Sie sind mir Proviant, Kompass und Gesellschaft zugleich»

Es handelt sich um einen der abwechslungsreichsten und vielschichtigsten Jobs. Er ist nur zu bewältigen mit einem guten Team, einem kompetenten Vis-à-vis und einer Verwaltung, die einen tatkräftig beim «Kraxeln» unterstützt. Für Martina Arpagaus ist das erste Jahr in der Schulleitung um. Sie zieht Bilanz.

Im ersten Blog «Vom Schulzimmer ins Schulleitungsbüro» schrieb ich, dass ich mich unausgerüstet und barfuss unterwegs fühle beim Weg zur Schulleitung. Ich bin es heute noch. Tagtäglich bin ich unsicher und begegne Situationen, die ich zum ersten Mal managen muss – Frust und Freude inklusive. Aber ich bin nicht allein. Es gibt ein Team, es gibt eine Schulleitungskollegin und eine Verwaltung. Unterdessen ist für mich das Allerwichtigste im Job: Netzwerken, austauschen, Hilfe holen, delegieren.

Das Team als Stütze im Sturm

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Wir Schulleitungen sind Leistungssportler

Seit 11 Jahren bin ich Leistungssportler. Von morgens früh bis abends spät begegne ich Schwierigkeiten, Widerständen, Grenzen und Konflikten – eigene und die der anderen. Über all die Jahre ist mein Bewusstsein für die Komplexität von Zusammenarbeit gewachsen. Inzwischen bin ich ein Jongleur der Bedürfnisse meines Kollegiums. Dies sind meine Erkenntnisse nach den ersten Minuten Onlinereferat – wie schmeichelhaft!

Robert Jautschus ist seit 33 Jahren Trainer, Berater und Coach. Die Methode der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg (GfK) und das Webinar «Teamarbeit und Teambildung» der Schilf Akademie verbindet uns – er in der Rolle als Referent, ich als Moderator. Seine anerkennenden Worte zur Einleitung holen mich und rund 40 weitere Schulleiterinnen und Schulleiter ab.  Wir alle sind eingeloggt im virtuellen Webinarraum und verfolgen gebannt Herrn Jautschus Ausführungen.

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Bei 9 von 10 Flugzeugcrashs ist das Team schuld

Von Philip Keil, einem Lufthansa-Pilot, der einen Beinahecrash verhindert hat, erfährt Johannes Breitschaft, Dozent an der PH Zürich,  wie wichtig immer wieder Absprachen im Team und Standardroutinen sind.

Der Pilot Philip Keil schildert eindrücklich wie bei 9 von 10 Abstürzen die Ursache nicht fliegerisches Versagen, sondern das Versagen des Teams war: Entscheidungsschwäche, schlechte Kommunikation und mangelnde Prioritätensetzung. In 80% aller Abstürze und Unfällen sass der erfahrene Kapitän am Steuer und nicht der Co-Pilot. Fehlerketten bringen Flugzeuge zum Absturz, meist in Verbindung mit folgenden Verhaltensweisen: Sorglosigkeit, Selbstüberschätzung, Tunnelblick, Indirektheit in der Kommunikation («this seems a little high»), übertriebene Toleranz. Mir kommen dabei auch diverse Skandale in der Wirtschaft in den Sinn, wo ich merke, dass Machtdistanz und fehlendes Feedback zu solchen Verhaltensweisen führen. Fehlleistungen im Leadership und Management sind die Folge.

Zum Schluss des Vortrages sind die Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine Checkliste gespannt, die Philip Keil schon zu Beginn angekündigt hat: FORDEC

F FACTS Was sind die Facts / einen Moment inne halten / habe ich alle Fakten auf dem Schirm / würde ein Aussenstehender die Situation gleich sehen

O OPTIONS Welche Optionen ergeben sich aus dieser Faktenlage / alle Optionen notieren

R RISKS & BENEFITS Jede einzelne der Optionen wird bewertet

D DECISION Treffen einer Entscheidung und dazu stehen

E EXECUTION Ausführung, konkrete planvolle Umsetzung der Entscheidung

C CHECK Evaluieren, was passiert bei der Umsetzung, was passiert darum herum

Diese Vorgehensweise wurde von der NASA entwickelt und kann bei Entscheidungen eine Unterstützung bieten. Das Verschriftlichen des Prozesses wird empfohlen, um uns kognitiv zu entlasten.

Bei Prof. Dr. Olaf-Alex Burow, mit dem Thema «wertschätzende Schulleitung», nehme ich ein paar Aussagen mit. Das von ihm vorgestellte Buch «Wertschätzende Schulleitung – der Weg zu Engagement, Wohlbefinden und Spitzenleistung» gehört meiner Ansicht nach in jede Schulleitungsbibliothek. Das Buch ist sehr gut lesbar, praxisbezogen und bietet zahlreiche Impulse für Umsetzung und Reflexion.

Schulentwicklung ist ein komplexes Gebiet mit unzähligen Definitionen und Modellen. Betrachtet man das Thema aus Sicht der Komplexitätsreduktion, so geht es letztlich um drei übergreifende Kernziele:

1. Equity (Chancengleichheit)

2. Excellence (Anspruchsvolle Leistungen)

3. Well-being (Wohlbefinden).

Gute Schulen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zu Chancengleichheit beitragen, möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu guten Leistungen führen und ein Lehr-Lern- und Schulklima schaffen, das Wohlbefinden ermöglicht. Für Burow ist Schulleitungshandeln zentral. Er zeigt in seinem Vortrag den Leadership-Kompass auf mit den «magischen 3×3»:

1. Wertschätzende Schul- und Organisationsentwicklung (wertschätzende Diagnose, Vision, Umsetzung)

2. Selbstbestimmung (Sinn/Zugehörigkeit, Kompetenzerleben, Wohlbefinden)

3. Salutogenese (Bedeutsamkeit, Verstehbarkeit, Handhabbarkeit).

Spannend wäre ein Austausch von Schulleitungen mit genau diesem Fokus: Was mache ich konkret (normativ, strategisch und im Alltag) um diese potenzialfördernden Prinzipien lebendig werden zu lassen? Vielleicht bei einem gemeinsamen Kaffee?

 

 

 

 

 

 

Johannes Breitschaft, Dozent PH Zürich