Schulqualität – den Qualitätsscheinwerfer lenken

Im ersten Blogbeitrag «Schulqualität – Alles ist relativ?!» haben sich Hansjürg Brauchli und Nina-Cathrin Strauss dem Begriff angenähert und gezeigt, dass vieles zum Thema Qualität nicht so klar ist, wie man meinen könnte. Qualität – und auch Schulqualität – ist abhängig von der Perspektive derjenigen, die sich damit beschäftigen. So können Merkmale und Kriterien diskutiert und ausgehandelt werden.

Im Kern geht es darum, in Schulen gemeinsam zu definieren, welche Bereiche oder Kriterien von Qualität in den Fokus genommen werden sollen. So kann ein gemeinschaftliches Verständnis von Schulqualität entwickelt werden – und ein erster, wichtiger Schritt im Bemühen um ihre Sicherung und Entwicklung ist gemacht.

Durch ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten – idealerweise über möglichst viele Systemebenen hinweg von den Lehrpersonen über die Schulleitung bis zur vorgesetzten Behörde – geschieht im Alltag eine Fokussierung auf die vereinbarten Aspekte von Schulqualität. Im Sinne von Peter Senge (1990) werden damit die mentalen Modelle einer Schule als lernender Organisation sichtbar und dienen als Grundlage für die weitere Entwicklung.

Realitätscheck: Das Bauchgefühl mit Daten ergänzen

Schulqualität – den Qualitätsscheinwerfer lenken weiterlesen

Schulqualität: Alles ist relativ?!

Die Qualität von Schule ist ein Thema, dass uns Bildungsinteressierte nicht loslässt und nicht loslassen darf. Nina-Cathrin Strauss und Hansjürg Brauchli gehen folgenden Fragen auf den Grund: Was meint Schulqualität? Und wie können wir Schulqualität (weiter)entwickeln?

Als Lehrpersonen, Schulleitungen, Behördenmitglieder, Forschende, Weiterbildnerinnen und Weiterbildner und nicht zuletzt auch Schülerinnen und Schüler, Eltern und weiterführende Institutionen liegt unser Interesse in einer hohen Qualität von Schule. Doch zuerst schauen wir uns den Begriff genauer an.

(Schul)qualität: Wer, wie was?

Betrachten wir den Begriff Qualität näher, wird es schnell vielseitig und individuell, ähnlich wie bei Begriffen wie Schönheit, Gerechtigkeit oder Freiheit, wie Lee Harvey und Diana Green (2000) deutlich machen. Denn Qualität ist «relativ zu demjenigen, der diesen Begriff verwendet sowie abhängig von den Kontexten, in denen er verwendet wird». Qualität ist eine Zuschreibung, für jede Person etwas anderes und somit abhängig vom Blickwinkel und von den Interessen, Erfahrungen, Überzeugungen und Zielen der Person, welche die Qualität bestimmt. Eine Lehrerin der 3. Sek kann einen anderen Blick auf die Qualität ihrer Schule haben als ein Mitglied einer Schulbehörde.

Dann ist es auch eine Frage, was wir betrachten. Qualität kann sich um Prozesse oder Ergebnisse drehen, um die soziale oder pädagogische Interaktion im Unterricht oder um die Leistungen der Schülerinnen und Schüler – in der Forschung zu Schulqualität übrigens oft nur die Leistungen in vermeintlich wichtigeren oder leichter überprüfbaren Fächern wie Mathematik.

Ausserdem geht die Bestimmung von Qualität immer aus von einer bestimmten gesellschaftlichen Realität und den Werten und Zielen in Bezug auf Bildung, die damit verbunden sind. Heute sind dies die Individualisierung, Inklusion oder Bildungsgerechtigkeit, die unsere Schulen und die Erwartungen an Schule prägen; in den 1950ern waren dies andere gesellschaftliche Realitäten.

Schulqualität: Merkmale und Empfehlungen

Schulqualität: Alles ist relativ?! weiterlesen

Buchrezension Michael Fullan «Nuance»

Der Kanadier Michael Fullan ist ein Doyen der englischsprachigen Schulführungsliteratur. In den vergangenen 30 Jahren hat er unzählige Publikationen rund um Schulführung und Educational Change veröffentlicht. Mit seinem neusten Buch «Nuance: Why Some Leaders Succeed and Others Fail» legt er sozusagen sein «Spätwerk» vor. Hansjürg Brauchli rezensiert.

Michael Fullan (*1940) verfolgt mit seinem Buch zwei Absichten: Einerseits will er aufzeigen, dass es schlecht um unsere Gesellschaft steht und es das Bildungssystem je länger je weniger schafft, «bessere» Bürgerinnen und Bürger zu bilden, andererseits will er zeigen, welche Merkmale neue Führungspersonen haben müssen, die es für eine erfolgreiche Veränderung brauchen wird.

Gute Schulleiterinnen und Schulleiter als Retterinnen und Retter der Welt?! Fullan weiss, wie es der Untertitel sagt, welche dieser Führungspersonen erfolgreich sein werden. Es braucht in seinen Worten «nuanced leaders», die er als neugierig, offen für andere Menschen, sensibel für Situationen und einem Streben nach einer besseren Zukunft verpflichtet beschreibt.

Das JAC-Modell

Zur Umsetzung dieser «nuancierten Führung» schlägt Michael Fullan das JAC-Modell vor: Joint determination (gemeinsame Entschlossenheit), adaptability (Anpassungsfähigkeit) und culture-based accountability (Rechenschaft als Kultur). Er führt diese drei Komponenten, die er mehr als Haltung denn als Rezept versteht, anhand von zehn Fallbeispielen aus der englischsprachigen Welt von Kanada über Grossbritannien bis Australien aus und porträtiert Führungspersonen auf allen Ebenen des Bildungssystems. Diese Fallbeispiele nehmen über die Hälfte der rund 120 Seiten ein.

Für Leserinnen und Leser, die an Erfahrungsberichten der unterschiedlichsten Führungspersonen im Bildungsbereich interessiert sind, bietet das Buch einen Fundus an Einblicken in den Umgang mit herausfordernden Veränderungsprozessen. Das JAC-Modell und die konkrete Umsetzung werden dabei nebensächlich. Und wer eher an Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen interessiert ist, für den wird die Lektüre der vielen Fälle sehr zähflüssig.

Nichtsdestotrotz habe auch ich in dieser Fülle eine Perle für mich entdeckt. Das Zitat der amerikanischen Organisationstheoretikerin Mary Parker Follet (1868–1933), welche eine zentrale Führungsaufgabe auf den Punkt bringt: «The leader is more responsible than anyone else for that integrative unity which is the aim of the organization.» Und das ist mehr Prozess denn Produkt: «There is no such thing as unity; there is only unifying.»

Hansjürg Brauchli, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, PH Zürich

Info:

Quelle:
Fullan, Michael. 2019. Nuance: Why Some Leaders Succeed and Others Fail. Thousand Oaks, California: Corwin Press.

Bild: Screenshot aus Handout

Oh du fröhliche VZE-Planung

Weihnachten steht vor der Tür. Für die Volksschulen im Kanton Zürich liegen die geschnürten Vollzeiteinheiten-Päckli unter dem Christbaum. Trotzdem man eigentlich weiss, was sich ungefähr darin befindet, ergibt sich immer mal wieder eine Überraschung.

Damit ist die Ressourcen-Weihnacht auch schon entzaubert. Im Anschluss geht es nämlich darum, die erhaltenen Prozente möglichst zielorientiert und für die Schule gewinnbringend einzusetzen. Die Planung für das nächste Schuljahr kommt in eine nächste Phase. Dank des neu definierten Berufsauftrags können nun die Planspiele zum optimalen Einsatz des Lehrpersonals an der Schule verbindlich starten.

Was zunächst nach ganz viel Kreativität und Gestaltungsspielraum klingt, hinterlässt einige Unsicherheiten. Die Gesamtheit der vereinbarten Prozente darf den Ressourcenrahmen nicht sprengen. Bereits vor der Umsetzung des neuen Berufsauftrages wurde deshalb ein kantonales Planungstool geschaffen. Mit Hilfe dieses Tools sollte es den lokalen Verantwortlichen ein Leichtes sein, zielgenau die vorhandenen Arbeitsstunden an der Schule zu planen.

Bloss – da hatte es doch einige Ungereimtheiten in der Exceldatei: Zellbezüge, die nicht funktionierten; eine Komplexität, die viele Anwender im schulischen Umfeld überforderte und eine Informationsbreite, die in der praktischen Anwendung für Verwirrung sorgte. Schlussendlich fehlten auch Möglichkeiten, welche das Arbeitsleben wirklich erleichtert hätten (als Beispiel die fehlende Vereinbarung in der ersten Toolversion).

Und damit landen wir nun doch noch bei der Kreativität

Es entstanden viele weitere Tools, welche die einzelnen Gemeinden für sich entwickelten. Ein prominentes Beispiel spielt dabei die Stadt Zürich, welche ein eigenes Instrument geschaffen hat. Inzwischen sprangen auch Private auf den Zug auf und boten verschiedene digitale Hilfsmittel an.

Auf die aktuelle Planungsperiode hin schuf das Volksschulamt ein komplett neues Tool, welches durchaus empfehlenswert und kostenlos downloadbar ist. Es erscheint wesentlich übersichtlicher und anwenderfreundlicher als sein vielgescholtener Vorgänger. Was ist denn nun zu empfehlen? Die eierlegende Wollmilchsau gibt es in diesem Bereich nicht und wird es wohl auch nie geben. Kein Tool ersetzt die Arbeit, welche die planungs- und personalverantwortlichen Stellen vor Ort leisten. Aber Tools können helfen, den Überblick zu behalten, Prozesse sichtbar zu machen, verbindliche Abmachungen festzuhalten und den Informationsfluss zu den Verwaltungen sicherzustellen.

Michael Jud, Schulleiter, Primarschule Dielsdorf

PS: Wir freuen uns über weitere Erfahrungsberichte von Schulführungspersonen mit dem neu definierten Berufsauftrag. Wer Lust hat im Blog zu beschreiben, soll sich doch bei Jörg Berger melden.

PPS: Hansjürg Brauchli, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum Management und Leadership der PH Zürich und langjähriger Schulleiter bietet zum Thema «Neu definierter Berufsauftrag» einen Kurs an. Die Informationen dazu findet man hier.

PPPS: Hier gehts zum Beitrag von Niels Anderegg: «Der Berufsauftrag als Kontrollinstrument entprofessionalisiert Lehrpersonen»