Agile oder hierarchische Schulführung?

Nach der Einführung von Schulleitungen in der deutschsprachigen Schweiz vor etwa 20/30 Jahren wurde in jüngster Zeit häufiger die Frage nach einer weiteren Hierarchisierung der Schulführung gestellt. So haben verschiedene Schulen unterdessen Gesamtschulleitungen eingeführt. Und verschiedene Untereinheiten wie Jahrgangs-, Stufen- oder Zyklusteams haben eine eigene Leitung erhalten. Damit bewegt sich die Schule scheinbar in eine andere Richtung als der momentane Trend zu flexibleren und agileren Strukturen und flacheren Hierarchien hin. Niels Anderegg argumentiert, dass die entscheidende Frage nicht die Strukturierung von Führung, sondern deren Ausgestaltung ist.

Bei der Einführung von Schulleitungen in der deutschsprachigen Schweiz fand eine Hierarchisierung innerhalb der Schulen statt. Die Lehrpersonen haben eine Chefin oder einen Chef erhalten und diese/dieser wurde mit einigen entscheidenden Kompetenzen ausgestaltet. Was damals stark umstritten war und zu intensiven Diskussionen innerhalb des Kollegiums führte, ist heute breit anerkannt und kaum jemand kann sich noch eine Schule ohne Schulleitung vorstellen. Betrachtet man die Ausgestaltung der Schulleitungsfunktion, so zeigen sich – zumindest mein subjektiver Eindruck – sehr unterschiedliche Formen der Schulführung.

Systematische Schulführung

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«Weshalb führen wir Schule noch nicht gemeinschaftlich?» – Erfahrungen aus der Praxis

Für die Tagung «Teacher Leadership – Schule gemeinschaftlich führen» vom November 2020 an der PH Zürich haben wir Interviews mit Personen in unterschiedlichen Funktionen und Aufgaben an Schulen geführt. In drei Beiträgen zeigen wir Ihnen Eindrücke aus der Praxis und den Erfahrungen der Praktikerinnen und Praktiker. Im dritten und letzten Beitrag geht es um die Frage, weshalb der Weg zur gemeinschaftlichen Führung vielleicht doch nicht so simpel ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Reto Kuster.

Gemeinschaftliche Schulführung ist mittlerweile für viele Schulen Teil einer erstrebenswerten Schulkultur geworden. Dass dem so ist, lässt sich unter anderem aus den für die Tagung durchgeführten Interviews mit Lehr-, Fach- und Führungspersonen heraushören.

Vielschichtige Argumente werden genannt: Ausgehend vom Bewusstsein, über das «sich gemeinsam auf den Weg machen» wird betont, dass der damit verknüpfte Austausch über Werte und Haltungen sowie ein Aushandeln von Zielsetzungen das Team stärker zusammenschweisst und eine gemeinsame Orientierung hinsichtlich einer wirkungsvollen Praxis des Lehrens und Lernens unterstützt. Als ebenso relevant werden die Wirkungen auf das einzelne Teammitglied beschrieben. Individuelle Stärken und professionsbezogene Perspektiven können unkompliziert eingebracht und genutzt werden, was die Sinnhaftigkeit und damit auch die Selbstwirksamkeit im Arbeitsalltag erhöht.

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Teacher Leadership – Warum sich eine Onlinetagung lohnt

Vor einigen Wochen standen wir vor der Frage, ob wir unsere Tagung «Teacher Leadership: Schule gemeinschaftlich führen» online durchführen oder verschieben wollen. Unsere Motivation für eine Online-Durchführung hielt sich in Grenzen, stellten wir uns doch eine Hochschule voller Kolleginnen und Kollegen vor, welche miteinander diskutieren, erzählen, lachen und das Thema, was uns so wichtig ist, lebendig machen. Für Niels Anderegg war von Anfang an klar: Wenn online, dann richtig!

Eine Tagung vor Ort lebt neben der Auseinandersetzung mit einem Thema auch am Austausch, an der Begegnung und am gemeinsamen Glas, welches man nach der Tagung noch miteinander geniesst. Dies hätte für eine Verschiebung der Tagung gesprochen. Wir halten das Thema jedoch für so wichtig und haben uns über die vielen Anmeldungen und den hohen Zuspruch gefreut. Das Thema ist reif und soll jetzt gemeinsam diskutiert und weiter vorangetrieben werden. Also entschlossen wir uns für eine Onlinedurchführung.

Da wir die Nachteile nur schlecht irgendwie umbiegen können, haben wir uns darum bemüht, die Vorteile möglichst zu nutzen.

Vier Vorteile einer Onlinetagung

Ein Vorteil einer Onlinetagung ist, dass sie ortsunabhängig durchgeführt werden kann. Die Referierenden, Workshopleitenden und Praxispersonen müssen nicht alle nach Zürich reisen, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. Für uns als Organisatorinnen und Organisatoren bedeutet dies, dass wir eine grössere Anzahl von Personen einladen und den Teilnehmenden damit eine grössere Vielfalt an Angeboten und Themen bieten können. Wir haben aus diesem Grund an der Tagung das Feld der Themen und Referierenden erweitert und können so den Teilnehmenden mehr bieten.

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«Distributed Leadership»: Schulführung gemeinschaftlich gestalten

Wenn wir über Schulführung sprechen, drehen sich unsere Bilder im Kopf traditionell um die Schulleitung. Sie nimmt in der Schule durch ihre Funktion am deutlichsten Führungsverantwortung wahr. Nina-Cathrin Strauss beschreibt es bildhaft: Neben der Schulbehörde sind Schulleitende Superman oder Wonder Woman, stehen an der Spitze der Pyramide, halten das Ruder und steuern das Boot, gerade auch in Tsunami-Zeiten wie momentan, um Niels Andereggs Metapher aufzugreifen.

Dieser Blick hat lange auch die Forschung zu Führung und Schulführung dominiert. Es ging darum, welche Eigenschaften erfolgreiche Führungspersonen haben, wie sie sich verhalten (sollen) oder wie sie mit ihrem Verhalten Einfluss ausüben auf ihre Mitarbeitenden. Doch mittlerweile wissen wir, dass der Blick auf diese eine Führungsperson an der Spitze der Organisation beziehungsweise der Schule nicht reicht. Einig ist sich die wissenschaftliche Gemeinschaft weltweit, dass Führung, auch in Schulen, breiter betrachtet werden muss, um zu verstehen, wie sie gestaltet wird und gestaltet werden kann.

Im Plural pädagogische Veränderungen schaffen

International ist diese «Distributed Perspective» auf Schulführung unter anderem von James P. Spillane, einem amerikanischen Professor, geprägt worden. In seinem Klassiker «Distributed Leadership» zeigt er anhand von schulischer Praxis und theoretischem Wissen, dass Führungspraxis über den «Superman and Wonder Woman view of school leadership» hinausgeht. Er erzählt die Geschichte einer beinahe gescheiterten amerikanischen Schule, die scheinbar durch einen Wechsel in der Schulleitung gerettet wurde. Doch auf den zweiten Blick wurde schnell klar, dass es nicht allein die neue Schulleiterin war, welche die Schule in eine pädagogisch erfolgreichere Richtung steuerte. Es waren verschiedene Personen in der Schule an der Entwicklung beteiligt, die ihre Erfahrungen, ihr pädagogisches Wissen und ihre Ziele und Haltungen einbrachten und so eine Veränderung erreichten.

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«Zurück in die Zukunft» mit Teacher Leadership

In komplexen sozialen Organisationen wie Schulen hat das Modell einer einzelnen Führungskraft ausgedient. International spricht man von Konzepten wie Distributed oder Shared Leadership als professionelle, post-heroische und moderne Vorstellungen von Schulführung. Wie Nina Cathrin-Strauss sagt: Wir sprechen von gemeinschaftlicher Führung, wenn neben offiziellen Führungsgremien wie Schulleitungen und Schulbehörden, Lehrpersonen und weitere pädagogische Fachpersonen, Führungsaufgaben und Verantwortung übernehmen.

Letztlich geht es darum, Lehrpersonen und andere pädagogische Fachkräfte in Führungsrollen in den Schulen einzubinden, und zwar als diejenigen, die am direktesten am Lernen und an der Entwicklung der Schüler in den Schulen beteiligt sind. Als Teacher Leadership ist das im internationalen Diskurs ein grosses Thema. Schauen wir in die Schweizer Schulen, könnte man meinen, das hatten wir doch bereits.

Wollen wir zurück in die Zeit ohne Schulleitungen, zurück in die Vergangenheit?

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