Zusammen wachsen in einem Führungskräftetraining

Als Lehrerin ist Sabine Marsch in die Sommerferien gegangen und anschliessend als Schulleiterin wieder zurückgekehrt. Sie hatte studiert, promoviert, ihr Referendariat abgeschlossen und ein bisschen Berufserfahrung gesammelt. Dennoch habe sie damals schnell gemerkt, wie viel ihr noch fehlte, um ihre Mitarbeiter:innen gut zu begleiten, ihre Schule als Organisation strategisch weiterzuentwickeln und selbst dabei ihre Führungsrolle zu finden. Was Sabine Marsch als Schulleiterin in einem Führungskräftetraining gelernt hat.

Auf die Herausforderungen der Leitung einer Schule hatte mich das wissenschaftliche Studium an der Universität, das Referendariat oder die Arbeit als Lehrerin für Biologie und Chemie ganz und gar nicht vorbereitet. Aus diesem Mangel heraus bin ich auf ein Training mit dem Titel „Der dritte Weg des Führens” gestossen – offen für Führungskräfte aus unterschiedlichen Branchen und mit unterschiedlichen Erfahrungslevels. Ich war mir unsicher und hatte Zweifel, ob die Inhalte denn für mich als Schulleiterin relevant sein würden. Schule ist schliesslich kein Wirtschaftsunternehmen. Das zweitägige Seminar hat mich nachhaltig beeinflusst und tief ins Nachdenken und Nachspüren meiner eigenen Vorstellungen von mir als Führungskraft und meinen Glaubenssätzen gebracht.

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Agile oder hierarchische Schulführung?

Nach der Einführung von Schulleitungen in der deutschsprachigen Schweiz vor etwa 20/30 Jahren wurde in jüngster Zeit häufiger die Frage nach einer weiteren Hierarchisierung der Schulführung gestellt. So haben verschiedene Schulen unterdessen Gesamtschulleitungen eingeführt. Und verschiedene Untereinheiten wie Jahrgangs-, Stufen- oder Zyklusteams haben eine eigene Leitung erhalten. Damit bewegt sich die Schule scheinbar in eine andere Richtung als der momentane Trend zu flexibleren und agileren Strukturen und flacheren Hierarchien hin. Niels Anderegg argumentiert, dass die entscheidende Frage nicht die Strukturierung von Führung, sondern deren Ausgestaltung ist.

Bei der Einführung von Schulleitungen in der deutschsprachigen Schweiz fand eine Hierarchisierung innerhalb der Schulen statt. Die Lehrpersonen haben eine Chefin oder einen Chef erhalten und diese/dieser wurde mit einigen entscheidenden Kompetenzen ausgestaltet. Was damals stark umstritten war und zu intensiven Diskussionen innerhalb des Kollegiums führte, ist heute breit anerkannt und kaum jemand kann sich noch eine Schule ohne Schulleitung vorstellen. Betrachtet man die Ausgestaltung der Schulleitungsfunktion, so zeigen sich – zumindest mein subjektiver Eindruck – sehr unterschiedliche Formen der Schulführung.

Systematische Schulführung

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Blickwinkel Schulpräsidium

Fränzi Heusser ist Schulpräsidentin in Wald. Sie kam mitten in der Legislatur in ihr Amt, war jedoch schon aus früheren Tätigkeiten vertraut mit Gemeindestrukturen und der Situation von Milizbehörden. Sie ist zu 20 Prozent im Gemeinderat engagiert und zu 30 Prozent als Schulpräsidentin tätig. Andrea Hugelshofer befragt Heusser, wie sie ihre Aufgabe als Schulpräsidentin versteht.

Fränzi Heusser, du bist Schulpräsidentin in einer Einheitsgemeinde. Was kennzeichnet deine Aufgabe in diesem Kontext?

In Wald ist das Schulpräsidium von Amtes wegen Mitglied des Gemeinderates und zuständig für die Führung des Schulressorts. Eine Herausforderung besteht in der formalen Führungsstruktur von Schulen, da verschiedene Führungsgremien wie Schulleitung, Schulpflege, Gemeinderat und Kanton bei der Schulsteuerung beteiligt sind. So werden schulische Entscheidungen verzögert, weil sie über mehrere Stufen hinweg zu erfolgen haben.

Auch die Zuständigkeiten in der Zusammenarbeit sind unkonkret. Die strategische Planung und Führung der Schule und die finanziellen Entscheidungskompetenzen in schulischen Angelegenheiten beispielsweise liegen im Endeffekt nicht bei der gleichen Behörde. Diese Ausgangslage macht eine gelingende Zusammenarbeit stark von den beteiligten Personen abhängig und führt dazu, dass die erfolgreiche Ausführung eines Schulpräsidiums im Wesentlichen darauf basiert, wie gut es gelingt, in allen beteiligten Gremien für gegenseitiges Verständnis zu sorgen und damit Mehrheiten zu schaffen. Strukturelle Konfliktsituationen bergen somit ein grosses Risiko.

Schulpräsidium, Schulführung
Bild: integratedconsulting.eu

Was ist dir wichtig bei der Führung der Schulbehördenmitglieder?

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Spannungsfelder der Führung: Autonomie und Kooperation im Team

Die individuelle Autonomie ist ein hohes Gut in Schulen. Zugleich zählen Kooperation und gemeinschaftliche Verantwortung für das Lernen der Schülerinnen und Schüler zu den Merkmalen «guter Schulen». Nina-Cathrin Strauss fragt sich, was dieses Spannungsfeld für Führungspersonen und Schulteams bedeutet.

Entscheidungen über Entscheidungen

Lehrpersonen treffen als pädagogische Expertinnen und Experten täglich Unmengen an Entscheidungen. Sie entscheiden im Unterricht darüber, wie sie ausgehend von ihrer Planung ein Thema konkret aufbereiten, wie sie auf Störungen oder Fragen reagieren, ihr Vorgehen allenfalls anpassen und wie sie differenzieren, wenn nicht alle Schülerinnen und Schüler folgen können. Empirische Schätzungen gehen davon aus, dass Lehrpersonen alle zwei Minuten eine Entscheidung darüber treffen, wie sie handeln (Dann/Haag 2017). Auch wenn es 5 min sind, es sind sehr viele Entscheidungen in Situationen, die oft nicht unbedingt klar sind, ganz unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten hätten und wo auch nicht immer klar ist, wohin die Entscheidung führt und ob sie erfolgreich sein wird. Das ist eine grosse Verantwortung, die das Bedürfnis nach Autonomie über das pädagogische Handeln stärkt.

«Beliefs» prägen Handeln

Viele dieser Entscheidungen geschehen ganz unbewusst und hängen mit den «Beliefs» bzw. den pädagogischen Überzeugungen zusammen: Überzeugungen «bringen zum Ausdruck, was eine Lehrperson glaubt, worauf sie vertraut, was sie subjektiv für richtig hält und mit welchen fachpädagogischen Ideen, Anschauungen, Weltbildern und Wertorientierungen – mit welchem Professionsideal – sie sich identifiziert» (Reusser, Pauli, und Elmer 2011, 644). Wie Lehrpersonen pädagogisch handeln hängt also zusammen mit den Vorstellungen von «gutem Unterricht», vom Lernen und Lehren, von der Haltung und den Erwartungen den Kindern gegenüber. Zum Beispiel zeigen sich in Forschungen immer wieder die hohen Erwartungen an die Kompetenzen und Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen als wichtiges Merkmal von erfolgreichen Schulen.

Individuell oder gemeinsam erfolgreich?

Diese Überzeugungen sind individuell und beruhen auf persönlichen und beruflichen Erfahrungen der Lehrpersonen. Und sie unterscheiden sich von Person zu Person und führen zu unterschiedlichem pädagogischem Handeln. Überzeugungen sind aber auch sozial geprägt und können sich entwickeln, wenn sie geteilt werden, in der Diskussion und in der Zusammenarbeit mit anderen Lehrpersonen.

Nun stellt sich die Frage, ist das gewollt? Denn für Expertinnen und Experten ist die Autonomie über ihr Handeln und ihre Überzeugungen ein ganz hohes Gut. Denn sie kennen ihr Unterrichtssetting am besten und können einschätzen, was die Schülerinnen und Schüler brauchen, um gut lernen zu können.

Zugleich unterscheiden sich die Erfahrungen und Erfolge der Lehrpersonen. Im Rückblick auf die besondere Situation in den letzten Monaten sind die Unterschiede in einigen Schulen wohl noch deutlich geworden – oder untergegangen in der räumlichen Trennung. Die Schülerinnen und Schüler haben je nach Schule und Lehrperson unterschiedlich intensive, kreative Lösungen erlebt und haben unterschiedlich profitiert. Hier wird die Frage der Gerechtigkeit aus Sicht der Kinder und Jugendlichen deutlich, die aber natürlich auch ausserhalb der Krise wichtig ist. Denn letztlich geht es in einer guten Schule darum Kinder und Jugendliche bestmöglich zu fördern. Und in Schulen ist die Kooperation und der Austausch zu einem wesentlichen Aspekt geworden, diese Krise zu bewältigen.

Autonomie lassen vs. Kooperation stärken: Spannungsfelder der Schulführung

In einigen Schulen haben sich Schulleitungen – zusammen mit Teacher Leadern wie den PICTS-Lehrpersonen – in den letzten Monaten also verstärkt um Austausch und Verbindungen bemüht.  Dies auch, weil es guttut, gemeinsam über (gute und schlechte) Erfahrungen, über pädagogische Settings und über das eigene (Un)wohlbefinden zu sprechen. Aus Sicht der Kinder und Jugendlichen ist diese Kooperation aber auch wichtig, weil wir wissen, dass geteilte Überzeugungen und Kooperation die Qualität von Unterricht und Schule stärkt. Und die Schulleitung prägt die Rahmenbedingungen. Sie schafft Gelegenheiten für Kooperation und gemeinsame Reflexionen. Und sie prägt die Qualität der Beziehungen und der Kooperationskultur in der Schule, wenn sie ermutigt und ermöglicht, dass sich Lehrpersonen mit ihren Überzeugungen und ihrer Expertise einbringen für die Entwicklung als «gute Schule».

INFOBOX

Im Herbst 2020 startet der CAS Pädagogische Schulführung #06 an der PH Zürich unter der Leitung von Nina Strauss, Reto Kuster und Niels Anderegg. Die ersten beiden Module «Gute Schule» und «Lernen und Organisation» können auch einzeln besucht werden. Der CAS richtet sich bewusst an unterschiedliche Personen im Schulsystem, die sich mit pädagogischen Fragen aus Sicht der Führung beschäftigen. Weitere Informationen erhalten sie hier.

In diesem Video wird der CAS Pädagogische Schulführung näher vorgestellt.

Quellen:
Dann, Hanns-Dietrich, und Ludwig Haag. 2017. „Lehrerkognitionen und Handlungsentscheidungen“. In Lehrer-Schüler-Interaktion, herausgegeben von Martin K. W. Schweer, 89–120. Schule und Gesellschaft 24. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15083-9_4.
Reusser, Kurt, und Christine Pauli. 2011. „Berufsbezogene Überzeugungen von Lehrerinnen und Lehrern“. Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf 2.  

Zur Autorin

Nina-Cathrin Strauss beschäftigt sich als Dozentin und Forscherin mit der Frage, wie gemeinschaftliche Führung zur Entwicklung als gute Schule beitragen kann. Neben dem CAS Pädagogische Schulführung ist sie Ko-Leiterin im CAS Schulqualität.

Redaktion: Jörg Berger

Titelbild: pixabay

Hier gehts zu einem weiteren Blogbeitrag von Nina-Cathrin Strauss zum Thema «Distributed Leadership»

Rezension: Die Führung einer Schule von Rolf Dubs

Lange haben wir darauf gewartet, nun ist es endlich in einer völlig überarbeiteten dritten Auflage 2019 erschienen – das Standardwerk von Rolf Dubs: «Die Führung einer Schule – Leadership und Management». Ein Buch, das in die Bibliothek jeder Schulleitungsperson gehört!

Rolf Dubs hat sich seit 2006 einige Zeit genommen, bis die Neuauflage erschienen ist – und dies hat sich auf jeden Fall gelohnt. Diejenigen, die das alte Buch kennen und für lesenswert halten, werden auch im neuen von der Struktur her abgeholt.

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