Nach dem Referat von Prof. Dr. Andreas Helmke am Deutschen Schulleiterkongress stellt sich für Simone Augustin, Schulleiterin in Aeugst am Albis die Frage: Hat die Schule ein Umsetzungsdefizit? Hier beschreibt sie den weiten Weg vom Wissen zum Tun.
Nach einer kurzen Stärkung am Buffet und einem erfrischenden Spaziergang entlang des Rheins, freue ich mich auf den Nachmittag mit Prof. Dr. Andreas Helmke, Autor diverser Fachliteratur – darunter «Kernpunkte guten Unterrichts – ein summarischer Überblick» oder «Unterrichtsdiagnostik als Ausgangspunkt für Unterrichtsentwicklung» und Mitentwickler der evidenzbasierten Methode der Unterrichtsdiagnostik und -entwicklung EMU.
Gleich zu Beginn des Referats zeigt Helmke an einem anschaulichen Beispiel auf, weshalb Unterrichtsdiagnostik und Feedback so zentral für Schulentwicklung ist.
Beispiel: Lehrpersonen wurden während einer Lektion gefilmt. Danach wurden sie gefragt, wie hoch sie ihren Sprechanteil in der gefilmten Lektion einschätzen. Danach wurden die gefilmten Lektionen, mit der Stoppuhr in der Hand, betrachtet und der effektive Sprechanteil ermittelt. Der Unterschied in der untenstehenden Grafik spricht für sich.
«Es besteht oftmals eine Kluft zwischen dem, was Lehrpersonen glauben zu tun und dem, was sie wirklich tun.» Das heisst jetzt aber nicht, dass alle Lehrpersonen unfähig sind. Es ist ein Zeichen dafür, dass das Lehr- und Lerngeschehen
· hoch komplex
· multidimensional
· gleichzeitig
· unvorhersehbar
· sowie unaufschiebbar ist.
Um dem hochkomplexen Geschehen gerecht zu werden, braucht es eine evidenzbasierte Bestandsaufnahme. Dazu eignen sich folgende Methoden:
· Schülerfeedback
· Kollegiales Feedback
· kollegiale Hospitation
· virtuelles Feedback (Videoaufnahmen des Unterrichts)
· Feedback durch Dritte
Viele dieser Feedbackmethoden sind bekannt und teils auch seit Jahren in vielen Schulen fest verankert. Doch was geschieht nach dem Feedback? Was passiert in der Unterrichtstunde nach dem kollegialen Feedback, nach dem Betrachten der auf Video festgehaltenen Lektion?
Nach Helmke wäre der folgende Vierschritt optimal:
1. Diagnose
2. evidenzbasiert, kriteriengeleitete Reflexion
3. Durchführung von Massnahmen
4. Analyse der Wirksamkeit
Meist hapert es ab Punkt 3. Es gibt im Alltag so viele kleine Hinderungsgründe; keine Zeit Unterricht neu zu planen, es hat ja bis jetzt auch ganz gut funktioniert, das Neue kenne ich zu wenig, der Kollege macht es ja auch so…
Ich habe mir während dem Vortrag immer wieder die Frage gestellt: «Was kann ich als Schulleitung dazu beitragen, dass Unterrichtsentwicklung stattfindet und Feedback nicht als l’art pour l’art betrieben wird?» Aus meiner Sicht gibt es einen wichtigen Punkt, denn ich zukünftig beherzigen werde. Nach einer Weiterbildung oder einem Feedback die Frage an mich und mein Team stellen: «Was probiere ich morgen konkret aus und mit wem bespreche ich meine gemachte Erfahrung.»
Simone Augustin, Schulleiterin Schule Aeugst am Albis ZH und Co-Leiter der Bezirksschulleiterkonferenz Affoltern