Den digitalen Wandel in der Schule kompetent gestalten

Wenn Schüler:innen im Unterricht ein Video produzieren, die Klassenlehrerin die Eltern über ein digitales Kommunikationstool zum Beurteilungsgespräch einlädt und die Lehrpersonen der Mittelstufe gemeinsam die nächste Projektwoche auf die Beine stellen, braucht es zweifelsohne die notwendige Infrastruktur dafür. Diese ist aber nur dann hilfreich, wenn man weiss, welche digitalen Werkzeugen wann zum Einsatz kommen und wie adäquat damit umgegangen werden kann. Eliane Burri geht der Frage nach, was die Kompetenzentwicklung von Lehrpersonen vor dem Hintergrund des digitalen Wandels bedeutet und wie der Kompetenzaufbau begünstigt werden kann.

Lehrpersonen sind von den durch die Digitalisierung ausgelösten Veränderungen in hohem Masse betroffen. Die Unterrichtsinhalte ändern sich, neue Kompetenzanforderungen werden an die Schüler:innen und auch an die Lehrpersonen gestellt. Die damit verbundenen Entwicklungsprozesse gestalten Schulleitungen und Lehrpersonen gemeinsam. Dadurch ergeben sich neue Anforderungen an die professionellen Kompetenzen von Lehrpersonen. Über ihre fachliche und pädagogische Expertise hinaus müssen sie zunehmend in der Lage sein, digitale Medien in der Schule und im Unterricht sinnvoll zu integrieren.

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5 Fragen an Pirmin Stadler, Schulleiter Kreisschule Urner Oberland

In unserer Rubrik «5 Fragen an…» interviewt Schulleiter Thomas Walker den Schulleiter Pirmin Stadler über den Einsatz von digitalen Geräten im Unterricht. Er übernimmt den Stafetten-Stab.

An einigen Schulen im Kanton Uri ist 1to1 – Ausstattung bei digitalen Schülerinnen und Schülern sowie Schülergeräten – schon Realität. Viele Schulen stehen kurz vor der Umsetzung.

Pirmin, was können Schulleitungen tun, damit der Einsatz von digitalen Geräten die Unterrichtsentwicklung positiv beeinflusst?

Die kurze Antwort: Auf den richtigen Zeitpunkt warten. Denn digitale Medien wirken als Verstärker. Sie machen guten Unterricht noch besser. Und schlechten Unterricht noch schlechter.

Die längere Antwort: Die These des Medienpädagogen Jöran Muuss-Merholz sagt, dass digitale Medien als mächtige Verstärker für Vorhandenes wirken. Wer gerne Zeit auf dem Sofa verbringt, kann mit digitalen Medien noch besser Zeit auf dem Sofa verbringen. Wer sich gerne mit anderen Menschen vernetzt und Neues entdeckt, kann das mit digitalen Medien noch besser tun.

Wer gerne lehrerzentriert und mit enger Kontrolle unterrichtet, kann das mit digitalen Medien noch besser tun. Zu diesem Unterricht passen dann eine interaktive Wandtafel, automatische Anwesenheitsberichte bei Videokonferenzen und Aufgaben am Computer, bei denen kontrolliert werden kann, wer wann was gelöst hat.

Wer den Lernenden ermöglicht, persönliche Ziele zu verfolgen und Mitverantwortung für ihr Lernen zu übernehmen, erhält mit digitalen Medien noch mehr Möglichkeiten. Die Lernenden werden dann Bücher, Bleistift und Computer nutzen, um gemeinsam ihren Fragen nachzugehen und Probleme zu lösen. Es entstehen unterschiedliche Lernprodukte in analoger und digitaler Form.

Darum lohnt es sich, zu fragen: Welchen Unterricht wollen wir verstärken? Verstärken und optimieren wir nur das Lernen des 19. und 20. Jahrhunderts? Oder entwickeln wir neue Formen? Und vielleicht ist es dann auch sinnvoll, mit einer 1to1-Ausstattung als Verstärker noch zu warten, bis man als Schule gemeinsame Antworten auf solche Fragen gefunden hat.

Welchen Mehrwert für die Schüler:innen, Lehrpersonen und Schule erkennst du betreffend den Einsatz von digitalen Geräten?

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5 Fragen an Schulentwicklerin Rahel Tschopp

In der Rubrik «5 Fragen an…» interviewt Schulleiterin Evamaria Brigitta Kaiser die Schulentwicklerin Rahel Tschopp zu ihrer Tätigkeit und reicht damit den Stafetten-Stab weiter:

Rahel Tschopp, was bewog Sie dazu, Schulentwicklerin zu werden?

Ursprünglich bin ich Heilpädagogin; parallel dazu setze ich mich seit vielen Jahren mit digitalen Medien auseinander. Diese Kombination liess mich immer wieder fragen: Worum geht es eigentlich? Als Zentrumsleiterin Medienbildung und Informatik wurde mir das thematische Wirkungsfeld mit der Zeit zu eng: In der Kultur der Digitalität geht es um Haltungen und Werte, um einen ganzheitlichen Blick und um Grundsatzfragen.

Als selbstständig wirkende Person kann (und muss) ich selbst entscheiden, welche Schwerpunkte ich setze. Und dies empfinde ich als Luxus. Der Lernraum Wald ist mir genauso wichtig wie der digitale Lernraum.

Wie können Sie diesen Beweggründen nachkommen?

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«Making» im Unterricht – ein (digitales) Basteln, Erforschen und Tüfteln

Die Digitalisierung und die damit verbundene Veränderung der Arbeitswelt erfordern Kompetenzen: vom (digitalen) Gestalten über die Aneignung einer flexiblen und informatischen Denkweise bis hin zur Affinität zu Tools und Medien. Freies Entdecken, offene Lehrräume und problembasierte Aufgaben bilden die Voraussetzung für «Making» im Unterricht. Nicht selten erfordert dies Veränderungen im Lehrprozess. Um zukünftig Lehrpersonen mit dem nötigen Rüstzeug für diese Art des Unterrichtens auszustatten, entwickelt und erprobt das Team der PH Zürich am Zentrum für Medienbildung und Informatik im Rahmen des Innovationsprogrammes der Digitalisierungsinitiative der Zürcher Hochschulen «Making»-Module für die Weiterbildung.

«Making» – ein simples «Machen», ein «Selbermachen», ein «Tüfteln» und «Experimentieren» im Unterricht sieht auf der einen Seite eine hohe Freiheit im Lern- und Lehrprozess vor. Auf der anderen Seite bietet es die Gelegenheit, motivierenden und fächerübergreifenden Projektunterricht anzubieten und kann den Erwerb von informatischen Kompetenzen (en. Computational Thinking Skills/CT) fördern. Making soll dabei Angebote rund um Einplatinen-Computer, Sensoren und Aktoren, visuelle Programmiersprachen, Trickfilmerstellung, Elektronik oder Robotik wie auch das Arbeiten mit technischen Werkzeugen, Textilien und Bastelmaterial bündeln.

Im Zusammenspiel mit naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie (Abbildung 1) oder in Gestalten (Abbildung 2), können fächerverbindende Angebote entstehen. Technisches Verständnis, kreatives Problemlösen und handwerkliches Geschick sollen dabei ebenso geschult werden – ganz nach einem Zitat von Jesper Juul: «Kinder sind mehr Forscher:innen als Schüler:innen. Sie müssen experimentieren und daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen.»

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Digitale Wanderkarte – App für die Einführung von Tablets an der Sekundarschule

Bis im Sommer erhalten an den Winterthurer Sekundarschulen alle Lehrpersonen und alle Schülerinnen und Schüler ein persönliches Tablet. Eine App unterstützt die Umstellung auf den Unterricht mit den digitalen Geräten. Wer sie einsetzt, soll auf individuellen Wegen die technischen Funktionen des Geräts entdecken, aber auch zum Nachdenken über den Einsatz von Tablets im Unterricht animiert werden, erklärt Michael Brügger, Sekundarlehrer und pädagogischer ICT Supporter. Die App bildet die Grundlage der Weiterbildungsreihe. So bereitet sie Lehrpersonen an 4 Halbtagen auf die Einführung der iPads in den Klassen vor.

Die Wanderung beginnt im beschaulichen Dorf. Wer möchte, wird auf einen Rundgang durch die alpinen Häuser eingeladen. Der Weg ist kurz und noch ziemlich flach. Wem das zu einfach ist, kann sich auf den Weg zum Fusse des Gipfels begeben.

Soweit die Wanderallegorie zur Einführung der Tablets an den Sekundarschulen in Winterthur. Die App, welche durch die Serie von vier Weiterbildungen führen soll, setzt auf das obere Bild der Wanderkarte.

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Digitalisierung durchdringt unsere Schulen

Spätestens seit dem Corona-Lockdown im März 2020 ist Digitalisierung ein integraler Teil von Bildung und Gesellschaft geworden und verändert beide fundamental. Die Erfahrungen haben deutlich gemacht, wie Digitalisierung Möglichkeiten potenziert und gleichzeitig verunsichert. Zukunftsorientierte Bildungsorganisationen gehen proaktiv mit digitalen Herausforderungen um, ringen aber auch mit der Frage: Was bleibt als Konstante im Wandel? Eliane Burri und Frank Brückel haben sich dieser Frage genähert und vielfältige Themenfelder entdeckt.

Die digitale, ökologische und ökonomische Transformation verändert unsere Arbeitswelt massgeblich. In diesem Zusammenhang ist die Rede von der «Neuen Normalität der Arbeitswelt». Die Anforderungen an künftige Arbeitskräfte verändern sich. Wir stehen vor der Herausforderung, Bildung im digitalen Zeitalter für künftige Generationen zu gestalten. Es stellt sich die Frage, wie sich Schule in Anbetracht der Digitalisierung weiterentwickeln soll.

Die Rolle der Schulleitung bei der Schul-, Unterrichts- und Personalentwicklung

Schulleitungen als zentrale Akteurinnen und Akteure sind von der Digitalisierung aus doppelter Perspektive betroffen: Zum einen gilt es, Schulentwicklungsprozesse anzuregen. Zum anderen wirkt sich Digitalisierung auch unmittelbar auf den Arbeitsalltag aus wie im Bereich der institutionellen Personalentwicklung. Welche Erfahrungen wurden im Corona-Lockdown gemacht und was können wir daraus für die Zukunft lernen?

Analoge und digitale Lernräume

Unbestritten scheint, dass Schule auch zukünftig ein Lernort bleiben wird. Schon längst herrscht Konsens darüber, dass digitale Zugänge vielfältige Bildungserfahrungen ermöglichen. Die Herausforderungen bei der Gestaltung von physischen und digitalen Lernräumen haben sich akzentuiert. Wie können unterschiedliche Lernräume gestaltet werden?

Immer auf Empfang

Oftmals ist am Feierabend und auch am Wochenende nicht Schluss mit Mails und Telefonaten. Einfach abschalten wird je länger, je schwieriger. Wie kann es gelingen, in einer Schule gesund zu bleiben, in der eine ständige Erreichbarkeit erwartet wird. Welche Be- und Entlastungen ergeben sich aus dieser neuen Normalität?

INFOBOX

Was bleibt nun als Konstante im Wandel?

Frank Brückel und Eliane Burri leiten das diesjährige Symposium Personalmanagement, das am 28. Mai stattfindet. Der Anlass greift mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die obere und weitere Fragen auf und regt in kokonstruktiven Räumen zum Weiterdenken an. Ausgewiesene Expertinnen und Experten vertiefen in Impulsen und Foren ausgewählte Themen. 

Digitalisierung in Schulen ist ein aktuelles Thema. Im letzten Beitrag von Tobias Röhl erfahren Sie mehr zu «Automatisierte Bildung? Künstliche Intelligenz und pädagogische Profession». 

Zum Autor

Frank Brückel ist Dozent im Zentrum Schule und Entwicklung an der PH Zürich. Er leitet die Arbeitsgruppe Tagesschule und ist zudem Mitglied im Leitungsteam MAS Weiterbildungsstudien. Er kennt sich speziell in Schulentwicklung, Ganztagesbildung und Professionalisierung bei Lehrpersonen aus.

Zur Autorin

Eliane Burri

Eliane Burri ist Leiterin des Zentrums Medienbildung und Informatik an der PH Zürich. Sie lebt Digital Leadership in Education und begleitet Schulen im digitalen Wandel.

Redaktion: Melina Maerten

Bild: pixabay.com

Digitalstrategie: Flexibilität trifft Stabilität

Viele Schulen sind punkto Digitalität gut für den Unterricht von gestern oder heute, aber kaum für denjenigen von morgen gerüstet. Neue Digitalstrategien sollen den Kurs für die nächste Phase vorgeben und als Kompass für die nächsten Jahre dienen. Wie soll man aber einen Kurs festsetzen in einem Bereich, der sich derart schnell wandelt? Michael Oettli, Gymnasiallehrer Kantonsschule Rychenberg, Winterthur, stellt ein Ansatz vor, der den Spagat zwischen Stabilität und Flexibilität ermöglicht.

Für viele Schulen gilt (trotz teils grosszügiger IT-Infrastruktur): Sie sind optimal ausgerüstet für den Unterricht von gestern, punktuell noch für denjenigen von heute, aber nicht für die Schule von morgen. Neue Strategien für den Digitalbereich müssen entwickelt werden, damit Investitionen in Hard-, Software, Aus- und Weiterbildung zielgerichtet eingesetzt werden können. Eine solche Strategie muss aber gleichzeitig den sich schnell ändernden Rahmenbedingungen Rechnung tragen.

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«Kompass für den digitalen Wandel» -Orientierung für die Personalentwicklung

Spätestens seit dem Corona-Lockdown ist deutlich geworden, wie stark der digitale Wandel die heutige Bildungslandschaft prägt. Dabei geht es um weit mehr als die Arbeit mit Lernplattformen, Lehrmitteln oder digitalen Tools; es geht um einen grundlegenden Wandel der Schulkultur. Das Zentrum für Medienbildung und Informatik der PH Zürich hat ein Instrument entwickelt, das hilft, sich mit dem digitalen Wandel an der eigenen Schule auseinanderzusetzen.

Rasanter gesellschaftlicher Wandel

Die rasanten gesellschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen fordern Schulen heraus, sich mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Der digitale Wandel betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche. Schulen sind gefordert, Antworten darauf zu geben, wie Schülerinnen und Schüler auf ein Leben in einer von der Digitalisierung durchdrungenen Gesellschaft vorbereitet werden. Die Integration digitaler Medien in den Unterricht ist dabei nur ein Aspekt. Der digitale Wandel dagegen ist viel weitreichender. Er verändert Bildungseinrichtungen von Grund auf und erfordert einen längeren und umfassenden Schulentwicklungsprozess.

Um diesem Wandel erfolgreich zu begegnen, steht zunächst die Frage im Mittelpunkt, welche Kompetenzen junge Menschen benötigen, damit sie die Gesellschaft von morgen aktiv mitgestalten können. Neben Kompetenzen, die sie zur Ausübung eines Berufes brauchen, sind sie gefordert, sich sozial, kulturell und politisch zurechtzufinden. In allen diesen gesellschaftlichen Bereichen spielt die Digitalisierung schon heute eine zentrale Rolle.

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Schule in einer digitalisierten Welt – und die Rolle der Schulbehörden

Anfangs Juli fand an der PH Zürich eine Abendveranstaltung für Schulbehörden statt zum Thema «Schule in einer digitalisierten Welt». Eine Teilnehmerin war Raffaela Fehr, Mitglied der Schulbehörde in Volketswil. Andrea Hugelshofer hat sie befragt, wie «ihre» Schulbehörde mit dem Thema «Digitalisierung» umgeht.

Raffaela Fehr, Sie sind in der Schulgemeinde Volketswil im Thema Digitalisierung engagiert. Welche Rolle nimmt bei diesem Thema Ihre Schulpflege ein?

Die Schulpflege Volketswil legt die langfristige strategische Stossrichtung fest. Sie ist bestrebt, den Schulen einen Rahmen zu geben, in welchem sie sich entwickeln können und sollen. Die Umsetzung in den einzelnen Schulhäusern liegt in der Verantwortung der Schulleitenden und kann, je nach Thema, unterschiedlich aussehen. In Arbeitsgruppen nimmt die Schulpflege Volketswil Einsitz, sofern es sich um konzeptionelle Arbeiten handelt, die für die ganze Schule Volketswil Gültigkeit haben.

Vor einem Jahr hat die Schulpflege einen ICT Guide verabschiedet, welcher von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitet wurde. In dieser Arbeitsgruppe war auch die Schulpflege vertreten. Die Gesamtschulpflege wurde rollend über den Fortschritt informiert und hat das Konzept am Ende verabschiedet.

Der ICT Guide beantwortet vor allem Fragen rund um den Unterricht und das im Zuge vom Lehrplan 21 neu eingeführte Fach Medien und Informatik. Er definiert das angestrebte Ziel, in welchem Zeitraum das Ziel erreicht werden soll und unter welchem Ressourceneinsatz. Die Antworten auf diese Fragen stehen in Abhängigkeit zueinander. Ein gemeinsames Ziel muss gefunden und dazu eine Zeitachse festgelegt werden. Denn Digitalisierung ist immer auch Changemanagement.

Dabei sind die operativen Führungsverantwortlichen gefordert. Der Ressourceneinsatz wurde vom Ziel und der Zeit bestimmt. Allerdings liegt gerade auch da ein grosser Stolperstein und die Verantwortung bei der Schulpflege. Die Digitalisierung ist mit grossen Investitionen zum Beispiel in technische Ausrüstung, Personal und Weiterbildung verbunden. Es ist die Aufgabe der Schulpflege, mit den vorhanden Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen, die Digitalisierung ist schliesslich nicht das alleinige Thema in der Schule Volketswil. Nötigenfalls muss sie das Ziel oder die Zeitachse anpassen.

Welche Fragen beschäftigen Sie im Zusammenhang mit Digitalisierung in der Schule aktuell?

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Die Schulbehörde im digitalen Wandel

Wie gelangen Schulbehörden zu einem Verständnis von «Bildung im digitalen Zeitalter» und wie können sie diese Entwicklung unterstützen? Rahel Tschopp im Gespräch mit Schulpräsident Dominik Stöckli.

Herr Stöckli, weshalb ist «Bildung im digitalen Zeitalter» ein wesentliches Thema für Schulbehörden?

Bildung allgemein muss die Schulbehörde beschäftigen. Das Bildungsziel der Mündigkeit kann aber im digitalen Zeitalter nicht ohne Förderung der Medienkompetenz erreicht werden. In einer sich dauernd verändernden Gesellschaft sind neue Kompetenzen erforderlich. Schulbehörden haben darauf zu achten, dass die Chancengerechtigkeit auch in diesem Bereich gewahrt bleibt. Dies kann durchaus – über Jahre – kostenrelevant sein.

Das Thema wird oft auf die Technik reduziert. Zentraler ist aber die Schul- und Unterrichtsentwicklung, die das gesamte System Schule betrifft. Einverstanden?

Absolut! Der digitale Wandel soll für Unterrichtsentwicklung genutzt werden. Dabei sollen digitale Medien nicht nur Bestehendes ersetzen. Vielmehr sollen im Rahmen des digitalen Wandels die Unterrichtskonzepte hinterfragt und angepasst werden. Zudem können schulinterne Entwicklungen auch für die Ebene der strategischen Führung genutzt werden, beispielsweise bei Zusammenarbeitsformen.

Virtuelle Zusammenarbeit?

Ja. Innerhalb der Behörde wünsche ich mir konkret die Bereitschaft, zukünftig vermehrt ICT für die Zusammenarbeit zu nutzen. Im Sinne einer besseren Effizienz kann ich mir vorstellen, dass Sitzungen teils mittels Videocall abgehalten werden. Austausch und Zusammenarbeit kann mit sinnvollen Tools effizienter und nachhaltiger gestaltet werden. Dies erfordert möglicherweise viel Engagement von Schulpflegemitgliedern.

Was wünschen Sie sich für Ihre Behörde diesbezüglich?

Die Schulpflege soll sich offen zum Thema austauschen können. Eine gewisse Weitsicht scheint unabdingbar. Zudem wäre innerhalb der Behörde Knowhow wünschenswert: Berufliche Erfahrungen und Kompetenzen können hilfreich sein. Grundsätzlich wünsche ich mir Diskussionen mit verschiedenen Standpunkten. Der digitale Wandel betrifft aber nicht nur die einzelnen Gemeinden. Absprachen und Austausch ist auch hier angezeigt. Für die Umsetzung sind die nötigen finanziellen Mittel wichtig. Es reicht nicht, wenn nur die Schulbehörde Investitionen nachvollziehen kann. Vielmehr muss auch die Bevölkerung ins Boot geholt werden. Eine gute Kommunikation ist unerlässlich.

Welche Rolle kommt Ihrer Meinung nach der Schulleitung und den Lehrpersonen zu?

Der Schulleitung kommt selbstverständlich eine entscheidende Rolle zu. Eine transparente Beratung des Laiengremiums Schulpflege ist wichtig. Hierzu kann die Schulleitung ihrer Schulpflege Optionen für die Entwicklung aufzeigen. Grundsätzlich wünsche ich mir aber, dass der digitale Wandel im Schulzimmer und aus der Lehrerschaft heraus initiiert wird. Als Schulpräsident würde ich eine solche Dynamik, bzw. Initiativen von Lehrpersonen sofort unterstützen. Ich bin überzeugt, dass Entwicklung von Innen heraus am wirksamsten ist.

Wovor haben Sie Respekt?

Die Ziele des digitalen Wandels könnten in der Hitze des Gefechts schnell aus den Augen verloren gehen. Es ist wohl äusserst wichtig, dass klare und nachvollziehbare Ziele gesetzt werden. Kinder und Jugendliche sollen nicht nur Anwender sein. Das digitale Zeitalter erfordert neue Kompetenzen. Diese sind u.a. im Lehrplan 21 abgebildet, müssen aber auch weiterentwickelt werden.

Wo ist Expertenrat gefragt?

Das Tempo des digitalen Wandels erfordert Flexibilität. Trotzdem soll Entwicklung nicht überstürzt geschehen. Einfache und für Laien verständliche Hilfestellungen, z.B. Checklisten oder Umsetzungsvarianten wären sinnvoll. Zurzeit entwickeln sich die Schulen im digitalen Zeitalter sehr verschieden. Grosse Investitionen sind nötig. Es besteht die Gefahr, dass Fehlinvestitionen getätigt werden. Es ist daher äusserst wichtig, dass bei Beratung die Flexibilität von Modellen beachtet wird.

Wie sieht es bei Ihnen an der Schule Knonau konkret aus?

In unserer Primarschule stehen nur wenige ICT-Geräte im Klassenzimmer zur Nutzung bereit. Ein Pool an Geräten kann reserviert werden. Eine grundlegende Kompetenz von Schülern sollte der selbstbestimmte sinnvolle Einsatz von ICT-Geräten sein. Ich frage mich, ob nicht zusätzliche Geräte angeschafft werden müssten, damit Kinder selbst entscheiden können, ob sie für Aufgaben ein Tablet oder einen Computer nutzen möchten. Solche grundlegenden Fragen, beschäftigen mich immer wieder. Bildung kostet. Die Investitionen in ICT-Geräte, Netzwerke, Weiterbildung usw. muss irgendwie finanzierbar sein. Dies ist jedoch nicht jederzeit und allerorts sichergestellt.

Jetzt sprechen Sie aber wieder von den Geräten! Dabei ging es eben noch um Innovation. Wo sehen Sie diesbezüglich Herausforderungen?

Eine gewinnbringende Entwicklung scheint nur möglich, wenn die Lehrpersonen „den Takt“ angeben. Aus meiner Sicht heisst dies nicht, dass jede Initiative aus Lehrerkreisen kommen muss. Es muss aber unbedingt darauf geachtet werden, dass alle Beteiligten der Entwicklung folgen können und „auf dem Boot“ bleiben. Diesbezüglich kann es sein, dass immer wieder Zwischenstopps gemacht werden und Ziele angepasst werden müssen. Wie können Lehrpersonen motiviert und „an Board“ geholt werden? Wie kann die Bereitschaft für einen Rollenwechsel der Lehrpersonen beeinflusst werden?

Was mich aktuell auch noch umtreibt: Wie sollen wir als Schule beispielsweise bei einem Hackerangriff reagieren? Wie unsere Systeme und Inhalte konkret geschützt sind, ist mir zurzeit ehrlicherweise nicht ausreichend bekannt. Dies verunsichert doch ein wenig. Dieses Interview ist aber ein guter Anstoss, um sich der Sache anzunehmen.

Herr Stöckli, vielen Dank für das Gespräch!

INFOBOX

Dominik Stöckli ist seit 2009 Mitglied der Schulpflege Knonau und seit 2016 deren Präsident und damit Mitglied des Gemeinderates. Er ist dreifacher Familienvater und arbeitet als Schulischer Heilpädagoge an der Schule Hünenberg im Kanton Zug

Die Themenreihe Fokus Schulbehörde beschäftigt sich am Donnerstagabend, 2. Juli 2020 von 17.30 bis 20.30 Uhr mit dem Thema «Schule im digitalen Zeitalter». 

Ziel des Kurses ist es, Schulbehördenmitgliedern einen Einblick ins Verständnis von «Bildung im digitalen Zeitalter» zu geben. Es soll aufgezeigt werden, was in den Schulen passiert (oder passieren könnte) und wie Schulbehörden diese Entwicklung unterstützen können.

Hier geht’s zur Anmeldung:
https://phzh.ch/de/Weiterbildung/Weiterbildung-Volksschulen/anlassdetail-weiterbildung-fur-volksschulen/Schule-im-digitalen-Zeitalter-n144423438.htm

Zur Autorin

Rahel Tschopp Zentrumsleiterin Medienbildung und Informatik

Rahel Tschopp ist Zentrumsleiterin für Medienbildung und Informatik an der PH Zürich. Sie kennt sich in Projektleitungen, Prozessbegleitungen, Fachberatungen und Schulentwicklung im digitalen Wandel bestens aus.

Redaktion: Jörg Berger

Titelbild: Blick aus dem Schulhaus Aeschrain, Knonau