Was ist Teacher Leadership?

Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch auf internationaler Ebene wird der Begriff Teacher Leadership verwendet, um eine Vielzahl unterschiedlicher Rollen und Aufgaben von Lehrer:innen zu bezeichnen. Im folgenden Beitrag sollen diese anhand von sechs Eigenschaften von Teacher Leader herausgearbeitet werden. Übersetzt aus dem Englischen von Niels Anderegg.

Teacher Leadership ist ein Prozess und Teacher Leader sind Fachleute, welche diesen Prozess vorantreiben. Dies mit dem Ziel, den Wandel in ihren Schulen zum Wohle aller Schüler:innen zu gestalten. Teacher Leader treten aus ihrem Klassenzimmer heraus und nehmen die Herausforderungen an, um die Praxis durch die Zusammenarbeit mit Kolleg:innen, dem Fachpersonal und der Schulleitung als auch mit den Schüler:innen und ihren Familien zu verbessern.

Eine der Verwirrungen bei der Definition von Teacher Leadership und der Identifizierung von Teacher Leader besteht darin, dass Führung nicht an einer Position oder einem Titel festgemacht wird. In den meisten Schulen gibt es Lehrer:innen, welche die Leitung von Teams oder Abteilungen innehaben. Die Bezeichnung Teamleiter:in meint jedoch nicht dasselbe wie die Bezeichnung Teacher Leader.

Sie zeichnet sich durch bestimmte Eigenschaften aus. Zwar besitzen alle Lehrer:innen mehrere dieser Eigenschaften, aber nur Teacher Leader setzen sie konsequent und gleichzeitig in Form von Teacher Leadership ein.

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Lernräume: vernetzt – offen – agil

An der diesjährigen Tagung Unterrichten mit neuen Medien (UNM) unter dem Titel «Lernräume: vernetzt – offen – agil» stehen Fragen rund um die Gestaltung von Schule als Lern- und Begegnungsraum im Zentrum. Die Tagungsleitenden Eliane Burri und Tobias Schifferle beleuchten in diesem Blogbeitrag, inwiefern Offenheit, Vernetzung und Agilität Merkmale zukunftsgerichteter Lern- und Arbeitswelten sind.

Wir leben in einer digital geprägten Welt, die sich ständig verändert. Dies hat auch Einfluss darauf, wie und wo wir Lernen. Innerhalb und ausserhalb der Schule verschwimmen die Grenzen zwischen Lernräumen und -orten zunehmend. Traditionelle Lehrangebote verschmelzen mit informellen Lerngelegenheiten. Schüler:innen informieren sich in sozialen Netzwerken und tauschen sich über digitale Plattformen aus. Dies führt nicht nur zur Erweiterung der Lernräume, sondern auch zu einer zeitlichen Flexibilisierung, die neue Lern- und Arbeitsstrukturen ermöglicht.

Ein ganzheitliches, zukunftsorientiertes (Schulraum-) Konzept berücksichtigt sowohl die räumliche Gestaltung, analoge und digitale Infrastrukturen als auch didaktisch methodische Überlegungen gleichermassen. Um anschlussfähig zu bleiben, müssen also bestehende Modelle hinterfragt und über traditionelle Begrenzungen hinaus neu gedacht werden.

Blick über das Schulzimmer hinaus

Lernräume sind heute mehr als physische Räume. Sie sind als soziale Umgebungen zu verstehen, die Schüler:innen dazu ermutigen, ihre Interessen zu erkunden, Fragen zu stellen und gemeinsam sowie auch eigenverantwortlich zu lernen. Lernen findet an realen und relevanten Problemstellungen statt, die sich weder auf das Schulzimmer noch das Schulhaus begrenzen: Es geschieht auf dem Schulweg, am Mittagstisch oder in der Bäckerei um die Ecke und kann mittels digitaler Technologien auch in virtuelle Lernwelten erweitert werden.

Durch den Einbezug ausserschulischer Lernorte ergeben sich neue, vielfältige Zugänge. Perspektivenübergreifende Themen verschieben neben Fächergrenzen auch Zeitstrukturen. Beim projektorientierten Lernen wird oft ausserhalb von starren Stundenplänen in grösseren Zeit- und Themengefässen gearbeitet. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung sind dabei auch Steuerungs- und Selbstmanagementkompetenzen gefordert.
Offene Lernräume repräsentieren somit ein Verständnis von Lernen, welches anstatt starrer Strukturen viel Freiraum für Flexibilität und Kreativität schafft und zur gemeinschaftlichen Lösungsentwicklung anregt.

Gemeinsam lernen

Wir leben in einer vernetzten Welt. Schüler:innen bewegen sich zunehmend fliessend in analogen und digitalen Welten. Sie haben mittels Laptops, Tablets oder Smartphones jederzeit Zugang zu Wissen. Sie teilen Erfahrungen in Chatgruppen und kommunizieren über geografische Grenzen hinweg. Kollaborative Lernumgebungen unterstützen nicht nur den Wissensaustausch, sie bieten auch Diskussionsforen und Zugriff auf gemeinsame Ressourcen und regen zur Ko-Konstruktion an.

Digital vernetztes Lernen hat das Potenzial, traditionelle Lernmodelle zu erweitern und Erfahrungen anzureichern. Dabei ist die fachkundige Begleitung durch die Lehrperson bedeutsam. Sie unterstützt die Schüler:innen dabei, einen ausgewogenen und kompetenten Umgang mit digitalen Technologien zu finden, um deren Vorteile für das Lernen zu nutzen. Kompetenzen im Bereich Anwendung, Medien- und Informatik sowie die 4K (kritisches Denken, Kreativität, Kollaboration, Kommunikation) sind dafür zentral.

Soziale und emotionale Werte spielen beim Lernen ebenfalls eine wichtige Rolle. Schule soll ein Begegnungsort sein, der positive Gefühle auslöst, an dem sich Menschen mit ihren Fähigkeiten einbringen können und selbstwirksam erleben. Über das Vermitteln von Wissen hinaus geht es um persönliche und soziale Erfahrungen. Eine anregende, förderorientierte Lernumgebung lädt zum Erproben und Tüfteln ein und versteht Fehler als Bestandteil des Lernprozesses.

Veränderung gestalten und begleiten

Die Welt, in der wir leben, befindet sich im Umbruch. Schule als Teil der Gesellschaft ist herausgefordert, sich zu verändern. Agile Arbeitsmethoden und Infrastrukturen unterstützen nicht nur Schüler:innen, sondern auch Schulleitungen und ihre Teams dabei, ihren Arbeitskontext zu reflektieren und Schulentwicklungsprozesse zu gestalten. Lehrpersonen und Schulleitungen lernen voneinander, teilen Bewährtes und arbeiten an innovativen Ansätzen. Eine unterstützende, vertrauensfördernde Zusammenarbeitskultur und digitale Infrastrukturen schaffen die Voraussetzung für eine agile Arbeitsweise.

Agiles Lernen und Arbeiten erfordert auch konstante Rückmeldung. Lehrpersonen begleiten das Lernen ihrer Schüler:innen, indem sie regelmässige Feedbackschlaufen einbauen, um Lernprozesse besser zu verstehen und adäquat zu gestalten. Moderne Technologien bieten dabei vielfältige Möglichkeiten, Lernfortschritte zu dokumentieren. Mittels Audio- und Videofeedbacks können Lehrpersonen beispielsweise Rückmeldungen anreichern und so die Nachvollziehbarkeit erhöhen.

Innovative Lernumgebungen verlangen nach situativ anpassbaren Räumen. Flexibel einsetzbares Mobiliar bereichert die Lehr- und Lernerfahrungen sowohl von Schüler:innen als auch von Lehrpersonen. Anstatt starrer Pultreihen können bewegliche Möbelstücke je nach Unterrichtsbedarf umgestellt werden, sei es für Einzelarbeit, Gruppenprojekte oder Präsentationen. Zugang zu adäquaten technologischen Hilfsmitteln und ein zuverlässiges Internet tragen ausserdem zu einer anregenden Lernumgebung bei.  

Schule ist mehr als ein Ort

Es ist ein Ort, wo Menschen zusammenkommen und sich gemeinschaftlich mit bedeutsamen Themen auseinandersetzen. Die Schule soll auch positive Emotionen auslösen und dadurch gerne besucht werden. Dies muss sich nicht länger auf das Klassenzimmer und das Schulareal beschränken. Ausserschulische, analoge und digitale Umgebungen eröffnen erweiterte Räume, um miteinander zu lernen, miteinander zu kommunizieren und zu reflektieren.

Offene, vernetzte und agil gestaltete Lern- und Arbeitsumgebungen tragen dazu bei, dass Schüler:innen die Kompetenzen erwerben, die sie brauchen, um an einer digitalen Welt teilzuhaben und sie mitzugestalten.

Obwohl in der digital geprägten Welt bisher als schultypische erachtete Reglementierungen wie Curricula, Stundenpläne und Räumlichkeiten vermehrt aufgebrochen werden, ist dennoch anzunehmen, dass die Schule weiterhin ein zentraler Ort des Lernens und der Gemeinschaft bleiben wird.

INFOBOX

Melden Sie sich jetzt zur UNM-Tagung an, die am 28. Oktober 2023 stattfindet.

Oder interessieren Sie sich für einen Weiterbildungskurs? Dann finden sie im Schulhaus der Zukunft oder «Lernen sichtbar machen» in unserer Kultur der Digitalität: Tools konkret sicher die passenden Inhalte.

Im MIA Aufbaumodul geht es um das Leben in medialen und virtuellen Räumen.

Zu den Autor:innen

Eliane Burri

Eliane Burri leitet das Zentrum Medienbildung und Informatik an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Digital Leadership in Education und die Begleitung von Schulen im digitalen Wandel. Als ehemalige Schulleiterin verantwortete sie die digitale Schulentwicklung an einer Berufsfachschule. Ab Herbst leitet sie mit Tobias Röhl den neuen CAS Schule entwickeln – Profil Digitalität.  

Tobias Schifferle

Tobias M. Schifferle ist Erziehungswissenschaftler und Primarlehrer mit Hang zur Informatik. Als Dozent am ZMI arbeitet er in verschiedenen Funktionen an Angeboten und Kooperationen der Aus- und Weiterbildung. Als Didaktischer Leiter unterstützt er das MINT-Förderungsprojekt mint & pepper der ETH. 

Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: adobe stock von Halfpoint

Literaturverzeichnis

Ebner-Zarl, A. 2021. Die Entgrenzung von Kindheit in der Mediengesellschaft. Springer VS, Wiesbaden.

Hauck-Thum, U. 2021. «Grundschule und die Kultur der Digitalität.» In: Was ist Digitalität?. Hrsg. v. Hauck-Thum, U., Noller, J.,73 – 82. Berlin, Heidelberg: Metzler

swissuniversities. 2021. «Grundsätze und Leitvorstellungen für die Mitgestaltung von Schule und Lernen in einer Kultur der Digitalität.»

Bildung für nachhaltige Entwicklung als Wertearbeit der Schulführung

Es ist ein wichtiges bildungspolitisches Ziel, welches in der Schweiz gesetzlich verankert ist: Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Obwohl BNE in den Lehrplänen und im Unterrichtsalltag bereits präsent ist, fehlt es oft an einer nachhaltigen und verankernden Umsetzung in Schulstrategien, -strukturen und -kulturen. Eine erfolgreiche Implementierung ist abhängig von einer sensibilisierten Schulführung, welche die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen schafft, damit BNE relevante Themen im Schulalltag gelebt werden können. Irene Lampert zeigt die Gründe auf.

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist inzwischen fest in der Bildungsstrategie von Bund und Kantone verankert. Im Jahr 2007 erstellte die Erziehungsdirektion (EDK) gemeinsam mit den Bundesräten den Massnahmenplan «Bildung für Nachhaltige Entwicklung» als Beitrag an die UNO-Dekade für BNE 2007 – 2014. Schliesslich erklärten Bund und Kantone im Jahr 2015 die Bildung für nachhaltige Entwicklung als bildungspolitisches Ziel, welches inzwischen auch gesetzliche verankert ist.

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So können Lehrpersonen aussagekräftige Zeugnisnoten erstellen

Die Sommerferien nahen und wie jedes Jahr zum Schuljahresende haben Lehrpersonen die Pflicht, aussagekräftige Zeugnisnoten zu setzen. Doch wie ermitteln die Lehrpersonen die jeweiligen Noten? Nutzen sie den ihnen zugestandenen Ermessensspielraum oder halten sie an der altbekannten Durchschnittsrechnung fest, die rechtlich gesehen problematisch ist. Christine Eckhardt informiert Sie hierzu in Anlehnung an die im April veröffentlichte Broschüre des Volksschulamtes «Beurteilung und Zeugnis».

Was genau ist eine Zeugnisnote?

Noten im Zeugnis codieren die Gesamtleistung einer Schülerin oder eines Schülers in einem bestimmten Fachbereich in Form einer Ziffer während einer Zeugnisperiode. Sie sind bilanzierende Aussagen, die zum Ausdruck bringen, inwieweit ein:e Schüler:in während eines Semesters die angestrebten Lernziele erreicht hat. Die Zeugnisnoten entstehen unter Anwendung des professionellen Ermessensentscheids der Lehrperson.

Den Ermessensentscheid anwenden

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Innovative Ideen als Impulsgeber für Schulentwicklung

Wer kennt das nicht? Die Schulleitung, Behördenmitglieder oder Lehrpersonen-Teams besuchen eine innovative, vielleicht sogar preisgekrönte Schule, deren Ideen sie überzeugen und möchten die gewonnenen Erkenntnisse an ihrer eigenen Schule umsetzen. Vor Ort sind sie enthusiastisch und motiviert und möchten am liebsten sofort die Ärmel hochkrempeln und loslegen. Alle wissen, was gemacht werden soll, aber nicht so richtig wie. Was sind die ersten Schritte? Wie wird der Prozess geplant und gestaltet? Wer wird involviert? Heike Beuschlein ging diesen Fragen nach.

Aus der Forschung wissen wir, dass gesammelte Daten aus verschiedenen Kontexten, auch «Data Richness» genannt, als ein Merkmal erfolgreicher Schulen identifiziert wird. Damit sind Daten gemeint, die viel Aussagekraft und eine grosse Relevanz für die jeweilige Fragestellung der Schule haben und sich aus der Kombination unterschiedlicher Quellen ergeben. Oft sind dies objektivierbare und quantitativ gesammelte Daten, die sich auf die Leistungen von Schüler:innen beziehen. Die Hospitation und der Besuch an einer anderen Schule können eine weitere Quelle sein, die helfen, Entwicklungsziele zu generieren oder auch einen Handlungsbedarf aufzudecken.

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Make a Makerspace – Hochschule macht Making

Mit Making regen Lehrpersonen durch handlungsorientierte Projekte und kreative Designprozesse das Interesse der Schüler:innen an. Ein Makerspace ist ein hierfür konzipierter Raum und stellt Infrastruktur und Materialien bereit. Die Schüler:innen können dort experimentieren, interagieren und ihre Kreativität und praktischen Fähigkeiten entfalten. Bernadette Spieler zeigt auf, wie eine Making-Lernumgebung ein kompetenzbasiertes und ko-konstruktives Lernen an Schulen fördern kann.

Durch den Fokus auf die Entwicklung kreativer Lösungen für aktuelle und zukünftige Herausforderungen fördert Making ein breites Spektrum an Fähigkeiten. In diesem Prozess werden zahlreiche digitale und zukunftsorientierte Kompetenzen geschult und der Umgang mit technischen Geräten wird erlernt. Die bearbeiteten Herausforderungen sind meist interdisziplinärer Art, einschliesslich der Bewältigung von Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit.

Makerspaces als physische Lernumgebungen für Making-Aktivitäten erfahren in der Schweiz ein wachsendes Interesse. Angebote diesbezüglich sind beispielsweise die FabLabs Zürich und Winterthur, Startbahn29, CreativeLabZ, Makerspace PH Thurgau oder das ETH Student Project House. Makerspaces sind lebendige Treffpunkte, an denen sich Interessierte versammeln, um Ideen und Projekte gemeinsam zu entwickeln, sich gegenseitig zu unterstützen und Probleme zu lösen. Sie bieten ein ideales Umfeld für das praktische Erlernen von essenziellen Zukunftskompetenzen. Auf Hochschulebene wird zudem erforscht, wie Making im schulischen Kontext noch stärker gefördert werden kann (Making im Unterricht).

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«Kaum ein Buch hielt mir so schonungslos den Spiegel hin»

Das Buch «Mythos Motivation» von Reinhard K. Sprenger diente Jörg Berger als Inspirationsquelle für seine MAS-Arbeit. Eine Rezension von Begeisterung erfüllt.

Ich greife zum giftgrünen Buchcover im Regal: «Mythos Motivation» aus dem Jahr 2014. Der bissige Band von Reinhard K. Sprenger hat mittlerweile über 30 Jahre auf dem Buckel und nichts von seiner Aktualität eingebüsst. Erinnerungen werden wach an mein Literaturstudium. Sprengers Werk war eines von vielen, welche ich für meine MAS-Abschlussarbeit «Boni in der Volksschule» verschlang. Es sollte meinen viel beachteten Theorieteil rund um Motivation, Leistungsmessung und Qualitätssteigerung massgebend prägen.

Kaum ein Buch hielt mir so schonungslos den Spiegel hin. Als Führungsperson sei es mein grosses Anliegen, meine Mitarbeitenden wissen zu lassen, wie gerne und wie viel ich arbeite und welche Genugtuung ich dabei empfinde, einen Beitrag zur Erhöhung des allgemeinen Wohlstands zu leisten. Und damit nicht genug. Ich sei im Grunde in ein weitaus verheerenderes Dilemma verstrickt: «Führungskräfte fühlen sich für die Motivation ihrer Mitarbeitenden verantwortlich», schreibt Sprenger.

«Motivieren» lässt sich laut Sprenger daher etwa in diesem Bedeutungsumfang definieren:

1. Jemanden bei seinen Motiven «abholen» und Möglichkeiten zu ihrer Realisierung bieten.
2. Jemanden bei seinen Motiven «abholen» und Möglichkeiten zu ihrer Realisierung bieten.
3. Verhaltensweisen mit subjektiver Bedeutung / Wichtigkeit aufladen.
4. Begeisterung entfachen.
5. Anreizen

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Gewaltprävention in der Schule

Gewaltdelikte von Jugendlichen nehmen laut einer Studie wieder zu. Gewaltphänomene sind ein äusserst komplexes Gefüge von Ursachen, Bedingungen, Faktoren und auch ein Symptom für fehlende soziale Kompetenz. Die Schule als Sozialisations- und Bildungsinstanz hat hier eine zentrale Rolle. Schulische Gewaltprävention ist aber nur ein Teil davon. Es braucht Massnahmen im familiären und sozialen Umfeld, in der Freizeit und auf gesellschaftlicher Ebene. Otto Bandli teilt mit uns seine Gedanken.

Das sollten Schulleitungen beachten

Schulische Gewaltprävention sollte zwei Zielgruppen/Handlungsebenen abdecken:

1. Massnahmen, gerichtet an die Gesamtheit der Schüler:innen, ungeachtet, ob Kinder ein Risiko aufweisen, später gewalttätiges Verhalten zeigen oder nicht. Für die Schüler:innen, die eine negative Entwicklung einschlagen und sich später gewalttätig verhalten würden, sind dann gewaltpräventive Massnahmen.  Solche universellen Präventionsmassnahmen betreffen die Förderung allgemeiner Lebenskompetenzen, die der allgemeinen Verbesserung der soziokulturellen und psychosozialen Situationen dienen.

2. Massnahmen gerichtet an Schüler:innen mit Risikobedingungen oder ersten Symptomen wie Verhaltensauffälligkeiten oder starker Bezug zu gewaltanwendenden Peergruppen. Es geht also um Massnahmen für gefährdete Schüler:innen, die noch kein Gewaltverhalten gezeigt haben, aber ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung von Gewalttätigkeit aufweisen.

Gewaltprävention zielt immer auf die direkte oder indirekte Beeinflussung von Personen und Situationen. Sie sollten kontext- und personenorientierte Massnahmen umfassen. Kontextorientierte Massnahmen zielen auf die Verbesserung des sozialen Umfeldes, also beispielsweise in der Familie oder in der Schule. Personenzentrierte Massnahmen beziehen sich auf das Individuum selbst, richten sich auf Verhalten, Wissen, Einstellungen, Überzeugungen und Bewertungen.

Das sollten Schulleitungen konkret umsetzen

Auf Schulebene ist das Initiieren einer Reflexion und Auseinandersetzung der persönlichen Einstellungen zur Gewalt aller an der Schule beteiligten Personen eine zentrale Aufgabe der Schulleitung. Ziel ist eine gemeinsame Sprache (Begrifflichkeiten von Aggression, Mobbing und Gewalt) zu finden und dann einen Verhaltenskodex für eine gewaltfreie Schulkultur zu entwerfen (Zum Beispiel: Wir leben hier eine 0,0-Toleranz gegen Gewalt, wir schauen hin, wir anerkennen Vielfalt als Chance und Bereicherung, wir benennen Diskriminierungen und lehnen sie ab, wir stärken Selbst-, Sozial- und Systemkompetenz aller Mitarbeiter:innen).

Ebenfalls zur Schulebene gehören das Beachten der Schulraumgestaltung und das Einfordern einer präsenten und achtsamen Pausenaufsicht bei verbindlichen Pausenregelungen. Und auch die Kooperation mit Eltern und mit ausserschulischen Partnern (Polizei oder Fachstellen) zur Prävention. Ein oft unterschätztes Element der Prävention sind die Gestaltung von Übergängen: Kindergarten / Unter- /- Mittel- Oberstufe / weiterführenden Schulen.

Auf Klassenebene ist die wichtigste Forderung seitens der Schulleitung an alle an der Schule beteiligten Personen, dass sie vom ersten Tag an die Verantwortung für den sozialen Umgang im Klassenzimmer, in den Räumen der Betreuung und in der ganzen Schule übernehmen. Sehr hilfreich sind die Setzungen von nicht verhandelbaren Standards (Zum Beispiel: Jeder/jede arbeitet mit jedem/jeder wertschätzend, Akzeptanz von Andersartigkeit, Kultur der Wiedergutmachung oder Zivilcourage leben). Optimal ist die Umsetzung eines gemeinsamen Gewaltpräventionskonzepts (Zum Beispiel: Denk-Wege, Faustlos, Be-Prox, Mobbing ist kein Kinderspiel).

Bei allen Konzepten geht es um ein positives Schul- und Klassenklima, klare Verhaltensnormen, eine wertschätzende Lernkultur, die Entwicklung sozialer Kompetenzen und um eine Sensibilisierung und Aufklärung im Thema Gewalt. Ganz wichtig: Alle Lehrpersonen werden von der Schulleitung verpflichtet, den Klassenrat regelmässig durchzuführen und dabei immer über die gemeinsame Zusammenarbeit sowie den Unterricht zu sprechen. (WIE haben wir letzte Woche zusammengearbeitet? (Stimmung/Atmosphäre / Mitgestaltungsmöglichkeiten / Wertschätzung, Umgang mit Problemen und Konflikten / Umgang mit Standards und Regeln / Verbindlichkeit / Fairness / Umgangston sind feste Bestandteile dieser gemeinsamen Reflexion).

Auf individueller Ebene ist es Aufgabe der Schulleitung, dafür besorgt zu sein, dass Fachpersonen Schüler:innen in den Bereichen Kommunikations- und Reflexionsfähigkeit, Selbstwertgefühl, Empathie, Selbstkontrolle/Umgang mit Emotionen und Konfliktlösungsfähigkeit fördern und weiterentwickeln. Bei der Intervention von Gewaltvorfällen ist das Initiieren eines gemeinsam entwickelten Interventionsleitfaden die wichtigste Aufgabe der Schulleitung.

Darin wird festgehalten, wie die Fachpersonen bei grenzüberschreitendem Verhalten einheitlich reagieren sollten. Ein Unterteilungsvorschlag: Präventiv positives Verhalten stärken durch Präsenz, Achtsamkeit und Wertschätzung.

A: Ärgerliches, aber altersbedingtes Verhalten, das nicht akzeptabel und störend ist

B: Langfristig nicht akzeptables Verhalten.

C: Nulltoleranz-Grenze auf keinen Fall akzeptieren.

Wichtig ist, dass man sich bewusst ist, dass Schüler:innen die klare Erwartung haben, dass alle an der Schule beteiligten Personen bei gewalthaltigen Situationen sofort einschreiten. Frühe und konsequente Intervention schützt nicht nur Schüler: innen vor Übergriffen, sondern setzt vor allem die Normen in der Klasse und der Gruppe durch und verhindert somit eine weitere Eskalation.

Diffuse Reaktion signalisiert den Täter:innen, dass Aggression erlaubt ist. Es signalisiert dem Opfer, dass es keine Unterstützung erhält und sich selbst schützen muss und auch aggressiv sein darf. Den Zuschauenden signalisiert es schliesslich, dass es keine Folgen hat, wenn Aggression ausgeübt wird.

Gewaltprävention hört nie auf. Immer wieder thematisieren und dranbleiben!

INFOBOX

Führungspersonen, die sich mit dem Thema Früherkennung und Frühintervention bei Gewalt weiterbilden möchten, bietet die PH Zürich das Modul Gewaltprävention an.
Otto Bandli

Otto Bandli ist Dozent und Berater an der PH Zürich im Zentrum Management und Leadership. In der Ausbildung lehrt er zu den Themen Gewalt und Mobbing. Er berät Schulleitungen und Lehrpersonen bei Konflikten, Krisen und Gewalt. In der Schulleitungsausbildung ist er in der Lehrgangsleitung FBO und leitet verschiedene Wahlpflichtmodule im DAS Schulleitung unter anderem auch zu Gewaltprävention.

Redaktion: Melina Maerten

Titelbild: adobe stock/ highwaystarz

Quelle: Studie Universität Zürich und Jacobs Center zur Entwicklung von Gewalterfahrungen Jugendlicher im Kanton Zürich 1999–2021

Warum Zusammenarbeit im Bildungswesen bereichernd ist

Frank Brückel ist seit vielen Jahren in der Schulentwicklung tätig, hat als Dozent an der PH Zürich engen Kontakt zu vielen Schulen und Gemeinden und er beschäftigt sich mit vergangenen, laufenden und zukünftigen Entwicklungen. Der Austausch mit Schulleitungen, Schulpflegen und Mitarbeiter:innen aus der Verwaltung sind ihm wichtig. Im Beitrag geht er dabei besonders auf die aktuellen Freuden und Herausforderungen ein.

Bei den Freuden sind sich alle einig: Das Schönste am Beruf ist die Arbeit mit den Schüler:innen oder der eigene Beitrag dazu, dass Schulen jeden Tag ihre Arbeit machen können. Auch die Antworten auf die Herausforderungen lassen sich gruppieren: neben dem Fachkräftemangel wird nicht selten der Umgang mit einer zunehmenden Heterogenität in der Schülerschaft genannt, daneben der digitale Wandel, die Umstellung auf Tagesschulen oder die Einführung von erweiterten Tagesstrukturen, eine gelingende Zusammenarbeit mit den Eltern sowie die Sorge um die Gesundheit der Teammitglieder verbunden mit einer zunehmenden Belastung in den Kollegien. Wahrscheinlich kommt noch das eine oder andere Thema hinzu.

Ausgehend von diesen Fragen entwickelt sich oft eine spannende Diskussion darüber, wie diesen Herausforderungen am besten begegnet werden kann. Die am häufigsten genannte Lösung erscheint auf den ersten Blick einfach, wird aber bei näherer Betrachtung schnell komplex: Je besser wir zusammenarbeiten, desto besser können wir den Herausforderungen begegnen.

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Professionalisierung vorantreiben – Führungskompetenz upgraden

Gesellschaftsrelevante Berufe wie die Schulleitung erfordern eine kontinuierliche Weiterentwicklung der eigenen Profession. Schulleitungen müssen ihre Kompetenzen aktualisieren und in ihrem Führungshandeln anwenden. Eine Verbindung zur Wissenschaft ist wichtig, um eine evidenzbasierte Professionalisierung zu gewährleisten. Obwohl Schulleitungen im Rahmen ihrer Ausbildung notwendige Voraussetzungen erwerben, ist die Professionalisierung ein lebenslanger Prozess. Davon ist Irene Lampert überzeugt.

Schulleitungen haben heutzutage eine erweiterte Rolle, die Führung in der Organisationsgestaltung, im Personalmanagement und in der Qualitätsentwicklung erfordert. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Schule und haben damit einen Einfluss auf die Leistungen der Schüler:innen.

Empirische Belege aus der Schulwirksamkeitsforschung zeigen, dass die Qualität von Schulen indirekt durch Schulleitungshandeln bestimmt wird. Die Schulleitung zählt neben Curricula und Unterricht zu den drei wichtigsten Einflussfaktoren für die Verbesserung der Leistungen von Schüler:innen. Damit steigen die Anforderungen an die Schulleitungen selbst und sie müssen erweiterte Kompetenzen in ihrem Führungshandeln vorweisen, welche im Rahmen von Weiterbildungen erworben werden können.

Mehr Entscheidungskompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten für Schulleitungen

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