Begabungsförderung

Exzellenzinitiativen – Warum sie auch in der Volksschule förderlich sein können

Exzellenzförderung zu verlangen ist in der Schweiz ungewohnt und untypisch. Wer jedoch in der Wirtschaft und Forschung Talente braucht, sollte keinem begabten Kind die Lust an der hohen Leistung und dem eigenen Weg verwehren. Davon ist Regula Haag Wessling, Geschäftsführerin der «Stiftung für hochbegabte Kinder», überzeugt. Worin sie die Vorteile der Begabungsförderung sieht.

Im Zusammenhang mit der Volksschule sprechen wir nicht gerne von besonders hohen Talenten, Begabungen, Leistungen und schon gar nicht von Exzellenz. Der Fokus der Inklusionsdebatte liegt ganz bei den schwachen Schüler:innen mit besonderem Förderbedarf, die Kinder am oberen Ende der Leistungs- und Intelligenzkurve gehen noch zu oft vergessen. Dies, obwohl sich seit dem Jahr 2000 alle Deutschschweizer Kantone verpflichtet haben, jedem Kind das Recht auf eine angemessene Förderung in der Volksschule zu gewähren – auch Kindern mit hohen Begabungen!

Seither haben sich viele Lehrpersonen weitergebildet, Schulen haben Begabungs- und Begabtenförderungsprogramm entwickelt, und bereits drei Pädagogische Hochschulen bieten einen CAS zu dem Thema an. Auch durch die Einführung des Lehrplans 21 sollte diese Forderung unterstützt werden, da Individualisierung und Ressourcenorientierung zentrale Anliegen sind. Im schulischen Alltag mit grossen Herausforderungen (Klassengrösse, grosse Heterogenität, fehlende Lehrpersonen und wachsende Bürokratie) hat die Begabtenförderung leider oft das Nachsehen und fällt als erstes weg, wenn gespart oder reduziert werden muss.

Dies zum klaren und starken Nachteil von begabten Kindern, denn je grösser das hohe Potenzial ist, desto stärker wird das Leiden an der Unterforderung. Folgen können psychischer wie physischer Art sein. In jedem Fall trägt das Kind wie die Gesellschaft einen grossen Schaden davon, und es besteht dringender Handlungsbedarf, eine Veränderung zu bewirken. Als äusserst wirkungsvoll könnten sich die bewilligten Massnahmen der Stadt Zürich und die geplante Gesetzesrevision mit Massnahmenkatalog des Kantons Zürich für die betroffenen Schulen erweisen.

Warum sich eine gewisse Unzufriedenheit bei Fachpersonen dennoch breit macht

Die Exzellenzförderung sprengt alle Grenzen, auch die der Begabtenförderung! Nur individuelle weiterführende Lösungen über die Begabtenförderung hinaus sind zielführend für die Exzellenzförderung, denn sie muss passend zum besonderen Talent, zur Begabung und Intelligenz der Schüler:in sein. Dies verlangt von der Schule Teamwork, Mut zur Veränderung und Offenheit für neue Wege. Nur durch massgeschneiderte Ansätze, die viel Zeit und Raum für Kreativität und Hochleistung erlauben, kann die besonders hohe Begabung gefördert werden und zur Exzellenz heranwachsen.

Eine effektive Massnahme zur Förderung von Exzellenz ist beispielhaft das Mentoring. Durch Mentoringprogramme in Schulen wird nicht nur die Bedeutung individueller Talente betont, sondern auch eine Kultur der Anerkennung im schulischen Umfeld gefördert. Begabte Schüler:innen erfahren durch Mentoring eine Stärkung ihres Selbstvertrauens und ihrer Fähigkeiten. Dabei übernimmt die Schule die Rolle der Vermittlerin zwischen Mentor:in und Mentee und legt Inhalt, Zeitrahmen und Dauer des Mentorings fest. Weil Mentoringprogramme so erfolgreich und wirkungsvoll sind, werden sie oft als «Goldstandard der Pädagogik» bezeichnet. Verdienen unsere Kinder nicht genau dies?

INFOBOX

Mit «LISSA par excellence» werden Schulen ermutigt, für Schüler:innen mit besonderen Talenten adäquate Lernmöglichkeiten zu schaffen, diese zu reflektieren und zu dokumentieren. So können sie mit einem LISSA-Preis prämiert und als «good practice» anderen Schulen zum Vorbild werden.

Die gemeinsame Tagung vom Netzwerk Begabungsförderung und LISSA vom 28. Oktober 2023 an der Kantonsschule Olten widmet sich dem Thema «Exzellenförderung». Info und Anmeldung:

Zur Autorin

Regula Haag

Regula Haag Wessling ist langjährige Geschäftsführerin der «Stiftung für hochbegabte Kinder» sowie Projektleiterin des LISSA-Preises. Sie entwickelt und organisiert zusammen mit Fachpersonen aus allen Bereichen des schulischen Umfeldes die unterschiedlichen LISSA-Teilprojekte. Aktuell konzentriert sich der LISSA-Preis auf die Exzellenzförderung inklusive Mentoring.

Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: zVg

Literaturnachweise:

Stiftung für hochbegabte Kinder (Hrsg.) (2019). Mentoring beschwingt. Grundlagen und Ideen zur Umsetzung in der Begabtenförderung.

Ziegler, A., Daunicht, T.-M., Quarda, A.-K., Emmerdinger, K., Matthes, B., Bayer, S., Mader, M. & Stöger, H. (2023). Individuelle Lernpfade – Konzept für ein 1:1-Mentoring: Mentoring-Handbuch. Forschungsverbund LemaS.

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