Lehrer:innen können sich auf unterschiedliche Weise in die Entwicklung als gute Schule einbringen und für eine hohe Schulqualität sorgen. Ihre Beteiligung ist entscheidend, um eine hochwertige Bildung in der eigenen Klasse und darüber hinaus zu gewährleisten. Als Teacher Leader kann sich ihre Wirkung verschiedenartig entfalten. Nina-Cathrin Strauss führt in den folgenden Beitrag ein und Sandra Probst erzählt anschliessend von ihren Erfahrungen in der Primarschule Elgg.
Lehrpersonen spielen eine aktive Rolle bei der Gestaltung des Lernumfelds und der pädagogischen Praxis, um sicherzustellen, dass Schüler:innen bestmöglich unterstützt werden. Sie können einen wichtigen Beitrag zur eigenen und gemeinschaftlichen Professionalisierung beitragen. Denn die Beteiligung an der Entwicklung von Schulqualität bietet Lehrpersonen die Möglichkeiten, ihr Fachwissen und ihre pädagogischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Indem sie sich aktiv engagieren, können sie ihre pädagogische Praxis verbessern und ihre berufliche Kompetenz erweitern.
Den Schüler:innen eine qualitativ hochwertige Bildung zu bieten, daran sind Lehrpersonen interessiert. Indem sie sich an der Entwicklung von Schulqualität beteiligen, stellen sie sicher, dass die Bedürfnisse aller Schüler:innen berücksichtigt werden und dass die Schule ein unterstützendes Lernumfeld bietet. Zugleich stärkt die Zusammenarbeit im Team den Zusammenhalt im Kollegium und ermöglicht den Lehrpersonen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Lehrpersonen haben wertvolle Einblicke in den Schulalltag und treiben durch ihre Beteiligung an der Schulqualitätsentwicklung Veränderungen und Verbesserungen voran. Indem sie ihre Stimme und ihre Erfahrungen einbringen, können sie Einfluss auf die schulische Politik und Entscheidungsfindung nehmen – und als Teacher Leader formell oder auch informell steuern.
Damit das Potenzial ihres professionellen Wissens sich entfalten und für die Qualitätsentwicklung nutzbar werden kann, spielt die Schulleitung eine wichtige Rolle. Sie schafft Raum und Gelegenheit, ermutigt und ermöglicht Teacher Leadern, sich wirksam und zielorientiert einzubringen. Neben ihren verschiedenen offiziellen Funktionen oder mit Themenverantwortung, die auch hier im Blog bereits thematisiert wurden, engagieren sich viele Lehr- und Fachpersonen ausserhalb ihrer Klassenzimmer auch ohne formalisierte Rolle. Sandra Probst, Lehrerin an der Primarschule Elgg berichtet, wie sie sich für Qualität in ihrer Schule einbringt.
Schulqualität mitverantworten
Als Lehrerin an der Primarschule Elgg war ich verantwortlich für die Unterrichtsqualität in meiner Klasse. Nach vielen Jahren in der Praxis hatte ich das Bedürfnis, mehr über das komplexe Thema Schulqualität zu erfahren, um mich beruflich weiterzuentwickeln. Für mich stand die Frage im Mittelpunkt, wie Rahmenbedingungen aussehen müssen, um guten Unterricht zu ermöglichen. Ausserdem wollte ich mehr über die Evaluation von Schulentwicklungsprojekten erfahren und eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis herstellen.
In meiner Schule habe ich keine formelle Rolle wie Qualitätsverantwortliche, aber ich versuche mich an verschiedenen Stellen einzubringen. An der Primarschule Elgg arbeite ich seit drei Jahren im Qualitäts-Team mit und begegne dem Thema «guter Unterricht» auch in meiner Aufgabe als Fachbegleitung am Arbeitsort. Für die berufseinsteigenden Lehrpersonen möchte ich eine niederschwellige Anlaufstelle sein, um ihr professionelles Handeln zu stärken und sie bei den täglichen Anforderungen zu unterstützen.
Unsere Gefässe für Zusammenarbeit sind klar strukturiert – wir haben ein Qualitäts-Team mit Vertretern der Schulleitung, der Schulpflege und der verschiedenen Zyklen und der Fachlehrpersonen. Alle entsprechen der Steuergruppe und sind für die Erarbeitung und Umsetzung des Schulprogramms verantwortlich. Sie übernehmen zudem verschiedene Aufgaben im Bereich der Schul- und Unterrichtsqualität sowie der internen Weiterbildung.
An unserer Schule setzen sich die Lehrpersonen in Gesamt- und Stufenteams mit relevanten Entwicklungsprojekten auseinander, die von den Stufenleitungen oder der Schulleitung geführt werden. Neben festen Arbeitsgruppen, die sich zum Beispiel mit den Themen «Neue Autorität», «Lebensraum Schule» beschäftigen, gibt es auch temporäre Arbeitsgruppen zum Schulfest, Sporttag, Jahresschluss und vielem mehr.
Kleinere und grössere Aufgaben
Als Lehrerin war ich verantwortlich für die Evaluation des Schulentwicklungsprojekts «Freie Lernzeit im Unterricht», welches wir im Schulprogramm verankert haben. Um die Ergebnisse der Befragung der verschiedenen Anspruchsgruppen zur «Freien Lernzeit im Unterricht» für die weitere Schulentwicklung nutzen zu können, habe ich sie gemeinsam mit der Schulleitung und der Q-Team-Leitung analysiert und wir haben mögliche Handlungsfelder und Massnahmen formuliert.
Inzwischen ist das Konzept umgesetzt und Teil unseres Schulalltags. Rückblickend finde ich, dass die Evaluation eines einzelnen Schulentwicklungsprojekts sehr umfassend ist: Verschiedene Ebenen, Aspekte und Akteure berücksichtigen muss, verschiedene Phasen durchläuft und einige Zeit in Anspruch nimmt. Damit die Evaluation gewinnbringend eingesetzt werden kann, muss das Projekt eine hohe Relevanz für die Schulpraxis haben und von den Lehrpersonen mitgetragen werden.
Ein anderes Thema, mit dem ich mich beschäftige, ist der Informationsaustausch und der zeitliche Ablauf bei Stufenübertritten vom Kindergarten bis in die Sekundarschule. Um einen informativen und reibungslosen Ablauf zwischen den verschiedenen Stufen zu gewährleisten, haben wir in der Primarschule Elgg nun ein Konzept, in dem die zeitlichen und organisatorischen Schritte für den Austausch zwischen Eltern, Schulleitung und den beteiligten Lehrkräften geregelt sind.
Durch diese verbindlichen Absprachen ist der Informationsfluss zwischen den Stufen gewährleistet. Für die fachlichen und überfachlichen Kompetenzen sind die Inhalte des Lehrplans 21 verbindlich. Ich schätze es, immer wieder Aufgaben zu übernehmen, die sich gut in mein Pensum integrieren lassen und mir einen anderen Blick auf die Schule ermöglichen als im Unterrichtsalltag.
Verantwortlich bin ich in unserer Schule für einen Austausch zu pädagogischen Themen, welches wir «pädagogisches Intermezzo» nennen. In vielen Schulen wird diese schulinterne pädagogische Fortbildung auch als «Best Practice» bezeichnet, bei der Lehrer:innen gute Beispiele aus der Praxis kennenlernen. – Methoden, Spiele, Tools oder andere Erfahrungen – miteinander teilen. Ich organisiere diese Anlässe, motiviere und ermutige die Kolleg:innen, informiere und gebe dem Austausch einen Rahmen, in dem sich alle wohlfühlen. So profitieren wir und können voneinander lernen.
Erfahrungen und Erkenntnisse
Als Lehrperson profitiert man davon, diese Rolle zu übernehmen, da man über den eigenen Unterricht hinauswachsen und an der Schulentwicklung mitwirken kann. Es bietet die Möglichkeit, sich beruflich weiterzuentwickeln und mehr zu bewirken. Die Zusammenarbeit mit der Schulleitung wird abgestimmt, um Verantwortlichkeiten zu koordinieren und Entscheidungen zu treffen.
Herausforderungen können darin bestehen, dass die Zeit und der Raum für die Schul- und Unterrichtsqualität im Alltagsgeschäft begrenzt sind. An Ressourcen für die gemeinschaftliche Arbeit an der Schulqualität mangelt es oft. Rückblickend ist es hilfreich, weniger Themen im Schulprogramm zu setzen, um nachhaltigere Ergebnisse zu erzielen. Die Erfahrungen in dieser Rolle können mich als Lehrerin weiterbringen und es ist wichtig, dass wir hier auch Zeit für Qualitätsarbeit und Schulentwicklung haben.
Meine Botschaft zum Thema Schulqualität ist, dass diese Arbeit Zeit und politische Unterstützung braucht. Als Schule müssen wir eine gewisse Routine entwickeln, um Zeitgefässe für regelmässigen Austausch und Absprachen zu pädagogischen Schulentwicklungsthemen zu finden. Die Veränderung des Blickwinkels auf das System Schule erfordert Ressourcen bei den Lehrkräften – aber es kann sich lohnen. Denn die Auseinandersetzung mit der Qualität stärkt die pädagogische Praxis innerhalb der eigenen Klasse und auch in der Schule, wenn wir unsere Erfahrungen einbringen.
INFOBOX Der CAS Schulqualität richtet sich an Führungspersonen und Qualitätsverantwortliche, an verschiedenen Schnittstellen im Bildungswesen – Schulleitungen, Teacher Leader mit Qualitätsverantwortung oder Schulbehörden und Leitungen Bildung, die sich mit der Steuerung und Entwicklung von Qualität befassen. Die nächste Durchführung des Lehrgangs CAS Schulqualität beginnt am 31.8.2023, die Anmeldung ist noch offen. Am 19. Oktober 2023 startet das Angebot «Grundlagen Teacher Leadership». Hier stärken Lehr- und Fachpersonen in unterschiedlichen Rollen ihre Führungskompetenzen. Lesen Sie auch das letzte Praxisbeispiel zu Schulqualität als Teacher Leader von Janine Freivogel vom Zentrum für Brückenangebote Baselland.
Zu den Autorinnen
Sandra Probst hat 2022 den CAS Schulqualität absolviert. Sie verfügt über langjährige Erfahrung als Klassen- und Fachlehrerin vorwiegend im Zyklus 2 und unterrichtet seit 1996 an der Primarschule Elgg. Seit mehreren Jahren ist sie Mitglied des Q-Teams (Steuergruppe). Ihr beruflicher Hintergrund im Schulbereich ist vielseitig und fokussiert auf die Frage, wie gutes Lernen in der Schule möglich ist.
Nina-Cathrin Strauss ist Dozentin am Zentrum Management und Leadership. Als Weiterbildnerin und Forscherin interessiert sie sich für moderne, gemeinschaftliche Formen von Führung und die Professionalisierung der beteiligten Führungspersonen, insbesondere Teacher Leader und Schulleitungen. Sie ist Leitungsmitglied im CAS Schulqualität, DAS Schulleitung und verantwortet den Themenschwerpunkt Teacher Leadership.
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: adobe stock / Uuganbayar