Buchrezension Mythos Motivation von Sprenger

«Kaum ein Buch hielt mir so schonungslos den Spiegel hin»

Das Buch «Mythos Motivation» von Reinhard K. Sprenger diente Jörg Berger als Inspirationsquelle für seine MAS-Arbeit. Eine Rezension von Begeisterung erfüllt.

Ich greife zum giftgrünen Buchcover im Regal: «Mythos Motivation» aus dem Jahr 2014. Der bissige Band von Reinhard K. Sprenger hat mittlerweile über 30 Jahre auf dem Buckel und nichts von seiner Aktualität eingebüsst. Erinnerungen werden wach an mein Literaturstudium. Sprengers Werk war eines von vielen, welche ich für meine MAS-Abschlussarbeit «Boni in der Volksschule» verschlang. Es sollte meinen viel beachteten Theorieteil rund um Motivation, Leistungsmessung und Qualitätssteigerung massgebend prägen.

Kaum ein Buch hielt mir so schonungslos den Spiegel hin. Als Führungsperson sei es mein grosses Anliegen, meine Mitarbeitenden wissen zu lassen, wie gerne und wie viel ich arbeite und welche Genugtuung ich dabei empfinde, einen Beitrag zur Erhöhung des allgemeinen Wohlstands zu leisten. Und damit nicht genug. Ich sei im Grunde in ein weitaus verheerenderes Dilemma verstrickt: «Führungskräfte fühlen sich für die Motivation ihrer Mitarbeitenden verantwortlich», schreibt Sprenger.

«Motivieren» lässt sich laut Sprenger daher etwa in diesem Bedeutungsumfang definieren:

1. Jemanden bei seinen Motiven «abholen» und Möglichkeiten zu ihrer Realisierung bieten.
2. Jemanden bei seinen Motiven «abholen» und Möglichkeiten zu ihrer Realisierung bieten.
3. Verhaltensweisen mit subjektiver Bedeutung / Wichtigkeit aufladen.
4. Begeisterung entfachen.
5. Anreizen

«Motivation» bezeichnet die Eigensteuerung des Individuums, die diesem ganz allein gehört, und darunter wird das absichtsvolle Handeln eines Vorgesetzten oder das Funktionieren von Anreizsystemen verstanden. «Motivierung ist und bleibt Fremdsteuerung, wie man es auch dreht und wendet, bleibt Manipulation (lat. für: mit der Hand ziehen)». In dieser Weise prägte Sprenger mir seine Worte gebetsmühlenartig ein.

Jeder kann sich selbst verändern und bilden

Das beweist die neurowissenschaftlichen Lernforschung. Nur wer bereit ist, sich auf etwas einzulassen, und sich das Erreichen des Ziels auch zutraut (Erwartungstheorie), bringt die Energie auf, die das Gehirn braucht, um neue Synapsen herzustellen. Dabei gilt speziell für den Lehr- und Schulleitungsberuf: je anspruchsvoller, komplexer, kreativer, innovativer, aber auch sinnvoller eine Tätigkeit ist, desto bedeutender ist die intrinsische Motivation.

Auf Grund von Umfragen, bei denen regelmässig 90 bis 95 Prozent der Mitarbeitenden der Aussage «Ich würde meine Arbeitsmoral als hoch bezeichnen» zustimmen, darf von einem hohen Grad an Selbstbestimmung ausgegangen werden. Diese Befunde bestätigt der Schulleitungsmonitor Schweiz SLMS eindrücklich. Lust und Spass an der Arbeit, eine abwechslungsreiche, herausfordernde Tätigkeit, selbstbestimmtes Arbeiten, Aus- und Weiterbildung sowie eine partizipative Führung seien wichtiger als ein attraktives Gehalt.

Meine Gedanken kreisen weg vom Inhalt des Buches hin in die Gegenwart mit ihren mannigfaltigen Herausforderungen und Dilemmata. Wie gestalten wir Schulleitungen unseren Führungsalltag mit immenser Führungsspanne? Wie gelangen wir zu Ausgewogenheit zwischen Management und Leadership? Wie ermöglichen wir die so dringend nötige Entwicklung in unseren Schulen? Und wo wollen wir doch wirken und verantwortungsvoll vorangehen?

INFOBOX

Reinhard K. Sprenger zu Gast am Symposium Personalmanagement! Am 16. Juni 2023 wird er ein Referat zum Thema «Führen und geführt werden – Der Konflikt als Lösung» halten. Auf dieser Seite gelangen Sie zur Anmeldung.

Zum Autor

Jörg Berger ist verantwortlich für den Blog Schulführung. Er arbeitet in der Lehrgangsleitung des CAS Digital Leadership in Education, als Schulleiter an der Schule Knonau und in der Geschäftsleitung des Fachverbandes

Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: Screenshot Buchcover

Literaturnachweis:

Binswanger, M. (2012). Sinnlose Wettbewerbe – Warum wir immer mehr Unsinn produzieren. Freiburg im Breisgau: Herder.

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik , (39), S. 223–238.

Deci, E. L., Koestner, R., & Ryan, R. M. (2001). Extrinsic Rewards and Intrinsic Motivation in Education: Reconsidered once again. Review of Educational Research , 71, S. 1–27.

Frey, B. S., & Osterloh, M. (2002). Successful Management by Motivation – Balancing Intrinsic and Extrinsic Incentives. Heidelberg: Springer.

Kohn, A. (1998). Challenging Behaviorist Dogma; Myths about money and motivation. Compensation & Benefits Review , 1–6.

Pink, D. (2009). Dan Pink über die überraschende Wissenschaft der Motivation [TED-Film].

Sprenger, R. K. (2014). Mythos Motivation. Wege aus der Sackgasse (20. aktual. und erw. Ausg.). Frankfurt am Main: Campus.

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