Anfang März 2023 wurde der neueste Bildungsbericht der Schweiz publiziert. Er zeigt, dass sich das öffentliche Bildungswesen zunehmend mit Entwicklungsfragen auseinandersetzen muss. Stichworte sind die Einführung von Tagesschulen, Strategien zum digitalen Wandel oder ein veränderter Umgang mit Heterogenität. Aber auch Erfahrungen zur Corona Zeit und Entwicklungen der Schulleistungen während der Pandemie werden aufgezeigt. Frank Brückel fasst die Themen zusammen.
Das Referenzwerk gibt «Antworten auf zahlreiche Fragen und zeigt gleichzeitig auf, zu welchen Fragestellungen es (noch) kein oder (noch) zu wenig verlässliches Wissen gibt» (vgl. Bildungsbericht 2023, S. 6). Zusammen mit zwei Vertiefungsberichten (Digitalisierung in der Bildung (2021) und Sonderpädagogik in der Schweiz (2021) erlaubt er ein umfassendes Bild über die Qualität des schweizerischen Bildungssystems und machen deutlich, dass sich Schulen in einem umfassenden Wandlungsprozess befinden.
Was auf den ersten Blick als blosse Statistik erscheint, zeigt auf den zweiten Blick eindrücklich, welche Themen in den Schulen aktuell Zukunft von Bedeutung sind. So wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass die Nutzung digitaler Medien in Schule und Freizeit einen immer grösseren Raum einnimmt. Ebenso zeigen die Statistiken der letzten Jahre, wie die Anzahl und der Anteil der separativ unterrichteten Schüler:innen konstant abgenommen hat und die Wirkung der integrativen Beschulung empirisch fast durchwegs positiv bewertet werden oder dass in den letzten Jahren vermehrt Projekte für sogenannte gebundene Tagesstrukturen oder Tagesschulen mit obligatorischen Betreuungseinheiten realisiert wurden.
Gesellschaftlicher Wandel fordert Entwicklung in der Schule
Ändert man beim Lesen die Perspektive und versucht zu erfassen, was die einzelnen Statistiken für den konkreten Alltag bedeuten, so wird deutlich, dass sich das öffentliche Bildungswesen zunehmend mit Entwicklungsfragen auseinandersetzen muss. Der im Bildungsbericht dokumentierte gesellschaftliche Wandel hat Auswirkungen auf die Arbeit in den Schulen. Er manifestiert sich in konkreten Reformen oder Projekten, wie die Einführung von Tagesschulen, Strategien zum digitalen Wandel oder einem veränderten Umgang mit zunehmender Heterogenität.
Diese haben erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsalltag. War lange Zeit vom «Kerngeschäft Unterricht» die Rede, so sind es heute mehrere Kerngeschäfte, die erfüllt werden müssen und oft als Belastung empfunden werden, weil sie zusätzliche Arbeit generieren: zum Beispiel eine verstärkte Elternarbeit, die aktive Beteiligung an der Schulentwicklung oder die Forderung nach einer intensiveren multiprofessionellen Zusammenarbeit.
Umgang mit Veränderungen
Für Führungspersonen, welche die Organisation des Arbeitsalltags und anstehende Entwicklungsprozesse in Einklang bringen müssen, stellt sich immer wieder die Frage, wie sie mit diesen vielfältigen Anforderungen umgehen sollen. Immer mehr zeigt sich, dass es nicht sinnvoll ist, einzelne Themen (zum Beispiel die Umsetzung des digitalen Wandels, die Einführung einer Tagesschule oder die Erstellung eines sonderpädagogischen Konzepts) nacheinander anzugehen. Gefragt sind Strategien, die aufzeigen, wie Entwicklungen parallel aufgegriffen, miteinander verzahnt und für das Team tragfähig umgesetzt werden können. In der Zusammenführung der Projekte und zwar so, dass am Ende die Schüler:innen und Teams profitieren, liegt der Schlüssel des Erfolgs. Diese Arbeit ist nicht trivial, sondern erfordert systemisches Denken und Handeln und den Einbezug des Teams.
Die Pädagogische Hochschule Zürich bietet Schulen und Behörden vielfältige Unterstützungen an, damit die Qualität der Bildung auf hohem Niveau gewährleistet bleibt und die Beteiligten die anstehenden Veränderungen bewältigen können. Einerseits durch themenspezifische Schwerpunkte, andererseits durch übergreifende Angebote, die aufzeigen, wie Themen zusammengeführt und gemeinsam bearbeitet werden können.
INFOBOX Den Bildungsbericht 2023 und können Sie hier kostenlosen downloaden. Im neuen «CAS Schule entwickeln» der PH Zürich können die Teilnehmenden ein eigenes Entwicklungsprojekt ihrer Schule mitbringen und erhalten Unterstützung bei der Analyse und Umsetzung. Der Lehrgang kann in drei Profilen inhaltlich vertieft werden: Digitalität, Tagesschule, individueller Schwerpunkt und bringt auch ohne eigenes Projekt einen substanziellen Wissenszuwachs für die Projektarbeit an Schulen und das Verständnis von Schulentwicklungsprozessen. Weitere Informationen und Angebote zum Thema finden Sie auf der Seite «Schulentwicklung».
Literaturnachweis
Bildungsbericht 2023. Erwähnte Seiten: 6, 17, 39, 65, 56
Zum Autor
Frank Brückel ist Dozent im Zentrum Schule und Entwicklung an der PH Zürich. Er leitet die Arbeitsgruppe Tagesschule und ist zudem Mitglied im Leitungsteam MAS Weiterbildungsstudien. Er kennt sich speziell in Schulentwicklung, Ganztagesbildung und Professionalisierung bei Lehrpersonen aus.
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: Screenshot Cover Bildungsbericht 2023