Verstehen Führende und Lehrende, wie im Bildungswesen über alltägliches Handeln Diskriminierungen (Beispiel Rassismus) erfolgen, Zugehörigkeiten und Lernerfolge verhindert werden? Beschäftigt Sie dies angesichts all der Herausforderungen, die an Sie gerichtet werden? Eher Nein – sicher? Seit je werden defizitär angesehene gesellschaftliche Entwicklungen wie beispielsweise Umgang mit Genussmitteln oder Verkehrserziehung in pädagogische Probleme umcodiert. Solche sind in jeder Schule zu bearbeiten: so auch Diskriminierung und Rassismus. Petra Hild und Regina Scherrer Käslin regen zur Diskussion an.
Warum positionieren und äussern wir uns so, wie wir es tun und was könnte das mit Diskriminierung zu tun haben? Weder die PH Zürich noch andere Bildungsorte, das heisst, auch Ihre Schule stellen einen Lernraum, frei von Diskriminierungen und rassistischen Tendenzen dar. Neben institutioneller Diskriminierung (fehlende Barrierefreiheit, mangelnder Nachteilsausgleich) verweist der strukturelle Rassismus (Alltagsrassismus) auf die Privilegierten: «Ich weiss, ich säg, ich (c)han, …». Wer hat in Bildungssettings das Sagen, was meint da Augenhöhe und welche Rolle spielt die (An-)Sprache, spielen SprachEN? Sprache ist das zentrale Instrument zur Verständigung – egal ob gesprochen, geschrieben oder als Emoji. Jede Äusserung hat das Potenzial, das Gegenüber zu integrieren oder auszugrenzen und kann rassistisch wirken – auch unbeabsichtigt.
Dieser Tatsache müssen sich Professionelle stellen, denn es gibt «Spielarten» von Diskriminierungen in pädagogischen Settings. Gutgemeintes (woher kommst du?) gehört ebenso dazu wie verniedlichen und wegschauen (es war ja nur ein Spass). Ignoranz ist nicht dem Zufall und selten Unsicherheit geschuldet, stellt vielmehr eine Waffe der Dominanten, Privilegierten dar. Welche normativen Vorstellungen und Selbstverständlichkeiten privilegieren uns Führende, Lehrende und wie entwickeln wir ein Schulhausklima, das eher zu nichtdiskriminierenden Führungs-, Lehr- und Lernpraktiken führt?
Zur Überwindung des alltäglichen und strukturellen Rassismus müssen wir unsere Komfortzone verlassen, denn die Privilegien der einen produzieren fortdauernde Verletzungen und Benachteiligungen der anderen. Wir sind darin geübt, Wissen beispielsweise zu Inklusion oder Mehrsprachigkeit zu produzieren, doch tauschen wir uns kaum aus zur eigenen Beteiligung an Dominanzstrukturen und Machtverhältnissen. Ist unsere Schule DIE Ausnahme? Oft werden Hinweise zu diskriminierendem Tun abgeblockt – wir sind doch nicht rassistisch, Rassismus ist doch das Problem von politisch «Rechten»!
INFOBOX Diskriminierung und Rassismus – könnte es mehr Begegnungen ohne geben? Daran arbeiten Petra Hild und Regina Scherrer der PH Zürich. Zwischen Juli 2022 und Dezember 2024 führen sie ein Schulentwicklungsprojekt durch, das für die feinen Unterschiede in den Dominanzstrukturen von Lern-und Bildungsprozessen sensibilisieren soll. Das Projekt «Mehrsprachige integrieren – für eine sprach- und diversitätssensible Schulhauskultur» fokussiert die Zusammenarbeit zwischen HSK-, DaZ- und Klassen-Lehrpersonen mit dem Ziel, das Lernen mehrsprachiger Schüler:innen zu verbessern. HSK-Lehrpersonen und DaZ-Lehrpersonen können zu einer sprach-und diversitätssensiblen Schulhauskultur Bedeutsames beitragen. Bisher werden sie wenig wahrgenommen und ihre Expertise liegt brach. Neugierig? Dann melden Sie sich für mehr Informationen bei petra.hild@phzh.ch und regina.scherrer@phzh.ch.
Zu den Autorinnen
Petra Hild ist Dozentin im Zentrum Schule und Entwicklung and der PH Zürich. Fachgruppe: Erziehungs- und Sozialwissenschaften, Fachteam Soziologie
Regina Scherrer Käslin ist Dozentin auf der Primarstufe an der PH Zürich. Fachgruppe: Erziehungs- und Sozialwissenschaften
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: Petra Hild, 2019