Unterwegs an Wegweisern und Weggabelungen innehalten und prüfen: Wo sind wir gerade und wie müssen wir weitergehen, dass wir unser Wanderziel erreichen? Das Bild des Wanderns lässt sich auf das Planen und Durchführen von Unterricht übertragen, sagt Christine Eckhardt: Lernziele festlegen, diese transparent machen und auf dem Lernweg immer wieder prüfen, passt die Richtung und wie geht’s weiter.
Ein Merkmal kompetenzorientierten Unterrichts ist es, dass der Unterricht nicht von den zu bearbeitenden Inhalten, Methoden, Lernangeboten, sondern von den Kompetenzen her geplant wird. Zentral ist, über welche die Schüler:innen am Ende einer Lerneinheit verfügen sollten. Zu Beginn einer jeden Sequenzplanung werden die angestrebten Kompetenzen festgelegt und in Lernzielen konkretisiert, sodass klar ist, wohin es geht (Outcome).
Damit kommt den Lernzielen eine wegweisende Funktion zu. Sie steuern zum einen den Unterricht mit dessen Lerngelegenheiten und zum anderen die Beurteilung, bei der überprüft wird, inwieweit die Lernziele (Sachnorm) erreicht wurden.
Dies geschieht während des Lernprozesses formativ, einerseits wenn Lehrpersonen mit ihren Schüler:innen ins Gespräch kommen und Fragen klären: «Wo stehst du aktuell? Wie kommst du voran? Was ist dein Ziel? Was sind die konkreten nächsten Schritte, um diesem Ziel näher zu kommen?». Damit erhalten die Schüler:innen lernzielorientiertes Feedback der Lehrperson.
Andererseits wenn die Schüler:innen ihren Ist-Stand im Vergleich zu den Lernzielen bei sich selbst (Selbstbeurteilung) oder bei Peers (Peerfeedback) einschätzen und ihr weiteres Lernen danach ausrichten.
Aber auch wenn die Schüler:innen ihren Ist-Stand im Vergleich zu den Lernzielen bei sich selbst (Selbstbeurteilung) oder bei anderen (Peerfeedback) einschätzen und ihr weiteres Lernen danach ausrichten. Ergänzend dazu sind Lernziele die Grundlage einer bilanzierenden Beurteilung: Inwieweit wurden die Lernziele erreicht? Ferner ermöglichen festgelegte Lernziele die Kommunikation über Unterricht unter anderem mit dem Team, mit Eltern oder der Schulleitung.
Wie formuliert man Lernziele?
Die Kompetenzformulierungen im Lehrplan geben sehr allgemein vor, was die Lernenden bis zum Ende eines Zyklus wissen und können sollen. Diese entsprechen jedoch noch nicht direkt einsetzbaren Lernzielen für den Unterricht. Für diesen müssen die Kompetenzstufen daher in Lernziele konkretisiert werden. Häufig bedarf es mehrerer davon, um eine Kompetenzstufe zu erreichen.
Da im kompetenzorientierten Unterricht dem tiefen Verstehen und Anwenden eine besondere Bedeutung zukommt, sollte dies bei der Lernzielformulierung bedacht werden. Die nachfolgende Tabelle, die sich an der Taxonomie von Bloom orientiert, bietet hierfür Hilfestellungen.
Quelle: Broschüre «Beurteilen und Fördern B&F für den kompetenzorientierten Unterricht»
Lernzielformulierungen, die Verben aus den gelben Bereichen «erinnern und wiedergeben» beinhalten, können von Schüler:innen einfacher erreicht werden und entsprechen vermehrt den Grundanforderungen. Um jedoch den Ansprüchen eines kompetenzorientierten Unterrichts gerecht zu werden, sollten auch Lernziele aus den Bereichen «Verstehen und Anwenden» sowie «Entwickeln und Beurteilen» angestrebt werden.
Als Hilfsmittel bei der Formulierung von Lernzielen können die in Lehrmitteln vorgeschlagenen Ziele dienen, jedoch sollten sie nicht massgebend sein.
Wie kann man Lernziele transparent machen?
Damit das Lernen an den Zielen ausgerichtet werden kann, sollten diese auch Schüler:innen, eventuell Eltern, transparent gemacht werden. Beurteilungsraster bieten hierfür eine gute Möglichkeit. Lernziele können jedoch auch an der Schulzimmerwand mit einer Lernzielleine, auf Aufgabenblättern, auf dem Pult jedes Lernenden oder auch in dessen Lerntagebuch / Lernjournal/ Portfolio visualisiert werden.
Zusammengefasst eine Wegleitung mit den wichtigsten Fragen. Halten Sie inne und prüfen Sie, wo Sie stehen und was die nächsten Schritte sind:
- Legen die Lehrpersonen an Ihrer Schule für eine Lerneinheit bereits bei der Planung die Lernziele fest?
- Wie werden die Lernziele an Ihrer Schule formuliert? Werden diese aus den Kompetenzen des Lehrplans 21 abgeleitet und konkretisieren diese? Berücksichtigen die formulierten Lernziele nur «Erinnern und Wiedergeben» oder auch die anspruchsvolleren Bereiche?
- Verfügt Ihr Kollegium über ein gemeinsames Repertoire an Methoden, um Lernziele transparent zu machen?
- Werden Lernziele von Lehrpersonen und Schüler:innen formativ im Lernprozess genutzt?
INFOBOX Die Auseinandersetzung mit der zentralen Funktion der Lernziele wird am ersten Kursnachmittag (21. September 2022) bei der Weiterbildung «Tangram / Tangram light – Fundiert, vielseitig und kompetenzorientiert beurteilen» angeboten. In den folgenden Kursnachmittagen steht die Überprüfung der Lernziele im Fokus. Es werden verschiedene Beurteilungssituationen mit wissenschaftsgestützten Inputs sowie Praxisbeispielen beleuchtet (zum Beispiel Selbstbeurteilung, (Peer-)Feedback, Portfolio, Lernkontrollen).
Zur Autorin
Christine Eckhardt, Primar- und Sekundarlehrperson, ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule Zürich in der Aus- und Weiterbildung sowie Forschung tätig. Sie leitet unter anderem das Weiterbildungsangebot «Tangram / Tangram light – fundiert, vielseitig und kompetenzorientiert beurteilen».
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: zVg
Literaturverzeichnis:
- Lötscher, Hanni, Marcel Naas und Markus Roos. 2021. Kompetenzorientiert beurteilen. Bern: Hep Verlag.
- Bildungsdirektion Kanton Zürich. 2020. Mit Leitsätzen zu einer gemeinsamen Beurteilungskultur. Ein Instrument für Schulleitungen, QUIMS-Beauftragte und Steuergruppen. Zürich.
- Direktion für Bildung und Kultur (AgS). 2019. Beurteilen und Fördern B&F für kompetenzorientierten Unterricht. Orientierung und Texte zur Lernumgebung. Zug.
- Hattie John und Klaus Zierer. 2016. «Gib und fordere Rückmeldung!» Pädagogik 11/16: 42-47.