Zusammen wachsen

Zusammen wachsen in einem Führungskräftetraining

Als Lehrerin ist Sabine Marsch in die Sommerferien gegangen und anschliessend als Schulleiterin wieder zurückgekehrt. Sie hatte studiert, promoviert, ihr Referendariat abgeschlossen und ein bisschen Berufserfahrung gesammelt. Dennoch habe sie damals schnell gemerkt, wie viel ihr noch fehlte, um ihre Mitarbeiter:innen gut zu begleiten, ihre Schule als Organisation strategisch weiterzuentwickeln und selbst dabei ihre Führungsrolle zu finden. Was Sabine Marsch als Schulleiterin in einem Führungskräftetraining gelernt hat.

Auf die Herausforderungen der Leitung einer Schule hatte mich das wissenschaftliche Studium an der Universität, das Referendariat oder die Arbeit als Lehrerin für Biologie und Chemie ganz und gar nicht vorbereitet. Aus diesem Mangel heraus bin ich auf ein Training mit dem Titel „Der dritte Weg des Führens“ gestossen – offen für Führungskräfte aus unterschiedlichen Branchen und mit unterschiedlichen Erfahrungslevels. Ich war mir unsicher und hatte Zweifel, ob die Inhalte denn für mich als Schulleiterin relevant sein würden. Schule ist schliesslich kein Wirtschaftsunternehmen. Das zweitägige Seminar hat mich nachhaltig beeinflusst und tief ins Nachdenken und Nachspüren meiner eigenen Vorstellungen von mir als Führungskraft und meinen Glaubenssätzen gebracht.

Wertvolle Resultate des Führungskräftetrainings

Gelernt habe ich dort vor allem, wie unterschiedlich die Menschen sind und wie sie sich in ihrer Unterschiedlichkeit motivieren lassen. Jede:r Mensch ist anders und braucht etwas anderes. Eigentlich ist das keine Überraschung, dies war für mich in der Arbeit mit den Schüler:innen selbstverständlich. Aber es ist mir schwergefallen, das auch auf meine Kolleg:innen zu übertragen. Von mir selbst und meinen Motivatoren habe ich oft zu schnell auf andere geschlossen und erst lernen müssen, der Unterschiedlichkeit mit Wertschätzung und Dankbarkeit zu begegnen. Übungen zur gewaltfreien Kommunikation haben mir geholfen, auf meine Bedürfnisse und die der Kolleg:innen, Eltern und Schüler:innen zu schauen.

Darüber hinaus habe ich durch das Seminar einen Einblick in die Welt der neuen Arbeitsformen (new work) bekommen: Loslassen, Eigenverantwortung ermöglichen, Freiräume eröffnen. Eigentlich bietet die Schule dazu eine nahezu perfekte Ausgangsituation. Als Lehrer:in arbeitet man bereits sehr eigenverantwortlich im Klassenzimmer und dennoch spüren viele ein Gefühl von Enge und Starre. Woran kann das liegen? Fehlt vielleicht der Blick auf das große Ganze? Wie kann Führung dies ermöglichen? Welche Rolle als Schulleiterin kann ich einnehmen, um Partizipation und Selbstwirksamkeit in der Schule zu fördern?

Die Beispiele aus Frederik Lalouxs „Reinventing Organisations“ aus Unternehmen, die das umgesetzt haben, haben mich beeindruckt und mich angeregt, Schule als System noch einmal neu zu denken. Und gerade der Austausch mit den Führungskräften aus anderen Bereichen hat mir deutlich gemacht, wie viel wir doch gemeinsam haben. Herausforderungen, Schwierigkeiten und Probleme teilen sowie aus unterschiedlichen Perspektiven eine Rückmeldung oder einen Lösungsvorschlag zu erhalten, war eine sehr wertvolle Lernerfahrung für mich. Nein, die Schule ist kein Wirtschaftsunternehmen, aber wenn wir sie nicht nur als einen Lernort für Schüler:innen betrachten, sondern ebenso als einen Arbeitsort für Lehrkräfte und (nicht-)pädagogisches Personal, dann ist die Schule wie ein Unternehmen eine lernende Organisation, die Kinder und Jugendliche auf die Arbeitswelt vorbereitet.

Mit diesen Erkenntnissen und Impulsen kam ich nach dem Führungskräftetraining zurück an meine Schule. Klar, meine Art der Führung änderte sich nicht von heute auf morgen – jedoch reflektierte ich immer mehr Situationen, suchte neue Wege und probierte unterschiedlich aus. Nach und nach zeigten sich Veränderungen: Die Meetings veränderten sich durch Check-In-Runden und Achtsamkeitsübungen. Es gelang mir immer häufiger zu vertrauen und loszulassen und den Menschen aufmerksam zuzuhören und ihre Bedürfnisse wahrzunehmen.

Zur Autorin

Schulleiterin Sabine Marsch

Sabine Marsch ist Schulleiterin der Montessori Oberstufe Berlin. Sie hat Biologie, Chemie und Evangelische Religionslehre studiert, in der Biologiedidaktik promoviert und den CAS Pädagogische Schulführung an der Pädagogischen Hochschule Zürich absolviert. Ihr Herz schlägt für die Transformation von Schule und das Neudenken von Beziehungen – weg von Hierarchien hin zu gelebter Wertschätzung und Vertrauen zwischen den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die in der Schule zusammenleben. Gemeinsam mit ihren Kolleg:innen Romy Möller und Heiner Diepenhorst startet sie in diesem Jahr ein Programm zur Vernetzung von Führungskräften aus Schule und Wirtschaft.

Redaktion: Melina Maerten

Titelbild: zVg

Quellen: Frederic Laloux „Reinventing Organisations“

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