Digitalstrategie

Digitalstrategie: Flexibilität trifft Stabilität

Viele Schulen sind punkto Digitalität gut für den Unterricht von gestern oder heute, aber kaum für denjenigen von morgen gerüstet. Neue Digitalstrategien sollen den Kurs für die nächste Phase vorgeben und als Kompass für die nächsten Jahre dienen. Wie soll man aber einen Kurs festsetzen in einem Bereich, der sich derart schnell wandelt? Michael Oettli, Gymnasiallehrer Kantonsschule Rychenberg, Winterthur, stellt ein Ansatz vor, der den Spagat zwischen Stabilität und Flexibilität ermöglicht.

Für viele Schulen gilt (trotz teils grosszügiger IT-Infrastruktur): Sie sind optimal ausgerüstet für den Unterricht von gestern, punktuell noch für denjenigen von heute, aber nicht für die Schule von morgen. Neue Strategien für den Digitalbereich müssen entwickelt werden, damit Investitionen in Hard-, Software, Aus- und Weiterbildung zielgerichtet eingesetzt werden können. Eine solche Strategie muss aber gleichzeitig den sich schnell ändernden Rahmenbedingungen Rechnung tragen.

Die auf dem Markt erhältliche Hard- und Software entwickelt sich rasant und Datenschutzabkommen erlauben die Verwendung verschiedenster Plattformen. Bauliche Veränderungen werden durch den zunehmenden Einsatz mobiler Geräte und den teilweisen Wegfall von Computerarbeitsräumen möglich, dafür muss die Netzwerkinfrastruktur der mit BYOD oder 1:1-Ausstattung einhergehenden Zunahme digitaler Endgeräte gerecht werden. In den Gymnasien stehen zudem neue eidgenössische und kantonale Vorgaben an.

Es stellt sich also die Frage, wie ein Digitalisierungskonzept für eine Schule geschrieben werden muss, damit es einerseits als Kompass die Richtung für Entscheidungen vorgeben und gleichzeitig flexibel bleiben kann?

Eine gemeinsame Vision

Im ersten Schritt wird in einem breit abgestützten Verfahren ein Zielzustand für die Schule erarbeitet. Wie in jedem Veränderungsprozess besteht der Kern der Arbeit darin, die betroffenen Personen mit ihren Ansichten, Gefühlen und Zielen einzubinden und sie somit zu Beteiligten zu machen.

Dieser Prozess muss von pädagogischen und didaktischen Grundsätzen geprägt sein. Es geht noch nicht um einen bis ins Detail geregelten Plan. Der Autor Menno Huber spricht von einem «grobkörnigen Bild des Zielzustandes». Es wird also nicht zuerst ein Digitalisierungskonzept geschrieben, sondern ein Zielzustand definiert! Dieser ist der Kompass, man könnte auch sagen Leuchtturm, an dem man sich orientieren kann.

Agilität und Kommunikation

Das Umsetzungskonzept besteht aus einer Reihe von Teilzielen oder Elementen, die in der Folge (in agiler Manier) ausgearbeitet und implementiert werden. Erst nachdem man sich im Klaren ist, welche Wirkungen ein Element zeigt, geht man das Nächste an, allenfalls mit angepassten Teilzielen. Dieses Vorgehen ist äusserst flexibel und erlaubt es, auf Veränderungen rasch zu reagieren.

In dieser Phase ist ein definierter Feedbackzyklus unter Einbezug der betroffenen Gruppen unabdingbar. Dies gilt in besonderem Masse, wenn in der Umsetzungsphase die Teilziele (zum Beispiel aufgrund von äusseren Veränderungen) angepasst werden müssen. Diese Veränderungen werden von den verschiedenen Akteuren oft auch unterschiedlich bewertet. Nur das aktive Gespräch kann hier eine gemeinsame Haltung erzielen.

Gemeinsam schrittweise unterwegs sein auf ein miteinander erarbeitetes Entwicklungsziel hin in einem klar definierten Prozess, der den Beteiligten Mitsprache erlaubt. Dieses Vorgehen hat das Potenzial zu gelingender Schulentwicklung, besonders auch im Bereich des digitalen Wandels.

INFOBOX

Möchten Sie noch mehr über digitale Schulentwicklung erfahren? Dann lesen Sie auch den Beitrag Pädagogischer ICT-Support – zentraler Baustein in der Schulentwicklung

Zum Autor

Michael Oettli

Michael Oettli ist Gymnasiallehrer für Physik und Mathematik an der Kantonsschule Rychenberg in Winterthur und präsidiert dort die Informatikkommission. Als Lehrer schon auf allen Stufen tätig gewesen, interessiert er sich für die Frage, wie die kollektive Energie einer Schule zu deren Entwicklung genutzt werden kann.

Redaktion: Melina Maerten

Titelbild: pixabay.com

Quellen:

Doppler, Klaus und Lauterburg, Christoph (2002). Change Management: Den Unternehmenswandel gestalten. Frankfurt am Main: Campus.

Huber, Menno (2019). Schulen agil gestalten, entwickeln, führen. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme.

Ein Gedanke zu „Digitalstrategie: Flexibilität trifft Stabilität“

  1. Danke für den lesenswerte Beitrag und die interessanten Einblicke. Eine Schwierigkeit in der Schulentwicklung, welche durch die Digitalisierung deutlich sichtbar wird, ist die Frage des Zielbildes. Ob dies nun grobkörnig oder wie auch immer gestaltet ist – es bleibt die Schwierigkeit, dass wir nicht wissen können, wie die Zukunft aussieht. Ich kann mir zwar in der Gegenwart – und nur hier – Gedanken machen und Vorstellung entwickeln, wie Schule in 10 Jahren aussehen könnte. Aber wissen wie sie sein wird, können wir nicht, da uns die Zukunft verborgen bleibt. Lernen Kinder noch Fremdsprachen oder haben wir ein Google-Knopf im Ohr? Lernen wir von zu Hause aus und gehen in die Schule um Kolleginnen und Kollegen zu treffen? Gibt es noch Lehrmittelverlage oder sparen wir uns das Geld und schauen YouTube? Treffen sich die Kinder von wohlhabenden Eltern in Co-Working-Spaces bei einem Latte zum Lernen und diejenigen, welche sich den Eintritt nicht leisten können, in herkömmlichen Schulhäusern? Ich weiss nicht wieviel wir davon mitbestimmen können und was in der Zukunft einfach passieren wird. Aber ich weiss, was ich möchte und was ich auf keinen Fall möchte. Und das macht Schulentwicklung ja so spannend – gerade auch durch die Digitalisierung und ihr Veränderungstempo.

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