Mit dem (noch zaghaften) Einzug von Künstlicher Intelligenz (KI) an Schulen verändert sich auch das Aufgabenprofil der Lehrerinnen und Lehrer. Einerseits kann die KI Routineaufgaben übernehmen und Lehrpersonen so erlauben, sich wichtigeren Aufgaben zuzuwenden. Andererseits droht die Gefahr der De-Professionalisierung von Lehrpersonen, wenn diese zu reinen technischen Dienstleistern verkommen. Schulführung muss hier auf Personal setzen, das kompetent und kundig mit der neuen Technik umzugehen weiss. Tobias Röhl.
Künstliche Intelligenz verspricht Tätigkeiten zu automatisieren, die bislang nur Menschen ausführen konnten: etwa die medizinische Diagnose mittels Bilderkennung, das Erstellen von Sportnachrichten und Wetterberichten oder die Beurteilung von Kreditwürdigkeit.
In der schulischen Bildung gibt es ebenfalls verschiedene Anwendungsgebiete. So erlauben etwa adaptive Lernsysteme die individuell auf das Leistungsniveau der Lernenden zugeschnittene Auswahl von Aufgaben und entsprechend angepasste Rückmeldungen. Ein anderer schulischer Einsatzbereich ist die Beurteilung und Bewertung von Leistungen der Lernenden. Dank KI können nun auch nicht-standardisierte Leistungen, etwa Aufsätze im Fach Deutsch, automatisch analysiert und bewertet werden. Dies verspricht eine objektive und vorurteilsfreie Beurteilung von Formaten, deren Einschätzung oft als subjektiv gilt.
Aufwertung oder De-Professionalisierung?
Zunächst erscheint KI als Chance. Lehrpersonen gewinnen Zeit, weil die Technik ihnen zeitraubenden Tätigkeiten abnimmt und Raum für die individuelle Zuwendung schafft. Statt als «sage on the stage» können Lehrpersonen künftig als «guide on the side» den Lernprozess begleiten und dort eingreifen und unterstützen, wo es Probleme gibt.
Die Automatisierung von Tätigkeiten birgt aber auch Gefahren. Wenn KI zentrale pädagogische Aufgaben wie die Auswahl von Aufgaben und deren Beurteilung übernimmt, kann dies auch zur De-Professionalisierung führen. Lehrpersonen führen bloss noch technische Vorgaben aus: Ein Aufsatz ist wie folgt zu bewerten, jener Schüler braucht diese Unterstützung, eine andere Schülerin ist unterfordert und benötigt zusätzliche Aufgaben. Daran gekoppelt, so die Befürchtung, sind eine Vereinfachung der Ausbildung, eine Abwertung des Berufsbildes und schliesslich sinkende Löhne oder gar Entlassungen.
Für eine Aufwertung der pädagogischen Profession spricht, dass die KI trotz aller in sie gesetzten Hoffnungen auch einige Schwächen aufweist. Gerade diese Schwächen machen kompetente und menschliche Lehrpersonen weiterhin unerlässlich. Wie die Analysen und Ergebnisse adaptiver Lernsysteme zustande kommen, liegt im Dunklen. Und auch die scheinbar objektive Bewertung durch KI kann unbemerkt soziale Verzerrungen mit sich führen. Denn sie operiert auf Grundlage vergangener menschengemachter Beurteilungen, die gleichfalls subjektiv erfolgt sind. In beiden Fällen muss jemand in der Lage sein, die Ausgaben der Systeme einzuordnen und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen.
Aus Sicht der Schulführung braucht es dementsprechend Personal, welches ein grundlegendes Verständnis der neuen Technik hat und ihre Möglichkeiten und Grenzen einschätzen kann. Ohne eine entsprechende Personalentwicklung führen Schulleiterinnen und Schulleiter sonst irgendwann nicht mehr Lehrpersonen, sondern Maschinen und ihr Wartungspersonal.
INFOBOX Die Herausforderungen der Digitalisierung für das Personalmanagement werden am diesjährigen Symposium Personalmanagement thematisiert und diskutiert. Tobias Röhl bietet am Symposium einen Workshop mit dem Titel «Superlehrkraft KI? Herausforderungen und Chancen für die Personalentwicklung an Schulen» an.
Zum Autor

Tobias Röhl ist Dozent für Digitales Lernen und Lehren am Zentrum Medienbildung und Informatik der PH Zürich. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der digitale Wandel im Bildungsbereich, insbesondere der Einsatz digitaler Medien im Unterricht sowie die Vernetzung und Datafizierung von Schulen.
Redaktion: Melina Maerten
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