Fränzi Heusser ist Schulpräsidentin in Wald. Sie kam mitten in der Legislatur in ihr Amt, war jedoch schon aus früheren Tätigkeiten vertraut mit Gemeindestrukturen und der Situation von Milizbehörden. Sie ist zu 20 Prozent im Gemeinderat engagiert und zu 30 Prozent als Schulpräsidentin tätig. Andrea Hugelshofer befragt Heusser, wie sie ihre Aufgabe als Schulpräsidentin versteht.
Fränzi Heusser, du bist Schulpräsidentin in einer Einheitsgemeinde. Was kennzeichnet deine Aufgabe in diesem Kontext?
In Wald ist das Schulpräsidium von Amtes wegen Mitglied des Gemeinderates und zuständig für die Führung des Schulressorts. Eine Herausforderung besteht in der formalen Führungsstruktur von Schulen, da verschiedene Führungsgremien wie Schulleitung, Schulpflege, Gemeinderat und Kanton bei der Schulsteuerung beteiligt sind. So werden schulische Entscheidungen verzögert, weil sie über mehrere Stufen hinweg zu erfolgen haben.
Auch die Zuständigkeiten in der Zusammenarbeit sind unkonkret. Die strategische Planung und Führung der Schule und die finanziellen Entscheidungskompetenzen in schulischen Angelegenheiten beispielsweise liegen im Endeffekt nicht bei der gleichen Behörde. Diese Ausgangslage macht eine gelingende Zusammenarbeit stark von den beteiligten Personen abhängig und führt dazu, dass die erfolgreiche Ausführung eines Schulpräsidiums im Wesentlichen darauf basiert, wie gut es gelingt, in allen beteiligten Gremien für gegenseitiges Verständnis zu sorgen und damit Mehrheiten zu schaffen. Strukturelle Konfliktsituationen bergen somit ein grosses Risiko.
Was ist dir wichtig bei der Führung der Schulbehördenmitglieder?
Führungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, das Verhalten anderer Menschen so zu beeinflussen, dass vorgängig festgelegte strategische Ziele zeitnah in Resultate umgesetzt werden können. Eine klare Führungsorganisation schafft Sicherheit, Vertrauen, Loyalität und ist Grundlage für jedes nachhaltige Qualitätsmanagement und die Zufriedenheit von Mitarbeitenden. Das gilt für die Führung von Schulbehördenmitgliedern wie auch von Schulleitenden.
Was ist dir wichtig in der Führung der Schulleitenden?
Im letzten Jahrzehnt haben sich die Ansprüche an die Führung von Schulen wesentlich verändert. Schulen bewegen und behaupten sich heute in einem sich stetig und rasant verändernden Kontext. Entsprechend anspruchsvoll und vielfältig sind auch die Anforderungen an die Rolle der Schulleitung. Ich bin überzeugt, dass im Zusammenspiel mit einer klaren strategischen Ausrichtung folgende Voraussetzungen für eine gemeinsame erfolgreiche Führungsarbeit unabdingbar sind:
- ein gemeinsames Verständnis von einer «guten Schule»,
- kohärente Strukturen, sprich klare Aufgabenprofile und entsprechende Kompetenzen,
- sowie entsprechend günstige Rahmenbedingungen.
Als Schulpräsidentin fühle ich mich verantwortlich, in unserer Schule für eine klare Führungsorganisation zu sorgen und diese im Alltag auch durchzusetzen. Dies schafft Sicherheit bei schwierigen Führungsentscheiden und ist die Basis von Loyalität, Respekt und gemeinsam getragener Verantwortung.
Die Schulbehörde wird als strategisches Gremium verstanden. Was heisst strategisch und operativ im Schulkontext?
Die Unterscheidung der Begriffe «strategische» und «operative» Führung hat sich im Kontext der Professionalisierung auch im Bildungswesen etabliert. Die Unterscheidung ist allerdings in der Praxis anspruchsvoll, weil die strukturellen Vorgaben im Bildungsbereich eine klare Trennung eher erschweren. Den Schulbehörden zum Beispiel werden gemäss Gesetz operative Aufgaben zugewiesen: bei Schulbesuchen, bei der Gestaltung von politischen Abläufen oder auch beim Unterhalt der Infrastruktur.
Umgekehrt prägen Schulleitungen mit der Erarbeitung von Schulprogramm und Konzepten die langfristige Ausrichtung einer Schule massgeblich mit. Zudem werden alle wesentlichen Richtungsentscheidungen im Bildungswesen auf kantonaler Ebene gefällt. Wir sind in der Pflicht, diese Vorgaben umzusetzen.
Die strategische Führung einer Schule beschränkt sich im Wesentlichen auf die Verantwortung, günstige Rahmenbedingungen für unsere Schulen vor Ort zu schaffen. Der strategische Gestaltungsraum ist wesentlich geringer, als es sich viele Behördenmitglieder wünschen oder bei ihrer Wahl vermutlich erhofft haben.
Mein Engagement und die Freude an meinem Amt sind ungebrochen. Tatsächlich sind es nicht die grossen Reformen, welche unsere Tätigkeit als Gemeinderäte interessant und spannend machen, es ist die Möglichkeit, die «Welt im Kleinen» gestalten zu können.
INFOBOX Unter dem Titel «Schnittstelle Schulpflege – Schulleitung: Minenfeld oder Zusammenspiel?»fand anfangs Januar 2020 eine Veranstaltung an der PHZH statt. Fränzi Heusser war als Schulpräsidentin Teilnehmerin der Podiumsdiskussion.Diese Veranstaltung stellt den Auftakt dar für spezifische Angebote der PHZH für Schulbehörden. Zukünftig gibt es mit der Themenreihe «Fokus Schulbehörde» einmal pro Quartal eine Veranstaltung, die aktuelle Themen aus pädagogischer oder Führungssicht für Schulbehördenmitglieder aufnimmt.
Zur Autorin
Andrea Hugelshofer ist Dozentin im Zentrum Management und Leadership an der PH Zürich. Sie beschäftigt sich als Beraterin und Dozentin mit Themen rund um Personalentwicklung, den Erhalt von Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie dem Umgang mit Konflikten. Insbesondere verantwortet sie spezifische Weiterbildungsangebote für Mitglieder von Schulbehörden.
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: zVg