Der Gewinn digitaler Entwicklung für Schulleitende und Lehrpersonen und wie Schulleitende diesen Prozess unterstützen können; Darüber hat Heike Beuschlein mit Marc Weder, Leiter des Bereichs «Digitale Bildung und Forschung» bei Microsoft, gesprochen.
Durch Daten das Bauchgefühl sinnvoll stützen
Die erste Aufgabe am Morgen ist ein zehnminütiger Datencheck. So sieht Marc Weder, Microsoft Verantwortlicher für die Bildungskunden in der Schweiz und in Liechtenstein, die moderne Schulführung.
Während in den Anfängen seiner Aufgabe der Fokus in den Schulen auf der Awareness der digitalen Medien lag und sich in den darauffolgenden Jahren auf die Sinnhaftigkeit der Digitalisierung verschob, wird sich seiner Meinung nach zukünftig der Blickwinkel auf eine sinnvolle Nutzung der Daten fokussieren. Das ist zum Beispiel durch ein «Business Intelligence Cockpit» möglich. Intuitive Entscheidung der Schulleitenden sollen durch gezielte Daten verschiedener Kenngrössen wie beispielsweise über Abwesenheiten, Notenentwicklung und Prüfungskollisionen untermauert werden.
Personalführung und Personalentscheidungen basieren in zunehmendem Masse auf gesammelten Daten und ermöglichen so, dem Profil der Schule, den Erfordernissen des Unterrichts und den Bedürfnissen der Lehrpersonen entsprechend strategisch zu handeln. Was zunächst sehr mathematisch und wenig menschlich klingt, kann dem Schulleitenden jedoch helfen, professionell zu handeln.
Lehrpersonen ermutigen
Marc Weder unterstützt mit seinem zehnköpfigen Team Kindergärten, Schulen und Hochschulen auf ihrem Weg in die Digitalisierung. Für ihn ist der erste Schritt, Lehrpersonen für eine zunehmende Digitalisierung zu motivieren, das vorbildhafte Verhalten der Schulleitung. Nur Schulleitungen, die selbst ihre Hemmschwelle überwinden und ein offenes Lernverhalten für digitale Medien zeigen, können Lehrpersonen vorleben, dass es nicht nur erlaubt, sondern absolut akzeptabel und manchmal wichtig ist, Fehler zu machen.
Während Lehrpersonen für ihre Schülerinnen und Schüler immer häufiger in die Rolle des Coachs schlüpfen, müssen auch Schulleitende ihre Rolle ständig neu klären. Weder betont, wie wichtig es ist, dass Schulleitende einerseits ihre Lehrpersonen permanent ermutigen, Neues auszuprobieren, dass sie andererseits ihre Erwartungen in Bezug auf die Offenheit für neue Entwicklungen klar formulieren. Eine Sharing-Kultur ist seiner Meinung nach unabdingbar, um Wissen möglichst effektiv zu nutzen. Auch für sein eigenes Team gilt dies. Seinen Mitarbeitenden ist bewusst, dass aufgrund der zunehmenden Komplexität einer allein nicht alles erreichen wird und bestmögliche Leistung im Team entsteht. Weder holt in sein Team nur Leute, die lernen und explizit bei ihm arbeiten wollen.
Dennoch gibt es sogar bei Microsoft – dies als Trost für alle Schulleitenden! – im fortlaufenden Change immer wieder Widerstand gegenüber den digitalen Entwicklungen.
Teamarbeit variabel gestalten
Während von den Schulleitenden die Präsenz aller Lehrpersonen auch ausserhalb des Unterrichts noch immer stark eingefordert wird, fragt sich Weder, wie Präsenz heute definiert werden muss. Für ihn ist es eine absolute Selbstverständlichkeit, dass jeder seinen Arbeitsplatz frei wählen kann. Ein Telefonat oder eine Video-Konferenz kann gefühlt intensiver sein als ein kurzes Vorbeischauen bei der Schulleitung im Büro. Virtuelle Arbeitsweisen können spassig sein und eine Nähe schaffen. Kolleginnen und Kollegen können zu Hause «im Pyjama und ungeschminkt» oder mit dem Kind im Hintergrund genauso daran teilnehmen. Jeder kann entscheiden, ob er mit Bild oder nur mit Ton daran teilnimmt. Teilzeitkräfte können dies eher in ihrem beruflichen Zeitrahmen ermöglichen, als wenn sie noch die Fahrtzeiten zur Schule haben.
Dennoch betont Weder die Wichtigkeit von «altmodischen» Face-to-Face-Meetings und dem informellen Austausch. Mit seinem Team hat er regelmässige Präsenz-Meetings, die mit einem gemeinsamen Mittagessen abschliessen. Jeder Mitarbeitende weiss um die Erwartung, daran teilzunehmen. Kommt jemand nicht, hat dieser einen wichtigen Grund dafür.
Grosses Vertrauen ist Voraussetzung für diese Kultur der eigenen Arbeitszeitgestaltung. Für absolut bereichernd hält Weder darüber hinaus den informellen Austausch im Team über die Chat-Funktion Microsoft Teams. Hier findet ein informeller, situativer, augenblicklicher und bereichernder Austausch statt, den es ohne dieses Medium sonst nicht geben würde.
Aus der Vernetzung Kraft ziehen
Austausch und Vernetzung über die Schulen hinaus sind für Weder elementar für die Weiterentwicklung von Schulen aber auch Personen. Sich gegenseitig mit Wissen zu bereichern, aber auch Mut zuzusprechen und gemeinsam über Möglichkeit zu diskutieren, hat eine höchst effektive Wirkung für die digitale Schulentwicklung.
Schulleitende, die gerne möchten, aber nicht wissen, wie sie es allein hinbekommen, finden in der Vernetzung schnellen Anschluss, der es erlaubt, Prozesse in der eigenen Schule zeitnah zu optimieren. In der Ermöglichung der Vernetzung sieht Weder eine seiner wichtigsten Aufgaben. Schulleitende wollen keine Anleitung, sondern das Gespräch mit anderen, die Erfahrung gesammelt haben. Unabhängig von ihrer Kundengenerierungs- und Verkaufsmotivation bietet Microsoft über Anlässe – auch offline – gemeinnützige Vernetzungsmöglichkeiten an, die ein gegenseitiges Lernen anregen und unterstützen können.
MIEE (Microsoft Innovative Education Experts) zum Beispiel ist eine Community auch für Schulleitende, in der weltweit durch Microsoft weitergebildete Pädagogen durch Inhalte und Anlässe ihr Wissen weitergeben. Auf der jährlich stattfindenden Innovative Schools EduDay Tagung gibt es die Möglichkeit zur Information und zum Austausch über spannende für Schulen relevante IT-Themen.
Einmal mehr kam für mich in diesem Gespräch mit Weder die Notwendigkeit der Zusammenarbeit verschiedener Stakeholder heraus, deren Expertise – auch wenn sie primär kommerziell motiviert sind – für die Schulen gewinnbringend sein können. Eine gemeinsame Sprache für die Kooperation zu finden, scheint mir in dieser durch Anglizismen geprägten Branche extrem wichtig. Nach dem Treffen musste ich einige Begriffe googeln!
INFOBOX: Registrierungsmöglichkeiten für Schulleitende, um über anstehende Events am Laufenden zu bleiben: - LinkedIn-Gruppe zum Thema Digitalisierung in der Bildung. - Infomail von Microsoft-Schweiz ausschliesslich zum Thema Bildung. «Digitalisierung – Packen wir’s?» Das ist Thema am Symposium Personalmanagement der PH Zürich.
Das Gespräch wurde mit Marc Weder (marc.weder@microsoft.com) in den Räumen von Microsoft geführt.
Zur Autorin
Heike Beuschlein setzt sich als Dozentin und Beraterin in unterschiedlichen Kontexten mit Fragen zur Schulführung, Schulentwicklung und Kommunikation auseinander. Sie ist Lehrgangsleiterin des CAS Führen einer Bildungsorganisation (Schulleitungsausbildung), leitet den DAS Schulführung Advanced und organisiert im Tandem jährlich eine Studienreise für Führungspersonen.
Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: zVg