Seit 11 Jahren bin ich Leistungssportler. Von morgens früh bis abends spät begegne ich Schwierigkeiten, Widerständen, Grenzen und Konflikten – eigene und die der anderen. Über all die Jahre ist mein Bewusstsein für die Komplexität von Zusammenarbeit gewachsen. Inzwischen bin ich ein Jongleur der Bedürfnisse meines Kollegiums. Dies sind meine Erkenntnisse nach den ersten Minuten Onlinereferat – wie schmeichelhaft!
Robert Jautschus ist seit 33 Jahren Trainer, Berater und Coach. Die Methode der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg (GfK) und das Webinar «Teamarbeit und Teambildung» der Schilf Akademie verbindet uns – er in der Rolle als Referent, ich als Moderator. Seine anerkennenden Worte zur Einleitung holen mich und rund 40 weitere Schulleiterinnen und Schulleiter ab. Wir alle sind eingeloggt im virtuellen Webinarraum und verfolgen gebannt Herrn Jautschus Ausführungen.
3 Thesen stehen im Mittelpunkt:
- Gemeinsam erarbeitete Ergebnisse sind besser
- Nicht allen Beteiligten wird es darum besser gehen
- Lehrerinnen und Lehrer sind es sich gewohnt, selbstbestimmt zu entscheiden
Wie im Leistungssport beginnt alles bei der Athletin/beim Athleten selbst. Teamarbeit bedingt einen guten Kontakt zu sich selbst. Selbstempathie kommt vor Fremdempathie. «Wie steht es um Ihr gesundheitsbewusstes Führungsverhalten? Sind Sie sich Ihrer Freude, Ihrer Wut, Trauer, Ihrer Angst oder Scham stets bewusst?», konfrontiert Jautschus seine Zuhörerschaft.
«In seiner Kraft bleiben, Metaebenen einnehmen, Pausen bewusst machen und seinen Körper scannen, bilden vier wirkungsvolle Werkzeuge für die persönliche Gesundheit», so Jautschus. Neben ausgewogener Ernährung braucht es eine gute Morgengestaltung um mit positiver Energie in den Arbeitstag zu starten. Am Mittag ist eine richtige Pause einzulegen und für den Arbeitsabschluss benötigt es einer Art «Schleuse» um gelöst zu Hause anzukommen.
Vor meinem inneren Auge sehe ich mich auf dem Velo entlang des Zugersees radeln. Nicht im Tempo eines Leistungssportler, sondern gemächlich, so dass Zeit bleibt, sich auf den Tag einzustimmen, Gedanken entstehen zu lassen und mit trockenem Hemd im zürcherischen Knonau anzukommen.
Zuhören gehört zu guter Kommunikation
«Es gehe in erster Linie darum, seinen Gesprächspartner zu verstehen», gibt Jautschus zu bedenken, «das Verstandenwerden folgt danach.» Und stellt das «Balancegespräch» als nächstes Werkzeug für gute Zusammenarbeit vor. Im unvorhersehbaren Führungsalltag der Schulleitung sieht man sich allzu oft mit herausfordernden Gesprächsanlässen konfrontiert. Hier lohnt es sich eine kurze Bedenkzeit einzulegen, eine Art Kunstpause, um die Dynamik zu stoppen und den Unterbruch zu nutzen, seine zeitlichen und energetischen Möglichkeiten abzuschätzen.
Ich erinnere mich an Niels Andereggs Blogbeitrag «Darf ich dich kurz was fragen?» vor wenigen Wochen. Was wohl die darin portierte Schulleiterin der deutschen Preisträgerschule von Herrn Jautschus Ratschlag hält?
Um sein Gegenüber abzuholen und das Gespräch effizient führen zu können, lohnt sich ein frühzeitiges Spiegeln, was man bisher verstanden hat. Trifft man dabei ein Bedürfnis , zeigt dies Einfühlungsvermögen und verhilft zu einem weiterhin konstruktiven Gesprächsverlauf. Denn nun geht es darum, den Spielraum auszuloten und seinen Gesprächspartner/seine Gesprächspartnerin verhandelnd zu eigenen Lösungen zu führen.
Die richtige Einstellung: «Mit Freude Wirkung zeigen»
Robert Jautschus schafft es gekonnt, den zeitlichen Rahmen einer Stunde einzuhalten und zum Abschluss seines Referates die wesentlichen Botschaften nochmals zu bündeln: «Es braucht Mut, um die Dinge zusammenzubringen, statt zu trennen. Kulturen in der Schule benötigen eine starke Führung. Die persönliche Rückkoppelung in Form von Feedback ist ein wichtiger Beitrag dazu. Feedback beinhaltet Wertschätzung, Rückversicherung und Kritik, schenkt jedoch in jeder Art vorwiegend Beachtung, und darauf sind alle Mitarbeitenden angewiesen. Auch dadurch wächst Vertrauen. Vertrauen fördert Verbundenheit und Verbundenheit mindert die Angst vor Veränderung.»
Die ausgewogene Ernährung für uns Leistungssportlerinnen und Leistungssportler beinhaltet auch geistige Nahrung. Mehr davon gibts in kompakter Form am Onlinekongress für Schulleitungen vom 5. bis 7. November 2019.
Ich freue mich besonders auf Dr. Sarah Genner mit dem Thema «Arbeitswelt 4.0 – und die Schule?», auf das Referat von Dieter Rüttimann «Unterricht der Zukunft – was wir heute, morgen und übermorgen umsetzen können», auf Prof. Dr. Pierre Tulowitzkis Ausführungen zu «Digitales Schulmanagement» und den gemeinsamen Vortrag zu «Pädagogische Innovation und Teacher Leadership» von Nina-Cathrin Strauss und Niels Anderegg. Und ich bin gespannt von Stefan Schneider und der Kantonsschule Romanshorn mehr über «Change Prozesse initiieren und erfolgreich gestalten» zu erfahren.
Und aufgeregt bin ich schon auf meine erneute Aufgabe als Moderator – speziell für die internationale Roundtable-Diskussion. Siehe dazu meinen Blogbeitrag «Das sind die Herausforderungen der Schulführung in den kommenden fünf Jahren!»
Meine Hauptprobe ist dank dem erfahrenen Referenten Robert Jautschus und dem Support der Schilf Akademie wunderbar geglückt und ich freue mich viele meiner Sportskolleginnen und Sportskollegen am Onlinekongress begrüssen zu dürfen. Probiert es aus!
Jörg Berger, Schulleiter Schule Knonau, Blog-Verantwortlicher und Moderator der internationalen Roundtable-Diskussion, PH Zürich