Das Reallabor – Ein Plädoyer für partizipative Lernraumgestaltung

Würde man 100 Menschen verschiedener Generationen ein Bild von schulischem Lernen skizzieren lassen, sähen wohl viele Exemplare annähernd identisch aus: Ein einheitlich gestaltetes Klassenzimmer, frontale Sitzordnung, monotone und einheitliche Lehrmittel, die grüne Tafel an der Stirnseite, von der Lehrperson in Schreibschrift angekreidet mit dem Unterrichtsstoff eines obligatorischen Lehrplans. Eine Tür und Wände, die das Lernen vor der Aussenwelt verschliessen und verstecken. 

So etwa sähe zumindest das Bild meiner konstruierten Schulzeit sowie auch das vieler unserer Eltern und Grosseltern aus. Und auch die Erinnerungen unserer Kinder sähen zukünftig so aus, wenn wir ihnen alsbald keine andere Vorstellung von Schule ermöglichen werden.

Lernen wird stetig mehr – mehr selbstorganisiert, kompetenzorientiert und selbstbestimmt, mehr individualisiert, personalisiert und massgeschneidert, mehr digital, flexibel, orts- und zeitunabhängig. Aber Lernen wird auch hoffentlich weniger – weniger selektiv und separativ. Für mich gelten dabei drei Thesen, die ich in meinem Alltag predige:

  • Der Lehrplan muss sich mehr an der Leidenschaft orientieren
  • Die Struktur muss mehr Neugier und Kreativität zulassen
  • Die Kompetenz braucht oftmals zuerst den Fehler

Auch in unserer Schule sieht die Lernraumgestaltung an vielen Orten noch klassisch aus, weshalb wir beschlossen haben, dies zu ändern. Wir haben erkannt, dass Umgebungen gemeinsam mit den Menschen zu gestalten sind, welche letztlich ihre Lebenszeit darin verbringen, also mit Kindern und Lehrpersonen.

Mit Architekt Andreas Hammon und Erziehungswissenschaftlerin Cornelia Dinsleder (www.pulsnetz.org) haben wir gemeinsam mit 16 Studierenden der PH FHNW ein Experiment gewagt, weil wir herausfinden wollten, was passiert, wenn Kinder ihre Lernumgebung selbst gestalten und wir dabei die drei Thesen zulassen.

Ihren Lernraum der Zukunft sowie das dazugehörige Mobiliar gestalteten die Kinder in Zeichnungen, welche in einem ersten Schritt in 1:10 und später in 1:1 Modellen gefertigt wurden. Im Sommer werden wir sowohl den Raum neu gestalten, als auch die Modelle massiv in Holz fertigen.

Sämtliche Medienberichte und einen vollständigen Bericht findet ihr hier:

Philipp Zimmer, Schulleiter Volksschulgemeinde Wigoltingen

2 Gedanken zu „Das Reallabor – Ein Plädoyer für partizipative Lernraumgestaltung“

  1. Wirklich ein ganz tolles Projekt und Vorbild für uns alle. Ich habe mir die Ergebnisse angeschaut und bin beeindruckt, was die Schülerinnen und Schüler in einer Woche auf die Beine gestellt haben. Tolle Kooperation Schule/Hochschule!
    That’s the Future! Gratulation!

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