«Everyone can create» – kreativer Einsatz digitaler Medien im Unterrichtsalltag

Eine Gruppe interessierter Schulleitenden und PICTS besuchten im Januar 2019 die ACS Hillingdon und die Tormead School in London. An beiden Schulen werden Schülerinnen und Schüler von vier bis achtzehn Jahren unterrichtet. Wir erhielten einen spannenden Einblick in ihren Schulalltag und ihren Umgang im Einsatz digitaler Medien im Unterricht.

Meine Vorstellung einer typischen englischen Schule war konservativ. Ich wusste, dass zweimal jährlich – ganz angelsächsisch – Leistungstest durchgeführt werden und stellte mir den Unterricht streng aufgebaut im Sinne von «Teaching to the test» vor. Umso überraschter war ich, als uns von den Lehrpersonen und einzelnen Schülerinnen und Schülern diverse, kreative und teils innovative Projekte vorgestellt wurden, die sie während des Unterrichts, oft in Gruppen und selbstorganisiert, durchgeführt hatten.

Die 8-jährigen Kinder, die uns in ihrem Klassenzimmer erwarteten, erzählten uns, wie sie in eineinhalb Tagen zu bekannten englischen Kurzgeschichten schwarz-weiss Stummfilme produzierten, unterstützt durch den pädagogischen ICT-Support.

Oberstufenschüler (15-jährig) überzeugten mit dem Bau und der Programmierung eines einfachen Druckers, der dot-point-Bilder herstellt.

Die beiden ausgewählten Projekte stehen stellvertretend für eine ganze Fülle von Medien- und ICT-Projekten.

Der englische Lehrplan ist zwar streng auf die bereits erwähnten Leistungstests ausgerichtet, lässt den einzelnen Schulen aber auch Spielraum für eigene Schwerpunkte oder Projekte. Die Digitalisierung ist an englischen Schulen weit fortgeschritten, beschränkt sich nicht nur auf die digitale Ausstattung oder die Vermittlung einfacher Anwenderkenntnisse, sondern setzt neue Medien gezielt ein, um an den Kompetenzen des «4K-Modell – Lernen im 21. Jahrhundert» zu arbeiten. Dieses Modell umfasst Kompetenzen, die in einer digitalisierten Welt zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Zurück in der Schweiz habe ich mich damit auseinandergesetzt, wie wir zu mehr «freier» Unterrichtszeit kommen und Zeit und Musse finden für kreative Projekte. Dabei stiess ich auf die Lektionen-Tafel des VSA, worauf Folgendes zu lesen ist:

80 Prozent der zur Verfügung stehenden Zeit ist für die Arbeit an den Kompetenzen gemäss Lehrplan einzusetzen. 20 Prozent können für besondere Anliegen und Schwerpunkte der Schulen, Lehrpersonen und Lernenden eingesetzt werden.

Das bedeutet, dass wir einen Tag pro Woche für Projekte oder besondere Anliegen einsetzen könnten. Das sind rund 38 Schultage oder etwas mehr als sieben Schulwochen pro Jahr! Wow, eigentlich echt viel Zeit. Ob diese auch wirklich genutzt wird? Eine nicht repräsentative Umfrage unter befreundeten Schulleitenden zeigte auf, dass dies eher nicht der Fall ist.

Ich wünsche mir, dass wir in den Volksschulen mutiger sind, uns weniger von Lehrmitteln und den darin vorgeschlagenen Jahresplänen einschränken lassen und vermehrt Platz schaffen für Projekte, an welchen unsere Schülerinnen und Schüler Kompetenzen wie Kooperation, Kommunikation, Kreativität und kritisches Denken trainieren und aufbauen können, die für mich die Basis zukünftiger Bildung darstellt.

Simone Augustin, Schulleiterin Schule Aeugst am Albis ZH

3 Gedanken zu „«Everyone can create» – kreativer Einsatz digitaler Medien im Unterrichtsalltag“

  1. Vielen Dank für den tollen Beitrag!
    20% der Lektionen für besondere Anliegen! Das ist toll. Wir haben mehr Spielraum als wir denken. Aus irgendeinem Grund suchen wir lieber nach Vorgaben als nach Spielräumen. Würde man anders herum vorgehen, dann würde man wohl merken, dass man beim Verfolgen von besonderen Anliegen der Schule, Lehrpersonen oder Lernenden (!) ungewollt auch schon an einigen Kompetenzen gemäss Lehrplan gearbeitet hat, was den Spielraum noch mehr erweitern würde.

  2. Es wird derzeit im Kanton Waadt, auf Anfrage von Radiobus ein Projekt lanciert, das die Erstellung von Schülerzeitschriften zum Ziel hat. Dazu wird meine eigens für Schulen entwickelte Internet Plattform MagTuner verwendet.

    Kinder arbeiten in professioneller Manier an Zeitungen und Magazinen. Dabei wird sowohl für Radiosendungen recherchiert und verfasst als auch für den Druck. Die Inhalte werden dem Medium entsprechend angepasst. Derzeit arbeiten wir auch an der Erstellung eines Mediennetzwerkes, welches 5 Schulen in der Region Leysin – Chêateaux-d’Oex ermöglichen wird, gemeinsame Publikationen und Radiosendungen zu produzieren. Dafür verfügen wir über eigens entwickelte Kurse die hauptsächlich an die Unterrichtenden gegeben werden, wo nicht nur die technischen, sonder auch die journalistischen Aspekte behandelt werden.

    Die Idee, Radio und Schriftmedien zu verknüpfen ist besonders erfolgreich und hat schon bereits zu beeindruckenden Ergebnissen geführt. Ich freue mich auf die Olympischen Spiele in Lausanne, wo mehrere Klassen schon jetzt ihre Teilnahme als Medienwirkende angemeldet haben.

    Falls jemand weiter Informationen möchte bitte nicht zögern. Wir sind jederzeit zur Verfügung.

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