Es ist Samstagabend und ich sitze in meiner Küche auf dem braunen Lederstuhl zwischen der Tür und dem weissen Frühstückstisch. Ein gelber Hocker steht so in der Ecke, dass er jedes Mal weggeschoben werden muss, wenn der Putzschrank gebraucht wird. Vor mir der Herd, darunter der Backofen, nebenan der Abfalleimer und drüber das Waschbecken, rechts davon die Balkontür, davor ein roter Stuhl, noch eine viertel Drehung nach rechts: da der Kühlschrank.
Besuch betritt den Raum.
Nimmt den roten Stuhl.
Schiebt ihn zum Tisch.
Setzt sich hin.
Nimmt den gelben Hocker.
Schiebt ihn zum Tisch.
Setzt sich hin.
Nimmt sich ein grosses Glas.
Füllt es mit Wasser auf.
Bleibt da stehen.
Nimmt sich einen sauberen Lappen.
Putzt die Herdplatte.
Setzt sich drauf.
Trinken ein Glas Wein.
Heben die Hand senkrecht vor uns hin.
Raum, der nicht genutzt wird.
Raum, der empört.
Erzählen, erzählen und erzählen.
Analysieren die letzten Minuten.
Schämen uns.
Raum, der nicht genutzt werden darf.
Raum, der empört.
Nun fordere ich dich auf:
Stehe da, stehe dort.
Stehe mittendrin und nebenan.
Hebe die Hand,
Hebe sie höher,
Hebe sie an.
Mach den Spagat,
Sitz auf den Boden,
Lege dich hin.
Nutze den Raum,
Nutze ihn aus.

Raum ist Luxus, 2021, (c) Angelica Bühler
Angelica Bühler studiert an der PH Zürich und arbeitet als Tutorin im Schreibzentrum.
Toller, wichtiger und platzeinnehmender Text! Schöne Rhythmisierung, liest sich sehr gut.
PS: Werde meinen alten Dehnübungen für den Spagat wieder eine Chance geben.