Am 9. November 2017 fand an der PH Zürich ein Podium zum Thema «Trans an Schulen und Hochschulen» statt. Am Gespräch nahm unter anderen auch ein Transmann teil.
«Es ist meine einzige Hoffnung», sagt die Protagonistin im Film «The Danish Girl» vor der Operation zur Geschlechtsangleichung. Danach erlebt sie für einen kurzen Moment das Glück, ganz sich selbst zu sein, bevor sie an den Folgen der Operation stirbt. «The Danish Girl» (2015) von Tom Hooper spielt in den 1920er-Jahren und basiert auf der Biografie der transsexuellen Malerin Lili Elbe.
Der Film war Ausgangspunkt der Podiumsdiskussion an der PH Zürich zum Thema Trans an Hochschulen und Schulen. Moderatorin Monique Honegger, Kommission Diversity_Gender, griff zu Beginn das Stichwort Abschied als zentrales Element des Films auf: Abschied von Identitäten, Abschied von Menschen. «Als wir als Eltern nicht mehr verkennen konnten, dass unser Junge ein Mädchen ist, haben wir mit Ballonen und einer Playmobilfigur ein Abschiedsritual gemacht. Unser Kind war aber schon immer, wer sie war», sagte Kristian, Vater eines Transkindes. Myshelle Baeriswyl, Psychologin und Sexualpädagogin, ergänzte: «Für Kinder ist es kein Abschied. Es ist eher ein Abschied für die Eltern.»
Louis, ein junger Transmann, beschrieb, was innen vor sich gehe, sei nicht das, was aussen sichtbar sei: «Auf Fotos von früher ist zu sehen, dass ich als Mädchen überangepasst war. Ein Junge war ich nur in meinen Fantasiewelten, in die ich geflüchtet bin. Während meiner Mädchenzeit war ich wahnsinnig unglücklich. Nun gehe ich den Weg, mit dem ich mich am Schluss wohl fühle.» Wie es denn für Kinder sei, diesen Weg zu gehen, fragte Honegger anschliessend. Für Transkinder sei es einfach. Je jünger das Kind, desto klarer sei das Gefühl, so Tanja Martinez, Heilpädagogin. «Das Zweifeln und Abwägen, das ist die Geschichte der Aussenstehenden.» Wenn ein Kind vor der Pubertät auf diesem Weg sei, könne man die körperliche Entwicklung in die richtige Richtung lenken. «Es ist eine Chance, unerkannt als Transmensch zu leben», betonte Baeriswyl.
Und was kann die Schule tun? «Geschlechtliche Vielfalt muss sichtbarer werden. Diese Themen gehören ins Curriculum», forderte Baeriswyl. «Wir brauchen aber keine besondere Behandlung» meinte Louis. Einig war man sich unter den Podiumsgästen auch, dass es für die Schule nicht den einen Weg und schon gar kein Rezept gebe. «Es gibt ganz viel zwischen Mann und Frau. Es ist nicht so klar abgegrenzt, wie wir das gerne hätten», sagte Louis. In welcher Garderobe sich das Kind im Turnen und Schwimmen umzieht, solle man zusammen mit dem Kind regeln, empfiehlt Martinez. Kinder seien sehr offen. Kristian bestätigte das: «Unser Kind wurde nicht gemobbt von anderen Kindern, sondern von deren Eltern.» Diese hätten Unterschriften gesammelt, damit ihr Mädchen nicht mit den anderen Mädchen in die Garderobe dürfe. So forderte der Vater zum Schluss: «Bitte nehmt die Kinder ernst!»
Martina Meienberg
In ihrem Artikel «Alte Zöpfe in neuen Kinderbüchern?» stellt auch Elisabeth Eggenberger fest, dass sich Sichtweisen verändern, Kategorien aufbrechen und sich ein breiteres Spektrum auftut. Gleichzeitig werden Stereotype aber weiterhin zementiert: «Gerade imJugendbuch sind seit einigen Jahren Themen wie Geschlechteridentität, Homo- und Transsexualität, aber auch kulturelle Identität und die Auseinandersetzung mit kultureller Vielfalt sehr präsent. Auch Kinder- und Bilderbücher nehmen diese gesellschaftlichen Fragen teils auf überraschende Weise und sehr sorgfältig gestaltet auf. Doch wenige der Bücher schaffen es bis in die Auslagen der grossen Buchhandlungen.» (Sonntag / Doppelpunkt Nr. 48/2017).