Verändern oder stärken

Identifikation und Empowerment (Verlag Klaus Wagenbach, 2024)

Der Kunst- und Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich spürt den Unterschieden zwischen autonomer und identifikatorischer Kunst in dialogischer Form nach.

In einem fiktiven Interview mit sich selbst diskutiert er seine Thesen zu jüngeren Entwicklungen in der bildenden Kunst. Ullrich beschreibt Strömungen, die auf diverse Formen von Ermächtigung abzielen. Wollte autonome Kunst ohne politische Absicht aus sich heraus bei den Betrachtenden eine Veränderung bewirken, so sind identifikatorische Kunstwerke Angebote, die auf Stärkung abzielen. Das kann Aufbau von Selbstvertrauen für unterprivilegierte Gruppen bedeuten oder Formen der Selbstoptimierung beflügeln bis hin zur kompromisslosen Selbstbehauptung mittels Schüren negativer Emotionen: quasi Empowerment durch Empörung. Spätestens hier wird klar, dass Ullrichs kluge Analyse eminent politisch ist und sein Buch den Untertitel «Kunst für den Ernst des Lebens» zu Recht trägt.

Wolfgang Ullrich. Identifikation und Empowerment.
Berlin: Verlag Klaus Wagenbach, 2024. 225 Seiten.