Die Schulhausklingel läutet. Einige Schülerinnen und Schüler sitzen bereits an ihren Plätzen, andere kommen gemächlich ins Schulzimmer und sprechen miteinander. Ein Radiergummi fliegt durch den Raum. Ein Schüler ruft, ihm sei sein Geodreieck gestohlen worden. Beim Waschbecken stehen zwei Schülerinnen, die sich lachend mit Wasser bespritzen. Ein Etui landet auf dem Boden. Diese Szene aus ihrem Schulalltag beschreibt Katharina Steinegger in der Einleitung zu ihrer Masterarbeit mit dem Titel «Unterrichtsstörungen begegnen».
Die Sekundarlehrerin hat bereits während des Studiums eine Stelle als Co-Klassenlehrerin in einer ersten B-Klasse in einem Zürcher Schulhaus angetreten. Dabei kam sie an ihre Grenzen. Die Klasse war sehr unruhig, einige Jugendliche haben eine ADHS-Diagnose, andere zeigen auffälliges Verhalten, schwache Leistungen oder Sprachschwierigkeiten, es gab häufig Streit untereinander und Konflikte mit den Lehrpersonen. Auch nachdem der Schulsozialarbeiter mit der Klasse zu arbeiten begonnen hatte, blieben viele Lektionen chaotisch. «Dies belastete mich zunehmend», schreibt Steinegger.
Die Auseinandersetzung mit diesem Thema in ihrer Masterarbeit war also naheliegend. Im Theorieteil schildert sie diverse Ansätze aus der Fachliteratur. Darin wird nahegelegt, zu Beginn die Art der Störungen genau zu erheben: Handelt es sich um aktive oder passive Formen, gehen sie von vielen oder Einzelnen aus, wann und wie oft treten sie auf? Wie die Autorin im Rahmen ihrer Recherche lernte, ist bei Disziplinproblemen die Prävention wirksamer als die Reaktion darauf, und auch das Auftreten und Verhalten der Lehrperson spielt eine grosse Rolle. Um diesen Aspekten auf die Spur zu kommen, wählte die Sekundarlehrerin den Ansatz der Aktionsforschung. Im Zeitraum von vier Monaten filmte sie insgesamt drei Lektionen und analysierte die Aufnahmen mithilfe eines Reflexions- und Beobachtungsbogens. Dabei bestätigten sich die Angaben aus der Literatur: Präsenz und Geduld der Lehrerin, klare Arbeitsaufträge und weder Unter- noch Überforderung tragen zu einer störungsarmen Atmosphäre bei.
Zudem arbeiteten die Stellenpartnerinnen am Klassenklima. Zum Beispiel führten sie eine Klassenstunde ein, um Organisatorisches und Unstimmigkeiten zu besprechen, und tauschten das individuelle Bestrafungssystem gegen das pauschale Belohnungssystem «das grosse Murmelsammeln» aus. Dabei kann sich die Klasse mit Pünktlichkeit und gutem Verhalten einen Ausflug oder eine Lektion mit Programm nach Wunsch verdienen. Mit diesen verschiedenen Massnahmen konnte die Autorin im Zeitraum der Aktionsforschung eine positive Tendenz feststellen, was eine schriftliche Befragung der Klasse bestätigte. «Die Atmosphäre ist ruhiger und die Stimmung besser», schreibt Katharina Steinegger in ihrem Schlusswort. Dazu habe auch die Unterstützung der Schulleitung und des ganzen Teams
beigetragen. Die Arbeit wurde von der Stiftung Pestalozzianum mit einem Studienpreis ausgezeichnet. Die Jury lobte «die präzise Analyse sowie das hohe Reflexionsniveau».