Mit «In Frieden lernen – Massnahmen zur Förderung der Toleranz und gegen Diskriminierung» setzen sich das Volksschulamt des Kantons Zürich und weitere Institutionen gegen Polarisierung und Diskriminierung in Schulen ein. Auch Studierende und Mitarbeitende der PH Zürich sind beteiligt.
Gesellschaftliche Polarisierung macht nicht halt vor dem Klassenzimmer. Dies bestätigte sich im Kanton Zürich im vergangenen Jahr einmal mehr im Umgang mit dem wieder aufgeflammten Nahostkonflikt, konnte zuvor aber auch schon im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der Corona-Pandemie beobachtet werden. Spannungen zwischen Schüler:innen, Lehrpersonen, Schulleitungen und Eltern aufgrund gesellschaftlicher Debatten werden dabei je länger je mehr als strukturelles Problem und prägendes Element des Zusammenlebens gesehen statt als Randphänomen.
Doch wie können diese Spannungen und damit einhergehende Konflikte und Diskriminierungen im Schulfeld entschärft werden? Kurzfristig reagierte die PH Zürich im Februar 2024 mit einer Website mit Unterstützungsangeboten für das Schulfeld im Umgang mit Antisemitismus und Islamfeindlichkeit. Die zwei PHZH-Professorinnen Wiltrud Weidinger und Judith Hollenweger sind jedoch davon überzeugt, dass neben reaktiven Angeboten auch ein proaktiver Ansatz notwendig ist: «Lehrpersonen und Bildungsverantwortliche müssen eine Sensibilität und ein Situationsbewusstsein entwickeln, um das Eskalationspotenzial von Konflikten früh erkennen und adäquat darauf reagieren zu können, ohne zusätzlich zu polarisieren», so Judith Hollenweger.
Kräfte bündeln in gemeinsamem Projekt
Zusammen mit Expert:innen verschiedener Organisationen wie des Zürcher Instituts für interreligiösen Dialog, der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds haben die beiden Professorinnen mit weiteren Personen der PH Zürich das Projekt «In Frieden lernen» initiiert. Im gleichen Zeitraum startete das Volksschulamt ein ähnliches Projekt zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Förderung von Toleranz, an dem teilweise dieselben Personen beteiligt waren. Dies führte dazu, dass beide Initiativen zusammengelegt wurden, um ihre Kräfte zu bündeln und mit einem gemeinsamen Projekt voranzugehen. Das Ziel dabei ist es, statt über die Positionen zum Nahostkonflikt und dessen Auswirkungen in der Schweiz zu debattieren, die gemeinsamen Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben auszuloten. Im Zentrum steht dabei das Recht aller Schülerinnen und Schüler auf eine inklusive und respektvolle Bildung.
Um so nah wie möglich am Schulalltag und potenziellen Konflikten zu sein, werden zudem Fokusgruppen-Interviews mit Schulleitungen, Lehrpersonen sowie Studierenden und Dozierenden der PH Zürich durchgeführt. «Wir erhoffen uns durch diese Interviews einen direkten Einblick in die Konfliktsituationen sowie in dringende Bedürfnisse und Lösungsvorschläge aus dem Schulumfeld», erläutert Micha Bollag vom Volksschulamt des Kantons Zürich. Sämtliche Erkenntnisse aus dem Projekt sollen anschliessend in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden.
Längerfristig ist das Ziel des Projekts ausserdem, die zahlreichen bildungsnahen und religiösen Organisationen und Akteure im Raum Zürich in einen stärkeren Dialog zu bringen und ein Netzwerk zu schaffen, das die Schulen unterstützt. Beatrice Frei Guélat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog betont dabei die Wichtigkeit geeinter Positionen: «In Konfliktfällen und Diskussionen können wir uns auf diese gemeinsamen Grundlagen berufen und damit zur Deeskalation beitragen.»