Seit sechs Jahren existiert der Verein Alumni PHZH. Im Interview gibt Alumni-Präsident und Primarlehrer Manuel Juon Auskunft, was der Verein bietet, welche Ziele er verfolgt und was es mit ihrer neuen Austauschplattform «Schatzkiste» auf sich hat.
Manuel Juon, welche Ziele verfolgt der Verein Alumni PHZH?
Wir möchten das Berufsleben von Leuten, die in pädagogischen Berufen arbeiten, inspirierter, spannender und einfacher machen. Um dies zu erreichen, bieten wir einen Rahmen und die digitale Infrastruktur für einen schul- und generationenübergreifenden Austausch von Ideen, Materialien und Erfahrungen. Wir wissen aus Erfahrung, dass Teilen uns alle besser, inspirierter und motivierter macht. Es spart Ressourcen und steigert die Effizienz und Berufszufriedenheit aller Beteiligten.
Wo findet dieser Austausch statt?
Damit sich diejenigen austauschen können, die im selben Beruf arbeiten, sind unsere Mitglieder in Untergruppen – sogenannte Chapters – aufgeteilt. In diesem Rahmen finden Austauschanlässe statt, an denen Mitglieder ihre besten Ideen und Erfahrungen online oder live preisgeben. Letztes Jahr fanden rund 35 solche Anlässe statt. Zudem steht den Mitgliedern unsere digitale Austauschdatenbank «Schatzkiste» zur Verfügung, die wir Ende 2023 lanciert haben.
Wie viele Mitglieder zählt der Verein?
Aktuell sind wir etwa 500. Davon sind rund die Hälfte Studierende, die bis Ende Studium gratis im Verein sein dürfen. Die anderen 250 sind grösstenteils Lehrer:innen in der Volksschule, wir dürfen aber auch rund 60 Dozierende und weitere Mitarbeitende der PH Zürich zu unseren Mitgliedern zählen.
Seid ihr auch offen für Mitglieder ohne Bezug zur PH Zürich?
Anfänglich waren wir diesbezüglich restriktiver. Mittlerweile wollen wir aber ein Verein sein für alle, die sich aktiv einbringen und durch Austausch Mehrwerte schaffen möchten.
Ist der Verein in die Hochschule eingebunden?
Nein. Wir sind eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die von ehemaligen Studierenden in jährlich rund 2000 Stunden Freiwilligenarbeit geführt wird. Die PH Zürich unterstützt uns aber seit Anbeginn: mit einer Anschubfinanzierung in der Startphase, mit Know-how sowie Zugang zu Dienstleistungen und Infrastruktur. Zudem stellt sie die Ressourcen für unsere Geschäftsstelle bereit, bis wir selbst dafür aufkommen können. Wir nutzen Synergien und kooperieren, wo es den Zielen unserer Organisationen und Mitglieder dient. In gleicher Beziehung stehen wir auch mit der Fördergesellschaft Pestalozzianum, die uns beim Aufbau unseres neusten Projekts unterstützt: der «Schatzkiste».
«Schatzkiste» klingt verheissungsvoll. Erzählen Sie uns davon.
Die Schatzkiste ist eine digitale Ablageplattform, auf der unsere Mitglieder ihre besten Ideen für den Unterricht mit ihren Kolleg:innen teilen. Wer beispielsweise eine tolle Werkstatt entwickelt hat, kann sie dort anderen zur Verfügung stellen und profitiert von Inputs, die andere hochgeladen haben. Die Inhalte der Schatzkiste sollen inspirieren, Kreativität anregen, Mut machen, etwas Neues auszuprobieren, die Unterrichtsqualität und Berufszufriedenheit anheben und die persönliche oder berufliche Weiterentwicklung anregen.
Haben Sie keine Bedenken, dass die Schatzkiste anstatt «Inspiration» und «Kreativität» eher unkreatives Abkupfern fördert?
Wie ich meinen Beruf verstehe, ist es meine Kernaufgabe, Schüler:innen anregende, hochwertige Lerngelegenheiten in allen Fächern zu bieten, die sie individuell fördern. Ob mich Lehrmittel, selbst- oder fremdentworfene Ideen und Materialien dabei unterstützen, ist mir egal. Sei es fachbezogen oder betreffend Arbeitsorganisation: Alle Lehrer:innen haben ihre Stärken und Schwächen. Bei meinen Schwächen lerne ich gerne von anderen; wo ich stark bin, gebe ich mein Wissen und Material weiter. Durch den angeregten Austausch im Team und mit anderen Alumni unterrichte ich nach sechs Jahren als Primarlehrer mittlerweile in allen Bereichen selbstbewusst und mit Freude. In Unsicherheit ist «Abkupfern» eine gute Strategie, um einen Lernprozess zu starten und Erfahrungen zu sammeln. Mit zunehmendem Vertrauen entsteht dann auch Raum für Freude und Kreativität.
Plattformen mit Unterrichtsmaterial gibt es bereits zuhauf. Wie hebt sich eure von diesen ab?
Bei uns gibt es Unterrichtsinputs, die auf unseren Studien- und Lehrort zugeschnitten sind. Ich sage bewusst Inputs, denn wir möchten nicht nur Arbeitsblätter, sondern insbesondere gute Lösungen für Herausforderungen in unserem Beruf. Wie führe ich das Thema Magnetismus ein? Wie mache ich gute Fördergespräche? Wie den ersten Elternabend? Wir sind überzeugt, dass jede Lehrperson mindestens zehn solche Perlen in der Schublade hat; und Studierende ebenso viele gelungene Präps und Planungen. Diese Schätze möchten wir in unserer Kiste haben und sie für alle zugänglich machen. Anders als andere Plattformen ist unsere zudem kuratiert.
Was meinen Sie mit kuratiert?
Wenn viele verschiedene Leute Dateien auf eine Plattform laden, dann herrscht rasch Chaos. Wir haben deshalb einen Prozess entworfen, in dem Mitglieder ihre Uploads in einem zentralen Ordner ablegen und via Begleitformular ergänzende Infos zur Umsetzung dazu mitliefern. Unsere Kurator:innen überprüfen die Uploads auf Qualität und Urheberrechtsverletzungen, verschlagworten und beschriften sie und legen die Dateien samt ergänzenden Infos im passenden Ordner ab. So können wir den Aufwand für die Uploader gering halten und den Downloadern ein Maximum an Qualität, Übersichtlichkeit und effizienter Orientierung bieten.
Wie viele Schätze liegen denn schon in der Kiste?
Je nach Zyklus liegen schon mehrere Hundert Dateien drin, allerdings vielfach noch ohne Kommentare und ergänzende Infos. Um einen Grundstock zu haben, haben wir alle praxisrelevanten Dateien von der Studi-Plattform «Meh Freiziit» integriert und auch Mitglieder haben bereits Einiges hochgeladen. Kurz nach dem Start im Spätherbst plagten uns technische Herausforderungen und wir mussten die Arbeit der Kurator:innen und die Bewerbung der Plattform unterbrechen. Jetzt funktioniert aber alles und es kann losgehen.
Habt ihr keine Sorgen, dass ganz viele runter- und ganz wenige hochladen möchten?
Diese Sorge ist sicher nicht unberechtigt. Unsere ersten Erfahrungen haben gezeigt, dass sich viele nicht bewusst sind, dass die Schatzkiste ein gemeinsames Projekt aller Mitglieder ist und sie deren Nutzen und Erfolg mit ihren Uploads entscheidend mitverantworten. Mit viel Herzblut und Freiwilligenarbeit sorgt der Vereinsvorstand für die Infrastruktur, aktiviert Mitglieder und bewirbt die Plattform. Um sie zu einem unentbehrlichen Werkzeug für Zürcher Lehrer:innen zu machen, braucht es aber den Einsatz aller. Wie in jedem Verein eben. Gerade für den Start sind wir dringend auf Mitglieder angewiesen, die sich ein Herz fassen und sich ein bisschen Zeit nehmen, um ihre Perlen und Rohdiamanten zu teilen. Wer sich davon angesprochen fühlt, ist sehr herzlich willkommen bei uns.