Demokratie muss von jeder Generation neu erfahren und gestaltet werden. Partizipation bildet dabei die Grundlage. Zwei Projekte der Abteilung Internationale Bildungsentwicklung der PH Zürich heben deren Bedeutung für Schulleitungen, Lehrpersonen, Schüler:innen und Eltern hervor.
Demokratie kann nicht einfach verkündet werden. Vielmehr ist Partizipation – die konstante Aushandlung von Spielregeln – ein Prozess, der von jeder Generation immer wieder neu ausprobiert und erlernt werden muss. Das bestätigt PHZH-Dozent Rolf Gollob. Er hat über die letzten fünfzehn Jahre die Abteilung Internationale Bildungsentwicklung der PH Zürich mitaufgebaut. 1996 organisierte er im Auftrag des Europarats mit anderen Fachpersonen eine Summer School im kriegsversehrten Bosnien. «Ziel war es, mit den Lehrpersonen vor Ort nach Ende des Bürgerkriegs die Grundzüge partizipativer Schulgestaltung für den neu demokratischen Staat zu erarbeiten», sagt er. Über mehrere Jahre und diverse Teilprojekte entstanden aus dieser Arbeit verschiedene Lehrmittel zu Demokratie- und Menschenrechtsbildung, die seit 2019 auf der Website living-democracy.com in fünfzehn Sprachen kostenlos zur Verfügung stehen. Diese Ressourcen bildeten auch die Grundlage für die zwei unter dem Titel Experience Democracy in Schools Now (EDISON) umgesetzten Projekte.
Die ganze Vielfalt der Demokratiebildung
Lehrmaterialien sind nur hilfreich, wenn sie auch genutzt werden. Eines der zwei Projekte zielte deshalb auf die Verbreitung und Nutzung der frei verfügbaren Unterlagen auf der Website living-democracy.com ab. Dazu spannten acht Teams von Bildungsexpert:innen aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Griechenland, dem Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien zusammen, um die verschiedenen Lehrmaterialien in ihrem lokalen Kontext bekannt zu machen und damit einen Beitrag zum demokratischen Wandel zu leisten. So nutzte beispielsweise das serbische Team die Materialien für die Weiterbildung von Kindergartenlehrpersonen, während sich das Team in Nordmazedonien darauf konzentrierte, die verschiedenen Anspruchsgruppen im Bildungsbereich mit Fokus auf Partizipation besser zu vernetzen. Trotz der Corona-Pandemie konnten sich die verschiedenen Teams monatlich online austauschen und so auch von den Erfahrungen ihrer Kolleg:innen in anderen Ländern profitieren.
Das zweite EDISON-Projekt mit Schwerpunkt Schulqualität zielte auf die konkrete Aufbauarbeit in zehn Schulen im Kosovo. Unter Federführung der NGO Kosova Education Center wurden partizipativ-demokratische Prozesse entwickelt. Auch diese Arbeit wurde aufgrund der Corona-Pandemie und zusätzlicher Lehrerstreiks erschwert. Gleichzeitig haben diese Herausforderungen aber auch die Vorteile von partizipativem Vorgehen hervorgehoben. Wenn sich alle in den Lösungsfindungsprozess einbringen können, führt dies in der Regel auch zu einer nachhaltigeren Umsetzung der gemeinsamen Entscheidung. An der Abschlusskonferenz im Dezember 2023 konnten die zehn Schulen erfolgreich ihre eigenen Lernprozesse des Projekts präsentieren, die 2024 für die weitere Anwendung in einer gemeinsamen Publikation zusammengefasst werden.
Demokratie im Alltag
Auch nach Abschluss der beiden EDISON-Projekte bleiben Demokratiebildung und Partizipation für die Projektländer und die Schweiz relevant. «Unsicherheiten auszuhalten und das Gegenüber am Lösungsprozess zu beteiligen sind Kompetenzen, die für Bildungsinstitutionen und Lehrpersonen genauso relevant sind wie für Schüler:innen und Eltern», ist Rolf Gollob überzeugt. Die Materialien auf der Website unterstützen diesen Prozess, ab 2024 auch in einer deutschen Sprachversion.