Eine Gruppe tuschelt und lacht über eine Schülerin, die nicht dazugehört. Ein Schüler wird regelmässig von den anderen im Vorbeigehen leicht geschubst und im Klassenchat werden Gerüchte über ihn verbreitet. Mobbing kennt viele Formen. Meist handelt es sich um eine Vielzahl kleiner Plagereien, die sich über eine gewisse Zeit systematisch gegen eine bestimmte Person richten. Der Lehrperson bleiben sie häufig verborgen, doch die Betroffenen leiden stark. Die ständige Angst und der Stress können zu Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen und dem Verlust an Selbstvertrauen führen.
Mit dieser Dynamik hat sich Noël Arsenault in seiner Masterarbeit befasst. Er selbst sei zwar nie Opfer geworden, schreibt der angehende Sekundarlehrer, doch habe er in der eigenen Schulzeit viele Mobbing-Situationen miterlebt und dabei verschiedene Rollen eingenommen. Erst im Nachhinein habe er erkannt, wie grausam Mobbing sein könne. Kindern fehle es oft an Einfühlungsvermögen. «Instinktiv wird mitgemacht oder zugeschaut und schnell wird man zum Mitläufer.»
Für seine Masterarbeit hat der Autor in zwei Sekundarschulhäusern der Stadt Zürich die Schulleitung, die Schulsozialarbeiterin sowie eine Lehrperson zum Umgang mit dem Thema befragt. Sie äusserten sich zu Massnahmen zur Prävention, Interventionen sowie der allgemeinen Zusammenarbeit in ihrem Schulhaus. Dabei zeigten sich unterschiedliche Definitionen, Haltungen und Meinungen. Eine der Schulsozialarbeiterinnen arbeitet vorwiegend mit dem sogenannten No Blame Approach. Ziel des Ansatzes ist es, den empathischen Kontakt unter den Kindern wiederaufzubauen. Schuldzuweisungen werden vermieden, im Fokus steht die Lösung des Problems statt die Entstehung. Nach Absprache mit den Eltern des Opfers wird mit dem Opfer selber gesprochen und danach ohne dessen Teilnahme mit den beteiligten Kindern. Ein wichtiger Faktor ist das Bilden einer unterstützenden Gruppe mit Kindern, die das Opfer als vertrauenswürdig erachtet. Nicht alle Befragten der beiden Schulhäuser äusserten sich jedoch positiv über dieses Vorgehen. Einige kritisierten, dass die Täterinnen und Täter damit kaum zur Verantwortung gezogen würden. Zudem sei der Aufwand gross.
Einig waren sich die Befragten hingegen darüber, dass präventive Massnahmen sinnvoll sind. Mit einem regelmässigen Klassenrat werden die kommunikativen Kompetenzen und die Reflexion gefördert. Auch der Nutzen von Sozialtrainings wird kaum infrage gestellt. Ein Schulhaus arbeitet dafür mit dem wissenschaftlich erprobten Programm Mindmatters. Auch der Leitfaden der Stadt Zürich und die Fachstelle für Gewaltprävention werden als hilfreich erachtet. Die Beschäftigung mit dem Thema Mobbing habe sein Bewusstsein für die Problematik geschärft, hält Noël Arsenault in seiner Arbeit fest. Es sei wichtig, Mobbing frühzeitig zu erkennen, etwa anhand von Indizien wie Angst, in die Schule zu gehen. Die Bekämpfung erfordere Zivilcourage von allen, stellt der 25-Jährige klar. «Alle Kinder, die bei mir in die Schule gehen, sollen sich wohl und sicher fühlen.»